Richard Laymon - „Vampirjäger“

Samstag, 3. April 2010

(Festa, 445 S., Pb.)
Cat Lorimer war seine große, aber unerfüllte Jugendliebe gewesen. Nun steht sie nur mit einem blauen Seidenbademantel vor Sammys Tür, nachdem sich die beiden zehn Jahre lang nicht gesehen hatten, und bittet ihn um Hilfe. Sie erzählt ihm, dass nicht nur ihr Mann vor einem Jahr ermordet wurde, sondern sie jede Nacht um Mitternacht Besuch von einem Vampir namens Elliot bekommt, der sich dann über ihr Blut hermacht. Doch damit soll jetzt Schluss sein. In dieser Nacht soll Sam dem ungeliebten Besucher einen Pflock ins Herz rammen, wenn er sich gerade an Cat gütlich tut. Der Plan gelingt. Eingewickelt in eine Plastikfolie wird die Leiche des Vampirs in Cats Wagen verfrachtet, und die beiden machen sich auf den Weg, den Toten an einer entlegenen Stelle zu entsorgen. Doch auf der Straße platzt auf einmal ein Reifen, das Auto kann gerade noch in einen Wald gelenkt werden, wo Cat und Sam Bekanntschaft mit einem weißhaarigen Biker machen, mit dem sie ihre Odyssee zunächst fortsetzen. Doch da der Typ nicht nur etwas unheimlich wirkt, sondern auch jede Gelegenheit nutzt, vor allem Cat zu schlagen, lassen die beiden ihre neue Bekanntschaft in einem Restaurant zurück. Doch „Schneewittchen“ findet effektive Mittel und Wege, sich wieder an die Fersen von Cat und Sam zu heften …
 Übernatürlichen Horror gibt es bei Richard Laymon recht selten. Und auch in „Vampirjäger“ scheint der Vampir nur dazu zu dienen, die erotische Komponente des beliebten Themas ausgiebig herauszuarbeiten. Nachdem der Vampir nämlich recht schnell getötet worden ist, entwickelt sich der Roman viel mehr zu einem spannenden Road Movie, bei dem sich Sam in den wildesten erotischen Fantasien verliert. Ganz locker bewundert Sam während der Autofahrt über drei Seiten hinweg, wie sich zunehmend eine Brust seiner schlafenden Schönheit entblößt. Wer also einen eher klassischen Vampirschocker erwartet, dürfte enttäuscht werden. „Vampirjäger“ ist dafür ein weiteres Beispiel für Laymons einmalige Kunst, vertraute Themen ganz neu zu bearbeiten und dabei wirkungsvoll höchste Spannung und knisternde Erotik mit erfrischendem Humor zu verbinden.

Richard Laymon - „Parasit“

Freitag, 2. April 2010

(Festa, 415 S., Tb.)
Nur knapp kann die junge Radfahrerin Celia Jamerson einem verrückten Lieferwagenfahrer entkommen, der sie von der Straße drängen wollte. Als Officer Jake Corey den Tatort untersucht, ist die Radfahrerin mit ein paar Schrammen davongekommen, der Lieferwagen aber über die Betonbrüstung der Brücke am Weber Creek geflogen und seinen Fahrer zu Hackfleisch verarbeitet haben muss. Allerdings können Jake und sein Kollege Chuck keine Leiche in dem brennenden Wagen entdecken, dafür aber eine Blutspur in den Wald.
Darüber hinaus gibt es in der Nähe nur das Oakwood Inn, ein stillgelegtes Restaurant, das ein Pärchen aus Santa Monica wieder in Betrieb nehmen möchte. Derweil sehnt sich die junge Studentin Alison nach einem weiteren Date mit Evan Forbes, einem Dozenten an der Bennett Hall. Als sie ihn nach Unterrichtsende im Klassenzimmer aufsucht, will er aber nur eine schnelle Nummer und reagiert eingeschnappt, dass Alison sich nicht darauf einlässt. Frustriert macht sie sich auf den Weg zur Arbeit ins Restaurant auf dem Campus, während Jake das Oakwood Inn in der Hoffnung observiert, dass der Lieferwagenfahrer dort auftaucht. Als er einen Gewehrschuss aus dem Haus hört, entdeckt er Ron Smeltzer, wie er seiner Frau mit den Zähnen im offenen Bauch herumwühlt. Doch das ist erst der Anfang einer ganzen Reihe von abscheulichen Morden und Tätern, die offensichtlich einen Heidenspaß dabei haben, ihre Opfer möglichst bei lebendigem Leibe zu fressen. Und Alison wird gegenüber Evan erschreckend leichtsinnig. Doch das sind viele ihrer jungen MitbürgerInnen ebenfalls …
Der 1987 veröffentlichte Roman „Flesh“ zählt zu den früheren Werken von Richard Laymon, beinhaltet aber schon die würzigen Zutaten, die seine späteren, nun bei Heyne veröffentlichten Romane auszeichnen: sorgfältig gezeichnete Charaktere, spannender Plot und die richtige Mixtur aus freizügigen Erotik- und schonungslosen Gewaltszenen.

