tag:blogger.com,1999:blog-65719547790255120172024-03-19T09:48:03.878+01:00Mamoulians GeschichtenAlles, was mir an Büchern gefällt - Thriller, Horror, Zeitgenössische Literatur, Krimi, Fantasy, Comic, Sachbücher zu Musik, Film und mehr!Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.comBlogger1328125tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-30651978127320142412024-03-15T18:15:00.002+01:002024-03-15T18:15:19.384+01:00Ray Bradbury – „Die goldenen Äpfel der Sonne“
(Diogenes, 242 S., Tb.) <div>Seit <i>Ray Bradbury</i> (1920-2012) im Jahr 1938 in der Zeitschrift <i>Imagination! </i>seine erste Geschichte veröffentlichte, folgten viele weitere Kurzgeschichten in Zeitungen und Zeitschriften, bis 1947 sein erstes Buch erschien. Mit dem Erfolg der sozialkritischen <b>„Mars-Chroniken“</b> (1950), mit denen <i>Bradbury</i> die Kolonialisierung des Planeten Mars und die Ängste der Amerikaner in den 1950er Jahren thematisierte, wuchs auch das Interesse an seinen Erzählungen. </div><div>Eine der ersten Sammlungen veröffentlichte Doubleday 1953 mit <b>„The Golden Apples of the Sun“</b>, die 22 zwischen 1945 und 1953 entstandene Science-Fiction-Geschichten enthielt, die 1970 erstmals in deutscher Übersetzung unter dem Titel <b>„Geh‘ nicht zu Fuß durch stille Straßen“</b> erschienen und 1981 von Diogenes unter Verwendung des Originaltitels neu veröffentlicht worden ist. </div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgkZZx-2eLn81g_pgwPv2lTGGsLRxl3pxYk97XW3Cdncd-0jzPAjI1tlFleDDteLXr5RxtvwAmvjg5QAwQizA4Ch-WF-lGvx8RddFsiQKUAfBRr6m3krkocRUHmPUZKHVWG9dpiSHb-HupWu1wCCqA6FlrcPjQiC_7oIdR3_xFrglBMXNYHhbkDPwNZCoGu/s2107/Ray%20Bradbury%20-%20Die%20goldenen%20%C3%84pfel%20der%20Sonne.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="2107" data-original-width="1322" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgkZZx-2eLn81g_pgwPv2lTGGsLRxl3pxYk97XW3Cdncd-0jzPAjI1tlFleDDteLXr5RxtvwAmvjg5QAwQizA4Ch-WF-lGvx8RddFsiQKUAfBRr6m3krkocRUHmPUZKHVWG9dpiSHb-HupWu1wCCqA6FlrcPjQiC_7oIdR3_xFrglBMXNYHhbkDPwNZCoGu/w251-h400/Ray%20Bradbury%20-%20Die%20goldenen%20%C3%84pfel%20der%20Sonne.jpg" width="251" /></a></div><div>Die Geschichte „Der Fußgänger“ ist im Jahr 2053 angesiedelt und spielt in einer Dreimillionenstadt, die nur noch von einem Polizeiauto patrouilliert wird. Der Wagen fährt durch die verlassenen Straßen und gabelt mit Leonard Mead einen einsamen Mann auf, dessen Lieblingsbeschäftigung das Hinauswandern in die Stille ist. Da Mead über keinen Beruf verfügt, auch nicht über eine Frau, die ihm ein Alibi verschaffen könnte, soll er ins Psychiatrische Forschungszentrum für regressive Tendenzen gebracht werden… </div><div>„Die Aprilhexe“ ist ein siebzehnjähriges Mädchen namens Cecy, die einer wundersamen Familie mit Zauberkräften entstammt und die Fähigkeit besitzt, ihren Körper zu verlassen und ihren Geist auf jedes erdenkliche Abenteuer zu entsenden. Sie schlüpft in den Geist von Ann Leary und lässt sie sich in den Jungen Tom verlieben, doch Tom bemerkt die Veränderung, die Ann durchmacht, und verliert das Interesse an ihr, was Cecy verzweifeln lässt. </div><div>„Die Wildnis“ erzählt von den beiden Schwestern Janice und Leonora, die sich im Jahr 2003 darauf vorbereiten, die sechzig Millionen Meilen von Independence, Missouri, zum Mars zurückzulegen. Während Leonora voller Furcht ist, freut sich Janice darauf, endlich ihren Will wiederzusehen. Mit einem Anruf will sie ihren Liebsten über ihren Plan informieren, doch die Verbindung bricht schnell ab… </div><div>In „Die Früchte am Grund der Schale“ versucht William Acton den Mord an Donald Huxley zu vertuschen, indem er systematisch alle Gegenstände und Flächen in Huxleys Haus zu säubern versucht. Währenddessen rekapituliert er, wie es zu diesem Mord gekommen ist… </div><div>In „Die Flugmaschine“ wird im Jahr 400 Kaiser Yuan von einem Diener darüber informiert, dass er über der Chinesischen Mauer einen fliegenden Menschen gesehen habe. Als er den Mann vom Himmel herunterrufen lässt, will ihn der Kaiser vom Henker töten lassen… </div><div>Die beste Geschichte präsentiert uns <i>Bradbury</i> aber mit „Das Nebelhorn“.
An einem Novemberabend erzählt McDunn von dem Nebelhorn, das sie am Meeresufer hören, davon, wie seit drei Jahren einmal im Jahr zu ebendieser Zeit ein Ungeheuer aus den Tiefen des Meeres auftaucht und das Nebelhorn anschreit. </div><div><blockquote>„Das Nebelhorn blies. Das Ungeheuer antwortete. Ich begriff das alles, ich kannte das alles – die Million Jahre einsamen Wartens, dass jemand wiederkäme, der nie wiederkam. Die Million Jahre der Abgeschiedenheit am Meeresgrund, der Wahnsinn Zeit dort unten, während die Reptilien-Vögel von den Himmeln verschwanden, die Sümpfe auf den Kontinenten austrockneten, die Faultiere und Säbelzahntiger ihre Zeit erlebten und in Teergruben sanken und die Menschen wie weiße Ameisen über die Hügel liefen. Das Nebelhorn blies.“ (S. 17) </blockquote></div><div>Mit <b>„Das Nebelhorn“</b>, das noch im Erscheinungsjahr 1953 unter dem Titel <b>„Panik in New York“</b> verfilmt worden ist, hat <i>Ray Bradbury</i> eine seiner poetischsten Geschichten geschrieben und damit auch seiner Faszination für die ausgestorbenen Dinosaurier zum Ausdruck gebracht, die er immer wieder mal in seinen Geschichten thematisierte. </div><div>Neben der berührenden Vorstellung, wie ein Millionen von Jahren altes Meeresungeheuer mit einem Nebelhorn kommuniziert, ist es vor allem die magische, alle Vorstellungskraft befeuernde Sprache, die Bradbury wie kaum ein Zweiter beherrscht. Die übrigen Geschichten kommen allerdings selten an diese Qualität von „Das Nebelhorn“ heran. Oft sind es nur kurze Gedankenspielereien, fantastisch oder märchenhaft anmutende Episoden, die auch mal ohne richtige Pointe beendet werden, als hätte <i>Bradbury </i>am Ende die Lust verloren, die Geschichte weiterzuspinnen.</div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhP9s1okfqDyQo6OD7dMvUEFAQRFOJAN3N3dAR7qVotOg-atFkLwHr29hTNtU_Uys5SJ4PU8bmCm6DmVsW-E3nyXpotFMs2yxnETlRA5FWNsr5MKqkU-C32s7GmlbFJhWqchwsnCiP19vLcORmQ807rDF7fD8a1zAjUBj3wSOIl16rD4gkFF-sxeHfhVmKc/s336/3%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="66" data-original-width="336" height="39" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhP9s1okfqDyQo6OD7dMvUEFAQRFOJAN3N3dAR7qVotOg-atFkLwHr29hTNtU_Uys5SJ4PU8bmCm6DmVsW-E3nyXpotFMs2yxnETlRA5FWNsr5MKqkU-C32s7GmlbFJhWqchwsnCiP19vLcORmQ807rDF7fD8a1zAjUBj3wSOIl16rD4gkFF-sxeHfhVmKc/w200-h39/3%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" width="200" /></a></div><br /><div><br /></div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-25958806268516574522024-03-14T00:30:00.025+01:002024-03-14T00:30:00.141+01:00Stephan Schäfer – „25 letzte Sommer“<div style="text-align: left;">
(Ullstein, 176 S., HC) </div><div style="text-align: left;">Work-Life-Balance und Achtsamkeit sind seit Jahren in unserer Gesellschaft in aller Munde, unzählige Ratgeber und Artikel (nicht nur) in Frauen-Zeitschriften und darauf abgestimmte Unternehmenskulturen machen die modernen Arbeitnehmer darauf aufmerksam, dass es um mehr im Leben geht als um Karriere und möglichst viel Geld zu verdienen. Werke wie <i>Khalil Gibrans</i> <b>„Der Prophet“</b> und <i>Paulo Coelhos </i><b>„Der Alchimist“ </b>fanden sich auf einmal auch in sonst eher spärlich bestückten heimischen Bücherregalen. </div><div style="text-align: left;">Mit seinem gerade mal 176 Seiten kurzen Roman <b>„25 letzte Sommer“</b> legt der 1974 in Witten geborene <i>Stephan Schäfer</i> ein Debüt vor, das sicher gern als deutschsprachiges Pendant zu diesen Klassikern angesehen werden möchte, zumindest aber dessen Quintessenz widerspiegelt. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjdrLNZ_Y0EpDsQ6j4Bj1GhM0cQAl5jtyi7DH_NGCEeiVSNeT2Vui_cQ6CJqd8cAfCfZ75XVZajuMrtsF4sQFpaOnRazrMmgtx8jtnL1X_ZNMYtJkm4qaS-xd1uZmQm2gavcIroWmLhhmujjE4NBcZitFBLcaAQHLJfwQ-vSkGLc5AKgOIpkq5nN6wS6qGc/s2841/Stephan%20Sch%C3%A4fer%20-%2025%20letzte%20Sommer.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="2841" data-original-width="1719" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjdrLNZ_Y0EpDsQ6j4Bj1GhM0cQAl5jtyi7DH_NGCEeiVSNeT2Vui_cQ6CJqd8cAfCfZ75XVZajuMrtsF4sQFpaOnRazrMmgtx8jtnL1X_ZNMYtJkm4qaS-xd1uZmQm2gavcIroWmLhhmujjE4NBcZitFBLcaAQHLJfwQ-vSkGLc5AKgOIpkq5nN6wS6qGc/w242-h400/Stephan%20Sch%C3%A4fer%20-%2025%20letzte%20Sommer.jpg" width="242" /></a></div>Der namenlose Ich-Erzähler entscheidet sich am Samstagmorgen für morgendliches Jogging auf dem Land, wo er sich oft am Wochenende von den Strapazen des Alltags in der Stadt oder auf Reisen zu erholen versucht. So richtig will ihm das nie gelingen. Immer wieder denkt er an Mails, die noch zu schreiben, Rückrufe, die zu erledigen und andere Dinge seiner endlos erscheinenden To-Do-Liste abzuhaken sind. Ihm ist durchaus bewusst, dass er irgendwann im Leben die falsche Abzweigung genommen, den inneren Kompass, seine Freiheit und Fröhlichkeit verloren hat, stattdessen Arbeit, Anerkennung und Geldverdienen zum Mittelpunkt seines Lebens geworden sind. An diesem Morgen folgt er dem Trampelpfad hinunter zum See, wo er Karl kennenlernt, einen weltoffenen, kommunikativen Kartoffelbauer, der ihn erst zum Baden im See animiert, dann zu sich nach Hause auf eine Tasse Kaffee einlädt. </div><div style="text-align: left;">Und so lernen sich an dem Wochenende zwei ganz unterschiedliche Männer kennen, schütten sich einander das Herz aus, sprechen über ihre Familien, aufgegebene und teilweise wiederentdeckte Hobbys, über einschneidende Erlebnisse, letztlich über den Sinn des Lebens. Als Karl vor Jahren schon mit der Diagnose einer nicht heilbaren Krankheit konfrontiert wurde, entschied er sich, jeden Augenblick seines Lebens zu genießen, keine Kompromisse mehr einzugehen, wieder zu malen und Rituale wie den „faulen Sonntag“ oder das Nachmittagsschläfchen zu begehen. Das bringt auch den sonst so geschäftigen Ich-Erzähler ins Grübeln. </div><div style="text-align: left;"><blockquote>„Vor mir lagen noch 25 Sommer, wie Karl es am See so bildhaft auf den Punkt gebracht hatte. Irgendwann ist immer jetzt. Es galt, keine Zeit mehr zu verlieren, die vergangenen beiden Tage sollten mir Zuversicht geben. Mut hilft immer, Angst nie. Das hatte Karl mir gezeigt. Warum sollte mir das nicht auch gelingen?“</blockquote></div><div style="text-align: left;"><i>Stephan Schäfer</i> versucht es seinem Publikum einfach zu machen. Wer es trotz unzähliger Ratgeber noch nicht geschafft haben sollte, mit mehr Achtsamkeit sein Leben zu gestalten, auf sein Herz zu hören, sich um die Dinge zu kümmern, die einem wirklich wichtig sind, der wird vielleicht durch diese sehr einfach gestrickte Geschichte auf den rechten Pfad gelenkt. </div><div style="text-align: left;">Offenbar gehören nur wenige Dinge wie Mut, Offenheit und Zuversicht dazu, sich auf andere Menschen und Dinge wirklich einzulassen, um sich vom oft erdrückenden Ballast des Alltags lösen zu können und sich auf das Wesentliche im Leben zu konzentrieren. Der Autor rennt mit seiner lebensbejahenden Geschichte bei vielen Lesern und Leserinnen sicher offene Türen ein, allerdings ist die Story auch so überraschungsarm und ohne jede Originalität, dass nur der gutgemeinte Ansatz und die Schlichtheit der Erzählung überzeugt. Doch wirklich berührt hat mich <b>„25 letzte Sommer“</b> nicht. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi2OMyyYzplI71H4KhD-OhqiY44o31uUMlOSSHKFOlFxn93qeHzNrUGb5esK6o8WMIowr5j7Pl8Q4rexE30T519zF1G0F0ThWl5lBD3ZPVqHSrKiIqY2gCrJ_tgmtkWBCH7PB-yFfKqayOq6UtpVZwjE9MU3V_e6ZMR2hJHDwpQZ7oQmugaBA6RHG0Br_3X/s336/3%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="66" data-original-width="336" height="39" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi2OMyyYzplI71H4KhD-OhqiY44o31uUMlOSSHKFOlFxn93qeHzNrUGb5esK6o8WMIowr5j7Pl8Q4rexE30T519zF1G0F0ThWl5lBD3ZPVqHSrKiIqY2gCrJ_tgmtkWBCH7PB-yFfKqayOq6UtpVZwjE9MU3V_e6ZMR2hJHDwpQZ7oQmugaBA6RHG0Br_3X/w200-h39/3%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" width="200" /></a></div><a 25="" href="https://content.ullstein.de/product-action/open-reading-sample/d1bcf667de8e99d8881f9c728867883e1dab7be2ff907cba44e40558a5a0869f505244a611382/9783988160096.pdf" letzte="" sommer="" target="_blank" title="Leseprobe Stephan Schäfer -">Leseprobe Stephan Schäfer - "25 letzte Sommer"</a>
</div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-84632676749638488352024-03-12T20:51:00.005+01:002024-03-12T20:51:56.731+01:00John Grisham – „Die Entführung“
(Heyne, 384 S., HC) <div>Mit seinem zweiten, 1991 veröffentlichten Roman <b>„Die Firma“</b> gelang dem früheren Anwalt <i>John Grisham </i>gleich der große Coup. Er verkaufte die Filmrechte für 600.000 Dollar an Paramount, die mit der Verfilmung durch <i>Sydney Pollack</i> mit <i>Tom Cruise</i> in der Hauptrolle des jungen Anwalts Mitch McDeere nicht nur einen Blockbuster ins Kino brachten, sondern auch die Karrieren von <i>Tom Cruise</i> und <i>John Grisham</i> beflügelten. </div><div>Nach über dreißig Jahren legt <i>Grisham</i> nun mit <b>„Die Entführung“</b> eine vor allem von seinen treuesten Fans lang erwartete Fortsetzung vor – die allerdings über weite Strecken enttäuscht. </div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiI-79DuQBiyFMfy_GhzotidcWZqnijWRNaxNpF-GXO6BS5XtjR2B74lYpX5iSPVoGJTo-XMGSc5Dph50Uvz16IwlyoJd8sDUPljAGSNx-T3yeZMJAlT9_FNAKRSsZODXvZ5XOnNPszMMty41oduOPN7ePoZviUCW3X_DxYjlMPqyvPGu2B4ZEgPrA5ovWA/s2587/John%20Grisham%20-%20Die%20Entf%C3%BChrung.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="2587" data-original-width="1630" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiI-79DuQBiyFMfy_GhzotidcWZqnijWRNaxNpF-GXO6BS5XtjR2B74lYpX5iSPVoGJTo-XMGSc5Dph50Uvz16IwlyoJd8sDUPljAGSNx-T3yeZMJAlT9_FNAKRSsZODXvZ5XOnNPszMMty41oduOPN7ePoZviUCW3X_DxYjlMPqyvPGu2B4ZEgPrA5ovWA/w253-h400/John%20Grisham%20-%20Die%20Entf%C3%BChrung.jpg" width="253" /></a></div><div>Vor fünfzehn Jahren konnte Mitch McDeere als einer der besten Absolventen der juristischen Fakultät von Harvard unter den besten Job-Angeboten wählen. Entschieden hat er sich für die relativ kleine Kanzlei Bendini, Lambert & Locke in Memphis, die zwar nicht das sagenhafte Gehalt prominenter Großkanzleien zahlten, aber durch ihre familiäre Atmosphäre und großzügige Sozialleistungen auch Mitchs Frau Abby überzeugen konnten. Doch aus dem Traum wurde damals ein lebensbedrohender Alptraum, als Mitch dahinterkam, dass die Kanzlei einer Mafia-Familie in Chicago gehörte, die bereits vom FBI überwacht wurde. Mitch gelang es damals, nicht nur mit heiler Haut aus der Affäre herauszukommen, sondern auch noch zehn Millionen Dollar mitzunehmen, an denen das FBI offenbar kein Interesse hatte. </div><div>Nachdem die McDeeres einige Zeit in Europa, vor allem in Italien, verbracht haben und Eltern von den beiden Zwillingen Carter und Clark geworden sind, hat Mitch Karriere bei Scully & Pershing gemacht, der größten Anwaltskanzlei der Welt mit Hauptsitz in New York und über dreißig Standorten auf allen Kontinenten. Mitch, der mittlerweile Partner bei S & P ist, soll das türkische Bauunternehmen Lannak vertreten, die für den libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi eine eine Milliarde Dollar teure Brücke bauen sollten, doch weigert sich Libyen, die ausstehenden vierhundert Millionen Dollar zu zahlen, die nach Beendigung des Projekts noch offen sind. </div><div>Um dieses Geld einzutreiben, reist Mitch mit Giovanna Sandroni nach Libyen. Giovanna ist die ebenfalls als erfolgreiche Anwältin arbeitende Tochter des schwer an Krebs erkrankten Luca Sandroni, der die römische Niederlassung von S & P leitet. Als sie entführt und von Scully & Pershing ein Lösegeld von 100 Millionen Dollar gefordert wird, entwickelt sich ein Wettlauf gegen die Zeit, um Leben und Tod… </div><div>Mitch McDeere ist also – wie von so vielen Fans sehnsüchtig erhofft – zurück. Die dreißig Jahre, die seit seinem rasanten Aufstieg und Fall bei der gut als Mafia-Geldwäscherei getarnten Kanzlei in Memphis, vergangen sind, hat <i>Grisham</i> geschickterweise durch den Kniff halbiert, indem er die Handlung noch zu Lebzeiten des 2011 getöteten libyschen Staatschefs <i>Gaddafi</i> vor dem realen Hintergrund des wahnwitzigen „Great Gaddafi Bridge“-Projekts ansiedelt. Natürlich werden wir erst einmal ausführlich über den weiteren Werdegang der McDeeres informiert, über Abbys Ambitionen als Herausgeberin von Kochbüchern bei einem kleinen Verlag ebenso wie natürlich über die erstaunlich unproblematische Karriere ihres Mannes bei der weltgrößten Kanzlei. </div><div>Doch wirklich nahe kommen wir den McDeeres nicht. Das liegt nicht nur an der skizzenhaften Rekapitulation der Zeit zwischen Bendini, Lambert & Locke und Scully & Pershing, sondern vor allem an Grishams fast schon klinisch nüchternen Schreibstil, der jede emotionale Verbundenheit zu den Figuren unterbindet. </div><div>Dazu liegt <i>Grishams</i> Fokus ganz auf den handlungsgetriebenen Plot gerichtet. Wie Mitch von New York nach Rom und von dort aus nach Istanbul, wieder zurück nach Rom, nach London und New York fliegt, lässt sich logisch kaum begründen und lässt auch die fein austarierten juristischen Manöver vermissen, die gerade die frühen <i>Grisham</i>-Romane zu Eckpfeilern des Justizthriller-Genres werden ließen. </div><div>In <b>„Die Entführung“</b> wird nur hektisch versucht, die hundert Millionen Dollar Lösegeld aufzutreiben und die Identität der Entführer aufzudecken, packend ist dieser wenig leidenschaftlich ausgefochtene Kampf nicht.
Was <i>Grisham </i>zumindest versucht hat, an Spannung aufzubauen, löst der Autor zum Ende hin recht unspektakulär und allzu vorhersehbar auf. Für diesen Plot hätte man die McDeeres nicht wieder aus der Mottenkiste holen müssen – aber dann hätte das Buch ein entscheidendes Verkaufsargument weniger… </div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhizklIuwsrg0-z7tW0fs9e13THB8ypgcMv9M8WLoH4S6x4i2BK9Gb9gtBPDzNpVHPTI-6RCU_AVQfiC9VmbheJo4yVp1kLPt4RxOBteI6MlfSZiKN13mi0XbtXEUjXHACm1niOifLKcoJO1qAhf0PsJpeZ9C5GD4Oklnp2rrhOl-9hCdBOl_gtCuqQxrXQ/s334/2%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="65" data-original-width="334" height="39" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhizklIuwsrg0-z7tW0fs9e13THB8ypgcMv9M8WLoH4S6x4i2BK9Gb9gtBPDzNpVHPTI-6RCU_AVQfiC9VmbheJo4yVp1kLPt4RxOBteI6MlfSZiKN13mi0XbtXEUjXHACm1niOifLKcoJO1qAhf0PsJpeZ9C5GD4Oklnp2rrhOl-9hCdBOl_gtCuqQxrXQ/w200-h39/2%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" width="200" /></a></div><div><a die="" entf="" href="https://www.bic-media.com/mobile/mobileWidget-jqm1.4.html?bgcolor=E9E8E8&showExtraDownloadButton=yes&isbn=9783453274297&https=yes&socialSelfBackLink=yes&lang=de&fullscreen=yes&jump2=0&openFSIPN=yes&resizable=yes&showSocial=no&template=rhservice&showHelp=no&showSettings=no&shopsFilter=prandomhouse&ui-state=dialog" hrung="" target="_blank" title="Leseprobe John Grisham -">Leseprobe John Grisham - "Die Entführung"</a></div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-31713097369420546392024-03-06T18:12:00.001+01:002024-03-06T18:12:03.773+01:00Ray Bradbury – „Die Laurel & Hardy-Liebesgeschichte“
(Diogenes, 344 S., Tb.) <div>Mit seinen verfilmten Werken <b>„Die Mars-Chroniken“, „Der illustrierte Mann“, „Das Böse kommt auf leisen Sohlen“</b> und vor allem <b>„Fahrenheit 451“ </b>machte sich der US-amerikanische Schriftsteller <i>Ray Bradbury </i>(1920-2012) unsterblich und hinterließ seine Spuren in der Kriminalliteratur ebenso wie im Horror-Genre, am eindringlichsten aber sicher im weiten Raum der Phantastik und Science-Fiction.