Richard Laymon - „Jahrmarkt des Grauens“

Donnerstag, 1. April 2010

(Goldmann, 475 S., Tb.)
Tanya, Cowboy und ihr Team von „Trolljägern“ suchen am Strand und auf der Promenade von Boleta Bay Wermutbrüder und Penner auf, jagen ihnen Angst ein und hinterlassen stets eine Karte mit den Worten „Lieber Troll, viele Grüße vom Großen Groben Griesgram Billy“. Doch obwohl jeder im Ort weiß, dass es sich um eine Clique von Jugendlichen handelt, die die Obdachlosen misshandeln, schreitet niemand dagegen ein, was die Lokal-Journalistin Gloria Weston zu einem kritischen Artikel in der Evening Post veranlasst. Ihr Freund, der Cop Dave Carson, findet den Artikel weniger witzig, und seine hübsche Partnerin Joan noch weniger. Tag für Tag patrouillieren sie an der Promenade und am Vergnügungspark Funland, um für die Sicherheit zu sorgen. Doch auch sie können nicht verhindern, dass ein Penner von den Trolljägern an einer Achterbahn festgezurrt wird und nur knapp mit dem Leben davonkommt.
Darüber hinaus haben Joan und Dave mit privaten Problemen zu kämpfen, Dave mit seiner streitsüchtigen, engagierten Journalistin-Freundin und Joan mit ihrem intellektuellen, aber feigen Verehrer Harold. Und dann kommt mit der hübschen Robin auch noch eine Rucksack-Wanderin ins Funland, um dort für eine Woche auf der Promenade Banjo zu spielen. Keine gute Idee, wie Dave findet. Zum Glück wird sie von Nate, dessen Familie Funland gehört, unter ihre Fittiche genommen, doch damit setzt er seine Beziehung zu Tanya, der Anführerin der Trolljäger, aufs Spiel. Dem neu zugezogenen Jeremy ist das nur recht. Er träumt Tag und Nacht von der schönen Tanya, gefährdet aber so seine Freundschaft zu Shiner, die mehr für Jeremy empfindet. Nachdem bereits ein Troll im Meer entsorgt worden ist und die Trolle auch Jagd auf die zivilisierten Mitbürger machen, verhärten sich die Fronten zunehmend. Vor allem will Gloria als Pennerin verkleidet mehr über die gejagten Trolle erfahren. Doch dann verschwindet sie spurlos … Schließlich ist mit Jaspers Funhouse auch noch eine ehemalige Touristenattraktion im Spiel, die mittlerweile geschlossen ist, aber trotzdem weiterhin Neugierige anzieht. Und hier begegnen die Besucher bald dem ultimativen Grauen! Bereits 1989 unter dem Titel „Funland“ im Original veröffentlicht, bearbeitet Richard Laymon mit „Jahrmarkt des Grauens“ das für Horrorfilme so beliebte Thema von Geisterbahnen und Vergnügungsparks auf atmosphärisch dichte, schön gruselige Weise. Dabei versteht es Laymon prächtig, Sehnsüchte und Ängste junger Menschen auf der Schwelle zum Erwachsensein zu reflektieren und vor allem die erotische Komponente zu betonen.

Martin Gülich – „Septemberleuchten“

(Nagel & Kimche, 123 S., HC)
Nachdem er bereits am Samstagmorgen draußen am See gewesen ist, trifft ein unscheinbarer Mann namens Kron mittags Vanek, einen alten Bekannten, der offensichtlich bisweilen einen merkwürdigen Umgang zu pflegen scheint und sich auch diesmal in der Schusterstraße mit einem unbekannten, leicht sonderbaren Mann im Wintermantel unterhalten. Vanek schlägt überraschend vor, den Abend gemeinsam zu verbringen. Nach einem kurzen Abstecher in die örtliche Eisdiele trifft Kron erneut auf Vanek, diesmal in Begleitung von Gerland, und zusammen sucht man das Lokal „Krokodil“ auf.
In der Toilette begegnet Kron dem unbekannten Mann im Wintermantel, der dann Krons Platz am Tisch einnimmt, und wenig später bemerkt Kron, dass es dem namenlosen Mann nicht gutgeht. Ein Fluchtversuch auf dem Parkdeck scheitert durch einen üblen Sturz, und so begleitet der lädierte Mann die drei Bekannten hinaus zum See, wo gegrillt und Bier getrunken wird. Dort wird der Mann Opfer weiterer Demütigungen und Schläge, bis das gesellige Treffen außer Kontrolle gerät …
Martin Gülich legt mit seiner neuen Erzählung das erschreckende Protokoll einer Nacht vor, in der die Gewalt inmitten einer geselligen Männerrunde ohne erkennbare Motive ausbricht und fatale Folgen nach sich zieht. Kron versucht die Ereignisse der schrecklichen Nacht zu erinnern, doch ist auch er nicht als Erzähler zu vernehmen, sondern wird selbst durchweg in indirekter Rede wiedergegeben. Mit diesem Kunstgriff schafft der Autor eine zusätzliche Distanz zwischen dem Leser und dem Geschehen, und doch wird dieser durch die unheilvollen Ereignisse immer stärker in den Sog der Erzählung hineingezogen, wohl ahnend, wie das Treffen am See mit dem idyllischen Septemberleuchten ausgeht … Einmal in die Hand genommen, legt man das eindringlich geschriebene Buch nicht mehr aus der Hand!

Mikkel Birkegaard – „Die Bibliothek der Schatten“

(Page & Turner, 510 S., HC)
Als Luca Campelli an einem späten Oktoberabend von einer Auslandsreise in sein Antiquariat „Libri di Luca“ in Vesterbro in Kopenhagen zurückkehrt, inspiziert er mit einem Glas Cognac in der Hand die Regale und begutachtet die Neuzugänge. Als er sich eine gut erhaltene Ausgabe von Giacomos Leopardis „Operette morali“ in Lucas Muttersprache greift, liest er zunächst mit Begeisterung darin, doch dann schlägt diese in Überraschung und schließlich Angst um. Wenig später stürzt er über das Geländer im ersten Stock auf den Boden des Erdgeschosses. Der aufstrebende Strafverteidiger Jon Campelli erfährt vom Tod seines Vaters, nachdem er in seiner Kanzlei den lukrativen Remer-Fall übernehmen durfte. Seit dem Tod seiner Mutter hatte Jon keinen Kontakt mehr zu seinem Vater. Umso überraschter ist er, dass Luca Campelli das Antiquariat seinem Sohn und nicht seinen bewährtem Mitarbeiter Iversen vererbt hat. Überraschenderweise bietet ihm sein Mandant Remer an, den Buchladen zu kaufen, doch als sich Jon weigert, wird das Geschäft wie zuvor andere auch mit einem Anschlag versehen.
Iversen wird zum Glück nur leicht verletzt, doch Jon erfährt nun, dass sich hinter dem Laden mehr als eine Sammlung alter Bücher verbirgt. Es ist auch die Heimat einer Vereinigung von Lettore, Vorlesern, die die besondere Gabe besitzen, mit ihrer Lesebegabung Einfluss auf Menschen zu nehmen. Doch auf der anderen Seite gibt es auch Empfänger, die mittlerweile eine eigene Organisation gegründet haben. Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig, für die Vorfälle in der Vergangenheit verantwortlich zu sein, und beauftragen Jon damit, Licht ins Dunkel zu bringen. Doch diese Aufgabe erweist sich als höchst gefährlich …
Ähnlich wie in Carlos Ruiz Zafóns Meisterwerk „Der Schatten des Windes“ entwirft der junge dänische Autor Mikkel Birkegaard zunächst das für Bücherliebhaber so wundervolle Szenario eines glänzend bestückten Antiquariats, das allerdings zu einem Schauplatz des Verbrechens wurde. In der Folge geht die Magie sowohl des Antiquariats als auch der Welt der Bücher leider vollkommen verloren und weicht einem Krimi um eine Geheimorganisation mit außergewöhnlich suggestiven Talenten. Nur sporadisch kommen die den Büchern innewohnenden phantastischen Welten zum Ausdruck, etwa wenn sich zum Ende hin Jon Campelli daran erinnert, wie ihm seine Eltern während seiner Kindheit immer wieder aus „Pinocchio“ vorlesen mussten. Die Mischung aus „Der Schatten des Windes“ und Dan Browns sakralen Verschwörungs-Thrillern ist aber spannend geschrieben, den Protagonisten fehlt es allerdings etwas an Tiefe in ihrer Charakterisierung.

James Patterson & Peter De Jonge - „Wenn er fällt, dann stirbt er“

Dienstag, 16. März 2010

(Ehrenwirth, 304 S.,)
Als Jurastudent an der Columbia University ist der 28-jährige Jack Mullen mehr als froh, einen Sommerjob als Praktikant in der renommierten Kanzlei „Nelson, Goodwin and Mickel“ zu bekommen. Durch seine vorbildliche Arbeit an einem Pro-Bono-Fall scheint ihm dort eine schnelle Karriere bevorzustehen. Doch die Nachricht vom Tod seines jüngeren Bruders Peter trifft ihn wie der Schlag. Dass der gute Schwimmer ertrunken sein soll, kann er schon gar nicht glauben.
Also macht er sich auf den Weg in seine Heimatstadt Montauk und erfährt, dass sein Bruder in der Nacht seines Todes bei der schwerreichen Neubauer-Familie als Autoparker gearbeitet hatte. Die örtliche Polizei strengt keine weiteren Untersuchungen an, obwohl Peters Leiche Spuren von Misshandlungen aufweist. Zusammen mit seinen alten Freunden und seiner attraktiven Kollegin Pauline befragt er Zeugen und stellt eigene Nachforschungen an. Doch viele seiner Freunde verlieren daraufhin ihre Jobs oder werden von einem Auftragskiller bedroht. Außerdem hinterlässt Peter nach seinem Tod viel mehr Geld, als er durch seine Gelegenheitsjob hätte verdienen können. Jack taucht bei seinen riskanten Ermittlungen in ein dichtes Geflecht aus Korruption, Macht und Gewalt, das bis in die höchsten Kreise von New York reicht. Aber Jack ist fest entschlossen, den Mord an seinem geliebten Bruder aufzuklären, und lässt sich auf ein gefährliches Spiel ein... Nicht seinen berühmten Polizeipsychologen Alex Cross lässt Bestseller-Autor James Patterson diesmal diesen kniffligen Fall lösen, sondern in bester Grisham-Manier einen engagierten Nachwuchsjuristen, der keine Angst hat, sich mit den Mächtigsten von New York anzulegen.

James Patterson - (Women's Murder Club) „Der 1. Mord“

Montag, 15. März 2010

(Limes, 351 S., HC)
Nachdem der amerikanische Erfolgsautor mit dem scharfsinnigen Polizeipsychologen Alex Cross bereits einen sogar zweimal auf der Leinwand („Denn zum Küssen sind sie da“, „High Crimes“) aufgetretenen Superstar im Kampf gegen das Verbrechen etabliert hat, bildet „Der 1. Mord“ den Auftakt zu einer neuen Serie, in der Inspector Lindsay Boxer den einzigen weiblichen Detective in der Mordkommission von San Francisco darstellt.
Zusammen mit der pfiffigen „Chronicle“-Lokalredakteurin Cindy Thomas, ihrer besten Freundin, der Pathologin Claire Washburn, und der Stellvertretenden Staatsanwältin Jill Bernhardt gründen sie den unkonventionell agierenden „Club der Ermittlerinnen“ und haben gleich mehrere grausame Doppelmorde an frisch verheirateten Brautpaaren aufzuklären. Die Spur führt bald zum Bestseller-Autor Nicholas Jenks, der für seine Grausamkeit gegenüber Frauen bekannt ist und noch dazu einen unveröffentlichten Roman sein eigen nennt, in dem genau diese Art von Morden beschrieben worden sind. Während der Club den mutmaßlichen Täter dingfest zu machen versucht, hat Lindsay allerdings noch mit einem erschreckenden Krankheitsbefund und ihren leidenschaftlichen Gefühlen zu dem ihr für den Fall zugeteilten Partner Chris zu kämpfen. Die Story ist so rasant und wendungsreich inszeniert, als hätte Patterson sie direkt für Hollywood verfasst. So spannend „Der 1. Mord“ auch ist, so wirkt der Showdown dann doch etwas überdramatisiert.