Neben seinen bekannten Romanen erwiesen sich gerade <i>Bradburys </i>Kurzgeschichten als reicher Fundus an originellen Ideen und überbordender Sprachkunst. 1988 erschien mit <b>„The Toynbee Convector“</b> eine späte Sammlung, die in der deutschen Ausgabe von Diogenes nach der besten Geschichte des Buches betitelt wurde: Vorhang auf für <b>„Die Laurel & Hardy-Liebesgeschichte“</b> und 22 weitere Geschichten. </div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjmKM5b2K6fnifjlsArK8vQlEPuZxeQW6RukCaiVZTt7ZIUY1sMNaUsR5n3IjCZmfBAU5EobRxvkI0QUT6YqYlZ9H3CsM5IwaFuI9OecG3SsSyS25Jo7JRwqkGphuxr1AWZeS8IJXVY0PGazlx-pUnFHspf-t9T9kd0Y3SrOP0qD4BEJLEx4osQJdH3VmHV/s2120/Ray%20Bradbury%20-%20Die%20Laurel%20und%20Hardy%20Liebesgeschichte.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="2120" data-original-width="1298" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjmKM5b2K6fnifjlsArK8vQlEPuZxeQW6RukCaiVZTt7ZIUY1sMNaUsR5n3IjCZmfBAU5EobRxvkI0QUT6YqYlZ9H3CsM5IwaFuI9OecG3SsSyS25Jo7JRwqkGphuxr1AWZeS8IJXVY0PGazlx-pUnFHspf-t9T9kd0Y3SrOP0qD4BEJLEx4osQJdH3VmHV/w245-h400/Ray%20Bradbury%20-%20Die%20Laurel%20und%20Hardy%20Liebesgeschichte.jpg" width="245" /></a></div><div>In der eröffnenden Titelgeschichte der Originalsammlung, „Der Toynbee-Konvektor“ bittet der Reporter Roger Shumway den einzigen Zeitreisenden Craig Bennett Stiles zum exklusiven Interview und erlebt eine erstaunliche Überraschung. </div><div>In der leicht gruseligen Geschichte „Die Falltür“ entdeckt Clara Peck nach zehn Jahren, die sie in dem alten Haus schon lebt, plötzlich eine Falltür, die zu einem unbekannten Dachboden führt – und zu unheimlichen Geräuschen, die sie erst Mäusen, dann Ratten zuordnet, bis sie selbst nachsehen muss, was sie allmählich in den Wahnsinn zu treiben droht.
Im „Orientexpress Nord“ wird die alte Miss Minerva Halliday auf der Fahrt von Wien über Paris nach Calais auf einen bleichen Mann aufmerksam, der an einer furchtbaren Krankheit dahinzusiechen scheint. Als gelernte Krankenschwester erkennt sie sofort, an was der gebrechliche Mann leidet – an Menschen. Nach zweihundert Jahren, die er in einem Dorf bei Wien im Schutz von Bücherregalen vor den Atheisten lebte, sei er nun auf dem Weg nach England, wo die Menschen nicht zweifeln, sondern noch glauben, an Mythen und Grablegenden und Erscheinungen aus dem Reich des Unsichtbaren. Die Krankenschwester beschließt, den Mann auf seiner Reise zu begleiten… </div><div>„Eine Nacht im Leben“ begleitet einen Mann auf seiner Reise nach New York, wo er über ein Stück für den Broadway sprechen soll, das nicht schreiben will, eigentlich aber davon träumt, in einer Frühlingsnacht mit einem Mädchen Hand in Hand irgendwohin spazieren zu gehen und in die Sterne zu sehen. </div><div><blockquote>„Es gibt keine Worte für so eine Nacht. Wir würden uns nicht einmal anschauen. Wir würden in der Ferne die Lichter der Stadt sehen und wissen, dass andere vor uns auf andere Hügel gestiegen sind, und dass es auf der Welt nichts Besseres gibt. Man könnte auch nichts Besseres machen; alle Häuser und Bräuche und Sicherheiten der Welt sind gar nichts gegen eine solche Nacht. Die Städte, die Menschen bei Nacht in den Zimmern der Häuser dieser Städte, die sind das eine; die Hügel und die freie Luft und die Sterne und das Händehalten, das ist das andere.“ (S. 64) </blockquote></div><div>In der Titelgeschichte der deutschen Ausgabe stehen die Comedy-Stars <i>Stan Laurel </i>und <i>Oliver Hardy</i> nur als Pate für eine außergewöhnliche Geschichte über einen Mann und eine Frau, die sich plötzlich auf einer Cocktail-Party begegnen und sich durch ihre gemeinsame Vorliebe für die beiden Komiker ebenfalls Laurel und Hardy nennen. </div><div>Und so schafft <i>Bradbury</i> mit jeder weiteren Geschichte neue Welten, in der das Phantastische, das Ungeheuerliche, das Unvorstellbare einzieht und die Protagonisten zu kühnen Unterfangen und furchtlosen Träumen animieren. Nicht immer sind die Pointen überzeugend geglückt, und immer mal wieder gefällt sich <i>Bradbury</i> zu sehr in seiner grenzenlos erscheinenden Fabulierkunst, aber oft genug gelingt es ihm, bei seinem Publikum ein Tor in andere Welten zu öffnen, der Fantasie ihren freien Lauf zu lassen.</div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjUM6mQTxFeyAirhjpyFqiydKaLBJzqr_GzUfcdNSDwio3B_ho0dfWAyQpKa_Ze9wvpwPoksOvYga5PDA_aPSywpPBravdlj2GljyvK43sqlr4NFGAw38g4ktV7gszbIzGhPSIPtcCsMMmN4ZhxSKgn3EoXV-fANF-sgbHfXBgzDFgVRy9FRQV9DNC1xnIv/s338/4%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="71" data-original-width="338" height="42" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjUM6mQTxFeyAirhjpyFqiydKaLBJzqr_GzUfcdNSDwio3B_ho0dfWAyQpKa_Ze9wvpwPoksOvYga5PDA_aPSywpPBravdlj2GljyvK43sqlr4NFGAw38g4ktV7gszbIzGhPSIPtcCsMMmN4ZhxSKgn3EoXV-fANF-sgbHfXBgzDFgVRy9FRQV9DNC1xnIv/w200-h42/4%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" width="200" /></a></div><br /><div><br /></div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-38484263087491287772024-03-02T15:08:00.000+01:002024-03-02T15:08:44.736+01:00James Lee Burke – (Aaron Holland Broussard: 2) „Das verlorene Paradies“
(Heyne, 320 S., Pb.) <div>Mit seinen über zwanzig – teilweise auch verfilmten – Romanen um Detective Dave Robicheaux hat sich der 1936 in Houston, Texas, geborene <i>James Lee Burke</i> als vielleicht bedeutendste Stimme im Genre des Südstaaten-Krimis erhoben. Neben den seit 1987 veröffentlichten Romanen um den Vietnam-Veteranen und Alkoholiker sind es vor allem die Geschichten rund um die Holland-Familie, mit denen <i>Burke</i> sein Publikum in den Bann zu ziehen versteht. Nach den epischen Abenteuern, die Hackberry Holland (<b>„Zeit der Ernte“, „Regengötter“, „Glut und Asche“</b>) und <i>Billy Bob Holland</i> (<b>„Dunkler Strom“, „Feuerregen“, „Die Glut des Zorns“</b>) in den ihnen gewidmeten Buchreihen erlebten, feierte der Wanderarbeiter und Nachwuchsautor Aaron Holland Broussard hierzulande 2018 in <b>„Dunkler Sommer“</b> seinen Einstand. Nun folgt mit <b>„Das verlorene Paradies“</b> endlich die erste Fortsetzung.</div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgj6BtP2n6zgxWN3RPxuRhkISypPeD5Rvm2MvOKeMXMuK9n04FauPZokyN2HS7jUc8h8yaI7CH93K5NcGF2Axddfj0rSLvf6WHY1bulAR2q_DoHiShUifgoUtejsulz1177O1UZv4N2QKZUTKIvDy48Z6Yivej6hRE1qYCbVEYxZrNgZk2nu8djhDYBekFX/s2433/James%20Lee%20Burke%20-%20Das%20verlorene%20Paradies.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="2433" data-original-width="1606" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgj6BtP2n6zgxWN3RPxuRhkISypPeD5Rvm2MvOKeMXMuK9n04FauPZokyN2HS7jUc8h8yaI7CH93K5NcGF2Axddfj0rSLvf6WHY1bulAR2q_DoHiShUifgoUtejsulz1177O1UZv4N2QKZUTKIvDy48Z6Yivej6hRE1qYCbVEYxZrNgZk2nu8djhDYBekFX/w264-h400/James%20Lee%20Burke%20-%20Das%20verlorene%20Paradies.jpg" width="264" /></a></div><div>Aaron Holland Broussard macht sich im Frühjahr 1962 als Trainhopper auf den Weg nach Denver, schlägt sich bis zur Heilsarmee durch und fährt mit dem Greyhound bis runter nach Trinidad, wo er auf der Farm von Jude Lowry und seiner Frau anheuert, um sich zusammen mit anderen Saisonarbeitern um das Vieh und den Ackerbau zu kümmern. Als er zusammen mit seinen beiden Kollegen Spud Caudill und Cotton Williams einen Pritschenwagen voller Tomaten zum Packhaus nach Trinidad fährt, werden die drei Freunde nach einem Restaurantbesuch von vier Männern zusammengeschlagen. Offenbar passte ihnen ein Aufkleber der Landarbeitergewerkschaft auf Mr. Lowrys Wagen nicht. </div><div>Auf diese Weise lernt Broussard nicht nur den Detective Wade Benbow kennen, der es trotz Lungenkrebs nicht schafft, mit dem Rauchen aufzuhören, sondern auch die junge Kunststudentin und Kellnerin Jo Anne McDuffy. Doch die sich anbahnende Romanze wird von dem Umstand getrübt, dass Jo Annes schmieriger Dozent Henri Davos Anspruch auf die junge Frau erhebt und sich in ihrer Nachbarschaft ein paar unberechenbare, vollgedröhnte Junkies in einem Bus herumtreiben. Doch die meisten Probleme bereiten Broussard Rueben Vickers und vor allem sein Sohn Darrel, der die Prügelei in Trinidad angezettelt hatte. </div><div>Derweil entwickelt Benbow ein besonderes Interesse an Broussard und zeigt ihm die Fotos von sechs Frauen und Mädchen, die in den letzten drei Jahren rund um Trinidad brutal ermordet worden sind, darunter die zwölfjährige Enkelin des Detectives. Während sich Broussard mit den teilweise unheimlich wirkenden Ereignissen rund um die Farm, die religiös verwirrten Junkies und die brutalen Vickers herumschlägt, wird er auch von beunruhigenden Träumen heimgesucht, die ihn zu seinem Einsatz in Korea 1953 und dem Verlust seines besten Freundes Saber Bledsoe zurückbringen. Detective Benbow hegt bereits einen Verdacht, wer für die Morde an den Mädchen und Frauen verantwortlich gewesen ist, doch fehlen ihm die Beweise. Als er Broussard ins Vertrauen zieht und mit ihm auf Mörderjagd geht, machen sie mehrere zutiefst verstörende Entdeckungen… </div><div><blockquote>„Am liebsten wäre ich zu den Sternen hinaufgestiegen und über die Berge davongesegelt. Ich wollte in die Welt meines Vaters entfliehen: ans Ufer des Bayou Teche, in Abende, die nach Magnolien, Jasmin, Trompetenblumen und Orangenblüten riechen. Einfach nur irgendwohin. Alles war besser als das Hier und Jetzt, denn ich hatte das Gefühl, gerade Zeuge der Zerstörung Edens geworden zu sein.“ </blockquote></div><div>Kaum einer versteht es, die Landschaft und das Lebensgefühl in den Südstaaten so bildhaft darzustellen wie <i>James Lee Burke</i>. Die Bilder und die Gerüche, die seine Sprache hervorrufen, entwickeln beim Lesen eine eigene Zauberkraft, dringen tief in die Vorstellungswelt des Publikums ein. Natürlich ist es einmal mehr unaussprechliche Gewalt, die die Geschichte von <b>„Das verlorene Paradies“ </b>prägt, auch wenn Liebe und Vertrauen möglich scheint. </div><div>Die ungeklärten Morde an den sechs Mädchen und Frauen sind aber nur der Aufhänger für dieses Kriminaldrama, denn ebenso geht es um die Last unauslöschlicher Erinnerungen und schmerzhafter Verluste, um religiösen Wahn und die destruktive Kraft übermäßigen Drogenkonsums. Die psychischen Defekte und die unkontrollierte Gewalt, die hier zum Ausdruck kommt, ist nichts für schwache Nerven, folgt aber einer hypnotisierenden Dramaturgie, der man sich nicht entziehen kann. Allein die übernatürlichen Elemente, die über Traumbilder hinausgehen und die Handlung zum Finale hin ebenso maßgeblich wie unglaubwürdig beeinflussen, sorgen für ein paar Wermutstropfen in diesem leider viel zu kurzen Roman. </div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhCa1fCY2N7ElU7PnntUkEu2D1WMKA4w7t25itdJp-M0fRzYLuyNzAw7vIH0CpnT54Ak12KnmQRRTCCjQC3hO4l2uk3bgJrGiA13AIzdgf2ezLGweHA1YTg1fr9ED-INDiFiPL91yVf6OzeDhGCHL4RF6srvf-hOCBqT4pepRrEkMGaKicFKLeVDuBL1UIx/s338/4%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="71" data-original-width="338" height="42" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhCa1fCY2N7ElU7PnntUkEu2D1WMKA4w7t25itdJp-M0fRzYLuyNzAw7vIH0CpnT54Ak12KnmQRRTCCjQC3hO4l2uk3bgJrGiA13AIzdgf2ezLGweHA1YTg1fr9ED-INDiFiPL91yVf6OzeDhGCHL4RF6srvf-hOCBqT4pepRrEkMGaKicFKLeVDuBL1UIx/w200-h42/4%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" width="200" /></a></div><div><a das="" href="https://www.penguin.de/leseprobe/Das-verlorene-Paradies/leseprobe_9783453428461.pdf" paradies="" target="_blank" title="Leseprobe James Lee Burke -" verlorene="">Leseprobe James Lee Burke - "Das verlorene Paradies"</a></div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-74337535169432491002024-02-27T19:18:00.002+01:002024-02-27T19:18:18.234+01:00Don Winslow – (Neal Carey: 5) – „Palm Desert“<div style="text-align: left;">
(Suhrkamp, 195 S., Tb.) </div><div style="text-align: left;">Eigentlich fühlte sich Neal Carey nach seinem letzten verpatzten Einsatz von der „Friends of the Family“, für die ihn sein zwergwüchsiger, einarmiger Ziehvater Joe Graham als Privatermittler für äußerst prominente Kunden ausgebildet und durch die er sein Studium finanziert hatte, aus dem Dienst entlassen. So kann er sich voll auf seinen Studienabschluss an der Columbia Universität konzentrieren und sich den Hochzeitsvorbereitungen widmen, die vor allem seine Freundin Karen umtreiben. </div><div style="text-align: left;">Ihr gemeinsames Sexleben steht nun auch unter dem Vorzeichen von Karens deutlich artikulierten Kinderwunsch. Neal mag sich mit dem Thema noch nicht so recht anfreunden, was offensichtlich der Tatsache geschuldet ist, dass seine Mutter eine Prostituierte gewesen ist und er seinen Vater nie kennengelernt hat. Als Joe Neal darum bittet, den betagten Komiker Nathan „Natty Silver“ Silverstein aus einer Hotelsuite im sechs Stunden entfernten Las Vegas abzuholen und ihn nach Hause nach Palm Springs zu bringen, sagt Neal auch deshalb zu, um so für eine kurze Zeit den Diskussionen mit seiner ralligen Freundin um den Nachwuchs zu entgehen. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhWvltDU72lCHU-i6gF5NOuXQmEC5KozLkewxpysK0MRAGG21gEkDZRYMT5pycCiBNF7ALJzSOLhmjr9Mi8nI9w_4Z7riysPmgKUfdtAb_2BIMTFrGTr3gGZdFltiM_5VQnErY6FmFJ6UkU1rfvTo7_5ncmrHbguBMVDkvdOnMzowmCV5CJTQh0EpfMBvbJ/s4486/Don%20Winslow%20-%20Neal%20Carey%205%20-%20Palm%20Desert.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="4486" data-original-width="2785" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhWvltDU72lCHU-i6gF5NOuXQmEC5KozLkewxpysK0MRAGG21gEkDZRYMT5pycCiBNF7ALJzSOLhmjr9Mi8nI9w_4Z7riysPmgKUfdtAb_2BIMTFrGTr3gGZdFltiM_5VQnErY6FmFJ6UkU1rfvTo7_5ncmrHbguBMVDkvdOnMzowmCV5CJTQh0EpfMBvbJ/w249-h400/Don%20Winslow%20-%20Neal%20Carey%205%20-%20Palm%20Desert.jpg" width="249" /></a></div>Natürlich entpuppt sich der der Auftrag dann doch – Überraschung, Überraschung! – als sehr kompliziert. Denn schon an der Hotelbar verliert Neal seine Zielperson, als dieser mit Hope White eine alte Freundin wiedertrifft, mit der der alte geile Bock auf sein Zimmer verschwindet. So verpassen Neal und Natty erst den geplanten Flug um vier Uhr, bevor Neal am nächsten Tag frustriert feststellen muss, dass Natty nicht in den Flieger steigen will und sie den Weg nach Palm Springs mit einem Mietwagen zurücklegen müssen. Doch unterwegs werden Neal und Natty von Nattys ehemaligen Nachbarn Heinz und Sami entführt, was Neal vor Augen führt, dass hinter Nattys absichtlich verzögerter Heimkehr mehr stecken muss als angenommen… </div><div style="text-align: left;"><blockquote>„Zunächst konzentrierte ich mich auf die Fakten. Heinz war unterwegs hierher, und er hatte eine Pistole. Wahrscheinlich glaubte er, wir seien bereits tot, und er würde nur Sami abholen. Also mussten wir uns verstecken, Sami als Köder vorschicken und dann schneller ziehen als Heinz. Oh Gott, hab ich wirklich gerade gesagt ,schneller ziehen‘? Ihn jedenfalls unschädlich machen, bevor er mitbekam, dass wir gar nicht tot waren. Eigentlich ganz einfach, oder? Was konnte da schon schiefgehen?“ (S. 163) </blockquote></div><div style="text-align: left;">Nach vielversprechendem Beginn mit den ersten beiden Romanen der Neal-Carey-Reihe, <b>„London Undercover“</b> und <b>„China Girl“</b>, die Anfang der 1990er Jahre gleichzeitig den Beginn von <i>Don Winslows </i>Schriftsteller-Karriere markierten, ließ die fünf Bände umfassende Reihe nicht nur an Umfang merklich nach, sondern auch in qualitativer Hinsicht. </div><div style="text-align: left;">Nach den 300 eher wirr überkonstruierten und krampfhaft auf humorvoll getrimmten Seiten von <b>„A Long Walk Up the Water Slide“</b> bilden die 200 Seiten von<b> „Palm Desert“</b> den Abschluss der Reihe um den freiberuflichen Privatermittler, der seinen vermeintlich kinderleichten Aufträgen nie gewachsen ist. </div><div style="text-align: left;"><i>Don Winslow</i>, der sich in der Folgezeit mit harten Thrillern wie <b>„Zeit des Zorns“, „Tage der Toten“</b> und <b>„Das Kartell“ </b>als einer der besten Genre-Vertreter etablierte, hat für den Abschluss seiner Neal-Carey-Reihe nicht mal eine vernünftige Story parat. Sie wirkt wie ein müder Abklatsch von <i>Martin Brests </i><b>„Midnight Run“ </b>mit <i>Robert De Niro</i> und <i>Charles Grodin</i> in den Hauptrollen, nur dass <b>„Palm Desert“</b> eben überhaupt nicht witzig ist. </div><div style="text-align: left;">Von ein paar netten Jokes abgesehen gibt nämlich der notgeile Altkomiker Natty Silver immer wieder flache Witze zum Besten, bis durch einen eingeschobenen Briefwechsel zwischen einem Anwalt und einer Versicherungsgesellschaft überhaupt herauskommt, warum Heinz und Sami den früheren Varieté-Künstler in ihre Gewalt bringen wollen. Bis dahin ist das Interesse an der ideenlosen Geschichte aber schon verflogen, und am Ende ist man froh, dass die aus der Ich-Perspektive von Karen und Neal erzählte Story nach 200 Seiten endlich vorbei ist.
</div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiQRqBp9ZafUBVyXgHVxk0iXDn0tckIowFFmCQqeOM5DcMW_ZW-lT9bWMxorups6oX2SS0D78W5ovmpSyYirnsEeUM8Knt95vWk4ynZMnEGbbFC4J6ZK134CL9XBPOfPXQt0dcS9GELnmRiev2sUsqKkSGLD1mhkfbshWcLNLH5mvIoydQwecHhL67eTgoP/s334/2%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="65" data-original-width="334" height="39" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiQRqBp9ZafUBVyXgHVxk0iXDn0tckIowFFmCQqeOM5DcMW_ZW-lT9bWMxorups6oX2SS0D78W5ovmpSyYirnsEeUM8Knt95vWk4ynZMnEGbbFC4J6ZK134CL9XBPOfPXQt0dcS9GELnmRiev2sUsqKkSGLD1mhkfbshWcLNLH5mvIoydQwecHhL67eTgoP/w200-h39/2%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" width="200" /></a></div></div><div style="text-align: left;"><a desert="" href="https://media.suhrkamp.de/mediadelivery/asset/b3c46e66ca804ed698df9b4acbdded7e/palm-desert_9783518465844_leseprobe.pdf?contentdisposition=inline" palm="" target="_blank" title="Leseprobe Don Winslow -">Leseprobe Don Winslow - "Palm Desert"</a>
</div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-4483929043149646122024-02-25T12:49:00.006+01:002024-02-25T12:49:57.137+01:00Don Winslow – (Neal Carey: 4) „A Long Walk Up The Water Slide“<div style="text-align: left;">
(Suhrkamp, 302 S., Tb.) </div><div style="text-align: left;">Bevor <i>Don Winslow </i>mit harten Drogenmafia-Thrillern wie <b>„Tage der Toten“, „Das Kartell“</b> und <b>„Savages – Zeit des Zorns“ </b>zu einem der besten Genre-Autoren weltweit avancierte, präsentierte er Anfang der 1990er Jahre seine ersten Fingerübungen mit einer fünfteiligen, humoristisch gefärbten Thriller-Reihe um Neal Carey, einen Studenten an der Columbia, der davon träumt, eines Tages am College Englisch zu unterrichten, und sich ein Zubrot damit verdient, für seinen Ziehvater und Vorgesetzten Joe Graham hin und wieder Aufträge als Privatdetektiv für die „Friends of the Family“ zu übernehmen. Nach <b>„London Undercover“, „China Girl“</b> und <b>„Way Down on the High Lonely“</b> veröffentlichte Suhrkamp 2016 den vierten Band unter dem Originaltitel <b>„A Long Walk Up The Water Slide“</b>. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjb4WQk1MDgbRTsWVa0LaC9Ly3jFp6KGXWkhghs4sV3pD7k6nXFGicRrNCKmCnAYWLYcynI5-pFxoY9qQhmNI5ZwWMRVBmr6SSTD8_g3IgaDIhDN0UsfbLNBZMyw_m7WdtSeMP2yyDIFaT8u0oVl0mQBnAABtRLqA1lkTi2rWuiNZ199BS4j8I5b6mpt1hi/s4486/Don%20Winslow%20-%20Neal%20Carfey%204%20-%20A%20Long%20Walk%20Up%20The%20Water%20Slide.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="4486" data-original-width="2785" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjb4WQk1MDgbRTsWVa0LaC9Ly3jFp6KGXWkhghs4sV3pD7k6nXFGicRrNCKmCnAYWLYcynI5-pFxoY9qQhmNI5ZwWMRVBmr6SSTD8_g3IgaDIhDN0UsfbLNBZMyw_m7WdtSeMP2yyDIFaT8u0oVl0mQBnAABtRLqA1lkTi2rWuiNZ199BS4j8I5b6mpt1hi/w249-h400/Don%20Winslow%20-%20Neal%20Carfey%204%20-%20A%20Long%20Walk%20Up%20The%20Water%20Slide.jpg" width="249" /></a></div>Seit Neals letztem Auftrag für die von Ed Levine geführte „Friends of the Family“, bei dem er einen Mann erschoss, hat sich der 28-Jährige in das Schlafzimmer seiner Freundin Karen Hawley zurückgezogen und vergeblich auf die unangenehmen Fragen von FBI, Highway Patrol und der Polizei gewartet. Er arbeitet an seiner Doktorarbeit zum Thema „Tobias Smollett: Literarischer Außenseiter“ und zieht ernsthaft in Erwägung, sich aus dem Geschäft zurückzuziehen, mit dem ihn der zwergwüchsige, einarmige Joe Graham sporadisch konfrontiert. Als Joe diesmal anruft und Neal einen Auftrag anbietet, bei dem er überraschenderweise niemanden suchen muss, sagt er auch wegen der Aussicht auf eine Terrasse mit Whirlpool zu, die sich Neal und Karen mit dem Honorar in ihrem Zuhause in Austin, Nevada, bauen lassen könnten. </div><div style="text-align: left;">Doch natürlich entpuppt sich die Aufgabe, einer jungen Frau namens Polly Paget vernünftiges Englisch beizubringen, damit sie ihre Anschuldigung, von dem prominenten Fernsehmoderator und Unternehmer Jack Landis vergewaltigt worden zu sein, glaubwürdig vortragen kann, ohne als prollige Schlampe rüberzukommen, denn sowohl ihr Aussehen als auch ihre Sprache vermitteln mehr als überdeutlich diesen Eindruck. Zwar beteuert Graham, dass die Mafia nicht mit im Spiel sei, aber der Auftrag entpuppt sich doch als ziemlich heikel, denn Jack hat als Gründer, Präsident und Hauptanteilseigner von Family Cable Network, wo er mit seiner Frau Candice die beliebte Sendung „Familienzeit mit Jack und Candy“ moderiert, einiges zu verlieren, investiert er doch gerade in ein Ferienparadies, dessen Apartments sich nicht so schnell verkaufen lassen wie gewünscht. </div><div style="text-align: left;">Bis zu ihrer Aussage soll Neal Polly nicht nur vernünftiges Englisch beibringen, sondern sie auch gut verstecken, denn natürlich setzen Jack Landis und seine Geschäftspartner alles daran, dass seine Sekretärin und Geliebte Polly nie ihre Aussage zu Protokoll geben kann. Dazu wird nicht nur der Privatermittler Walter Withers engagiert, sondern auch ein Auftragskiller. Als sich die Dinge weitaus turbulenter entwickeln als geplant, macht sich vor allem Joe Graham große Vorwürfe. </div><div style="text-align: left;"><blockquote>„Die ganze Operation Polly Paget war überstürzt und ohne ausreichende Informationsgrundlage durchgeführt worden. Die Friends of the Family hätten den Fall nicht übernehmen dürfen, ohne vorher die gegnerische Seite restlos zu durchleuchten. Und dass Eddie und Kitteredge ein sicheres Versteck verraten hatten, war erst recht nicht nachvollziehbar. Dabei war es nicht mal unser Versteck gewesen, sondern das von Neal. Endlich hatte der Junge ein Zuhause gefunden, und wir lassen zu, dass es ihm um die Ohren fliegt. Wir sind schludrig geworden, dachte Graham. Der Erfolg hat uns glauben lassen, wir seien besser, als wir sind.“ (S. 225) </blockquote></div><div style="text-align: left;">Mit dem vierten Band seiner 1991 gestarteten Neal-Carey-Reihe entwickelt <i>Don Winslow</i> die Lebensgeschichte des jungen Doktoranden, der nebenbei als Privatermittler für die Firma arbeitet, in der auch sein Ziehvater tätig ist, konsequent weiterentwickelt. Die Beziehung zu seiner Freundin Karen steht auf einer soliden Basis, das überraschende Auftrags-Angebot kommt wie gerufen, um den Lebensstil des jungen Paars etwas aufzupeppen. Doch die Beziehung zwischen Neal und Karen gerät schnell in den Hintergrund, als die billig aufgemotzte, herrlich prollig daherkommende Polly in ihr Leben tritt und damit einen höchst komplexen Rattenschwanz hinter sich herzieht, der ordentlich Action und ein paar Tote mit sich bringt. </div><div style="text-align: left;">Das ist temporeich und witzig - vor allem in den knackigen Dialogen – geschrieben, doch schießt <i>Winslow</i> in der zweiten Hälfte des gerade mal 300-seitigen Romans weit übers Ziel hinaus, als die mittlerweile unüberschaubare Schar an Akteuren an schnell wechselnden Schauplätzen die Orientierung zu verlieren drohen und damit den Lesegenuss arg schmälern. Denn für feinsinnige Charakterisierungen bleibt hier kein Raum. <i>Winslow</i> ist hier so auf Action und pointierten Humor getrimmt, dass die Story darunter leidet. Mit einem ähnlichen Konzept ist die „Slow Horses“-Reihe des Briten Nick Herron weit origineller ausgefallen.