James Patterson - (Women's Murder Club) „Die 2. Chance“

(Limes, 318 S., HC)
Mit dem Polizeipsychologen Alex Cross hat der amerikanische Autor James Patterson einen der prominentesten Profiler erschaffen, der es in der Gestalt von Morgan Freeman bereits zweimal auf die Leinwand geschafft hat („Denn zum Küssen sind sie da“ und „Im Netz der Spinne“). Dass Patterson aber nicht nur auf Alex Cross festgelegt ist, bewies er vor kurzem mit „Der 1. Mord“, mit dem er den „Club der Ermittlerinnen“ erfolgreich eingeführt hat.
Nachdem Lindsay Boxer mit ihren drei Freundinnen, die Pathologin Claire Washburn, die Polizeireporterin Cindy Thomas und die Staatsanwältin Jill Bernhardt, die „Honeymoon“-Morde aufgeklärt hatte, wurde sie zum Lieutenant befördert, sieht sich nun aber erneut mit einer Serie brutaler Verbrechen konfrontiert. Zunächst nimmt ein Scharfschütze den Kinderchor der La-Salle-Heights-Kirche unter Beschuss, wobei die gerade mal elfjährige Tasha Catchings tödlich getroffen wird. Wenig später wird eine afroamerikanische Witwe erhängt aufgefunden. Eine Zeichnung, das den Kopf eines Löwen und einer Ziege mit einem Schlangenschwanz verbindet, bringt beide Verbrechen miteinander ebenso in Zusammenhang wie die Tatsache, dass beide Opfer mit Polizisten verwandt sind, doch die anfängliche rassistische Motivation des Killers entpuppt sich im Laufe der Ermittlungen als Sackgasse. Als nach zwanzig Jahren Lindsays Vater, ein ex-Bulle, unerwartet wieder in ihrem Leben auftaucht, wird auch noch Lindsays Vorgesetzter kaltblütig von vorn erschossen. Mit viel Scharfsinn kommen aber auch diesmal die vier intelligenten Frauen dem wahnsinnigen Killer auf die Spur. Ein typischer Patterson: schnörkellos, psychologisch, wendungsreich und ungemein spannend!

James Patterson - (Women's Murder Club) „Der 3. Grad“

(Limes, 287 S., HC)
Neben den enorm erfolgreichen Thrillern um den Polizeipsychologen Alex Cross hat der amerikanische Schriftsteller James Patterson mit dem „Club der Ermittlerinnen“ ein weiteres interessantes Set-up kreiert, das bereits in den beiden Romanen „Der 1. Mord“ und „Die 2. Chance“ wirkungsvoll zum Einsatz kam. Die vier Freundinnen Lindsay Boxer (Detective), Jill Bernhardt (Staatsanwältin), Cindy Thomas (Reporterin) und Claire Washburn (Pathologin) haben es auch „Der 3. Grad“ mit einem höchst heiklen Fall zu tun.
Als eines Sonntagmorgens Lindsay und Jill joggen gehen, fliegt in ihrer unmittelbaren Nähe ein Haus in die Luft. Lindsay stürmt in die Flammenhölle und kann wenigstens ein Kind retten. Wie sich schnell herausstellt, geht das Attentat auf eine radikale Gruppe zurück, die dem ausbeutenden Kapitalismus den Kampf angesagt hat. Doch Morton Lightower, ein skrupelloser Internet-Millionär, war nur das erste Opfer, wie die von einem mysteriösen August Spies unterzeichneten Bekennerbriefe am Tatort ankündigen. Wenig später wird mit George Bengosian ein hohes Tier der Hopewell Gesundheitsfürsorge von einem stark zersetzenden Gift fast aufgelöst in einer Hotelsuite aufgefunden. Spätestens jetzt weiß der „Club der Ermittlerinnen“, dass sie mit einer terroristischen Kriegserklärung konfrontiert sind. Wenn in neun Tagen der G-8-Gipfel in San Francisco tagt, erwartet man bereits den nächsten grausamen Anschlag… Gewohnt spannende Lektüre der sympathischen Frauen-Crew, die sich auch wieder mit verschiedenen persönlichen Problemen herumschlagen muss.

James Patterson - (Women's Murder Club) „Die 4. Frau“

(Limes, 381 S., HC)
Neben seinen packenden Alex-Cross-Romanen hat Thriller-Spezi James Patterson mit seiner Reihe um den „Club der Ermittlerinnen“ ein weiteres hochklassiges Set-up entwickelt, mit dem grausame Morde von einer eingeschworenen Frauengemeinschaft mit scharfem Verstand und viel Gefühl und Leidenschaft aufgeklärt werden. Lieutenant Lindsay Boxer, die Reporterin Cindy Thomas und die Pathologin Claire Washburn trauern noch immer um ihre im letzten Abenteuer, „Der 3. Grad“, ermordete Freundin, die Staatsanwältin Jill Bernhardt, als es schon wieder voll zur Sache geht.
Boxers ehemaliger Partner Jacobi nimmt mit ihr die Verfolgung eines schwarzen Mercedes auf, der zuvor mehrmals an einem Tatort gesehen wurde, wo ein junger Mann ermordet worden ist. Der Mercedes wird unsanft gestoppt, im Auto stellen die beiden Polizisten zwei Teenager, denen sie zunächst erste Hilfe leisten wollen. Doch die Situation gerät außer Kontrolle. Die beiden Kinder ziehen Waffen und strecken die beiden Detectives nieder, Boxer erwidert das Feuer, tötet das Mädchen und verletzt den Jungen so schwer, dass er fortan ab dem Hals abwärts gelähmt bleibt. Boxer muss sich daraufhin vor Gericht verantworten und wird vom Dienst suspendiert. Ihren Zwangsurlaub verbringt sie in Half Moon Bay im Haus ihrer Schwester, wo sie aber nicht zur Ruhe kommt. Hier wurden nämlich zwei Doppelmorde verübt, die kurioserweise an Boxers ersten, noch immer ungelösten Fall von vor zehn Jahren erinnern. Zusammen mit ihren Freundinnen nimmt Boxer die Ermittlungen auf … Gewohnt kurzweilig und ebenso spannend!

James Patterson – (Women's Murder Club) „Die 5. Plage“

(Limes, 384 S., HC)
Als sich Lieutenant Lindsay Boxer mit ihrer Freundin, der Strafverteidigerin Yuki Castellano mit deren Mutter Keiko auf dem Weg zum Lunch im Armani Café macht, bricht Yukis Mutter plötzlich zusammen und muss in die Notaufnahme des San Francisco Municipal Hospitals eingeliefert werden. Dr. Dennis Garza, Leiter der Notaufnahme, diagnostiziert einen Mini-Schlaganfall und will die 55-jährige Frau zur Beobachtung im Krankenhaus lassen. Wenig später wird Lindsay zu einem Leichenfund im Parkhaus gerufen, wo ein hübsches, junges Mädchen offensichtlich von zwei Tätern grausam erstickt und auffällig mit neuer Kleidung auf dem Vordersitz eines Autos drapiert worden ist.
Als sich Lindsay mit den Freundinnen/Kolleginnen ihres „Women’s Murder Club“, zu der neben ihr und Yuki auch die Gerichtsreporterin Cindy und die Pathologin Claire gehören, auf ein paar Margaritas treffen, erzählt Cindy von einem anstehenden Kunstfehlerprozess, den die Staranwältin Maureen O’Hara vor Gericht bringt. Offensichtlich sind ausgerechnet im Municipal Hospital Patienten wegen falscher Medikamente gestorben. Und nun stirbt auch Yukis Mutter – mit Knöpfen auf den Augen, auf denen der Äskulapstab eingeprägt ist, das Standeszeichen der Ärzte. Wie Lindsay während ihrer Ermittlungen erfährt, war Keiko nicht die erste Leiche, die im Krankenhaus mit diesem „Schmuck“ aufgefunden wurde. Doch Lindsay muss sich auch um den Fall der Killer kümmern, die offensichtlich Spaß an ihren Taten zu entwickeln scheinen, denn während des Kunstfehlerprozesses wird ein weiteres totes Mädchen gefunden …
James Patterson schlägt auch mit dem fünften Roman seiner erfolgreichen „Women’s Murder Club“-Reihe von Beginn an ein hohes Tempo an und lässt dem Leser keine Atempause, wenn seine engagierten Frauen diesmal an zwei Fronten kämpfen. Bei so viel Action bleibt diesmal zwar etwas die Charakterisierung der sympathischen Frauen auf der Strecke, aber packende Unterhaltung bietet „Die 5. Plage“ allemal.

James Patterson – (Women's Murder Club) „Die 6. Geisel“

(Limes, 381 S., HC)
An ihrem freien Samstagmorgen wird Lieutenant Lindsay Boxer erst zu einem Mord in einem Zweifamilienhaus gerufen, von dort aus zu einem Amoklauf auf einer Fähre, bei dem es drei Tote und einige Verletzte gegeben hat. Als Lindsay zur Fähre kommt, entdeckt sie ihre beste Freundin, die Pathologin Claire Washburn unter den Verletzten. Deren Sohn Willie, der auf der Fähre arbeitet, hat offensichtlich den Amokläufer verfolgt. Weil ein Passagier ein Foto von dem Täter schießen konnte, ist dieser bald identifiziert: Alfred Brinkley war nicht nur in psychiatrischer Behandlung, sondern war auch in der Army.
Überraschenderweise taucht Brinkley vor Boxers Wohnung auf, um sich zu stellen. Dann werden die fünfjährige Madison Tyler und ihr italienisches Kindermädchen entführt; eine Zeugin hat beobachtet, wie nach der Entführung ein Knall ertönte und Blut gegen die Heckscheibe des Vans der Entführer spritzte. Zwar taucht die Leiche des Kindermädchens auf, allerdings gibt es keine Spur von Madison, noch eine Lösegeldforderung. Währenddessen hat Brinkley wegen des Amoklaufs auf der Fähre die Todesstrafe zu erwarten. Einen Ausweg sieht er darin, auf Unzurechnungsfähigkeit zu plädieren …
Mit dem „Women’s Murder Club“ hat James Patterson eine faszinierende Gruppe weiblicher Ermittlerinnen geschaffen, die sich nun zum sechsten Mal mit außergewöhnlichen Morden zu befassen haben.
„Die 6. Geisel“ verbindet wieder zwei brutale und schwierige Fälle, die für die Ermittler und die Leserschaft einige interessante Wendungen bereithalten. Der Plot ist dabei wie immer kurz und knackig geraten, so dass man gar nicht genug von dieser Reihe bekommen kann.

James Patterson – (Women's Murder Club) „Die 7 Sünden“

(Limes, 380 S., HC)
Die vier „Women’s Murder Club“-Mitglieder Cindy, Lindsay, Claire und Yuki verbringen den Samstag in der Nähe des Point Reyes National Seashore, als Lindsay von ihrem Kollegen Jacobi die Nachricht erhält, die mit dem vor drei Monaten verschwundene Ex-Gouverneurs-Sohn Michael Campion zusammenhängt. Ein anonymer Anrufer hat zu Protokoll gegeben, dass er den 19-Jährigen in der Nacht seines Verschwindens zu einer Prostituierten gehen sah.
Bei der Vernehmung gibt die Frau namens Junie Moon zu, Michael getroffen zu haben und dass der bekanntermaßen herzkranke Junge beim Sex verstorben sei, woraufhin ihr Freund Ricky die Leiche entsorgt habe. Doch dieser meint, von nichts zu wissen. Obwohl noch keine Leiche aufgefunden wurde, soll Junie vor Gericht gestellt werden. Doch Lindsay und ihr Partner Conklin haben noch mehr zu tun: Ein Feuerteufel wütet in der Stadt und lässt Hausbesitzer qualvoll in ihren Heimen verbrennen. Dann steht auch Lindsays Haus in Flammen … Auch wenn sich das Konzept wiederholt und der „Women’s Murder Club“ wieder einmal mit zwei verschiedenen Delikten zu tun hat, bekommt man von den sympathischen wie couragierten Frauen und ihren Ermittlungen nie genug. „Die 7 Sünden“ hält wieder ein paar raffinierte Wendungen und gewohnt viel Spannung parat, dass ein kurzweiliges Lesevergnügen garantiert ist.