</div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgDhkHB2ln5L-PF7OPDJQWxuqtVXiaxkzpS-tjvTICD6c59Jyw0rPRjh6p-qNZQPLuZPQdACUxrNVjfoZW2rhOO561bWFDAO-kLEDdvFnXeCwzzJaZ0ug8Szd2qIw7K4O6yl5A253VzgZ6EbtbQ48nOF3Tk5J7atBHDmPx3D0e2udwCQINt_nRLnBGBmAip/s336/3%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="66" data-original-width="336" height="39" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgDhkHB2ln5L-PF7OPDJQWxuqtVXiaxkzpS-tjvTICD6c59Jyw0rPRjh6p-qNZQPLuZPQdACUxrNVjfoZW2rhOO561bWFDAO-kLEDdvFnXeCwzzJaZ0ug8Szd2qIw7K4O6yl5A253VzgZ6EbtbQ48nOF3Tk5J7atBHDmPx3D0e2udwCQINt_nRLnBGBmAip/w200-h39/3%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" width="200" /></a></div></div><div style="text-align: left;"><a a="" href="https://media.suhrkamp.de/mediadelivery/asset/e873e520ebf340a0820dbb1bccbc67eb/a-long-walk-up-the-water-slide_9783518465837_leseprobe.pdf?contentdisposition=inline" long="" slide="" target="_blank" the="" title="Leseprobe Don Winslow -" up="" walk="" water="">Leseprobe Don Winslow - "A Long Walk Up The Water Slide"</a>
</div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-14195255061357034702024-02-21T01:00:00.000+01:002024-02-21T01:00:00.126+01:00Donal Ryan – „Seltsame Blüten“<div style="text-align: left;">
(Diogenes, 272 S., HC) </div><div style="text-align: left;">Dafür, dass sich Hartnäckigkeit durchaus auszahlen kann, ist der Ire <i>Donal Ryan</i> ein vorzügliches Beispiel. Von dem Umstand, dass seine ersten Romane 47-mal abgelehnt wurden, ließ er sich nicht beirren. Nachdem Lilliput Press ab 2012 <i>Ryans</i> ersten beiden Werke veröffentlicht hatte, wurde auch der Diogenes Verlag auf das Talent aufmerksam und legt nach<b> „Die Sache mit dem Dezember“, „Die Gesichter der Wahrheit“, „Die Lieben der Melody Shee“ </b>und <b>„Die Stille des Meeres“</b> nun mit <b>„Seltsame Blüten“</b> bereits den fünften Roman eines Autors vor, der für seine früheren Werke gleich mehrmals mit dem Irish Book Award ausgezeichnet worden ist. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjCvg2tFDj_DpMhypZXO9qL3j8xGakp1MCVVvMl1ARZvuARtHD5emyVO6eOFVD6cyo-em6tih8qfRWwfYgArjW6GTbX0usYV7gv3VCdH9W2gr4bJG1njjL5ohdVa_JiXfenobr8O86eRBdEHeFliN5wVSbRVrZP2TyZ2OVe6Aj2RtdEMRhjPuALBmeoBDgd/s1000/Donal%20Ryan%20-%20Seltsame%20Bl%C3%BCten.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1000" data-original-width="632" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjCvg2tFDj_DpMhypZXO9qL3j8xGakp1MCVVvMl1ARZvuARtHD5emyVO6eOFVD6cyo-em6tih8qfRWwfYgArjW6GTbX0usYV7gv3VCdH9W2gr4bJG1njjL5ohdVa_JiXfenobr8O86eRBdEHeFliN5wVSbRVrZP2TyZ2OVe6Aj2RtdEMRhjPuALBmeoBDgd/w253-h400/Donal%20Ryan%20-%20Seltsame%20Bl%C3%BCten.jpg" width="253" /></a></div></div>Irland im Jahr 1973. Mit ihren jeweils um die 60 Jahren leben Kit und Paddy Gladney gottesfürchtig, einfach, aber zufrieden in einem kleinen Cottage in Knockagowny, County Tipperary. Paddy fährt morgens mit der Post durch den Ort und arbeitet nachmittags als Knecht auf der Jackmans, während Kit sich neben dem eigenen Haushalt um die Buchführung einiger Kaufleute in der Gegend kümmert. </div><div style="text-align: left;">Dass ihre einzige Tochter Moll als Zwanzigjährige vor fünf Jahren ohne etwas zu sagen eines Morgens den Bus nach Dublin genommen hat, lastet schwer auf der Seele des Ehepaars, zumal ihre eigenen Versuche, ihre Tochter in Dublin ausfindig zu machen, kläglich scheiterten. Doch fünf Jahre später taucht Moll ebenso plötzlich wieder vor ihrer Tür auf. Überglücklich lassen Kit und Paddy die Heimgekehrte erst einmal in Ruhe, bis sie selbst eine Erklärung zu ihrem Verschwinden und ihrer Rückkehr abzugeben bereit ist. </div><div style="text-align: left;">Doch bevor Moll auch nur ein Wort dazu abgibt, taucht ein Mann in der Gegend auf, der sich nach Moll erkundigt, und wenig später steht auch er vor der Tür der Gladneys. Doch das sind nicht die beunruhigendsten Neuigkeiten, mit denen Kit und Paddy konfrontiert werden… </div><div style="text-align: left;"><blockquote>„Kit löst die Finger aus der Gebetshaltung, ballt die Hände zu Fäusten, faltet sie erneut und fährt mit dem Takt ihres Rosenkranzes fort, sie versucht, die Gedanken auszublenden, die ihre Gebete überlagern, doch es gelingt ihr nicht. Es ist einer dieser Abende, an denen sich ungebetene Erinnerungen in dein Vordergrund drängen und ihre Gedanken in Beschlag nehmen.“ (S. 241) </blockquote></div><div style="text-align: left;">Mit seinem neuen Roman setzt sich <i>Ryan</i> einmal mehr mit dem Leben und den Schicksalen einfacher Menschen im stark katholisch geprägten Irland auseinander und beschreibt in fast schon verschwenderisch ausgereizter Sprachkunst, wie sich die fünfjährige Abstinenz einer geliebten Tochter und ihre unerwartete Rückkehr auf das Leben eines ganzen Dorfes auswirkt. Dabei geht <i>Ryan</i> nicht chronologisch vor. Tatsächlich unternimmt er in der Erzählung mehr als gewagte Sprünge ebenso in die Vergangenheit als auch in die Zukunft, um die Geheimnisse rund um Molls Verhalten und weit darüber hinaus zu lüften. </div><div style="text-align: left;">Vor allem der erste Teil ist dem Autor gut gelungen, wenn er die Lebensumstände und die Menschen in Knockagowny beschreibt. Als Moll, inzwischen 25-jährig, plötzlich zu ihren Eltern zurückkehrt, ändert sich natürlich einiges, doch wirken die nun beschriebenen Ereignisse sehr robust zusammengewürfelt. Ein funktionierender Erzählfluss will sich da nicht einstellen. Stattdessen wird man als Leser immer wieder mit neuen, lange zurückliegenden oder weit voraus geeilten Ereignissen konfrontiert, die erst im Laufe der nächsten Kapitel aufgeschlüsselt werden. </div><div style="text-align: left;"><b>„Seltsame Blüten“</b> stellt insofern einen programmatischen Titel dar, als <i>Donal Ryan</i> die Dramaturgie seiner Erzählung(en) kräftig durchrüttelt und sein Publikum dazu zwingt, sich immer neu auf die Ereignisse nach zunächst unbestimmt wirkenden Zeitsprüngen einzustellen. Das kann man machen, führt hier aber neben dem abgehackten Erzählfluss vor allem dazu, dass man bei all den verpassten Ereignissen, die im Nachhinein nur skizzenhaft rekapituliert werden, die emotionale Bindung zu den Figuren verliert. So überzeugt <i>Ryans</i> neuer Roman zwar einmal mehr durch seine sprachliche Virtuosität, doch fesselt der Plot längst nicht so wie in seinen vorangegangenen Werken.
</div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgdY8I9Mgd1J84q1iNZ5DrM6qT8lflmUCcXXqRlxIrjDprvfaZYQtgYBoejUaZRebpBbQ8ze7eMjrZfGwQW4nG_KSfSBpmgQ0WvADoU5HcMGvS4hyphenhyphen-wnTdgBLJhImhNDx6bOHaubK4AcLjWBfhJ3udI261ojxxi0APKQbILmT6nWO1hGu9_HeUieMCxOjiu/s336/3%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="66" data-original-width="336" height="39" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgdY8I9Mgd1J84q1iNZ5DrM6qT8lflmUCcXXqRlxIrjDprvfaZYQtgYBoejUaZRebpBbQ8ze7eMjrZfGwQW4nG_KSfSBpmgQ0WvADoU5HcMGvS4hyphenhyphen-wnTdgBLJhImhNDx6bOHaubK4AcLjWBfhJ3udI261ojxxi0APKQbILmT6nWO1hGu9_HeUieMCxOjiu/w200-h39/3%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" width="200" /></a></div></div><div style="text-align: left;"><a bl="" href="https://www.diogenes.ch/leser/titel/donal-ryan/seltsame-blueten-9783257072655.html#media-b2l" seltsame="" target="_blank" ten="" title="Leseprobe Donal Ryan -">Leseprobe Donal Ryan - "Seltsame Blüten"</a>
</div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-43400776521894378562024-02-21T00:30:00.005+01:002024-02-21T00:30:00.135+01:00Emanuel Bergmann – „Tahara“<div style="text-align: left;">
(Diogenes, 288 S., HC) </div><div style="text-align: left;">In der Filmszene kennt sich der 1972 in Saarbrücken geborene <i>Emanuel Bergmann</i> aus, verbrachte er nach dem Abitur doch einige Jahre in Los Angeles, um Film und Journalismus studieren, um dann für verschiedene Filmstudios, Produktionsfirmen und Medien sowohl in den USA als auch in Deutschland zu arbeiten. Was liegt da näher, als einen Roman in der Filmwelt anzusiedeln? <i> </i></div><div style="text-align: left;"><i>Bergmann</i> entführt seine Leserschaft mit seinem neuen Roman<b> „Tahara“</b> zum Filmfestival nach Cannes, wo das Leben seines Protagonisten kräftig aus den Fugen gerät. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjf5MXBhsuuN-58KJgDunM8VcynVk7KghGWnK9rrcWhfn-1me-ZRABd8rTy0we7ZHwuiPnLasyPO2lg2BIkXI9vsMdKdNwVshX-b9BTBn-mdFftfKE9TzpNkWs-veyFPbwy1PS_6hM5IvHIu6Oy1rRZQahUC0rvVTfRMzTzWpTOkpsk6VJiV-RilPuFPY73/s1000/Emanuel%20Bergmann%20-%20Tahara.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1000" data-original-width="632" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjf5MXBhsuuN-58KJgDunM8VcynVk7KghGWnK9rrcWhfn-1me-ZRABd8rTy0we7ZHwuiPnLasyPO2lg2BIkXI9vsMdKdNwVshX-b9BTBn-mdFftfKE9TzpNkWs-veyFPbwy1PS_6hM5IvHIu6Oy1rRZQahUC0rvVTfRMzTzWpTOkpsk6VJiV-RilPuFPY73/w253-h400/Emanuel%20Bergmann%20-%20Tahara.jpg" width="253" /></a></div>Der berühmte Filmkritiker Marcel Klein hat seine besten Zeiten hinter sich. Früher hat man ihn sogar mit George Clooney verglichen. Mittlerweile muss er seine Stirnglatze mit einem Strohhut verdecken. Er ist mit der Abzahlung eines Kredits im Rückstand und trifft völlig übermüdet in Cannes ein, von wo er einmal mehr über das Filmfestival berichten soll. </div><div style="text-align: left;">In die Pressekonferenz mit John Travolta, der seinen neuen Actionfilm vorstellt, geht er völlig unvorbereitet, doch dafür begegnet er der attraktiven französischen Lehrerin Héloïse, die am Lycée Französisch und Deutsch unterrichtet und wie Marcel das Kino liebt. Bei einem Espresso kommen sich die beiden völlig unterschiedlichen Filmliebhaber näher, doch ihre Begegnungen in den folgenden Tagen sind ebenso von Leidenschaft wie Streit, vor allem aber von Geheimnissen geprägt, die erst nach und nach gelüftet werden und ihre stürmische Liaison in etwas verwandeln, was beide ebenso fasziniert wie verängstigt. </div><div style="text-align: left;">Als Marcel für eine Titelstory den Hollywoodstar Eva Vargas interviewen soll, die in der <i>Steven-Spielberg</i>-Produktion „A Light in the Dark“ die Hauptrolle verkörpert, kommt es zum Eklat, als Marcel der Schauspielerin erst in den Ausschnitt guckt und sie dann auf die Affäre ihres Verlobten anspricht. Da Marcel aus dem Interview nicht viel herausholen kann, findet er eine eigene Lösung für das Problem, das ihm allerdings nach Abgabe seiner Story um die Ohren fliegt… </div><div style="text-align: left;"><blockquote>„Nun war er aufgeflogen, und so schrecklich das war, es barg auch eine kleine Gnade. Er konnte neu anfangen, reinen Tisch machen. Er hatte in diesen Tagen mit Héloïse etwas gekostet, von dem er vermutete, dass es manch anderen Menschen für immer vorenthalten blieb. Er begehrte sie auf eine Art, die ihn vollkommen verzehrte, und hätte man ihn gefragt, was er brauche, so hätte er geantwortet: nichts außer ihr, weder Schlaf noch Wasser, ich will nur bei ihr sein, in ihr sein, mit ihr sein.“ (S. 200) </blockquote></div><div style="text-align: left;">Mit dem Titel <b>„Tahara“</b> nimmt <i>Emanuel Bergmann </i><b>(„Der Trick“)</b> Bezug auf die jüdische Tradition, die Toten vor der Beerdigung von Kopf bis Fuß sorgfältig zu waschen, damit der Verstorbene ohne Schmutz und Scham, vielleicht auch ohne Sünde vor seinen Schöpfer treten kann. Bergmanns ein wenig autobiografisch eingefärbter Marcel Klein durchläuft in dem Roman eine ähnliche Entwicklung, wird er doch durch die Entlarvung eines jahrelang gepflegten feinen Lügengespinstes dazu gezwungen, kräftig aufzuräumen in seinem Leben. </div><div style="text-align: left;">Als Katalysator dient ihm dabei die Affäre mit der streng katholisch erzogenen Französin Héloïse, die aus ihrer Ehe mit dem Apotheker Grégoire auszubrechen versucht, sich ihm aber durch ihr Ehegelübde bis zum Tod mit ihm verbunden fühlt. Über die schwierige Liaison zwischen Marcel und Héloïse hinaus bietet <b>„Tahara“</b> aber auch faszinierende Einblicke hinter die Kulissen eines Medienspektakels wie dem Filmfestival in Cannes, wo wirklich alles nur darauf ausgerichtet ist, dass eine gute Presse zu den Filmen erscheint, um die Leute in die Kinos zu locken. </div><div style="text-align: left;">Diese Mechanismen entlarvt der Filmbranchen-Insider <i>Bergmann </i>auf unterhaltsame Weise. Die Kombination aus temperamentvoller Liebesgeschichte und einem etwas desillusionierenden Blick in die Film- und Medienwelt wirkt selbst wie der Plot zu einem Hollywood-Film, erinnert stellenweise aber auch an die amourösen Abenteuer aus der Feder von <i>Philippe Djian</i>. Der temporeiche Plot und das interessante Thema machen „Tahara“ zu einem filmreifen Lesevergnügen.
</div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgR8hMRbVdOD1EOMumSR356ytC19VcD5zP-ySr-z7m5HoktGcp60yrq3Ts7WZcxEfyA1qhOgdXNU3LZjeHC5V8zba90cc2jmI4n5clIFzjz8CslcwvUA-fzazXgqbqRYuUt3lhEeO4dNqFQPSJwVNLTFy2nLKEk-Kf6QisJGQ8hL32k8R656gVoLhXzD7ht/s338/4%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="71" data-original-width="338" height="42" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgR8hMRbVdOD1EOMumSR356ytC19VcD5zP-ySr-z7m5HoktGcp60yrq3Ts7WZcxEfyA1qhOgdXNU3LZjeHC5V8zba90cc2jmI4n5clIFzjz8CslcwvUA-fzazXgqbqRYuUt3lhEeO4dNqFQPSJwVNLTFy2nLKEk-Kf6QisJGQ8hL32k8R656gVoLhXzD7ht/w200-h42/4%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" width="200" /></a></div><a href="https://www.diogenes.ch/leser/titel/emanuel-bergmann/tahara-9783257072433.html#media-b2l" tahara="" target="_blank" title="Leseprobe Emanuel Bergmann -">Leseprobe Emanuel Bergmann - "Tahara"</a>
</div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-31999815111754642532024-02-16T19:29:00.003+01:002024-02-16T19:29:24.347+01:00Paul Auster – „Bloodbath Nation“<div style="text-align: left;">
(Rowohlt, 192 S., HC) </div><div style="text-align: left;">Die Statistiken sind deprimierend: Amerikaner haben nicht nur eine 25 Mal höhere Chance, angeschossen zu werden als Bürger in anderen hochentwickelten Ländern, sondern 82 Prozent aller Todesfälle durch Schusswaffen werden von Amerikanern verübt. 40 000 Amerikaner sterben jährlich durch Schussverletzungen, mit 393 Millionen Schusswaffen im Besitz amerikanischer Staatsbürger besitzt jeder Mann, jede Frau und jedes Kind mehr als eine Waffe. Das sind die Schattenseiten des als unantastbar geltenden Zweiten Verfassungszusatzes vom 15. Dezember 1791, der die Einschränkung des Rechts auf den Besitz und das Tragen von Waffen untersagt und seit jeher Anlass zu nicht enden wollenden juristischen wie politischen Diskussionen über das genaue Ausmaß dieses Verbots gibt. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiOFPHYcs9DDJwkr5UQ3a36mp1hENrC_QM2dGNs63LDvYBACIL3HdErhhBIOCjYfosHxOF-JYZcytEq8WrV1o3_cybqV8O1gUh2imCk97BQ1ow7DqHmwVI-izIeXDLQe5EhdBF73o2y17yc5UXoOWFyLlvc9myoqT8_bCiD3w0NgFe5daU0WD41NPp23Xbf/s2469/Paul%20Auster%20-%20Bloodbath%20Nation.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="2469" data-original-width="1506" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiOFPHYcs9DDJwkr5UQ3a36mp1hENrC_QM2dGNs63LDvYBACIL3HdErhhBIOCjYfosHxOF-JYZcytEq8WrV1o3_cybqV8O1gUh2imCk97BQ1ow7DqHmwVI-izIeXDLQe5EhdBF73o2y17yc5UXoOWFyLlvc9myoqT8_bCiD3w0NgFe5daU0WD41NPp23Xbf/w244-h400/Paul%20Auster%20-%20Bloodbath%20Nation.jpg" width="244" /></a></div>In diese Diskussion schaltet sich nun auch der renommierte US-amerikanische Autor <i>Paul Auster</i> ein, der neben seinen prominenten Romanen wie <b>„Die New-York-Trilogie“, „Mond über Manhattan“, „Im Land der letzten Dinge“</b> und zuletzt <b>„Baumgartner“</b> auch immer wieder kluge Essays zu unterschiedlichsten Themen verfasst hat (wie zuletzt in dem Band <b>„Mit Fremden sprechen“</b> zusammengefasst). </div><div style="text-align: left;">Austers neuer Essay <b>„Bloodbath Nation“</b> hat seinen Ursprung in der Vita <i>Austers</i>, ist doch sein Großvater 1919 von seiner Großmutter erschossen worden, was jahrelang ein gut gehütetes Geheimnis in der Familie blieb. <i>Auster</i> selbst erwies sich bei Schießübungen im Kindesalter als überaus talentiert, hat aber nie eine Waffe besessen und ist seinem offensichtlichen Talent für den Umgang mit Schusswaffen auch nie mehr nachgegangen. Dabei ist <i>Auster</i> wie so viele seiner Zeitgenossen mit den Western in den 1950er Jahren aufgewachsen, in der Männer mit schwarzen Hüten die Bösen waren und durch die guten Männer mit weißen Hüten – natürlich mit Waffen – zur Räson gebracht werden mussten. </div><div style="text-align: left;"><i>Auster</i> skizziert, wie schon die Ausrottung der Ureinwohner und die Sklaverei als unaufgearbeitete Sünden in der Geschichte der USA dazu führten, dass das Verständnis von Demokratie dazu führte, dass sich Einzelne eher um sich selbst kümmern, als dass sich die Menschen in einer Gemeinschaft füreinander verantwortlich fühlen.