David Baldacci - Maxwell/King 2: „Mit jedem Schlag der Stunde“

Sonntag, 14. März 2010

(Lübbe, 573 S., HC)
Die beiden ehemaligen Secret-Service-Agenten Michelle Maxwell und Sean King haben sich vor einem Jahr mit einer Detektei im eigentlich beschaulichen Wrightsburg, Virginia, selbstständig gemacht. Bei einem ihrer Jogging-Touren durch den Wald laufen ihr zwei panisch verschreckte Jungen entgegen, die sie auf ein grausames Verbrechen aufmerksam machen: die kaum noch identifizierbare Frauenleiche wird mit einer Zodiac-Uhr am Handgelenk aufgefunden, deren Zeiger auf 1 Uhr stehen. Wenig später wird ein jugendliches Liebespaar ebenfalls mit diesen Uhren an den Armen erschossen aufgefunden.
Ist etwa der berühmte „Zodiac-Killer“ wieder unterwegs, der vor einigen Jahren Los Angeles in Atem hielt und nie gefasst worden ist? Doch die nächsten Morde imitieren die Taten anderer bekannter Serienmörder, wobei der Täter stets auch ein Andenken seiner Opfer mitgehen lässt. Erst als der schwerreiche Bobby Battle im Krankenhaus ermordet wird, ändert sich das Schema. Ist da etwa noch ein weiterer Täter unterwegs? Als die beiden Detektive in den Kreisen des Battle-Klans ermitteln, stoßen sie auf etliche Motive, die fast jeden im Haus der Battles verdächtig erscheinen lassen … Extrem spannender und wendungsreicher Thriller von Bestseller-Autor David Baldacci, dessen Debütroman „Der Präsident“ bereits als „Absolute Power“ von und mit Clint Eastwood verfilmt wurde.

Jack Ketchum - „Wahnsinn“

Montag, 8. März 2010

(Heyne, 352 S., Tb.)
Im beschaulichen Plymouth, New Hampshire, haben Ruth und Harry Danse alle Hände voll zu tun, ihren offensichtlich kriminell veranlagten Sohn Arthur unter Kontrolle zu halten. Doch obwohl dem intelligenten Jungen Verbrechen wie Brandstiftung und Diebstahl zur Last gelegt worden sind, konnte man ihm bislang nie etwas nachweisen. Sheriff Ralph Duggan ist deshalb froh, dass der Junge bald nach Boston auf die Universität gehen und somit aus seinem Bezirk verschwinden würde. Im benachbarten Cambridge zieht die Krankenschwester Lydia McCloud gerade einen Schlussstrich unter ihre Ehe mit dem Arzt Jim, der offensichtlich eine Affäre unterhält. Ein Jahr später, im Juni 1983, laufen sich Arthur und Liddy in Plymouth über den Weg. Arthur ist trotz seines Abschlusses in Wirtschaftslehre wieder zurück in seine Heimat gegangen, um dort eine rentable Bar zu eröffnen.
Im „Caves“ feiert schließlich auch Liddys Schwester Barbara ihre Hochzeit, und als Liddy mit Arthur ins Gespräch kommt, verabreden sich die beiden gleich für den kommenden Abend. Es folgen eine Fernbeziehung mit ausgiebigen Telefonaten und schließlich ein Heiratsantrag und die Geburt ihres Sohnes Robert. Arthur fängt an, seine Frau vornehmlich anal zu penetrieren und zu schlagen, aber sie macht sich keine Gedanken, warum ihr Sohn mit acht Jahren zu stottern und wieder anfing, ins Bett zu machen und dabei seine Gedärme zu entleeren. Als Liddy schließlich ahnt, wer für Roberts auffälliges Verhalten verantwortlich zu sein scheint, zieht sie vor Gericht, doch eindeutige Beweise dafür, dass Arthur Robert missbraucht, lassen sich schwer finden, zumal Robert dazu schweigt. Während Arthur gar nicht daran denkt, sich seinen Sohn wegnehmen zu lassen, weiß Liddy bald nicht mehr, wie sie – ihrem Sohn zuliebe - zu ihrem Recht kommen soll …
Jack Ketchum hat es bislang mit jedem seiner Romane geschafft, ein erschreckend realistisches, grausames Szenario zu entwerfen, aus dem die gepeinigten Protagonisten nur mit größter Willenskraft und unter schlimmsten Entbehrungen entrinnen konnten. Auch in „Wahnsinn“ stellt er den psychischen Horror schmerzhaft realistisch dar und bezieht den Leser ohne Vorwarnung in die Spirale der Gewalt mit ein. Und dieser entkommt er erst, wenn er atemlos die letzte Seite umgeschlagen hat. Das ist Horror, der wirklich unter die Haut geht.