<i>Auster</i> zählt in seinem Essay vor allem etliche Beispiele auf, in denen oft junge und psychisch schwer geschädigte Männer nicht nur davon fantasieren, möglichst viele Menschen (ob Fremde, Freunde oder Familienangehörige) zu töten, sondern dies nach sorgfältiger Planung auch tun. </div><div style="text-align: left;">Zwar betont der 77-jährige, an Krebs schwer erkrankte Autor, dass Amokläufe nur für einen geringen Prozentsatz der Opferzahlen verantwortlich sind, die auf Schusswaffengebrauch zurückzuführen sind, sie stehen aber nicht ohne Grund im Zentrum des Buchs, werden diese <i>mass shootings</i> doch als eine Art Performancekunst angesehen, die besonders viel Raum in der Medienberichterstattung erhält. Dieser Fokus wird auch durch die schwarzweißen, sehr trist und trostlosen erscheinenden Fotografien von <i>Spencer Ostrander</i> betont, da sie die Tatorte der Verbrechen erst danach zeigen, ohne eine Menschenseele, was die Tragik der oft nach wie vor verwaisten, mittlerweile bereits abgerissenen Supermärkte, Bars oder Synagogen noch verstärkt. </div><div style="text-align: left;"><blockquote>„Mit generellen Verboten und drakonischen Maßnahmen kann man den zum Kampf Entschlossenen keinen Frieden aufdrängen. Frieden wird es erst geben, wenn beide Seiten ihn wollen, und um es dahin zu bringen, müssten wir uns zunächst einmal aufrichtig mit der schmerzhaften Frage befassen, wer wir sind und wer wir als Volk in Zukunft sein wollen, und dazu müssten wir uns aufrichtig mit der schmerzhaften Frage befassen, wer wir in der Vergangenheit gewesen sind. Sind wir bereit, uns diesem lange hinausgeschobenen nationalen Augenblick der Wahrheit und der Versöhnung zu stellen?“ </blockquote></div><div style="text-align: left;">So interessant und erkenntnisreich sich <i>Austers</i> <b>„Bloodbath Nation“</b> auch liest, macht das schmale Büchlein doch wenig Mut, dass sich in Zukunft etwas Grundlegendes an dem Verhältnis der Amerikaner zu ihren Waffen ändert. Dazu ist der Einfluss der NRA (National Rifle Association) auch zu stark. Und die gar nicht so unwahrscheinliche Möglichkeit, dass der Mann mit der schrecklichen Frisur doch noch einmal zum Präsidenten gewählt werden könnte, lässt wenig Hoffnung keimen, dass sich die Amerikaner noch eines Besseren besinnen werden. </div><div style="text-align: left;"><i>Auster</i> selbst bietet auch keine Lösung für das Problem des Umgangs mit den Waffen an, so dass man auch in Zukunft nur auf weitere Berichte über irgendwelche Massaker an Schulen, in Clubs oder bei öffentlichen Versammlungen warten kann, ohne dass sich etwas an den Gesetzen zum Tragen und Benutzen von Waffen ändern wird.
</div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgZSoG5Yclf3mRTQBQybLmlCE7GNqgrNaOODe17KpoTt8KBuTtGN8i5XpdU4voFXakIqpW4SuJgt2dOA-Sc9XoJrhz6AlCxhoB__9sD13C9pxu9C3vXwzCYcbHA4T8alFLJceOi4LowfNRxjLRBQo_59B8tH1aQAdjbN39VJnY_g-2_4px-7J_f1fa68hJ9/s338/4%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="71" data-original-width="338" height="42" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgZSoG5Yclf3mRTQBQybLmlCE7GNqgrNaOODe17KpoTt8KBuTtGN8i5XpdU4voFXakIqpW4SuJgt2dOA-Sc9XoJrhz6AlCxhoB__9sD13C9pxu9C3vXwzCYcbHA4T8alFLJceOi4LowfNRxjLRBQo_59B8tH1aQAdjbN39VJnY_g-2_4px-7J_f1fa68hJ9/w200-h42/4%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" width="200" /></a></div></div><div style="text-align: left;"><a bloodbath="" href="https://www.book2look.com/book/9783498003234" nation="" target="_blank" title="Leseprobe Paul Auster -">Leseprobe Paul Auster - "Bloodbath Nation"</a>
</div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-56255266531031700672024-02-12T18:24:00.000+01:002024-02-12T18:24:00.495+01:00Kent Haruf – „Abendrot“<div style="text-align: left;">
(Diogenes, 416 S., HC) </div><div style="text-align: left;">Mit seinem 1984 veröffentlichten Debütroman <b>„The Tie That Binds“</b> (der 2023 bei Diogenes in deutscher Übersetzung unter dem Titel <b>„Das Band, das uns hält“</b> erschienen ist) entführte der US-amerikanische Schriftsteller <i>Kent Haruf </i>sein Publikum erstmals in den Mikrokosmos der fiktiven Kleinstadt Holt in den Great Plains von Colorado, in der auch die fünf nachfolgenden Romane des 2014 verstorbenen Autors angesiedelt sind. In <b>„Abendrot“</b>, dem vierten Band der Holt-Saga, begegnen wir meist Figuren, die uns bereits aus früheren Bänden bekannt sind, wie die McPheron-Brüder. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgu8mlJ3So2l_3Oqt5EKRLZdFKldYvcuyGiym5aMVlMrsq7Rm1JOIRWHtsCLKQnqK86LaZo0p-0RoAw2aYBLFE1AgHeegFjlUv-yQ7qIpDJ5Fhtna6xu3A3hQBz16SQqXGUDQNk04_CEIjTjGIMNTZkpD9ORY91CHI7emoVJjH5S6b1STmW_t_ohO4GD12J/s1000/Kent%20Haruf%20-%20Abendrot.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1000" data-original-width="632" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgu8mlJ3So2l_3Oqt5EKRLZdFKldYvcuyGiym5aMVlMrsq7Rm1JOIRWHtsCLKQnqK86LaZo0p-0RoAw2aYBLFE1AgHeegFjlUv-yQ7qIpDJ5Fhtna6xu3A3hQBz16SQqXGUDQNk04_CEIjTjGIMNTZkpD9ORY91CHI7emoVJjH5S6b1STmW_t_ohO4GD12J/w253-h400/Kent%20Haruf%20-%20Abendrot.jpg" width="253" /></a></div>Harold und Raymond McPheron haben nach dem frühen Tod ihrer Eltern ihr Leben lang gemeinsam auf der von ihnen bewirtschafteten Ranch gelebt und waren sich stets selbst genug. Nachdem sie vor zwei Jahren die damals schwangere Victoria Roubideaux bei sich aufgenommen haben, bereiten sie sich nun darauf vor, dass die alleinerziehende junge Frau mit ihrer Tochter Katie wieder ausziehen, ins über hundert Kilometer entfernte Fort Collins, wo Victoria das College besuchen will. </div><div style="text-align: left;">Als Harold bei einem Zwischenfall mit den Rindern so schwer verletzt wird, dass er stirbt, muss Raymond auf einmal lernen, nicht nur auf sich allein gestellt zu sein, sondern auch erstmals wieder bewusst Kontakt zu anderen Menschen in der Stadt zu suchen. </div><div style="text-align: left;">Derweil versuchen die von Sozialhilfe abhängigen Betty und Luther, Wallace irgendwie gemeinsam mit ihren Kindern Richie und Joy Rae durchs Leben zu kommen, wobei ihnen die engagierte Sozialarbeiterin Rose Tyler zur Hand geht. Doch als die Familie Bettys zu Gewaltausbrüchen neigenden Onkel Hoyt Raines nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis bei sich aufnimmt, gerät das ohnehin fragile Familiengefüge völlig aus dem Gleichgewicht. Betty kann es kaum ertragen, keinen Kontakt mehr zu ihrer Erstgeborenen haben zu dürfen, nun kann sie nicht verhindern, dass Hoyt auch ihre Kinder misshandelt.
Und dann ist da der elfjährige DJ, der sich liebevoll um seinen 75-jährigen Großvater Walter kümmert, seit seine Mutter bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Wenn sein Grandpa mit dem Rentenscheck von der Eisenbahngesellschaft in die Eckkneipe geht, erledigt DJ seine Hausaufgaben am Tresen. Mit der gleichaltrigen Nachbarstochter Dena Wells erlebt DJ schließlich die zarten Knospen der ersten Liebe. </div><div style="text-align: left;">Bei seinen Ausflügen in die Stadt lernt Raymond tatsächlich auch Frauen kennen, doch der Umgang mit ihnen ist ihm überhaupt nicht vertraut. Zudem vermisst er seinen Bruder schmerzlich… </div><div style="text-align: left;"><blockquote>„… plötzlich wurde ihm bewusst, dass sich das Zimmer, in dem er lag, direkt unter dem leeren Zimmer seines Bruders befand, und so starrte er an die Decke und fragte sich, wie es seinem Bruder im fernen Jenseits wohl ergehen mochte. Dort müsste es irgendwie Rinder geben und wohl auch eine Arbeit für seinen Bruder in der hellen wolkenlosen Luft inmitten von diesen Rindern. Ohne das wäre sein Bruder nie zufrieden. Er betete darum, dass es Rinder gab, seinem Bruder zuliebe.“ (S. 162) </blockquote></div><div style="text-align: left;">Mit <b>„Abendrot“</b> gibt <i>Kent Haruf</i> einmal mehr einen einfühlsamen Einblick in das Leben der Einwohner des Präriekaffs Holt. Er schaut aus sicherer Distanz hinter Türen und Fenster der Häuser und Kneipen, Krankenhauses und des Sozialamts, bringt uns das Leben der McPheron-Brüder, der bedürftigen Wallace-Familie, dem Großvater-Enkel Gespann von Walter und DJ und beschreibt, was sie in ihrem Leben so beschäftigt. </div><div style="text-align: left;">Der Autor ist dabei absolut neutral, verurteilt weder die Gewalttätigkeit von Hoyt Raines noch die Art, wie Betty und Luther Wallace tatenlos zusehen, wie Hoyt ihre Kinder vertrimmt. <b>„Abendrot“</b> präsentiert sich vielschichtiges Panoptikum unterschiedlichster Menschen mit jeweils eigenen Ängsten und Sehnsüchten. Da ist für Liebe und Freundschaft genauso viel Platz für Trauer, Wut und Schmerz. Es sind Momentaufnahmen eines guten Jahres, die neugierig darauf machen, wie die Menschen in Holt ihr Schicksal in Zukunft meistern.
</div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhYxreUy05dkHdDhTbx0LwUexHpHequlQQOt_t_uUf9tL-wARCPdA3hY3BdkMVoKUWNR2k5_5OSFlQBuWCi72FaU22YwMPNNGRBdetVvylwwWlI8LCr_3m7aK8Dzx6Lq9dKFGLlmFlKM9aKL_P6EoHg4-cNZeDlA1EVlDiLWmYgbc6iIBJ4y3ZXtrfXkzYL/s325/5%20von%205%20Sterne.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="59" data-original-width="325" height="36" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhYxreUy05dkHdDhTbx0LwUexHpHequlQQOt_t_uUf9tL-wARCPdA3hY3BdkMVoKUWNR2k5_5OSFlQBuWCi72FaU22YwMPNNGRBdetVvylwwWlI8LCr_3m7aK8Dzx6Lq9dKFGLlmFlKM9aKL_P6EoHg4-cNZeDlA1EVlDiLWmYgbc6iIBJ4y3ZXtrfXkzYL/w200-h36/5%20von%205%20Sterne.png" width="200" /></a></div></div><div style="text-align: left;"><a abendrot="" href="https://www.diogenes.ch/leser/titel/kent-haruf/abendrot-9783257070453.html#media-b2l" target="_blank" title="Leseprobe Kent Haruf -">Leseprobe Kent Haruf - "Abendrot"</a>
</div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-47315040623203406932024-02-07T20:09:00.002+01:002024-02-07T20:09:26.062+01:00Ray Bradbury – „Das Kind von morgen“<div style="text-align: left;">
(Diogenes, 368 S., Tb.) </div><div style="text-align: left;">Mit teils auch großartig verfilmten, zu Klassikern avancierten Werken wie <b>„Fahrenheit 451“, „Der illustrierte Mann“, </b><b>„Die Mars-Chroniken“</b> und <b>„Das Böse kommt auf leisen Sohlen“</b> hat sich <i>Ray Bradbury</i> (1920-2012) weit über die Grenzen der Science-Fiction hinaus einen Namen als brillanter, sprachgewaltiger Erzähler gemacht. Auch in der 1969 im Original als <b>„I Sing the Body Electric!“</b> veröffentlichten und hierzulande zunächst als <b>„Gesänge des Computers“</b> und <b>„Die vergessene Marsstadt“</b>, zuletzt als<b> „Das Kind von morgen“</b> erschienene Sammlung von 17 zwischen 1948 und 1969 entstandenen Kurzgeschichten erweist sich <i>Bradbury</i> als Meister fantasievoller Gedankenspiele, die sich letztlich auf die tiefsten Emotionen eines Menschen zurückführen lassen. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi-qVIiyYWHe7BOkEf37X9mHgz7RfnCeE-tXjN1a6GIJqkbDGDktJBOOfRY6MeSKYgDdPnLdvQlPbTXCUAiIPVZZMcudD8sDVomGoUgQCRYkfAsb9LhepVq60hq67G4BdYBDYW2a2aPgegH8qCQmYWpZVYy6prFLNPuI9FOAuRyw6cnFGu9QoUsDREA60Em/s2128/Ray%20Bradbury%20-%20Das%20Kind%20von%20morgen.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="2128" data-original-width="1232" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi-qVIiyYWHe7BOkEf37X9mHgz7RfnCeE-tXjN1a6GIJqkbDGDktJBOOfRY6MeSKYgDdPnLdvQlPbTXCUAiIPVZZMcudD8sDVomGoUgQCRYkfAsb9LhepVq60hq67G4BdYBDYW2a2aPgegH8qCQmYWpZVYy6prFLNPuI9FOAuRyw6cnFGu9QoUsDREA60Em/w231-h400/Ray%20Bradbury%20-%20Das%20Kind%20von%20morgen.jpg" width="231" /></a></div>Mit der ersten Geschichte „Das Kilimandscharo-Projekt“ lädt der Ich-Erzähler einen Jäger ein, seine Zeitmaschine zu nutzen und damit nach Afrika ins Jahr 1954 zu reisen. „Die schreckliche Feuersbrunst drüben im Landhaus“ erzählt von vierzehn Männern, die sich mitten in den gesellschaftlichen Unruhen auf den Weg zum Anwesen von Lord Kilgotten machen, um sein Haus niederzubrennen. Allerdings gehen sie dabei viel zu höflich vor, um ihr Vorhaben auch umzusetzen. Sie verhalten sich leise, um nicht die Dame des Hauses zu wecken, ziehen die Schuhe aus, um die wertvollen Teppiche nicht zu verschmutzen, und lassen sich sogar dazu überreden, das Haus erst abzufackeln, wenn der Lord mit seiner Gemahlin zur Premiere eines Stückes nach Dublin abgereist ist. Als auch noch einige wertvolle Kunstwerke zur Sprache kommen, die der Brand zerstören würde, gerät das Vorhaben der Freiheitskämpfer endgültig ins Wanken. Zu den eindrucksvollsten Geschichten zählt die Titelgeschichte der von Diogenes herausgegebenen Ausgabe mit dem Titel „Das Kind von morgen“. Hier müssen sich Peter Horn und seine Frau mit der Tatsache anfreunden, dass ihr von Dr. Walcott entbundenes Kind die Form einer blauen Pyramide hat. Durch eine Distruktur der Dimensionen ist das Kind in eine andere Dimension hineingeboren worden, aber ansonsten ganz normal – nur dass es seine Eltern als weiße Würfel wahrnimmt. Als der Versuch der Wissenschaftler scheitert, das Kind aus seiner Dimension herauszuholen, müssen sich die Eltern entscheiden, ob sie stattdessen in die Dimension ihres Kindes überwechseln. </div><div style="text-align: left;">„Die Frauen“ handelt von dem Urlaub eines Ehepaars am Strand, das durch im Meer erwachte Wesen auf eine harte Probe gestellt wird. Während es den Mann am letzten Tag des Urlaubs noch einmal ins Wasser zieht, lässt sich seine Frau allerhand Dinge einfallen, ihn davon abzuhalten, weil sie Sorge trägt, dass er ihrer überdrüssig geworden sein könnte und sich zu sehr den vermeintlich weiblichen geheimnisvollen Wesen im Wasser hingezogen fühlt. </div><div style="text-align: left;">Die wahrscheinlich bekannteste Geschichte des Bandes ist die durch ein Gedicht von <i>Walt Whitman</i> inspirierte Titelgeschichte der amerikanischen Originalausgabe. „Ich singe den Leib, den elektrischen“ handelt von dem Einzug der Großmama von Timothy, Agatha und Tom, nachdem ihre Mutter gestorben ist. Der Vater der drei Kinder bestellt eine Oma bei der Fantoccini GmbH, die damit wirbt, die erste humanoide mikro-elektrische wiederaufladbare Elektrische Großmutter perfektioniert zu haben. Während die beiden Jungs die neue Großmutter schnell ins Herzu schließen, ist Agatha noch zu sehr vom Verlust ihrer Mutter gepeinigt, um die neue Oma akzeptieren zu können. Doch mit ihrer weisen Art findet die Elektrische Oma schließlich auch einen Zugang zu Agatha. </div><div style="text-align: left;"><blockquote>„,Und obwohl der Streit noch hunderttausend Jahre weitergehen mag: Was ist Liebe? werden wir vielleicht herausfinden, dass Liebe die Fähigkeit von jemandem ist, uns uns selbst zurückzugeben. Vielleicht ist es Liebe, wenn jemand begreift und sich daran erinnert, uns wieder an uns selbst auszuhändigen, eine Kleinigkeit besser, als wir zu hoffen oder träumen gewagt hätten.‘“ (S. 228f.) </blockquote></div><div style="text-align: left;">In „Die verschwundene Marsstadt“ macht sich ein Trupp von ausgesuchten Gästen auf Einladung von I.V. Aaronson auf den Weg zu einer 4-Tage-Reise zum Mars, um das Geheimnis einer verschwundenen Stadt zu lüften… </div><div style="text-align: left;"><i>Ray Bradbury</i> entführt uns mit seinen Geschichten einmal mehr in vermeintlich fremde Welten, doch egal, in welche Zeiten und an welche Orte er uns entführt, geht es doch immer um zutiefst menschliche Sehnsüchte und Emotionen. Durch seine bildhafte Sprache entzündet der begnadete Autor den Funken der Fantasie bei seinem Publikum, konfrontiert ihn mit betörenden Märchen, die die Melancholie der Trauer und des Erinnerns ebenso lebendig werden lässt wie das Gefühl größter Zärtlichkeit, inniger Liebe und ganz natürlichen Wünschen. </div><div style="text-align: left;">„Bradburys Stärke liegt darin, dass er über die Dinge schreibt, die uns wirklich wichtig sind – nicht die Dinge, für die wir uns angeblich interessieren: Wissenschaft, Ehe, Sport, Politik, Verbrechen“, wird <i>Damon Knight </i>auf der Rückseite des Buches zitiert. „Er schreibt über die fundamentalen Ängste und Sehnsüchte: die Wut, geboren zu sein; der Wunsch, geliebt zu werden; das Verlangen, sich mitzuteilen; der Hass auf Eltern und Geschwister; die Angst vor Dingen, die nicht wir selber sind…“ </div><div style="text-align: left;">Besser kann man <i>Bradburys</i> Werk kaum zusammenfassen. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhNxrW22eR5TM7n2UDAnre4NGhUERizQPg3L4DiefmnRBpm5fIEyODoik8Ur5D3EaP4_2o5i5WRgXUPGM7q4HKm9nZNi2cmLy_H73SHYnSD12YfAW_w7N5nHjh00pqBFR2F8dEbbbEptblY7jwmN4MzAuFybNQv6eIEmvjREFlAFzrAffO5IiZtISymTy72/s338/4%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="71" data-original-width="338" height="42" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhNxrW22eR5TM7n2UDAnre4NGhUERizQPg3L4DiefmnRBpm5fIEyODoik8Ur5D3EaP4_2o5i5WRgXUPGM7q4HKm9nZNi2cmLy_H73SHYnSD12YfAW_w7N5nHjh00pqBFR2F8dEbbbEptblY7jwmN4MzAuFybNQv6eIEmvjREFlAFzrAffO5IiZtISymTy72/w200-h42/4%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" width="200" /></a></div><br /> </div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-86947533336525707092024-02-03T11:57:00.003+01:002024-02-03T11:57:38.240+01:00Jonathan Lee – „Joy“<div style="text-align: left;">
(Diogenes, 384 S., HC) </div><div style="text-align: left;">Mit seinem letzten, 2021 veröffentlichten Roman <b>„The Great Mistake“ </b>huldigte der in England geborene Schriftsteller <i>Jonathan Lee</i> seiner Wahlheimat New York und beschäftigte sich mit dem streitbaren Stadtplaner <i>Andrew Haswell Green</i>, dem die Stadt u.a. den Central Park und die öffentliche Bibliothek, den Zoo in der Bronx sowie das <i>American Museum of Natural History </i>und das <i>Metropolitan Museum of Art </i>verdankt und der am 13. Januar 1903 im Alter von 83 Jahren vor seiner Haustür erschossen wurde. Im Zuge der kriminalistischen Aufklärung des heimtückischen Mordes kommen einige Protagonisten zu Wort, die die Puzzleteile von <i>Andrew Greens</i> Leben und Wirken zusammenzusetzen helfen. </div><div style="text-align: left;">Nachdem Diogenes <i>Jonathan Lees</i> vierten Roman 2022 in deutscher Übersetzung unter dem Titel <b>„Der große Fehler“</b> veröffentlicht hatte, legt der renommierte Verlag nun mit <i>Lees</i> 2012 veröffentlichten Debüt <b>„Joy“</b> nach. Bereits hier dient der gewaltsame Tod eines Menschen als Grundlage für eine facettenreiche Geschichte in einem Metier, in dem sich der Autor, der früher in einer Anwaltskanzlei sowohl in Tokio als auch in London gearbeitet hat, bestens auskennt.</div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhdVC1GOJeFBIsCGWo2hedfu34X0TvwylPMzceCebuFhYtDI0ZbBKmIC9e8iRN-OZOkdTNgD7iZ3UY5_ndTE6zlfAOAhCkA6_6PuUSlccqqNc9-iaMreBTMeQxohCVPBeZ71qi0_frKnX7dVtLYVbnJK8YpHKskITTjBta1eSGCMOuBTOX5xR8tGPJBNuLy/s1000/Jonathan%20Lee%20-%20Joy.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1000" data-original-width="632" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhdVC1GOJeFBIsCGWo2hedfu34X0TvwylPMzceCebuFhYtDI0ZbBKmIC9e8iRN-OZOkdTNgD7iZ3UY5_ndTE6zlfAOAhCkA6_6PuUSlccqqNc9-iaMreBTMeQxohCVPBeZ71qi0_frKnX7dVtLYVbnJK8YpHKskITTjBta1eSGCMOuBTOX5xR8tGPJBNuLy/w253-h400/Jonathan%20Lee%20-%20Joy.jpg" width="253" /></a></div>Joy Stephens könnte sich glücklich schätzen. Mit Mitte dreißig steht sie kurz davor, zur ersten Partnerin in der Londoner Anwaltskanzlei Hanger, Slyde & Stein ernannt zu werden. Sie ist mit dem Akademiker Dennis verheiratet, der gerade ein Sabbatical einlegt, in Wahrheit aber wegen der Anschuldigungen sexuellen Missbrauchs auf unbestimmte Zeit von seiner Lehrtätigkeit suspendiert ist, bis der Vorfall aufgeklärt worden ist und die Zeit nutzt, an seinem hoffentlich überaus verkäuflichen Buch über Shakespeare zu arbeiten und es bei einem populärer verlegen zu lassen als wie bisher im Universitätsverlag. </div><div style="text-align: left;">Und sie unterhält eine Affäre mit Peter, einem ihrer Kollegen und zufälligerweise auch Mann ihrer besten Freundin Christine. Doch ausgerechnet bei ihrer Dankesrede stürzt sie sich vor aller Augen zehn Meter in die Tiefe. Der Schock der Zeugen sitzt tief. Und so bekommen alle, die Joy näher gekannt haben, die Gelegenheit, sich bei einem Psychotherapeuten auszusprechen, Dennis und Peter ebenso wie der hauseigene Fitnesstrainer Samir und die Persönliche Assistentin Barbara. Und dazwischen kommt Joy im Rückblick zu Wort, wenn sie den schicksalhaften Freitag von frühmorgens um 1:10 Uhr bis zum folgenreichen Sprung in die Tiefe Revue passieren lässt. </div><div style="text-align: left;"><blockquote>„Mitten in diesem ganzen Lügengespinst blieb Dennis verlässlich. Sie liebte den einfühlsamen, sanftmütigen Dennis. Sie trug diesen Hunger nach Risiko in sich, aber gleichzeitig die Sehnsucht nach jemandem, der ihr Sicherheit gab und nett war. Er brachte ihr alles Mögliche, als sie depressiv war: Blumen, Cracker, Dinge außerhalb ihrer selbst. Seine Sätze waren voller Außenwelt.“ (S. 182) </blockquote></div><div style="text-align: left;">Mit seinem Debütroman hat sich <i>Jonathan Lee</i> auf vertrautes Terrain begeben und seine Kenntnisse des Alltags in einer modernen Anwaltskanzlei in seine Geschichte über das Leben einer Frau einfließen lassen, die offenbar mehr Geheimnisse mit sich herumtrug als ihre Mitmenschen vermutet haben. Der Autor erweist sich dabei als versierter Sprachkünstler. Wenn er die verschiedenen Protagonisten in kapitellangen Monologen zu Wort kommen lässt, verleiht er ihnen eine jeweils eigene Sprache. So spricht Samir ohne Interpunktionen, der nie aus dem Universitätsleben herausgekommene Dennis verliert sich dagegen in intellektuellen Ausschweifungen, die – bei aller sprachlicher Virtuosität gerade zu Anfang sehr ermüdend wirken. </div><div style="text-align: left;">Was die Geschichte so lesenswert macht, sind die verschiedenen Perspektiven, die nicht nur aufzeigen, wie ihr Ehemann, ihr Geliebter, ihr Fitnesstrainer und ihre Sekretärin Joy wahrgenommen haben, sondern auch dahingehend aufschlussreich wirken, wie sich nach und nach interessante Details aus Joys Leben aneinanderreihen und den jeweiligen Ich-Erzählern Charakter verleihen. </div><div style="text-align: left;">Dabei rückt vor allem ein Vorfall in den Vordergrund, bei dem Joy zusammen mit ihrem Neffen ein Tennis-Match besucht hat und ihn in der Warteschlange vor der Toilette verloren hat. Aber Jonathan Lee kramt auch die üblichen Klischees hervor, den Anwalt, der sich von einer seiner Trainees einen blasen lässt, oder die Vorurteile einer alternden Sekretärin gegenüber einem faulen Italiener, den die italienische Dependance abgestellt hat. </div><div style="text-align: left;">Durch die Form der ununterbrochenen Monologe gewinnen die unterschiedlichen Personen schnell an Profil, doch so richtig warm wird man mit den Figuren nicht. Bei all den unerfüllten Sehnsüchten und Begierden, Lügen und Affären hinterlässt<b> „Joy“ </b>vor allem ein Gefühl der Niedergeschlagenheit, das nicht durch alles Geld der Welt vertrieben werden kann. </div><div style="text-align: left;"><i>Jonathan Lee</i> ist mit <b>„Joy“ </b>ein zumindest interessantes, sprachlich virtuos inszeniertes Melodram gelungen, das Lust auf weitere Werke des Autors macht.