Jack Ketchum - „Beutegier“

Sonntag, 7. März 2010

(Heyne, 286 S., Tb.)
1981 schuf Jack Ketchum mit „Beutezeit“ einen kompromisslosen, deftigen Horrorklassiker, der damals nur in zensierter Form erschienen ist. Auf drastische Art und Weise ließ Ketchum eine Kannibalenbande in den Wäldern von Maine am Dead River auf eine Clique von drei Pärchen los, bis die Polizei von Dead River um den alternden Sheriff George Peters ein großes Reinemachen anrichtete, bei dem die Kannibalen ebenso niedergemetzelt wurden wie die von ihnen gefangenen zivilisierten Opfer.
Elf Jahre später trauert der pensionierte Sheriff meist angetrunken seiner toten Frau nach und erinnert sich mit Grauen an die verheerende Nacht von damals, als er und seine Leute auch Unschuldige getötet haben. Als eines Abends der neue Sheriff Vic Manetti vor seiner Tür steht und ihm um seine „Expertise“ bittet, schwant Peters nichts Gutes. Tatsächlich deuten die Spuren im Haus der 36-järhigen Bedienung Loreen Ellen Kaltsas und ihrer 16-jährigen Babysitterin Nancy darauf hin, dass die ausgerottet geglaubten Kannibalen wieder zugeschlagen haben. Beiden Leichen fehlen die Arme, Beine und Herzen – vom Baby fehlt jede Spur. Doch in der Höhle, in der damals die Kannibalen hausten, fehlt jede Spur von den einstigen Bewohnern, also steht eine lange Suche bevor. Währenddessen erwarten die beiden Spieleentwickler Amy und David in ihrem Haus auf Besuch von der gemeinsamen Freundin Claire, die auf einem Haufen Schulden sitzt, den ihr betrügerischer Mann Steven ihr und ihrem gemeinsamen Sohn Luke hinterlassen hat, bevor er sich spurlos aus dem Staub gemacht hat. Doch kaum hat er die Scheidungspapiere zugestellt bekommen, macht er sich wütend auf den Weg nach Maine …
Während „Beutezeit“ sich noch auf den bestialischen Kampf zwischen einer Kannibalen-Bande und einer Gruppe von Zivilisten beschränkte, wobei am Ende beide Parteien unterschiedslos dem Aufräumkommando der Polizei zum Opfer fielen, bringt Ketchum im Sequel einen weiteren Schurken ins Spiel, der die blutige Handlung entsprechend zusätzlich würzt. Äußerst eindrucksvoll hat Jack Ketchum wieder sein Lieblingsthema – den Kampf seiner Protagonisten um ihr nacktes Überleben in offensichtlich ausweglos erscheinenden Situationen – umgesetzt: spannend von der ersten Seite bis zum fulminanten Finale, schockierend, beängstigend realistisch und einfach höllisch gut!

Jack Ketchum - „Beutezeit“

Freitag, 5. März 2010

(Heyne, 285 S., Pb.)
Im September 1981 hat die Lektorin Carla an der Küste von Maine ein kleines Häuschen im Wald gemietet, wo sie nicht nur ihren wohlverdienten Urlaub verbringen, sondern auch ein Buch über den Rock’n’Roll der 50er redigieren will. Bevor ihre Schwester Marjorie mit Dan, ihr Ex Nick mit seiner neuen Freundin Laura und ihr eigener Freund, der Schauspieler Jim, zu Besuch kommen, bringt sie die Hütte noch in Schuss. Währenddessen fischt die Polizei von Dead River eine völlig zerschlagene Frau aus dem Meer. Dass ganz in der Nähe in einer Höhle unter einem Felsvorsprung eine ganze Horde Wilder haust, wird erst klar, als Carla in dem Moment, als sie und Jim ihr Wiedersehen mit einem Orgasmus feiern, plötzlich das Fenster von außen zerschlagen wird. Jim stirbt an Ort und Stelle, Carlas nackter Körper wird jedoch nach draußen gezerrt, kopfüber aufgeknüpft und ausgeweidet. Fassungslos müssen Carlas Schwester und ihre Freunde mit ansehen, wie die Wilden sich an Carla sattessen. Doch damit nicht genug. Wenig später sollen auch die anderen Bewohner der Hütte dran glauben.
 Mit nur einer Kanone, einer Sense und einem Schürhaken bewaffnet, sehen die Chancen allerdings schlecht aus, den Überfall zu überleben. Als die Polizei um den dienstmüden Sheriff George Peters endlich begreift, was in den Wäldern dort vor sich geht, ist das Massaker schon in vollem Gange …
Mit seinem ersten Roman schuf Jack Ketchum 1981 gleich einen modernen Klassiker des Horror-Genres, der zunächst nur stark zensiert veröffentlicht werden konnte. 1989 konnte Ketchum sein Romandebüt endlich so herausbringen, wie es ihm eigentlich vorschwebte. Tatsächlich ist „Beutezeit“ nichts für schwache Gemüter. Mit der Konfrontation zwischen der Zivilisation und den Wilden lässt der Autor zwei in sich abgeschlossene, gänzlich verschiedene Gesellschaftsformen aufeinandertreffen und spielt auf unorthodoxe Weise mit den Konventionen des Genres. Sex, der Hunger nach Menschenfleisch und schließlich der pure Überlebenswille sind die treibenden Kräfte in „Beutezeit“, doch das klassische Happy End darf der Leser nicht erwarten. Was den packenden, mit allerlei furchterregenden Details geschmückten Roman noch abrundet, sind das Vorwort von Horror-Experte Douglas E. Winter und das Nachwort des Autors zur Entstehung und Metamorphose des Romans.