Mit <b>„Who Is Mr Satoshi?“</b> und <b>„High Dive“</b> warten zumindest noch zwei weitere Romane auf eine deutsche Übersetzung. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjyhFO7Ij0Jff-_6mcP1Nlw4GO498Ec4cIwr94REAEzTelNn6unDPevIauDWAfx8giBVkFzs2_Lw9diQkvStv5f94mvDAacCl5VuWIZYR2SbKLsJeQ3DrFndcWc49sBr0hQuoRZdKRqIFvtam7TYN16zHvyokR2LHX6wK41axzsVTG95s0oN5bJqkKCvrOx/s338/4%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="71" data-original-width="338" height="42" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjyhFO7Ij0Jff-_6mcP1Nlw4GO498Ec4cIwr94REAEzTelNn6unDPevIauDWAfx8giBVkFzs2_Lw9diQkvStv5f94mvDAacCl5VuWIZYR2SbKLsJeQ3DrFndcWc49sBr0hQuoRZdKRqIFvtam7TYN16zHvyokR2LHX6wK41axzsVTG95s0oN5bJqkKCvrOx/w200-h42/4%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" width="200" /></a></div><a href="https://www.diogenes.ch/leser/titel/jonathan-lee/joy-9783257072426.html#media-b2l" joy="" target="_blank" title="Leseprobe Jonathan Lee -">Leseprobe Jonathan Lee - "Joy" </a>
</div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-80795915250143818722024-01-29T18:59:00.001+01:002024-01-29T18:59:00.134+01:00Alex Capus – „Das kleine Haus am Sonnenhang“<div style="text-align: left;">
(Hanser, 160 S., HC) </div><div style="text-align: left;">Der in Frankreich geborene, in der Schweiz lebende und mit beiden Staatsangehörigkeiten versehene <i>Alex Capus</i> hat sich seit seinem literarischen Debüt mit dem Sammelband <b>„Diese verfluchte Schwerkraft“</b> (1994) immer wieder mit dem Wechselspiel von Geschichte, Biografie und Erfindung, Dokumentation und Erzählung auseinandergesetzt. So überrascht es nicht, dass sein neues Werk, die gerade mal 160 Seiten umfassende Erzählung <b>„Das kleine Haus am Sonnenhang“</b>, sich als Teil der eigenen Biografie präsentiert, darüber hinaus aber auch elementaren Fragen des künstlerischen Schaffens nachgeht. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjCY9U-hGIsd_VpSv9rNS7alGgMR8KurlUw9znjyJsSOlLKX1HLNo1GHUXEaQcHD_B3bq02eC7wIZF0DHH0tzSmf3q3KkXPNec4YzV7zGtEcHJUO9uSz4WGFTAZC8VFQfY4Zq86py25E6aSXyyagDJnrwyAy-bMXVTlLVcpcPeBCamvVE9n26WsUyNx_5rb/s2613/Alex%20Capus%20-%20Das%20kleine%20Haus%20am%20Sonnenhang.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="2613" data-original-width="1600" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjCY9U-hGIsd_VpSv9rNS7alGgMR8KurlUw9znjyJsSOlLKX1HLNo1GHUXEaQcHD_B3bq02eC7wIZF0DHH0tzSmf3q3KkXPNec4YzV7zGtEcHJUO9uSz4WGFTAZC8VFQfY4Zq86py25E6aSXyyagDJnrwyAy-bMXVTlLVcpcPeBCamvVE9n26WsUyNx_5rb/w245-h400/Alex%20Capus%20-%20Das%20kleine%20Haus%20am%20Sonnenhang.jpg" width="245" /></a></div>Alex war kein Student mehr, aber noch kein Schriftsteller, als er in den neunziger Jahren sehr günstig ein kleines Haus an einem terrassierten Sonnenhang im Piemont kauft und dann mit seiner damaligen Freundin den ganzen Sommer dort verbringt. In dem nahe gelegenen Dorf gibt es keine Kneipe mehr, keinen Bäcker, keinen Postboten, auch im Pfarrhaus wohnt niemand mehr. </div><div style="text-align: left;">Also macht sich Alex alle paar Tage auf den Weg zum Postamt, um eventuell eingetroffene Briefe und Zeitungen abzuholen, begegnet oft denselben Menschen auf einer granitenen Sitzbank, an der Bushaltestelle oder der Autowerkstatt. Nachdem er seine Anstellung als politischer Journalist bei der Schweizerischen Depeschenagentur gekündigt hatte, will sich Alex ganz auf das Schreiben seines ersten Romans fokussieren. Während seine Freundin zum Herbst wieder ihr Studium der Rechtswissenschaften fortsetzt, lebt Alex allein in dem kleinen Haus und ernährt sich vorwiegend von Spaghetti al aglio, olio e peperoncino, telefoniert jeden zweiten oder dritten Abend mit seiner Freundin. </div><div style="text-align: left;">Wenn er mal unter Leute kommen möchte, schnappt sich der junge Mann das rostige Fahrrad, lässt das Dorf hinter sich und fährt weiter bis zur nächsten Stadt, wo an der obligatorischen Piazza Garibaldi einen adretten Tankwart Dienst verrichtete, und lässt sich in seiner Stammkneipe Da Pierluigi nieder, wo er ebenfalls immer dieselben Menschen antrifft. </div><div style="text-align: left;"><blockquote>„Ich bin der Meinung, dass man als Mensch nicht mehrere Bars braucht. Ich brauche nur eine, und da gehe ich dann hin. Es ist eine Mentalitätsfrage, nehme ich an. Nichts, worauf ich besonders stolz wäre. Ich will mich in meiner Bar zu Hause fühlen, deshalb muss dort immer alles gleich bleiben. Ich wünsche keine Veränderungen und keine Überraschungen.“ </blockquote></div><div style="text-align: left;">Doch meist ist sich Alex selbst genug, ganz mit dem Schreiben des Romans beschäftigt. Um den Winter besser durchzustehen, gönnt er sich einen Kachelofen mit Schamottsteinen, doch der Winter hat auch seine Tücken. So bekommt Alex mit einem Siebenschläfer unter dem Dach einen unliebsamen Gast, und dann ist auch der Kachelofen eines Tages weg… </div><div style="text-align: left;"><i>Alex Capus‘</i> kleine Erzählung ist vor allem eine Erinnerung an unbeschwerte Zeiten in einer ländlichen Gegend im Piemont, wo sich in den neunziger Jahren zwar schon das 21. Jahrhundert in Anfängen bemerkbar macht, aber Briefe noch mit der Hand geschrieben, Bücher in die Schreibmaschine getippt werden. Soziale Kontakte finden noch ganz direkt statt, und wenn man Tag für Tag in einer kleinen Dorfgemeinschaft lebt, kennt man seine Pappenheimer. </div><div style="text-align: left;"><b>„Das kleine Haus am Sonnenhang“</b> ist jenseits des biografischen Charakters vor allem eine Liebeserklärung an das italienische <i>dolce vita</i>, das <i>Capus</i> so einfühlsam und humorvoll beschreibt, als sei man mittendrin in der völlig verrauchten Bar – oder möchte es wenigstens sein. Es ist ein besonderes Lebensgefühl, das den Ich-Erzähler in dieser Zeit durchdringt, und daran lässt er seine Leserschaft mit großer imaginärer Kraft teilhaben. </div><div style="text-align: left;">Es macht einfach Spaß, den Autor darüber sinnieren zu lassen, warum man nicht ständig neue Pizzen ausprobieren und neue Strände aufsuchen muss, wenn die einmal getroffene Wahl sich doch bewährt hat. Genauso interessant sind aber auch <i>Capus‘</i> Ausführungen zu den Voraussetzungen, um als Autor gute Bücher schreiben zu können. </div><div style="text-align: left;">So stellt <b>„Das kleine Haus am Sonnenhang“</b> gleichermaßen eine Liebeserklärung an ein Leben in Gelassenheit und an die Schätze literarischer Kostbarkeiten dar.
</div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi8XwdJEb5ZLADyMiTTxYQa8jLJn2e9ZT5Os_WiTHKDwv-6xnT-Ij7lCHYAsiwfAovha5sIghsn3upYYgtEfl0JO2xSC-86ZbxKuMHrh6obJ9_Dlzp-ENwajP2PGt4rhK6LJs4ZUCcJG-DqpPGpJxWOJodZ5qF58kuQaLxYzW1BMZNv3seWPWiOC0jnWdFb/s325/5%20von%205%20Sterne.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="59" data-original-width="325" height="36" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi8XwdJEb5ZLADyMiTTxYQa8jLJn2e9ZT5Os_WiTHKDwv-6xnT-Ij7lCHYAsiwfAovha5sIghsn3upYYgtEfl0JO2xSC-86ZbxKuMHrh6obJ9_Dlzp-ENwajP2PGt4rhK6LJs4ZUCcJG-DqpPGpJxWOJodZ5qF58kuQaLxYzW1BMZNv3seWPWiOC0jnWdFb/w200-h36/5%20von%205%20Sterne.png" width="200" /></a></div></div><div style="text-align: left;"><a am="" das="" haus="" href="https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/das-kleine-haus-am-sonnenhang/978-3-446-27941-4/#" kleine="" sonnenhang="" target="_blank" title="Leseprobe Alex Capus -">Leseprobe Alex Capus - "Das kleine Haus am Sonnenhang"</a>
</div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-12711992012990533432024-01-27T15:07:00.002+01:002024-01-27T15:07:58.279+01:00Robert R. McCammon – „Die schwarze Pyramide“<div style="text-align: left;">
(Knaur, 508 S., Tb.) </div><div style="text-align: left;">Nachdem <i>Robert R. McCammon</i> mit <b>„Baal“, „Höllenritt“, „Tauchstation“, „Blutdurstig“, „Wandernde Seelen“, „Das Haus Usher“ </b>und<b> „Nach dem Ende der Welt“</b> etliche Topoi des Horror-Genres verarbeitet hatte, legte er 1988 mit <b>„Stinger“</b> einen Roman vor, der sich als interessante Variante des Besuchs von Außerirdischen auf der Erde entpuppte. 1989 erschien die deutsche Übersetzung als <b>„Die schwarze Pyramide“</b> wie alle <i>McCammon</i>-Romane im Knaur-Verlag. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiXoSA55f8ePjSnlil6m2gB_vaCqGLzkZLgyI6w4JaEQ7Sp_pjmPUShh54LCHrR8xwEMcUvCpcqNz0QyRMZqPc4qUfbblm6pDDITq1mWcii4O1CN6rMJq8cDDIPp9kmFsSni5Ja6QzLWV_QP1nO2lVBXKI8bwsoTpSjsXXTcmYD2zgp_PyWe6eKxnkpaN31/s2184/Robert%20McCammon%20-%20Die%20schwarze%20Pyramide.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="2184" data-original-width="1400" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiXoSA55f8ePjSnlil6m2gB_vaCqGLzkZLgyI6w4JaEQ7Sp_pjmPUShh54LCHrR8xwEMcUvCpcqNz0QyRMZqPc4qUfbblm6pDDITq1mWcii4O1CN6rMJq8cDDIPp9kmFsSni5Ja6QzLWV_QP1nO2lVBXKI8bwsoTpSjsXXTcmYD2zgp_PyWe6eKxnkpaN31/w256-h400/Robert%20McCammon%20-%20Die%20schwarze%20Pyramide.jpg" width="256" /></a></div>Das irgendwo in der texanischen Wüste liegende Kaff Inferno wird von zwei rivalisierenden Gangs dominiert. Auf der einen Seite treiben die Renegades ihr Unwesen. Zu ihnen zählt auch der achtzehnjährige Cody Lockett, dessen nichtsnutziger Vater Curt sich ganz dem Alkohol verschrieben hat. In Bordertown, dem südlich der Snake-River-Brücke gelegenen mexikanischen Viertel der dahinsiechenden Stadt, regieren die Culebra de Cascabel, die Rattlers. </div><div style="text-align: left;">Cody wird ebenso Zeuge der seltsamen Ereignisse am Morgen wie die Tierärztin Jessie Hammond, ihr siebenunddreißigjähriger Mann Tom, der als Sozialkundelehrer an der Preston High School arbeitet, und ihre gemeinsame Tochter Stevie. Als Jessie mit Stevie zu einer Hacienda fährt, beobachtet sie Hintergrund einer Kupfermine, wie ein zylinderförmiges, rotglühendes, von Flammen umgebendes Objekt auf sie zugeflogen kommt. Nachdem das hintere Teil des Objekts explodiert ist, wird auch Jessies Wagen von den in alle Richtungen fliegenden Trümmern getroffen. </div><div style="text-align: left;">Danach ist nicht nur Inferno nicht mehr wiederzuerkennen. Stevie, die eine merkwürdig aussehende, in der Konsistenz undefinierbare Kugel an sich nimmt, wird von einem außerirdischen Wesen in Besitz genommen, das sich Daufin nennt und in kürzester Zeit durch Lexika die amerikanische Sprache aneignet und Infernos Bewohner darauf aufmerksam macht, dass ein mächtiger Feind aus dem All, der sogenannte „Stinger“, auf der Suche nach ihr sei. </div><div style="text-align: left;">Die Kreatur ist mit einem Raumschiff in der Form einer schwarzen Pyramide in Inferno gelandet und hat ein Energienetz um die Stadt gelegt, das niemanden aus der Stadt heraus- und in sie hineinlässt. Mit der Hilfe des bereits vor Ort befindlichen Militärs und einiger tapferer Einwohner versucht Daufin, Stinger das Handwerk zu legen. Dabei ziehen erstmals die verfeindeten Gangs an einem Strang, und Rick von den Rattlers versucht, seine Schwester Miranda, in die sich Cody verguckt hat, aus den Fängen des Ungeheuers zu retten. </div><div style="text-align: left;"><blockquote>„Er sah zwar Feuer auf der Brücke, hatte aber keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen; stattdessen kletterte er über den Zaun, rutschte eine rote Böschung hinunter und blieb in dem schlammigen Wasserrinnsal liegen. Hinter sich konnte er die Häuser splitternd und krachend auseinanderfliegen hören. Noch ein, zwei Minuten, dann hatte das Wesen es geschafft; es würde durchbrechen und über den Fluss kommen.“ (S. 424) </blockquote></div><div style="text-align: left;">Zwei außerirdische Wesen, die in einem dem Untergang geweihten Kaff mit dem treffenden Namen Inferno einen ungleichen Kampf um Leben und Tod abfackeln, dient <i>McCammon</i> in seinem Horror-Roman als Ausgangspunkt für einen actionreichen Plot, der seinen Fokus vor allem auf die Beschreibung detaillierter Brutalität bei Stingers Suche nach dem außerirdischen Ausreißer legt. Zwar stellt der Autor zu Beginn eine Menge interessanter Charaktere vor, doch mehr als eine kurze Vita der Hammonds, der Witwe der Preston-Kupfermine, des in kriminelle Machenschaften verwickelten Unternehmers Mack Cade, der auch Sheriff Vance auf seiner Gehaltsliste stehen hat, und der Vater-Sohn-Beziehung von Curt und Cody, bietet er nicht an. Selbst die Rivalität zwischen Rick und Cody sowie ihre gemeinsame Sorge um Ricks Schwester Miranda wird nur oberflächlich abgehandelt. Dieses Vorgehen verhindert, dass <i>McCammons</i> Publikum wirklich tief in die Geschichte eintauchen kann und nur wenig Empathie für das Schicksal der Stadt und ihrer Einwohner aufbringt. </div><div style="text-align: left;"><b>„Die schwarze Pyramide“</b> verschenkt so leider einen Großteil seines Potenzials und gefällt vor allem durch <i>McCammons</i> sprachliche Gewandtheit. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj12CYpCpYtNrYYobeav6OxSCmHLJGVv0P6UuWrOSbuzGuvNWgs1hij9dGf_DBdOAIPrya6YZ6IFeWVDqGe32pZko_NnMVQVTM0uZ3tRCx8iPBrSXCpbEvFiRZuG45pBAZE2a9c9kUwjrDdbb92Q3SfK7GhlpHWbrnRZAe9UuO0t7-ulH4Gcb2pDyJLBQEy/s336/3%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="66" data-original-width="336" height="39" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj12CYpCpYtNrYYobeav6OxSCmHLJGVv0P6UuWrOSbuzGuvNWgs1hij9dGf_DBdOAIPrya6YZ6IFeWVDqGe32pZko_NnMVQVTM0uZ3tRCx8iPBrSXCpbEvFiRZuG45pBAZE2a9c9kUwjrDdbb92Q3SfK7GhlpHWbrnRZAe9UuO0t7-ulH4Gcb2pDyJLBQEy/w200-h39/3%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" width="200" /></a></div><br /> </div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-52878770376940774092024-01-20T15:20:00.001+01:002024-01-20T15:20:03.228+01:00Robert R. McCammon – „Wandernde Seelen“<div style="text-align: left;">
(Knaur, 446 S., Tb.) </div><div style="text-align: left;">Mit seinen ersten Romanen <b>„Baal“, „Höllenritt“, „Tauchstation“</b> und <b>„Blutdurstig“ </b>avancierte der US-Amerikaner <i>Robert R. McCammon</i> vor allem Anfang der 1980er Jahre zu einem der interessantesten Horror-Autoren der Neuzeit. Auch wenn er stets in zweiter Reihe hinter Autoren wie <i>Stephen King, Peter Straub, Dan Simmons, Clive Barker</i> und <i>Dean Koontz</i> stand, präsentierte <i>McCammon</i> bis in die 1990er Jahre hinein atmosphärisch dichte Gruselgeschichten, die vor allem sprachlich weit über dem Durchschnitt des Genres lagen. Mit<b> „Wandernde Seelen“</b>, 1983 unter dem Originaltitel <b>„Mystery Walk“</b> veröffentlicht, eroberte <i>McCammon </i>1988 auch das deutsche Horror-Publikum. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhdbxKgID9fioAqXpugDCgODKKT4dGyO1TD-ukES2_eeJXh1n4pS5ua95gp5SQsm-GcDBw-Hbcz5mp-pg0qt9rug7c6u_FyP52ELgkBCSRIQtwyjxeMrX9dt0goGkKgqeR8uiKGKLWfvd8aDJFSySmiPULqbJPQj1KPvMP2Pp5JntHGm-QW06exgsqegTrc/s2192/Robert%20McCammon%20-%20Wandernde%20Seelen.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="2192" data-original-width="1384" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhdbxKgID9fioAqXpugDCgODKKT4dGyO1TD-ukES2_eeJXh1n4pS5ua95gp5SQsm-GcDBw-Hbcz5mp-pg0qt9rug7c6u_FyP52ELgkBCSRIQtwyjxeMrX9dt0goGkKgqeR8uiKGKLWfvd8aDJFSySmiPULqbJPQj1KPvMP2Pp5JntHGm-QW06exgsqegTrc/w253-h400/Robert%20McCammon%20-%20Wandernde%20Seelen.jpg" width="253" /></a></div>Billy Creekmore lebt in den 1960er Jahren in der kleinen Ortschaft Hawthorne, Alabama, und verfügt wie seine Mutter Ramona, die zu einem Viertel eine Choctaw-Indianerin ist, über die außergewöhnliche Gabe, mit den Toten zu reden und ihnen gerade nach einem gewaltsamen Tod Frieden zu verleihen. Davon will sein Vater, ein fundamentalistischer Baptist, nichts wissen. </div><div style="text-align: left;">Als Dave Booker seine Frau Julie Ann und seinen Sohn Will tötet und das Haus abbrennt, wird Billy wie magisch von den Ruinen des Hauses angezogen und findet die Leiche seines Schulfreundes unter dem Kohlehaufen im Keller. Zu dieser Zeit macht sich der prominente Zelt-Prediger Jimmy Jed „J.J.“ Falconer mit seinem Sohn Wayne auf den Weg nach Hawthorne, um auch dort – wie zuvor in anderen Teilen des Südens – allerlei Menschen von ihren Schmerzen, Missbildungen und Krankheiten zu heilen und so Teilnehmer des Falconer-Kreuzzugs zu gewinnen. Die Familie Creekmore nimmt an dem Erweckungsgottesdienst teil und wird Zeuge, wie Wayne einige Kranke heilt, doch sowohl Billy als auch seine Mutter nehmen die schwarzen Wolken in der Aura der Todgeweihten wahr. Als Ramona sich erhebt und gegen die ihrer Meinung nach verwerflichen Praktiken protestiert, werden die Creekmores aus dem Zelt verwiesen. Romana sucht mit Billy ihre Mutter Rebekah auf, die Billy in das Geheimnis seines spirituellen Erbes eingeweiht wird. </div><div style="text-align: left;">Sieben Jahre später besucht Billy die Oberschule in Fayette County, der Heimat der Falconers. Billy wird vom Besitzer des örtlichen Sägewerks gebeten, den Geist eines Mannes zu vertreiben, der bei einem Unfall mit einer Säge auf schreckliche Weise ums Leben gekommen ist, worauf die Arbeiter von den unheimlichen Geräuschen im Werk so abgeschreckt worden sind, dass sie nicht mehr zur Arbeit kommen. Zwar hat Billy mit seiner Methode Erfolg, doch von den örtlichen Christen erntet Billy nur Hohn und Spott.
In einer Zeit, in der vor allem im Süden die Rassentrennung noch gelebte Realität ist, werden Ramona und Billy schließlich aus dem Dorf gejagt, während John als strenggläubiger und rechtschaffender Christ bleiben darf. Billy heuert bei der Gespenstershow von Dr. Mirakel an und verliebt sich in die Tänzerin Santha. </div><div style="text-align: left;">Von dort aus zieht es ihn nach Chicago, wo Dr. Hillburn in ihrem Institut feststellen will, wie es wirklich um Billys paranormale Fähigkeiten bestellt ist. Während die Falconers einen Plan schmieden, Billy und Ramona aus dem Verkehr zu ziehen, wird Billy in den Ruinen eines niedergebrannten Wohnhauses mit mehreren unruhigen Geistern konfrontiert… </div><div style="text-align: left;"><blockquote>„Überall um sich herum konnte er sie ahnen. Sie waren im Rauch, in der Asche, in den verbrannten Gebeinen und entstellten Gestalten. Sie waren in der Luft und in den Wänden. Es gab an diesem Ort zu viel Seelenqual; tonnenschwer lag sie in der dichten Luft, und das Entsetzen darin knisterte wie Strom. Doch Billy wusste, dass es zum Fliehen nun zu spät war. Er würde tun müssen, was er konnte.“ (S. 375f.)</blockquote></div><div style="text-align: left;"><i>Robert R. McCammon</i> hat mit <b>„Wandernde Seelen“ </b>vor allem einen einfühlsamen Coming-of-Age-Roman über zwei Brüder geschrieben, die nach ihrer Trennung in spirituell unterschiedlich geprägten Familien aufgewachsen sind und sich im frühen Erwachsenenalter mit ihren außergewöhnlichen Fähigkeiten und den Erwartungen auseinandersetzen müssen, die von den Bedürftigen im südlichen Teil der Staaten an sie gestellt werden. <i> </i></div><div style="text-align: left;"><i>McCammon</i> gelingt es dabei sehr überzeugend, die unterschiedlichen Geisteshaltungen zu beschreiben, die den Lebenswelten der Creekmores auf der einen und der Falconers auf der anderen Seite zugrunde liegen. Der Kampf zwischen Adler und Schlange treibt schließlich die Handlung voran und macht vor allem deutlich, dass die wahren oder eingebildeten Fähigkeiten der beiden Brüder nur zwei Seiten derselben Medaille sind. Dabei berücksichtigt der Autor sowohl die giftige Atmosphäre der Rassendiskriminierung als auch die spirituelle Tradition der amerikanischen Ureinwohner, das Streben nach Macht ebenso wie den Wunsch, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. </div><div style="text-align: left;">Zwar beugt sich <i>McCammon </i>im Finale etwas zu sehr den Konventionen des Genres, doch zählt <b>„Wandernde Seelen“</b> definitiv zu den besseren Frühwerken des Autors. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhvVXP80dldAf0mkm6kPuam3CZvafZ-zTVb3X3iXE4YbBgAPPWKz-wcmkAj2uIFZ-8oOh1as_taF1O7YdouiSiS2A88DM8UErlgC8NOkZt01EAmYtK3o-nvuG0rrqp4fMnVIKh987Sob1yU3EuhRywWu7TJ_yboAVb48jeQH48MH6CxB7qdBUx3el8MwIsx/s338/4%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="71" data-original-width="338" height="42" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhvVXP80dldAf0mkm6kPuam3CZvafZ-zTVb3X3iXE4YbBgAPPWKz-wcmkAj2uIFZ-8oOh1as_taF1O7YdouiSiS2A88DM8UErlgC8NOkZt01EAmYtK3o-nvuG0rrqp4fMnVIKh987Sob1yU3EuhRywWu7TJ_yboAVb48jeQH48MH6CxB7qdBUx3el8MwIsx/w200-h42/4%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" width="200" /></a></div><br /> </div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-23419800928020268672024-01-11T19:01:00.002+01:002024-01-11T19:01:18.266+01:00Jens Henrik Jensen – (Oxen: 6) – „Pilgrim“<div style="text-align: left;">
(dtv, 512 S., Pb.) </div><div style="text-align: left;">Der Däne <i>Jens Henrik Jensen</i> hatte bereits eine langjährige journalistische Karriere hinter sich, bevor er 1997 sein (hierzulande noch unveröffentlichten) Romandebüt veröffentlichte. Seinen internationalen Durchbruch feierte Jensen allerdings erst mit dem 2012 veröffentlichten ersten Band um den höchstdekorierten dänischen Kriegsveteran Niels Oxen, der 2018 unter dem Titel <b>„Das erste Opfer“</b> auch in deutscher Übersetzung bei dtv erschien. Mittlerweile haben auch <i>Jensens </i>zuvor erschienenen Thriller-Reihen um Nina Portland (<b>„SØG“</b>) und die Kazanski-Trilogie (<b>„East“</b>) ihren Weg in den deutschen Sprachraum gefunden, aber das Herzstück von <i>Jensens </i>Schaffen bildet nach wie vor die Oxen-Reihe. Mit <b>„Pilgrim“</b> erscheint der bereits sechste Band und damit die direkte Fortsetzung zum Vorgänger <b>„Noctis“</b>. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg915kOHJtm6QwPVm6NXN5DTy7ezhrkU6cJ_n4koD78Z0uHNq9WsHP1pZLoZr8qlWjTjVgv3te8we4O6xTDW17sPVvx5IxYQvYguYN6Q8kvg2YM4RMXbTXNEN9tspDchPtcWZwOuz_eCOon4Y1bjru4lnfTaT7A40gkZdaCYzM9-H5QteJudl5SW7YQQKJI/s772/Jens%20Henrik%20Jensen%20-%20Oxen%206%20-%20Pilgrim.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="772" data-original-width="500" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg915kOHJtm6QwPVm6NXN5DTy7ezhrkU6cJ_n4koD78Z0uHNq9WsHP1pZLoZr8qlWjTjVgv3te8we4O6xTDW17sPVvx5IxYQvYguYN6Q8kvg2YM4RMXbTXNEN9tspDchPtcWZwOuz_eCOon4Y1bjru4lnfTaT7A40gkZdaCYzM9-H5QteJudl5SW7YQQKJI/w259-h400/Jens%20Henrik%20Jensen%20-%20Oxen%206%20-%20Pilgrim.jpg" width="259" /></a></div>Die wochenlange Gefangenschaft in den Katakomben eines Therapiezentrums für Kriegsveteranen hat bei Niels Oxen Spuren hinterlassen. Nicht nur, dass er bei der Polizeiaktion zu seiner Befreiung einen Schuss abbekommen hatte, setzt ihm noch zu, sondern auch der Umstand, dass er erstmal in seinem Leben gezwungen war, zu töten, um zu überleben, ganz zu schweigen von den Misshandlungen, die er über sich ergehen lassen musste. Oxen war eines der Opfer einer ebenso skandalösen wie ertragreichen Unternehmung, bei der steinreiche Gäste nicht nur jede Art von sexuellen Gelüsten befriedigt bekamen, sondern auch bei Käfigkämpfen zwischen gefangenen Männern auf den Mann setzen konnten, der seinen Kontrahenten tötete. </div><div style="text-align: left;">Um Abstand zu den Ereignissen zu gewinnen, begibt sich Oxen auf eine Pilgerreise und setzt schließlich alles daran, den Kontakt zu seinem fünfzehnjährigen Sohn Magnus zu vertiefen.
Mit der Aufklärung der Heckenschützenmorde an den Veteranen befasst sich auch Margarethe Franck beim dänischen Geheimdienst PET, doch wird sie von Chiefinspektor Worre, dem Leiter der operativen Abteilung nach Rücksprache mit Salomonsen zurückgepfiffen, obwohl noch einer der Heckenschütze frei herumläuft und zwei weitere Beteiligte mit einer Löwen- und einer Mandrill-Maske ebenfalls auf freiem Fuß sind. </div><div style="text-align: left;">Dass sich Franck damit nicht abfinden will, endet mit ihrer Suspendierung, aber ihr ehemaliger Chef, Axel Mossman, heuert sie für einen Spezialauftrag rund um eine Transaktion zwischen der dänischen Steuerbehörde und einem Kurier, der geleakte Daten aus einem Steuerparadies zum Verkauf anbietet. Als bei dem Treffen auf den Amerikanischen Jungferninseln Schüsse fallen, wird der Deal auf dänischen Boden verlegt. </div><div style="text-align: left;">Mit von der Partie sind nicht nur Oxen, sondern auch die fähige Polizistin Sally Finnsen aus der Fahndungsabteilung der Polizei in Kopenhagen, die maßgeblich bei der Befreiung von Niels Oxen aus dem Keller des Therapiezentrums beteiligt war und dort auch ihren Bruder Nikolai verlor, der dort ermordet und dann in einem Massengrab verscharrt worden war. Es stellt sich bald heraus, dass die Affäre um die Steuerhinterziehung mit den Vorgängen im Therapiezentrum zusammenhängen. Unklar ist nur, welche Rollen die CIA und der undurchsichtig agierende Mossman dabei spielen… </div><div style="text-align: left;"><i>Jens Henrik Jensen</i> ist mit dem sechsten <b>„Oxen“</b>-Band wieder ein äußerst spannender Thriller gelungen, der erst einmal die Ereignisse aus dem Vorgängerband <b>„Noctis“</b> aufarbeitet und so auch den Leser:innen die Möglichkeit bietet, sich auch dann in die Geschichte einzufinden, die den fünften Band nicht gelesen haben. Doch mit Francks Suspendierung und Mossmans ungewöhnlichen Auftrag, die sichere Übergabe der sogenannten <i>Precious Papers</i> mit den geleakten Daten aus Panama zu gewährleisten, kommt auch die Action ins Spiel, wobei prominente Dänen alles daransetzen, ihre Namen aus den Unterlagen herausstreichen zu lassen. </div><div style="text-align: left;">Das Katz-und-Maus-Spiel mit der CIA verläuft zwar in vorhersehbaren Bahnen, dafür bleibt Mossmans Rolle in dem Spiel lange Zeit undurchschaubar, was Franck, Oxen und Finnsen fast zur Verzweiflung treibt.
<i>Jensen</i> schafft dabei zum Glück genügend Raum, um auch die emotionalen Befindlichkeiten seiner Protagonist:innen zu beleuchten und ihnen so jene Tiefe zu verleihen, dass sie die Empathie und Sympathie des Publikums ansprechen. So muss ein moderner Thriller gestrickt sein!
</div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgCeFSGNPBxtyoLQUgpUQcKoGu7VAnwddOm8FH-Mh_A-WTmUj48v4qPWtOzrbFxcm4heoXT3FwiGCuozmL4aXnTg9hLtE2QyXx4M3fbrI4MJ8Ftz2CiuNhlQjuRBntGgoYfDKmyBxxyOXIJYeQYxd9vF3f195go-2-Q6uHdEqykZasTa_o9ktB1MmIaEnJG/s325/5%20von%205%20Sterne.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="59" data-original-width="325" height="36" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgCeFSGNPBxtyoLQUgpUQcKoGu7VAnwddOm8FH-Mh_A-WTmUj48v4qPWtOzrbFxcm4heoXT3FwiGCuozmL4aXnTg9hLtE2QyXx4M3fbrI4MJ8Ftz2CiuNhlQjuRBntGgoYfDKmyBxxyOXIJYeQYxd9vF3f195go-2-Q6uHdEqykZasTa_o9ktB1MmIaEnJG/w200-h36/5%20von%205%20Sterne.png" width="200" /></a></div></div><div style="text-align: left;"><a href="https://www.book2look.com/vBook.aspx?id=9783423443036" oxen.="" pilgrim="" target="_blank" title="Leseprobe Jens Henrik Jensen -">Leseprobe Jens Henrik Jensen - "Oxen. Pilgrim"</a>
</div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-54736026689900944772023-12-29T19:40:00.002+01:002023-12-29T19:40:33.388+01:00Lemony Snicket – „Gift zum Frühstück“<div style="text-align: left;">
(Nagel und Kimche, 160 S., HC) </div><div style="text-align: left;">Der Name <i>Lemony Snicket</i> klingt viel zu skurril, um echt zu sein. Tatsächlich handelt es sich dabei um das Pseudonym des US-amerikanischen Schriftstellers <i>Daniel Handler</i>, der unter seinem Namen, beginnend mit dem 1998 veröffentlichten Debütroman <b>„The Basic Eight“</b>, bislang sieben Romane veröffentlicht hat, während seine Jugendbücher unter dem ungewöhnlichen Pseudonym erscheinen. 1999 startete er die 13-teilige Serie <b>„Eine Reihe betrüblicher Ereignisse“</b>, deren erste drei Teile 2004 unter dem Titel <b>„Lemony Snicket – Rätselhafte Ereignisse“</b> mit <i>Jim Carrey </i>in der Hauptrolle verfilmt und dann ab 2017 als Netflix-Serie mit drei Staffeln umgesetzt wurde. Nun erscheint mit <b>„Gift zum Frühstück“</b> ein davon unabhängiger Kurzroman, der sowohl für lesebegeisterte Jugendliche als auch jung gebliebene Erwachsene geeignet scheint. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEism6N3tRESooZgqRjrqv6zpe7WowQlWp8x8aD_2BCcPP98IlY0GNcZlrbe91yHqYImv1fW8q2DyKH_tNAS3_v0n7XzLfG1x7t8uiv772iY4Cx1MSX7QX98-uO7EnuV_bFxp9C6W_MfGJqHQBimBcAacGE-lbfTTxM_CFO1Y-b98V70PDihgtKU9zTrQyn5/s700/Lemony%20Snicket%20-%20Gift%20zum%20Fr%C3%BChst%C3%BCck.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="700" data-original-width="445" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEism6N3tRESooZgqRjrqv6zpe7WowQlWp8x8aD_2BCcPP98IlY0GNcZlrbe91yHqYImv1fW8q2DyKH_tNAS3_v0n7XzLfG1x7t8uiv772iY4Cx1MSX7QX98-uO7EnuV_bFxp9C6W_MfGJqHQBimBcAacGE-lbfTTxM_CFO1Y-b98V70PDihgtKU9zTrQyn5/w254-h400/Lemony%20Snicket%20-%20Gift%20zum%20Fr%C3%BChst%C3%BCck.jpg" width="254" /></a></div>Lemony Snicket beteuert, dass die von ihm erzählte Geschichte wahr sei. Sie beginnt mit der fassungslos machenden Notiz, die er unter seiner Tür vorfindet: „Sie hatten Gift zum Frühstück.“ Nachdem der erste Schock verdaut ist, macht sich Lemony Snicket daran, das Rätsel um seinen bevorstehenden Tod zu lösen. Da sein Frühstück wie gewöhnlich aus Tee mit Honig, einer Scheibe Toast mit Käse, einer aufgeschnittenen Birne und einem perfekt zubereiteten Ei bestand, macht sich Lemony Snicket auf den Weg zu den Orten, an denen er die Zutaten für die Mahlzeit erstanden hat, doch bringt ihn das kaum weiter. Einen verdächtig erscheinenden Mann verliert der Detektiv wider Willen schnell aus den Augen. Dafür erweist sich der Besuch in der Bibliothek in vielerlei Hinsicht als erkenntnisreich. </div><div style="text-align: left;"><blockquote>„<i>Sie hatten Gift zum Frühstück</i>. Den ganzen Tag war ich diesem Satz nachgegangen, weil ich, wie ich der Bibliothekarin erklärte, lieber nicht sterben wollte. Aber das zu sagen war lächerlich. Ich wusste, dass ich sterben würde. Erst am Morgen hatte ich darüber nachgedacht, dass wir alle sterben werden. Das Ende unseres Lebens ist wie ein offener Kanalschacht, in dem man eines Tages beim Herumlaufen hineinfällt, dieser eine entsetzliche Schritt, mit dem man von der Bildfläche verschwindet, und dann kommt das Dunkel und dann das Nichts.“ (S. 145) </blockquote></div><div style="text-align: left;">Bereits mit der Eröffnung seines neuen Romans <b>„Gift zum Frühstück“</b> entführt <i>Lemony Snicket</i> seine Leserschaft in eine Welt, die der aus „Eine Reihe betrüblicher Ereignisse“ sehr ähnlich ist, vor allem in sprachlicher Hinsicht. Die Notiz – „Sie hatten Gift zum Frühstück.“ - die die folgenden Ereignisse in Gang setzt, würde im Normalfall der Auftakt für einen Kriminalroman bilden, doch davon ist <b>„Gift zum Frühstück“ </b>weit entfernt. </div><div style="text-align: left;">Tatsächlich verläuft die Suche nach dem Urheber der Nachricht schnell im Sand, regt den wachen Verstand des Ich-Erzählers aber immer wieder zu Vergleichen, Fabeln, Paradoxons, Geschichten und Gedichten an, die er auf verschlungenen Wegen mit seinem eigenen Schicksal assoziiert. Dabei gerät Lemony Snicket immer wieder ins Philosophieren, natürlich in erster Linie über den Tod und das Sterben, über die Rolle eines Übersetzers bei der Kommunikation zwischen dem Autor und des Lesers, über das Leben und die Literatur. </div><div style="text-align: left;">Dabei wirkt der schmale Band eher wie eine wilde Ansammlung unterschiedlichster Gedanken, in die sich immer wieder Beschreibungen gerade verwendeter Begriffe einschleichen - und eben der typische <i>Lemony-Snicket</i>-Humor. Wer sich darauf einlassen mag, wird mit einer von Margaux Kent hübsch illustrierten Geschichte belohnt, die einen ganz eigenen Weg geht und sich erfolgreich gegen bewährte Genre-Strukturen behauptet. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEigqRTO5CjshSSSbtqSx24nIpJVe2CzZUlUI8FcfQQyyWCRKUhvqy4TBNtLiXqKwBvnn-YnnmEBhOQ1thieMY5Stzw1e8iHdIiA7cxFk_UiGCyQoAn2PfYWMoeE3SqAMKzBQEPdl11L-T_Jd6i5euV817s91RWy3kRVzywUwtN2cYWEzRGApl_nif6Wgna0/s338/4%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="71" data-original-width="338" height="42" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEigqRTO5CjshSSSbtqSx24nIpJVe2CzZUlUI8FcfQQyyWCRKUhvqy4TBNtLiXqKwBvnn-YnnmEBhOQ1thieMY5Stzw1e8iHdIiA7cxFk_UiGCyQoAn2PfYWMoeE3SqAMKzBQEPdl11L-T_Jd6i5euV817s91RWy3kRVzywUwtN2cYWEzRGApl_nif6Wgna0/w200-h42/4%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" width="200" /></a></div><br /> </div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-82938293199422826402023-12-27T21:58:00.001+01:002023-12-27T21:58:10.504+01:00Walter Tevis – „Die Partie seines Lebens“<div style="text-align: left;">
(Diogenes, 256 S., HC) </div><div style="text-align: left;">Manchmal braucht es schon eine Netflix-Serie, dass ein hierzulande kaum beachteter Autor endlich die wohlverdiente Anerkennung erfährt. So geschehen bei dem leider schon 1984 verstorbenen US-amerikanischen Schriftsteller <i>Walter Tevis</i>. Der 1928 geborene Zweiter-Weltkriegs-Veteran und ehemaliger Universitätsdozent für Englische Literatur schaffte bereits mit seinem 1959 veröffentlichten Debütroman <b>„The Hustler“</b> den Durchbruch, wurde das Werk zwei Jahre später von <i>Robert Rossen</i> mit <i>Paul Newman, Jackie Gleason </i>und <i>Piper Laurie</i> erfolgreich verfilmt. Doch erst mit dem Erfolg der preisgekrönten Netflix-Serie <b>„Das Damengambit“</b> wurde <i>Tevis‘</i> Schaffen auch im deutschsprachigen Raum entdeckt. Nachdem Diogenes bereits die Romanvorlagen zu der Erfolgsserie und zu <i>Nicolas Roegs</i> <b>„Der Mann, der vom Himmel fiel“</b> (1976) mit <i>David Bowie</i> veröffentlicht hatte, erscheint nun mit <b>„Die Partie seines Lebens“ </b>eine Neuübersetzung von <b>„The Hustler“</b>. Die Verfilmung ist wie die erste Übersetzung bislang unter dem Titel <b>„Haie der Großstadt“</b> bekannt geworden. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhFeWmdvd0NSL0ZPXDxKRU4uk-63xqvewkVE7sqd5mrE6XwJ1AeVxVvJ2pOhHdX428hG5IOQgRubvPsR4xwu9taSoxg9LKIqiAk1GPESRIgIrg4Srss3ZppXbDwVJcLQWrT48Rwymq2kS51uXjtNQW3OjcVO5vfWniV1QaKUVCa6zC-MhDPAsjED5fzNNsf/s1000/Walter%20Tevis%20-%20Die%20Partie%20seines%20Lebens.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1000" data-original-width="632" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEhFeWmdvd0NSL0ZPXDxKRU4uk-63xqvewkVE7sqd5mrE6XwJ1AeVxVvJ2pOhHdX428hG5IOQgRubvPsR4xwu9taSoxg9LKIqiAk1GPESRIgIrg4Srss3ZppXbDwVJcLQWrT48Rwymq2kS51uXjtNQW3OjcVO5vfWniV1QaKUVCa6zC-MhDPAsjED5fzNNsf/w253-h400/Walter%20Tevis%20-%20Die%20Partie%20seines%20Lebens.jpg" width="253" /></a></div>Als die Chicagoer Billardlegende Minnesota Fats geflüstert bekommt, dass ein junges Talent namens „Fast Eddie“ Felson unterwegs wäre, um mit ihm zu spielen, nimmt er die Ankündigung mehr als entspannt zur Kenntnis. Schließlich ist er in seiner Heimatstadt seit zwanzig Jahren unangefochtener Meister in dieser Disziplin und unzählige Möchtegern-Emporkömmlinge in die Schranken verwiesen. Auf dem Weg von Hot Springs nach Chicago machen Eddie und sein Manager Charlie Halt in Watkins, Illinois, wo Eddie einen unbekümmerten Spieler und einen Barkeeper um einige Hunderter erleichtert. Es ist nicht mehr als ein leichtes Aufwärmen für Eddies großen Auftritt in Bennington’s Billard Hall am nächsten Morgen in Chicago, wo sich Minnesota Fats nicht lange bitten lässt, mit dem Talent der Stunde zu spielen.</div><div style="text-align: left;">Nachdem der routinierte Platzhirsch erwartungsgemäß die ersten Runden für sich entscheiden konnte, zeigt Eddie endlich, was in ihm steckt, und nimmt Minnesota Fats zunächst einen Tausender nach dem anderen ab, doch dann wendet sich das Blatt und Eddie verlässt das Bennington’s nach vierzig Stunden ebenso enttäuscht wie entkräftet. Er gibt Charlie den Laufpass und lernt in einer Bahnhofskneipe die alleinlebende Sarah kennen, die Eddie zunächst etwas Halt gibt. Doch dann packt Eddie wieder das Spielfieber. In Bert findet er einen neuen Manager, der Eddie vor allem etwas über Charakterbildung beibringt. </div><div style="text-align: left;"><blockquote>„… nach diesem spannenden, knappen Spiel begann er, die leise Stimme der Vernunft zu hören, die ihm sagte, <i>du kannst dich jetzt zurücklehnen, es ist nicht mehr so wichtig</i>, doch er brachte diese Stimme zum Schweigen. Und indem er seinen Gegner damit immer stärker unter Druck setzte, sich immer mehr konzentrierte, wurde ihm allmählich klar, dass das, was Bert über den Charakter gesagt hatte, nur die halbe Wahrheit war. Es gab noch etwas, das Bert nur teilweise begriffen und ihm vermittelt hatte, und das war das feste, unveränderliche Wissen um den Zweck des Spiels – nämlich zu gewinnen.“ (S. 219) </blockquote></div><div style="text-align: left;">Mit der deutschen Übersetzung des Originaltitels (<b>„The Hustler“</b>) als <b>„Der Schwindler“</b> oder <b>„Der Betrüger</b>“ ist der Kern von <i>Walter Tevis‘ </i>Debütroman bereits definiert, denn der Protagonist, das junge Billard-Talent Eddie Felson, verdient seinen Lebensunterhalt damit, seinen Gegnern im Billard-Salon zunächst vorzugaukeln, nur ein mittelmäßiger Spieler zu sein, sie ein paar Partien gewinnen zu lassen, bevor er sie am Ende mit leeren Taschen dastehen lässt und weiterzieht. </div><div style="text-align: left;"><i>Tevis</i> erweist sich als Meister darin, die Atmosphäre in verrauchten, schweiß- und alkoholgeschwängerten Billard-Hallen so zu beschreiben, als sei man mittendrin im Geschehen und würde die überlegten Stöße mit den Queues, das Klacken und Einlochen der Kugeln beobachten und hören. Aber <b>„Die Partie seines Lebens“</b> ist weit mehr als nur ein Billard-Roman. Mit Eddie Felson hat der Autor eine Figur geschaffen, die zwar talentiert, aber nicht über alle Maße ehrgeizig zu sein scheint, weil sie im entscheidenden Moment versagt. Er sei der geborene Verlierer, muss sich Fast Eddie in einer langen Ansprache von seinem Manager sagen lassen, und diese Konfrontation mit der eigenen Charakterschwäche hallt lange in Eddie nach. Er lässt sich auf eine Beziehung mit einer Frau ein, die sich für eine Alkoholikerin hält und eine leichte Beute für den charmanten Eddie zu sein scheint. </div><div style="text-align: left;">Aus dieser Konstellation heraus beginnt Eddie an sich zu arbeiten. Wer den eindrucksvollen Film mit <i>Paul Newman</i> in der Hauptrolle einmal gesehen hat, wird bei einzelnen Szenen im Buch auch immer die entsprechenden Bilder auf der Leinwand im Kopf haben, und wie im Film überwiegt auch im Roman eher die Entwicklung, die Eddie durchmacht, als seine Spiele gerade gegen gute bis sehr gute Spieler, die mit Pool ihren Lebensunterhalt verdienen. Die schlichte, aber bildhafte Sprache macht <b>„Die Partie seines Lebens“</b> zu einem leicht fließenden Lesevergnügen, und man kann nur hoffen, dass Diogenes auch die kurz vor <i>Tevis‘</i> Tod erschienene Fortsetzung, <b>„The Colour of Money“</b> (wiederum erfolgreich verfilmt, diesmal mit <i>Paul Newman</i> und <i>Tom Cruise</i> in den Hauptrollen), ebenfalls in einer Neuübersetzung von Diogenes wiederveröffentlicht wird.