Jack Ketchum - „Amokjagd“

Donnerstag, 4. März 2010

(Heyne, 288 S., Tb.)
Da Susan tagsüber in der Mountain Lodge arbeitet und ihr Freund Wayne die Nachtschicht in der Black Locust Tavern übernimmt, sehen sich die beiden fast nur am Wochenende. An einem dieser gemeinsamen Tage machen sie einen kleinen Wanderausflug in die Berge, wo er sie beim brutalen Liebesspiel fast erwürgt. Wayne ist stets so voller Wut, dass er sogar ein Notizbuch führt, in dem er Beleidigungen gegen seine Person und so die Leute festhält, an denen er sich rächen kann. Ein glücklicher Zufall will es, dass er da oben auf dem Berge, nachdem Susan wütend ihre Sachen zusammengepackt hat, beobachtet, wie Carole Gardner ihren gewalttätigen Ehemann Howard zum Picknick in die Berge gelockt hat, wo er von ihrem Freund Lee mit einem Baseballschläger getötet wird. Das verpasst Wayne einen zusätzlichen Adrenalinkick. Endlich hat er beobachten können, wie Menschen das tun, wovon er selbst seit Ewigkeiten nur geträumt hat: einen Menschen umzubringen!
Lee und Carole machen sich anschließend nicht nur Sorgen darüber, dass ihre Tat entdeckt werden könnte, denn natürlich wird Carole von der Polizei verhört, als ihr Mann nicht mehr zur Arbeit erscheint. Aber in erster Linie plagen sie Gewissensbisse. Als Wayne die beiden Täter allerdings aufspürt und sie dazu zwingt, weitere Menschen umzubringen, geht der Wahnsinn erst recht los.
Jack Ketchum hat sich in seinen bisherigen Romanen „Beutegier“, „Evil“ und „Blutrot“ als Meister der abgründigen Spannung etablieren können. Auch „Amokjagd“ ist ein meisterhaftes Beispiel für die perfekte Inszenierungskunst des Autors, menschliche Extremsituationen und bösartige Wesenszüge schockierend realistisch zu schildern und so einen hypnotischen Sog zu erzeugen, dem man als Leser nicht entrinnen kann.

Jack Ketchum - „Blutrot“

Dienstag, 2. März 2010

(Heyne, 270 S., Tb.)
Irgendwann zwischen der Hochzeit seiner Tochter Alice und dem Tod seiner Frau Mary ist dem Gemischtwarenhändler Avery Ludlow die Lust an blutigen Sportarten abhanden gekommen. Und so ist ihm nur die alte Promenadenmischung mit Namen Red als Wegbegleiter geblieben. Als die beiden im Miller’s Bend Schwarzbarsche angeln, wittern beide den Besuch von drei jungen Männern, aber Ludlow nimmt den Geruch von Waffenöl eher wahr als der Hund. Nach einer anscheinend harmlosen Plauderei über Fischköder will der Junge mit der Schrotflinte aber auf einmal die Brieftasche des Alten. Doch da ihm die Beute nicht ausreicht, erschießt er kurzerhand den Hund, dann macht er sich mit seinen beiden Freunden wieder auf den Weg.
Da sich Ludlow Waffentyp und Kaliber merken konnte, ist er guter Hoffnung, den Käufer der Waffe zu finden, sollte sie in Moody Point oder der näheren Umgebung erstanden worden sein. Tatsächlich erhält er wenig später an der 95 bei Guns & Ammo den entscheidenden Tipp. Offensichtlich hat der Vater des Jungen, Michael McCormack, die Browning mit seiner American-Express-Karte bezahlt. Doch als er McCormack mit den Geschehnissen konfrontiert, streitet Danny, McCormacks Sohn, natürlich alles ab. Da Officer Tom Bridgewater und Rechtsanwalt Sam Berry offensichtlich auch wenig für Avery tun können, bleibt nur noch die Fernsehjournalistin Carrie Donnel, die sich für Averys Interessen stark macht. Doch Avery findet recht schnell heraus, dass nur er allein für Gerechtigkeit in dieser Angelegenheit sorgen kann … Auch wenn „Red“ gelungen mit Brian Cox und Tom Sizemore in den Hauptrollen verfilmt worden ist, bleibt die packende Vorlage des kurzen, rasanten Romans unerreicht.

Jack Ketchum - „Evil“

Montag, 1. März 2010

(Heyne, 334 S., Tb.)
Der 41-jährige David verdient gut an der Wall Street, hat zwei kinderlose Ehen hinter sich und betrachtet sich als erfolgreich, ausgeglichen und großzügig. Doch die schmerzvollen Erinnerungen an den Sommer des Jahres 1958 lassen ihn nicht zur Ruhe kommen. Damals sind die beiden Schwestern Megan und Susan Loughlin aus New York nach dem Unfalltod ihrer Eltern zu ihren Cousins Donny und Willie gezogen. Sie und ihre Mom, Ruth Chandler, wohnten gleich neben David. Ihr Mann Willie senior hat sie irgendwann mit drei Kindern auf einem Haufen Schulden in der Laurel Avenue sitzen gelassen und hat nun nichts Besseres zu tun, als die beiden Neuankömmlinge zu malträtieren.
David wundert sich zwar, dass er Susan gar nicht mehr zu Gesicht bekommt, aber wie grausam es in der Sackgasse zuging, in der aufwuchs, wusste er bereits durch das „Spiel“: Im Apfelgarten hatte der ausgewählte Kommandant die Möglichkeit, mit Äpfeln die Soldaten in ihren Verstecken abzuwerfen, bevor er selbst entdeckt und an einen Apfelbaum gefesselt wurde. Oftmals musste er dort bis zum Abend verharren, und als Denise anfing mitzuspielen, stellten die Jungs auch mehr Sachen mit ihr an, als sie nur an den Baum zu fesseln … Doch das richtige Grauen spielte sich im „Bunker“ ab, jenen Keller, den Willie Chandler senior zu Chruschtschows Zeiten als eine Art Atombunker ausgebaut hat, den die Kinder zum „Erschrecken“ aufsuchten. Als Megan beim Kommandanten-Spiel mitmachen sollte, überschritten die Teenager allerdings einige Grenzen …
In seinem Vorwort zu Jack Ketchums vielleicht besten Romans meint Stephen King, dass Jack Ketchum „für die Leser des Genres zu einer Kultfigur und für Autoren von Horrorgeschichten zu einem Helden geworden ist“. Tatsächlich dürften nur Clive Barker und Richard Laymon ähnlich drastisch und dabei so erfolgreich im Horror-Genre wirken, allerdings kommt bei Ketchum eine „verzweifelte Weltsicht“ hinzu, wie King ebenfalls bemerkt. Bei ihm erscheint die Brutalität, mit der Menschen aufeinander zugehen, erschreckend natürlich, und das macht seine Romane wirklich gruselig.