</div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgS8Tk_qnrYmsEhyphenhyphenGgY1tFgLWAG909aNTudsq8APxjRmzNHYbMVRGru601T4LOPu94ipfxRKlzEQGXMvZYos_LwAJljXC4AqZFPxq0Y9S0stHrW7wXlP76I85QIVsX_CA2dynCbpOqleRfYq7_Ss4LTmryyVSdqYXPMmZEkh2WBxrlfEkH4hr6ge4vneENa/s325/5%20von%205%20Sterne.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="59" data-original-width="325" height="36" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgS8Tk_qnrYmsEhyphenhyphenGgY1tFgLWAG909aNTudsq8APxjRmzNHYbMVRGru601T4LOPu94ipfxRKlzEQGXMvZYos_LwAJljXC4AqZFPxq0Y9S0stHrW7wXlP76I85QIVsX_CA2dynCbpOqleRfYq7_Ss4LTmryyVSdqYXPMmZEkh2WBxrlfEkH4hr6ge4vneENa/w200-h36/5%20von%205%20Sterne.png" width="200" /></a></div></div><div style="text-align: left;"><a die="" href="https://www.diogenes.ch/leser/titel/walter-tevis/die-partie-seines-lebens-9783257072686.html#media-b2l" lebens="" partie="" seines="" target="_blank" title="Leseprobe Walter Tevis -">Leseprobe Walter Tevis - "Die Partie seines Lebens"</a>
</div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-79367339917051600032023-12-25T13:22:00.003+01:002023-12-25T13:22:35.287+01:00Bernhard Schlink – „Das späte Leben“<div style="text-align: left;">
(Diogenes, 240 S., HC) </div><div style="text-align: left;">Mit seiner Krimi-Trilogie um den alternden Privatdetektiv Gerhard Selb, vor allem aber mit dem international erfolgreich verfilmten Bestseller <b>„Der Vorleser“</b> ist <i>Bernhard Schlink</i> zu einem der bedeutendsten deutschen Schriftsteller avanciert, dessen letzte Werke wie <b>„Die Frau auf der Treppe“ </b>(2014), <b>„Olga“</b> (2018) und <b>„Abschiedsfarben“ </b>(2020) jeweils wochenlang Platz 1 der <i>Spiegel</i>-Bestsellerliste belegten. Nun legt der in Berlin und New York lebende Autor mit <b>„Das späte Leben“</b> einen neuen Roman mit einem unbequemen Thema vor. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiWPnhPAqoottFE7Y7mqbIRR1uHF3cqJBQnQ9VKZB7Ylfw7v_z9A6911MMzRmnwuBZh4_DO5EgS7PitRb_-MxGfQpfYrWVKAvQvM5CL1fURum6GHSCva0y-T04vrJOwAP1iyD3fzQW_ybyWOaJa0hpw1NcBA9_2Zk366AqJV0SAh9FssDVsJ_8x0eSETqU5/s1000/Bernhard%20Schlink%20-%20Das%20sp%C3%A4te%20Leben.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1000" data-original-width="632" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiWPnhPAqoottFE7Y7mqbIRR1uHF3cqJBQnQ9VKZB7Ylfw7v_z9A6911MMzRmnwuBZh4_DO5EgS7PitRb_-MxGfQpfYrWVKAvQvM5CL1fURum6GHSCva0y-T04vrJOwAP1iyD3fzQW_ybyWOaJa0hpw1NcBA9_2Zk366AqJV0SAh9FssDVsJ_8x0eSETqU5/w253-h400/Bernhard%20Schlink%20-%20Das%20sp%C3%A4te%20Leben.jpg" width="253" /></a></div>Nach seiner jährlichen Routineuntersuchung erfährt der 76-jährige emeritierte Professor Martin Brehm, dass er Bauchspeichelkrebs und nur noch wenige Monate, längstens ein halbes Jahr zu leben hat. Eine Behandlung durch eine Chemo oder experimentelle Therapien kommen für Martin nicht in Frage. Stattdessen will er die ihm verbleibende Zeit möglichst intensiv mit seiner noch sehr jungen Frau Ulla, die als Malerin und in einer Galerie arbeitet, und mit ihrem gemeinsamen, sechsjährigen Sohn David verbringen. </div><div style="text-align: left;">Zunächst geht es dem Krebskranken noch so gut, dass er die Diagnose des Arztes anzweifelt und eine Zweitmeinung durch einen früheren Universitätskollegen einholt, doch dann kehrt die Müdigkeit zurück und auch das Bewusstsein über die Notwendigkeit, seine Angelegenheiten zu regeln. Dabei beschäftigt ihn vor allem die Frage, was er seiner geliebten Frau und vor allem seinem Sohn noch mit auf den Weg geben kann. Die Idee, eine Videobotschaft für David aufzunehmen, wie es Ulla ihm nahegelegt hat, entspricht nicht Martins Vorstellungen, aber schreibt ihm einen Brief über die wichtigen Themen, die ihn bewegen und die seinem Sohn vielleicht als moralischen Kompass dienen könnten. </div><div style="text-align: left;">Er schreibt über Liebe und Gerechtigkeit, über den Anteil der Arbeit in einem Leben und natürlich über den Tod, aber auch über die Erbstücke, wie den Schreibtisch und die Taschenuhr, die von Generation zu Generation weitervererbt werden. </div><div style="text-align: left;"><blockquote>„Ja, man konnte im Hier und Jetzt leben, nicht nur im Augenblick, der so voll und satt war, dass es nichts sonst gab, sondern tagein, tagaus. Er kannte Menschen, die so lebten. So oft er sie beneidete, öfter noch bedauerte er sie. Aber David würde seine Vergangenheit haben und mit ihr leben, ob Martin ein Teil von ihr wäre oder nicht. Martin begriff, dass es nicht um den Reichtum des Lebens mit der Vergangenheit ging, sondern um etwas ganz anderes. Die Jahre mit ihm und die Erinnerung an die Jahre mit ihm sollten David ein Grundstock an Gewissheit werden, dass er geliebt war.“ (S. 93) </blockquote></div><div style="text-align: left;"><i>Bernhard Schlink</i> ist mit <b>„Das späte Leben“</b> ein großer Wurf gelungen. Einfühlsam beschreibt er aus der Perspektive eines 76-jährigen Mannes, der auf ein erfülltes Leben mit einer sehenswerten Karriere, einer jungen Frau und einem liebenswerten Sohn zurückblicken kann, wie er seinen Abschied vom Leben vorbereitet. Dabei spielen zwar auch praktische Überlegungen wie die Unterbringung in einem Hospiz eine Rolle, aber den Kern der letztlich schlichten, schnörkellos geschriebenen Erzählung bilden die Gedanken und Gefühle eines Sterbenden. </div><div style="text-align: left;">Wie Martin mit einem langen Brief, den sein Sohn erhalten soll, wenn er sein 16. Lebensjahr vollendet, seine eigenen Überlegungen zu den Bausteinen des Lebens und moralischen Einstellungen niederschreibt, wird sehr deutlich, dass es für Martins Hinterbliebenen ein Leben nach seinem Tod gibt, dass sie ohne ihn zurechtkommen werden, so oder so. Obwohl der nahende Tod, das schmerzvolle Sterben im Mittelpunkt von <b>„Das späte Leben“</b> stehen, ist die Stimmung des kurzen Romans jedoch recht unbeschwert, denn <i>Schlink</i> lässt seinen Protagonisten nicht in Selbstmitleid versinken. </div><div style="text-align: left;">Stattdessen sorgt gerade der große Altersunterschied zwischen Martin, seiner Frau und seinem Sohn dafür, dass es eher darum geht, wie man sein eigenes Leben möglichst sinnvoll und erfüllt gestaltet. Dass Martin in den letzten Wochen seines Lebens auch zur Übergriffigkeit neigt, macht ihn nur menschlicher und zeigt, dass man sich nicht sicher sein kann, ob Gutgemeintes auch Gutes bewirkt. <b> </b></div><div style="text-align: left;"><b>„Das späte Leben“</b> ist berührender, wichtiger Roman über die Bedeutung des Lebens, über Freiheit und Grenzen, über Liebe und Verantwortung, aber auch über die Schwierigkeit, loslassen zu können. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEh5jxwTtzFO2YQEbxzjwvHz9tdC4AaXf9JltlgezDrYTuf_SHCQFo48hR6oRMWqCvI5iAFc8zbSFfyU_DHd2LLZ3u5UT-ADtI-ny6ARRg_FGp1QbAqXECwoGjkeHqord0rpV3AhTiLn0Kb6Cc9V6EyIoQNVDhokjkIkl3P9S4LRFMz1Q2RABjBa8X19OxT9/s325/5%20von%205%20Sterne.png" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="59" data-original-width="325" height="36" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEh5jxwTtzFO2YQEbxzjwvHz9tdC4AaXf9JltlgezDrYTuf_SHCQFo48hR6oRMWqCvI5iAFc8zbSFfyU_DHd2LLZ3u5UT-ADtI-ny6ARRg_FGp1QbAqXECwoGjkeHqord0rpV3AhTiLn0Kb6Cc9V6EyIoQNVDhokjkIkl3P9S4LRFMz1Q2RABjBa8X19OxT9/w200-h36/5%20von%205%20Sterne.png" width="200" /></a></div><a das="" href="https://www.diogenes.ch/leser/titel/bernhard-schlink/das-spaete-leben-9783257072716.html#media-b2l" leben="" sp="" target="_blank" te="" title="Leseprobe Bernhard Schlink -">Leseprobe Bernhard Schlink - "Das späte Leben"</a>
</div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-42792538175229316972023-12-24T18:02:00.010+01:002023-12-24T18:02:47.266+01:00Henning Mankell – „Der Verrückte“<div style="text-align: left;">
(Zsolnay, 506 S., HC) </div><div style="text-align: left;">Als 1993 mit <b>„Mörder ohne Gesicht“</b> und <b>„Hunde von Riga“</b> hierzulande die ersten beiden Krimis um den schwedischen Kriminalkommissar Kurt Wallander von <i>Henning Mankell </i>veröffentlicht wurden, brach schnell ein regelrechtes Skandinavien-Krimi-Fieber aus, in dessen Sog Autoren die Karrieren von Autoren wie <i>Håkan Nesser, Stieg Larsson, Jussi Adler-Olsen, Arne Dahl </i>und <i>Jo Nesbø</i> beflügelt wurden. Neben den vielfach verfilmten Romanen um den sympathischen Kurt Wallander machte <i>Mankell</i> auch mit seinen Afrika-Romanen (<b>„Das Auge des Leoparden“, „Der Chronist der Winde“</b>) Furore, doch nach <i>Mankells</i> Tod im Jahr 2015 ebbten die Veröffentlichungen des schwedischen Bestseller-Autors naturgemäß ab. Umso erstaunlicher wirken <i>Mankells</i> Frühwerke aus den 1970er Jahren, die erst jetzt ins Deutsche übersetzt wurden. Nach den Kurzromanen <b>„Der Sprengmeister“ </b>und <b>„Der Sandmaler“</b> widmet sich <i>Mankell</i> in dem 1977 im Original veröffentlichten Roman <b>„Der Verrückte“</b> einem äußerst dunklen Kapitel der schwedischen Geschichte. </div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg3QAT7Cns8beEjLXQ2jId8tkDhibqi0VtNqRSH8pQATiZEvLazFVB6izAbJR7r5HPX2iPWeikaWa4H4Bo8wy1mwetd_1PQosyUfZKXTogPkdPElrEknkH9g9HBZHP3wEwBTn52tzfCItzB98S82PFzf_9lVzGlEdqse8KIjWwGoU73izjIaUrgbtTzU2Pi/s2613/Henning%20Mankell%20-%20Der%20Verr%C3%BCckte.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="2613" data-original-width="1600" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEg3QAT7Cns8beEjLXQ2jId8tkDhibqi0VtNqRSH8pQATiZEvLazFVB6izAbJR7r5HPX2iPWeikaWa4H4Bo8wy1mwetd_1PQosyUfZKXTogPkdPElrEknkH9g9HBZHP3wEwBTn52tzfCItzB98S82PFzf_9lVzGlEdqse8KIjWwGoU73izjIaUrgbtTzU2Pi/w245-h400/Henning%20Mankell%20-%20Der%20Verr%C3%BCckte.jpg" width="245" /></a></div>Der Mittdreißiger Bertil Kras hat kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs genug von Stockholm, wo er bei einem Botendienst beschäftigt war, und landet im September 1947 in der kleinen Ortschaft in Norrland, wo er sich in der Pension des Witwers Helmer Gustafson für „eine Zeit lang“ ein Zimmer nimmt und als überzeugter Kommunist bald von Gleichgesinnten erfährt, dass es im Wald ein Lager, eine „Arbeitskompanie“ gegeben habe, in der in den letzten Kriegsjahren Kommunisten und andere politische Oppositionelle interniert waren. Nachdem das Lager abgefackelt worden war, haben sich zwar Fichten auf der Brandstelle ausgebreitet, doch in den Felsspalten sind immer noch Müllreste von kaputten Spaten, Ölfässern, Stiefeln und Konservendosen zu sehen. </div><div style="text-align: left;">Zu den im Oktober 1940 von Polizeikommissar Lönngren und seinen Kollegen festgenommenen und internierten Kommunisten zählten Svante Eriksson, der nach seiner Freilassung mit seinen Genossen auf Wiedergutmachung drängt. Kras, der schnell Arbeit in dem örtlichen Sägewerk findet und sich in die alleinerziehende Kellnerin Margot verliebt, unterstützt das Anliegen seiner Genossen, in einem offenen Brief an das Lokalblatt auf das Vorgehen der Nazi-Sympathisanten hinzuweisen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Der Brief sorgt schließlich für Unruhe in dem Dorf. Als das Sägewerk abbrennt und Direktor Rader tot aufgefunden wird, gerät Kras unter Verdacht. Auch wenn es dafür keine Beweise gibt, geraten Kras und Margot zunehmend unter Druck… </div><div style="text-align: left;"><blockquote>„Sie erlauben es ihrer Beziehung nicht zu wachsen, sich nach innen zu öffnen. Sie essen zusammen, kümmern sich zusammen um Rubinchen, schlafen zusammen, unternehmen zusammen Sonntagsausflüge. Nur ganz selten sprechen sie über Gedanken und Gefühle. Ich weiß ja nicht einmal, wovon sie träumt, denkt er. Mit einem Mal merkt er, dass ihm Margot fremd ist, dass er sich kaum an ihr Gesicht erinnern kann, obwohl er erst vor einer Viertelstunde bei ihr war. Und er fragt sich, ob das für sie genauso ist.“ (S. 263) </blockquote></div><div style="text-align: left;">Nicht mal dreißig Jahre war <i>Henning Mankell</i> alt, als er seinen ersten großen Spannungsroman veröffentlichte. Mit<b> „Der Verrückte“</b> erweist sich der spätere Bestseller-Autor als analytischer Beobachter der schwedischen Nachkriegs-Gesellschaft, dessen öffentliches Leben von etlichen Nazi-Sympathisanten bestimmt worden ist. Auch hier versuchen die einflussreichen Geschäftsleute, die mit den Nazis kooperiert haben, den Schaden, den der veröffentlichte Brief der Kommunisten in der Gemeinde verursacht hat, auf ein Minimum zu reduzieren. </div><div style="text-align: left;">Wer am Ende das Sägewerk in Brand gesteckt und den Direktor umgebracht hat, wird nicht aufgelöst, ist für den Roman aber auch nicht wichtig. Viel wichtiger sind die minutiösen Milieubeschreibungen von einfachen Menschen, die ihre Arbeit verrichten und ein wenig Glück in der Familie finden wollen. Der Brand und seine Folgen dienen letztlich dazu, die verdächtigen, unerwünschten Personen auszugrenzen, bis sie aufgeben und abziehen oder – wie hier – Amok laufen. </div><div style="text-align: left;"><b>„Der Verrückte“</b> ist so mehr ein Gesellschafts- als ein Spannungsroman, der Licht in ein dunkles, hierzulande kaum bekanntes Kapitel der schwedischen Nachkriegsgeschichte beleuchtet und so Bezüge zu den bedenklichen Entwicklungen zunehmend autoritär regierter Länder in Europa in der heutigen Zeit herstellt.
</div><div style="text-align: left;"><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjtH5RshjvwAn3OZ1dzrX3HQCpwulf2YR2xGnM2Vp3R7dJ0pahBxb6NcUv4OCWfXalhmV2uAj1KEtVINpVG8yVVs7QKFaq7TGsZjOVs_-FkQHhQJsvbm7CpK7rU1BVSy49oss5WDrLJFAQAgWZst4XoZ-bgsSDq5cguLYQca0UuWA6Fx0E7kGPPPdby_XGl/s338/4%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="71" data-original-width="338" height="42" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjtH5RshjvwAn3OZ1dzrX3HQCpwulf2YR2xGnM2Vp3R7dJ0pahBxb6NcUv4OCWfXalhmV2uAj1KEtVINpVG8yVVs7QKFaq7TGsZjOVs_-FkQHhQJsvbm7CpK7rU1BVSy49oss5WDrLJFAQAgWZst4XoZ-bgsSDq5cguLYQca0UuWA6Fx0E7kGPPPdby_XGl/w200-h42/4%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" width="200" /></a></div><a ckte="" der="" href="https://files.hanser.de/Files/Article/ARTK_LPR_9783552072497_0002.pdf" target="_blank" title="Leseprobe Henning Mankell -" verr="">Leseprobe Henning Mankell - "Der Verrückte"</a>
</div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-29182563408975651692023-12-17T13:16:00.003+01:002023-12-17T13:16:40.200+01:00Quentin Tarantino – „Es war einmal in Hollywood“
(Kiepenheuer & Witsch, 416 S., HC) <div>Mit Filmen wie <b>„Pulp Fiction“, „Kill Bill“, „Django Unchained“</b> und <b>„The Hateful 8“ </b>avancierte <i>Quentin Tarantino</i> zu einem der beliebtesten und versiertesten Filmemacher der heutigen Zeit. Nun ist der passionierte Filmliebhaber auch unter die Schriftsteller gegangen. Im Jahr 2021 legte der US-Amerikaner mit der Vorliebe für Italo-Western, Blaxploitation- und Martial-Arts-Filme sein Romandebüt vor, eine Adaption seines letzten Spielfilms <b>„Once Upon a Time in Hollywood“</b>. </div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgJJt4RX95N61t8jcgX3dedaNVrUteb7O2XxjnL1JQNChzXxPEm1wFfVj3bwE7v5r6WJ5g_l4z8E2yOPGEW0l-vBn45Elxn_U-4t9Y0EbFnI3BwLtSPzZtez6cSOZdF3wIqCgIl8VYa6gVGuziuG1atGQpIKo3dvetOlH9ZCACj44IH8HuvL-paaGP1JiWk/s1000/Quentin%20Tarantino%20-%20Es%20war%20einmal%20in%20Hollywood.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="1000" data-original-width="652" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgJJt4RX95N61t8jcgX3dedaNVrUteb7O2XxjnL1JQNChzXxPEm1wFfVj3bwE7v5r6WJ5g_l4z8E2yOPGEW0l-vBn45Elxn_U-4t9Y0EbFnI3BwLtSPzZtez6cSOZdF3wIqCgIl8VYa6gVGuziuG1atGQpIKo3dvetOlH9ZCACj44IH8HuvL-paaGP1JiWk/w261-h400/Quentin%20Tarantino%20-%20Es%20war%20einmal%20in%20Hollywood.jpg" width="261" /></a></div><div>Hollywood im Jahr 1969. Als der 42-jährige Schauspieler Rick Dalton den Agenten Marvin Schwartz‘ aufsucht, geht es mit ihm nicht nur die Höhepunkte seiner Karriere durch, sondern Schwartz‘ legt am Ende dieser Rekapitulation auch die Finger in die Wunde, als er darauf anspielt, dass Dalton in den Augen des Publikums als Prügelknabe für jeden Platzhirschen herhalten muss, der neu im Geschäft ist. Außerdem muss der ehemalige Star der Westernserie „Bounty Law“ dem Agenten auch die oft kolportierte Geschichte wiedergeben, wie er „um ein Haar“ Steve McQueens Rolle in „Gesprengte Ketten“ gespielt hätte. Nachdem Dalton die „Deine Karriere ist am Ende“-Grabrede des Agenten über sich ergehen lassen musste, erhält er das Angebot, die Hauptrolle in einem italienischen Film zu übernehmen. </div><div>Die Erkenntnis, dass er mit 42 Jahren bereits am Ende seiner Karriere angelangt sein könnte, die nur mit Engagements im Ausland zu retten sei, erschüttert Dalton so sehr, dass er noch im Büro des erfahrenen Agenten zu weinen beginnt und später seinen Kummer in Whiskey Sours ertränkt.
Der 46-jährige Kriegsveteran und Daltons langjähriges Stunt-Double Cliff Booth lebt mit seinem Pitbull Brandy in einem Trailer, fährt Dalton durch die Stadt und assistiert ihm bei allen möglichen Arbeiten. Da er seine Frau umgebracht haben soll und Bruce Lee am Rande von Dreharbeiten bei einer nicht ganz freundschaftlichen Kräftemesse am Set von „The Green Hornet“ schlecht aussehen ließ, findet Booth sich damit ab, keine anderen Jobs in der Filmbranche zu finden. </div><div>Als der gefeierte Regisseur Roman Polański und seine Frau, die in Hollywood durchstartende Schauspielerin Sharon Tate, in Daltons Nachbarhaus einziehen, sieht Dalton die einmalige Chance, durch die Bekanntschaft mit dem berühmten Paar seine eigene Karriere wieder in Schwung bringen zu können. Währenddessen sieht er, wie ein unbekannter Mann, Charles Manson, bei den Nachbarn klingelt und nach dem Musikproduzenten Terry Melcher fragt, von dem er sich erhofft, dass er durch ihn einen Plattenvertrag bekommt. Und während Cliff so durch die Gegend fährt, nimmt er das verdreckt aussehende Hippie-Mädchen Pussycat mit und fährt sie zur Spahn-Ranch, die Cliff noch als Westernkulisse für „Bounty Law“ kennt und nun von Charles Manson und seinen Anhängern bewohnt wird… </div><div><blockquote>„Nachdem er Pussycats wilde Geschichte gehört hat, kann Cliff nicht anders, als einen gewissen Respekt vor diesem Charlie zu empfinden. Ein paar durchgeknallte Hippie-Girls zu manipulieren, das ist eine Sache. Das könnte Cliff wahrscheinlich auch. Aber über wütende Väter mit Schrotgewehren hat Cliff nie viel Macht besessen.“ (S. 317) </blockquote></div><div>Wie umfassend <i>Tarantinos</i> Wissen über die Filmgeschichte ist, hat er nicht nur in seinen gefeierten Filmen bewiesen, die voller Zitate und Anspielungen sind, sondern auch in Interviews und zuletzt in seinem ebenfalls bei Kiepenheuer & Witsch erschienenen Buch <b>„Cinema Speculation“</b>. Sein erster Roman stellt weit mehr als eine Nacherzählung seines zweifach Oscar-prämierten Meisterwerks <b>„Once Upon a Time in Hollywood“ </b>dar. Stattdessen nutzt <i>Tarantino</i> die Möglichkeit, die Geschichte, die sich rund um den Übergang des klassischen Hollywood-Kinos zur New-Hollywood-Bewegung und die Morde der Manson-Familie dreht, aus unterschiedlichen Perspektiven zu erzählen und neue Schwerpunkte zu setzen. </div><div>Als besonderen Kniff implementiert der Autor rund um Rick Daltons Biografie eine (fiktive) Filmografie, die mit bekannten Hollywood-Darstellern und -Regisseuren gespickt ist und vor allem dazu dient, Hintergründe von Filmproduktionen zu erläutern. Das kommt vor allem im ersten Kapitel zum Tragen, als der Agent Marvin Schwartz und der auf dem absteigenden Ast befindlichen Schauspieler Rick Dalton dessen Werksbiografie durchgeht und Beispiele aufführt, wie Schauspieler durch geschickt geflochtene Beziehungen oder Verträgen zu ihren Rollen gekommen sind. </div><div>Indem <i>Tarantino</i> später auch die Filmhandlung von Daltons Gastrolle als Bösewicht in der Westernserie „Lancer“ ausführlich wiedergibt, führt <i>Tarantino</i> eine Meta-Ebene in seine Erzählung ein, die ohnehin immer wieder zwischen Dalton, Booth, Sharon Tate und den Mitgliedern der Manson-Family wechselt. Dabei fließt weit weniger Blut, ist viel weniger Action am Start als in dem dazugehörigen Film mit <i>Leonardo DiCaprio</i> und <i>Brad Pitt</i> in den Hauptrollen. Dafür fesselt <i>Tarantinos</i> Romandebüt mit saftigen erotischen Episoden, einer flüssigen, sehr bildhaften Sprache und faszinierenden Hintergründen zu Hollywoods Filmproduktionen in der Hippie-Zeit. </div><div>Das mag zwar keine große Literatur sein, macht aber einfach Spaß und ist als Pflichtlektüre für Filmfans nur zu empfehlen. </div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi5UoQ51Gl0u7DVtCnQkXd8Kb-gy69ZvdI6hPtw1ICOM5tqjb5ckbaXwQUCBr84VIjUwRYC0I7qGiy4MdB9hj5jG_I1Pi05NMmOWYEOLoLpZ6vQ26QUOYn-TPvTgoWDPXMo00-NLhb2kEIDxH-_S_d905Q3r52jXetgaN2ZMlxm7nVohjSW8B0zjHqR9uBT/s325/5%20von%205%20Sterne.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="59" data-original-width="325" height="36" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi5UoQ51Gl0u7DVtCnQkXd8Kb-gy69ZvdI6hPtw1ICOM5tqjb5ckbaXwQUCBr84VIjUwRYC0I7qGiy4MdB9hj5jG_I1Pi05NMmOWYEOLoLpZ6vQ26QUOYn-TPvTgoWDPXMo00-NLhb2kEIDxH-_S_d905Q3r52jXetgaN2ZMlxm7nVohjSW8B0zjHqR9uBT/w200-h36/5%20von%205%20Sterne.png" width="200" /></a></div><div><a einmal="" es="" hollywood="" href="https://www.book2look.com/book/9783462003628" in="" target="_blank" title="Leseprobe Quentin Tarantino -" war="">Leseprobe Quentin Tarantino - "Es war einmal in Hollywood"</a></div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-45526778767599622312023-12-10T19:58:00.002+01:002023-12-10T19:58:18.248+01:00John Banville – „Singularitäten“
(Kiepenhauer & Witsch, 432 S., HC) <div>Bereits mit seinem dritten, 1976 veröffentlichten Roman <b>„Doctor Copernicus“</b> setzte sich der mittlerweile 78-jährige irische Schriftsteller und Literaturkritiker <i>John Banville</i> mit dem Leben und der Arbeit von Wissenschaftlern auseinander, was er in folgenden Werken wie <b>„Kepler“, „Newtons Brief“, „Das Buch der Beweise“</b> oder <b>„Athena“</b> fortsetzte. Mit seinem neuen Roman erweist sich der Ire einmal mehr als eigensinnige Stimme, der das Erbe seiner berühmten Landsmänner <i>Samuel Beckett </i>und <i>James Joyce</i> selbstbewusst auf seinen Schultern trägt und mit seiner verschachtelten Erzählung geschickt zwischen Schein und Sein, Traum und Wirklichkeit laviert. </div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiwLYmfBlmL6cz7beox0y6WdDCPMIRa6mbxqGdM8luCIfJOC8_-IEdrHltkMC8dC-wHmzUmVWiFNiJQNbOx0OigecO0rmGJVXlsvgtknL08RzEPoWzz1txztkTWxrtFnE_vjJJk6UQN3V2XWuml7x9bqbFvOM1gHD0Tnap0ZQKsh1I32T6BhQ6Uz7CU2-vu/s2476/John%20Banville%20-%20Singularit%C3%A4ten.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="2476" data-original-width="1527" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEiwLYmfBlmL6cz7beox0y6WdDCPMIRa6mbxqGdM8luCIfJOC8_-IEdrHltkMC8dC-wHmzUmVWiFNiJQNbOx0OigecO0rmGJVXlsvgtknL08RzEPoWzz1txztkTWxrtFnE_vjJJk6UQN3V2XWuml7x9bqbFvOM1gHD0Tnap0ZQKsh1I32T6BhQ6Uz7CU2-vu/w246-h400/John%20Banville%20-%20Singularit%C3%A4ten.jpg" width="246" /></a></div><div>An einem windigen Aprilmorgen wird der wegen Mordes lebenslänglich verurteilte Freddie Montgomery aus dem Gefängnis entlassen und mietet sich einen Wagen, um an die Stätte seines Verbrechens zurückzukehren, doch hat sich einiges verändert. </div><div>Freddie Montgomery behält zwar seine Initialen, benennt sich aber in Felix Mordaunt um, und was ihm einst als Coolgrange House bekannt war, heißt jetzt Arden House und wird von der Familie des bereits verstorbenen Wissenschaftlers Adam Godley bewohnt, der nicht nur mit Montgomerys Frau schlief, sondern durch seine von ihm entwickelte sogenannte Brahma-Theorie zu einer Größe unter den Metamathematikern avancierte. Als er sich der fast vierzigjährigen ehemaligen Schauspielerin Helen Godley vorstellt, verrät er ihr, dass er vor langer Zeit in diesem Haus geboren worden sei, doch bringt sie seinen Namen nicht mit den Blounts in Verbindung, die Arden House gebaut haben. </div><div>Irgendwie gelingt Mordaunt es, hier sein Lager aufzuschlagen, im Haus von Adam Godley Jr., seiner Frau Helen und der alternden Haushälterin Ivy Blount. Als Godley Jr. den etwas abgehalfterten Wissenschaftler William Jaybey, Autor von „Die Macht der Schwerkraft: Isaac Newton und seine Zeit“ und Professor am Arcady College, engagiert, um die Biografie seines berühmten Vaters zu schreiben, geraten die Dinge in Schieflage. </div><div>Jaybey glaubt nicht nur, sich in Helen verliebt zu haben, sondern entwickelt bei der Durchsicht von Godleys Briefen und Unterlagen ein Bild des Mathematikers, das so gar nicht mit dem übereinstimmt, das Godley von sich selbst der Welt präsentierte. </div><div><blockquote>„Wenn er nicht an seinem Schreibtisch saß, sondern irgendwo in der Welt unterwegs war, bekannten die Leute, sie hätten das unheimliche Gefühl, dass er da sei und gleichzeitig nicht da, hier anwesend und gleichzeitig irgendwo anders. Er genoss diese Legendenbildung sehr, förderte sie aktiv und trug häufig heimlich selbst dazu bei. In späteren Jahren machte es ihm Freude, sich als Magus zu sehen, als einen, der eingeweiht ist in Geheimnisse, als Hohepriester des Arkanums, als Zelebrant uralter Rituale in einer Bruderschaft des Einen …“ </blockquote></div><div><i>John Banville</i> erweist sich bereits in den ersten Kapiteln als geübter Fabulierkünstler. Wenn er beschreibt, wie Montgomery (den Banville-Kenner bereits aus den Romanen <b>„Das Buch der Beweise“, „Athena“</b> und <b>„Geister“ </b>kennen) das Gefängnis hinter sich lässt, um mit neuer Identität an den Ort zurückzukehren, an dem er das Dienstmädchen ermordete, wird schnell deutlich, mit welch großem Spaß er sein neues Leben zu formen versteht. </div><div>Wer mit <i>Banvilles</i> sprachlicher Virtuosität noch nicht so vertraut ist, wird einige Kapitel benötigen, um von diesem komplexen Strom der Wörter mitgerissen zu werden. Doch dann entfesselt sich eine faszinierende Geschichte, in der die Persönlichkeiten, die die Handlung vorantreiben oder von ihr vorangetrieben werden, sich allesamt einer Überprüfung ihrer Existenz unterziehen müssen. Während Montgomery/Mordaunt genüsslich seine eigene Biografie erfindet, Godleys Schwiegertochter ihrer Schauspielkarriere hinterhertrauert und ihren Mann ausgerechnet mit dem Mörder betrügt, scheint nur der allwissende, gottgleiche Erzähler mehr zu wissen, was er mit großer Genugtuung seinem Publikum kundtut. Auf der anderen Seite ist Godleys Biograf sichtlich verstört von den ihn umringenden Personen und Ereignissen ebenso wie von dem Bild, das sich von seinem Studienobjekt abzeichnet. </div><div> <i>Banville</i> präsentiert sich als versierter Meister der Sprache und des Spiels mit Identitäten, die sich aus verschiedensten Quellen speisen, nicht zuletzt aus dem Erfindungsreichtum und den Sehnsüchten der Protagonisten. Je mehr man sich diesem Spiel mit realen wie fiktionalen Persönlichkeiten und ihren vielschichtigen Geschichten hingibt, desto prächtiger gestaltet sich das Lesevergnügen. </div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEid44JT6zXAsdl9jhxQXCoDRtiZ4rPQkKbXLRV0i7n5rEEnTortx-LWO3dZANYArvpTzmAnVXgLzVpciIiXfst-jmflPl81Uga5cLqpg16fgoPXvKtmWByooD9RDhvBRC9_0lud9RnLs7-HRTORFZUvzJglNLAoRrOpelY6Yc3ku7aAFTp2TGrwuX69n74_/s338/4%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="71" data-original-width="338" height="42" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEid44JT6zXAsdl9jhxQXCoDRtiZ4rPQkKbXLRV0i7n5rEEnTortx-LWO3dZANYArvpTzmAnVXgLzVpciIiXfst-jmflPl81Uga5cLqpg16fgoPXvKtmWByooD9RDhvBRC9_0lud9RnLs7-HRTORFZUvzJglNLAoRrOpelY6Yc3ku7aAFTp2TGrwuX69n74_/w200-h42/4%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" width="200" /></a></div><div><a href="https://www.book2look.com/book/9783462003529?pt_ref=buchlink" singularit="" target="_blank" ten="" title="Leseprobe John Banville -">Leseprobe John Banville - "Singularitäten"</a></div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-26913141848881242632023-12-04T22:05:00.001+01:002023-12-04T22:05:12.810+01:00Robert R. McCammon – „Tauchstation“
(Knaur, 400 S., Tb.) <div>Als <i>Robert R. McCammon</i> Ende der 1970er Jahre seine Schriftsteller-Karriere begann, arbeitete er sich zunächst an den Archetypen des Horror-Sujets ab. Nach seinem Debüt mit <b>„Baal“</b>, der auf der Welle von Blockbustern wie <b>„Der Exorzist“</b> und <b>„Das Omen“</b> schwamm, beschwor <b>„Höllenritt“</b> alte Dämonen herauf, und so durfte man gespannt sein, was dem amerikanischen Genre-Schreiber für sein nächstes Werk einfallen würde. <b>„Tauchstation“</b>, 1980 unter dem passenderen Titel <b>„The Night Boat“</b> im Original veröffentlicht, vermischt das von den Nazis erzeugte Grauen mit Voodoo-Flüchen, kommt aber über das Mittelmaß nie hinaus. </div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEho5fQMX1jqA_IA6MR-ua7OtekB_dj160DCR-dib4Nmm5OFc9mTdEg6arWXOc18AjHqJbPo4xm9SsbcFsiBUn3zTiyku4I3QtwjREjKCWnsPSCY-914YO59mRCJbf1xld4ectmMNJVseiqlZffG6aW_-NquKPDDCfMquJgNN3wllZuv5KL9ZkyAtYcrrKrv/s2176/Robert%20McCammon%20-%20Tauchstation.jpg" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="2176" data-original-width="1392" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEho5fQMX1jqA_IA6MR-ua7OtekB_dj160DCR-dib4Nmm5OFc9mTdEg6arWXOc18AjHqJbPo4xm9SsbcFsiBUn3zTiyku4I3QtwjREjKCWnsPSCY-914YO59mRCJbf1xld4ectmMNJVseiqlZffG6aW_-NquKPDDCfMquJgNN3wllZuv5KL9ZkyAtYcrrKrv/w256-h400/Robert%20McCammon%20-%20Tauchstation.jpg" width="256" /></a></div><div>Nachdem er vor ein paar Jahren seine Frau und seine Tochter bei einem tragischen Unglück verlor, zog sich der ehemalige Finanzier David Moore auf die kleine Karibik-Insel Coquino zurück, wo er nicht nur das Hotel „Indigo Inn“ führt – in das sich selten genug Touristen verirren -, sondern auch ausführliche Tauchfahrten unternimmt, um versunkene Schiffswracks aufzuspüren. Bei einem dieser Tauchgänge stößt Moore unter einem Berg von Sand auf ein sehr gut erhaltenes U-Boot, das sich nach der Detonation einer ebenfalls freigelegten Wasserbombe an die Oberfläche bewegt und als das nazideutsche U-Boot 198 entpuppt. </div><div>Durch die Strömung bewegt sich das Boot zielstrebig auf den Hafen der Insel zu und sorgt dort für extreme Unruhe. Constable Steve Kip lässt das Boot erst einmal in einem Schuppen von Langstrees Bootswerft einschließen, bis geklärt worden ist, was mit dem Wrack geschehen soll, denn darüber herrscht auf der Insel Uneinigkeit. Während die einen es gar nicht erwarten können, den vermeintlichen „Schatz“ zu erforschen, sind es vor allem die Ureinwohner, die das unheilvolle Wrack schnellstmöglich wieder in den Meerestiefen versinken lassen wollen. </div><div>Doch ein übereifriger Inselbewohner kommt diesen Überlegungen zuvor und verschafft sich Zugang zu dem U-Boot, doch statt des erhofften Goldes findet der Mann den Tod und befreit die mumifizierten Leichen der Besatzung aus ihrem Grab. Nachdem sie vor gut vierzig Jahren auf dem Meeresgrund ihre Lebenssäfte eingebüßt haben, dürsten sie nun nach Rache und versetzen die Bewohner auf Coquino in Angst und Schrecken. Dass mit Schiller der letzte Überlebende der U-198 und mit Dr. Jana Thornton eine für das Britische Museum arbeitende Meeresarchäologin die Insel besuchen, trägt nicht gerade zur Beschwichtigung der um sich greifenden Hysterie bei, während sich die verfluchten U-Boot-Soldaten in einem unerbittlichen Blutrausch an den noch wirklich Lebenden zu laben beginnen … </div><div><blockquote>„Als er in diese Augenhöhlen starrte, begriff Moore, worin das Erbe des U-Boots bestand. Seine Insassen waren zu einem Leben im Tode verdammt, einem Schwebezustand von seelischer Qual und fleischlicher Verwesung. Irgendeine gottlose Macht hatte sie am Leben erhalten, als lebende Leichname in einem eisernen Sarg … und er selbst hatte sie aus dieser Gruft befreien helfen.“ (S. 277f.) </blockquote></div><div>Mit<b> „Tauchstation“</b> verbindet <i>Robert McCammon</i> gleich mehrere Topoi des Horror-Genres, vermischt Nazi-Greuel mit monsterähnlichen Schrecken aus der Tiefe und Voodoo-Flüchen. Da ist erst einmal die paradiesische Idylle einer nicht allzu bekannten Insel in der Karibik, doch der Schein trügt, denn die Karaiben und die meist weißen Fischer trauen sich kaum über den Weg. <i>McCammon</i> gelingt es zwar, die Atmosphäre des Insellebens einzufangen, doch gewinnen seine Figuren dabei kaum Kontur. Es wird zwar kurz erwähnt, welche Traumata sowohl David Moore als auch Steve Kip in ihrer Vergangenheit erlebt haben, doch in die Tiefe geht der Autor bei der Charakterisierung seiner Protagonisten leider nicht, weshalb der Leser kaum Nähe zu den Figuren und ihren Schicksalen aufbaut. Ohnehin scheint das geheimnisvolle Auftauchen des über viele Jahre verschütteten U-Boots nur ein Prolog zu dem blutigen Massaker zu sein, das die zombifizierte, mit einem Voodoo-Fluch belegte U-Boot-Besatzung nach ihrer Befreiung auf der Insel anrichtet. </div><div>Hier läuft <i>McCammon</i> schließlich zur Hochform auf, wenn er das Gemetzel in farbenfroher Detailverliebtheit schildert. Dank der sprachlichen Gewandtheit des Autors lässt sich der vorhersehbare Plot auch schnell konsumieren, aber besonders subtil und tiefgründig ist das nicht. </div><div><b>„Tauchstation“ </b>ist unterhaltsamer Horror-Trash, eine wenig originelle Fingerübung eines damals noch jungen Autors.</div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgvGuPPqcUAOW4MkluOM3YtiATpwpxzqjWv1IuqJSPDJmZuFSTZI3lxKec57fZ4F_x34rOfDf6v-icLZYBOWgpUOeGdJCiadLg0xU77x6__29QuCzo9nsJQ0VsJ7gv6pXabOhGim4Wv3dFHctxEYJOS6_UyhlgB4d80cxarAz8cLyJy-nHz9iVTPpFuS93f/s336/3%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="66" data-original-width="336" height="39" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEgvGuPPqcUAOW4MkluOM3YtiATpwpxzqjWv1IuqJSPDJmZuFSTZI3lxKec57fZ4F_x34rOfDf6v-icLZYBOWgpUOeGdJCiadLg0xU77x6__29QuCzo9nsJQ0VsJ7gv6pXabOhGim4Wv3dFHctxEYJOS6_UyhlgB4d80cxarAz8cLyJy-nHz9iVTPpFuS93f/w200-h39/3%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" width="200" /></a></div><br /><div><br /></div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-6571954779025512017.post-79822264708162856692023-11-28T18:14:00.004+01:002023-11-28T18:14:40.603+01:00Jeffery Deaver – (Lincoln Rhyme: 15) „Der Eindringling“
(Blanvalet, 496 S., HC) <div>Zwar hat <i>Jeffery Deaver</i> bereits 1988 seine ersten Romane veröffentlicht, doch erst mit dem ersten, später von <i>Philip Noyce</i> mit <i>Denzel Washington </i>und <i>Angelina Jolie</i> in den Hauptrollen verfilmten ersten Band um den Kriminalist Lincoln Rhyme, <b>„Der Knochenjäger“</b>, gelang ihm der internationale Durchbruch. Zwischenzeitlich hat <i>Deaver</i> auch weitere Thriller-Reihen um die Protagonisten Kathryn Dance und Colter Shaw ins Leben gerufen, doch sein Fokus liegt nach wie vor auf der Lincoln-Rhyme-Reihe, in der nun mit <b>„Der Eindringling“ </b>bereits der 15. Band erscheint. </div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjevWhsYvXwpq2c4wDhqPIM8oI3Tuk-Q8rWWiB9pg1t0aJWQBQLrLAwscpDPrUlYEHJuYkgr0NLd3jPVGdySmRgfWhPr28uAPW2X0BxbJW5M1fIv01EpIsYVAy5F-Mp0-kYLoWiWLyXSrhJJqDOjYVb012n4jvQC3RvCxhkiSfx9g7nIp3hJbQ723QmY-JB/s558/Jeffery%20Deaver%20-%20Lincoln%20Rhyme%2015%20-%20Der%20Eindringling.jpg" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="558" data-original-width="350" height="400" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjevWhsYvXwpq2c4wDhqPIM8oI3Tuk-Q8rWWiB9pg1t0aJWQBQLrLAwscpDPrUlYEHJuYkgr0NLd3jPVGdySmRgfWhPr28uAPW2X0BxbJW5M1fIv01EpIsYVAy5F-Mp0-kYLoWiWLyXSrhJJqDOjYVb012n4jvQC3RvCxhkiSfx9g7nIp3hJbQ723QmY-JB/w251-h400/Jeffery%20Deaver%20-%20Lincoln%20Rhyme%2015%20-%20Der%20Eindringling.jpg" width="251" /></a></div><div>Der in New York lebende und arbeitende und nach einem Unfall querschnittsgelähmte Kriminalist Lincoln Rhyme sagt am New York Supreme Court als Sachverständiger in der Mordanklage gegen Viktor Buryak aus, doch lässt seine Aussage seine Tätigkeit als forensischer Berater das NYPD so schlecht aussehen, dass ihm untersagt wird, weiter als Berater für die New Yorker Polizei tätig zu werden. Schließlich ist das NYPD in letzter Zeit immer öfter wegen verpfuschter Ermittlungen oder unfähiger Staatsanwälte in die Kritik geraten, was ein Verschwörungstheoretiker namens Verum in seinen Posts immer wieder betont und auf eine verschwörerische Gemeinschaft der Verborgenen verweist. </div><div>Doch dann wird er mit dem Fall eines ungewöhnlichen Einbruchs konfrontiert. In der Wohnung der 27-jährigen Influencerin Annabelle Talese hat der Täter nicht nur einige Sachen umgeräumt, sondern auch eine Botschaft auf einer Seite aus dem Revolverblatt Daily Herald hinterlassen und sie mit „Der Schlosser“ unterzeichnet. Bei seinen Einbrüchen geht der Schlosser immer skrupelloser vor, so dass den Ermittlern die Zeit davonrinnt, denn womöglich wird der Eindringling auch vor Mord nicht mehr zurückschrecken. Währenddessen sinnt Buryak, der durch den Handel mit Informationen schwerreich geworden ist, auf Rache. Dass Rhyme ihm einen Mord anhängen wollte, will er der skrupellose Geschäftsmann nicht ungesühnt lassen. </div><div>Durch die Mithilfe des Kriegsveteranen und Ex-Cops Lyle P. Spencer, der mittlerweile als Sicherheitschef der Whittaker Media Group, des Verlags des Daily Herald, arbeitet, kommen Rhyme und sein Team, darunter Rhymes beim NYPD arbeitende Frau Amelia Sachs, der Operationsbasis des Schlossers immer näher. Doch der scheint den Ermittlern immer noch so weit voraus zu sein, dass Rhyme sich an einen früheren Widersacher erinnert fühlt… </div><div><blockquote>„Die Vorgehensweise des Schlossers und seine Versessenheit auf komplexe Mechanismen erinnerten stark ab den Uhrmacher. War der Mann in die Stadt zurückgekehrt, um sich Rhyme vorzuknöpfen? Doch bei Licht betrachtet schien das unwahrscheinlich zu sein. Die Vorliebe von Rhymes persönlichem Gegner waren Uhren und es war kaum vorstellbar, dass jemand sich so spät in seiner Laufbahn plötzlich mit ähnlicher Intensität dem Thema Schlösser widmete. Rhyme fragte sich, ob das auch für den Schlosser galt. Was ging hier in Wahrheit vor sich?“ (S. 69) </blockquote></div><div><i>Jeffery Deaver</i> hat bereits in seinen früheren Lincoln-Rhyme-Romanen interessante Verbrecher-Typen auftreten lassen, die alle Fertigkeiten des prominenten Kriminalisten herausforderten, um die hochintelligenten Täter dingfest machen zu können. In dieser Hinsicht reiht sich der Schlosser souverän ein, ohne besonders hervorzustechen. Nicht umsonst wird der Vergleich zum Uhrmacher herangezogen. So interessant die Suche nach dem Täter und seiner Identität auch ist, folgt <i>Deaver</i> eher konventionellen Mustern und bricht diese durch immer neue, am Ende etwas unglaubwürdige Wendungen auf, die ihre Wirkung aber zunehmend verfehlen. Dafür hätte sich der Autor anderen Themen intensiver widmen können, die ebenfalls Thema von <b>„Der Eindringling“ </b>sind, die Korruption innerhalb der Polizei, politische Ränkespiele, die negativen Begleiterscheinungen der Meinungs- und Pressefreiheit in Form gefährlicher Verschwörungstheorien. </div><div>Während der Schlosser immer wieder als Ich-Erzähler auftritt und so ein wenig Kontur gewinnt, bleiben die übrigen Protagonisten übrigens enttäuschend flach. Dafür setzt <b>„Der Eindringling“ </b>einfach zu sehr auf Action und knallharte Wendungen. Nach einer starken ersten Hälfte flacht der Thriller deshalb im zweiten Durchgang signifikant ab, bietet aber alles in allem noch überdurchschnittliche Spannung.</div><div class="separator" style="clear: both; text-align: center;"><a href="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi7OpnsPXo504aHpV0jb03l22ZLXI-trHcJ2PmCpwLenfewPteKcoFF92ot77KPxoXlCx2gLruVYrqyQlnFUuEhSKzvSpl4hOUh5738uNRH0JLCtux_JurfDlRRJn2Kx7ODkvbNaIOYYmzD9-udu6ec_9Hf9ojHpwwuYuAknGxGdADo2cJn0QA8vhbyl6nK/s336/3%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" imageanchor="1" style="margin-left: 1em; margin-right: 1em;"><img border="0" data-original-height="66" data-original-width="336" height="39" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEi7OpnsPXo504aHpV0jb03l22ZLXI-trHcJ2PmCpwLenfewPteKcoFF92ot77KPxoXlCx2gLruVYrqyQlnFUuEhSKzvSpl4hOUh5738uNRH0JLCtux_JurfDlRRJn2Kx7ODkvbNaIOYYmzD9-udu6ec_9Hf9ojHpwwuYuAknGxGdADo2cJn0QA8vhbyl6nK/w200-h39/3%20Sterne%20ohne%20F%C3%BCllung.png" width="200" /></a></div><div><a der="" eindringling="" href="https://www.bic-media.com/mobile/mobileWidget-jqm1.4.html?bgcolor=E9E8E8&showExtraDownloadButton=yes&isbn=9783764508418&https=yes&socialSelfBackLink=yes&lang=de&fullscreen=yes&jump2=0&openFSIPN=yes&resizable=yes&showSocial=no&template=rhservice&showHelp=no&showSettings=no&shopsFilter=prandomhouse&ui-state=dialog" target="_blank" title="Leseprobe Jeffery Deaver -">Leseprobe Jeffery Deaver - "Der Eindringling"</a></div>Dirk Hoffmannhttp://www.blogger.com/profile/02237304343688823489noreply@blogger.com0