Matthew Sharpe - „Eine amerikanische Familie“

Samstag, 28. August 2010

(Aufbau, 336 S.,HC)
Teenager haben es bekanntlich nie wirklich leicht. Besonders hart scheint es aber die beiden 16-jährigen Geschwister Cathy und Chris Schwartz in Bellwether, Connecticut, getroffen zu haben. Nachdem ihr Vater Bernard, ehemaliger Presseberater und Redenschreiber für verschiedene Unternehmen, erst seine Frau Lila verloren hatte, damit sie Karriere als Prozessanwältin machen konnte, verlor er nun auch noch das Bewusstsein, als er sein Prozac zusammen mit einem dazu unverträglichen Medikament einnahm.
Dass Cathy und Chris zu ihren pubertären Problemen auch noch einen komatösen Vater zu betreuen haben, erleichtert ihre Situation nicht wirklich, zumal Cathy gerade eine Phase übermäßigen religiösen Eifers durchmacht und Chris seine Bemühungen, die Erwachsenenreife zu erlangen, durch aggressives Gehabe überlagert. Während sein Vater im Koma liegt, macht Chris wenigstens seine ersten sexuellen Erfahrungen, als ihm die Pflegerin kurzerhand einen bläst, dann aber nichts mehr von ihm wissen will. Aber eigentlich steht Chris auch mehr auf Lisa Danmeyer, die Ärztin seines Vaters, die er bei jeder Gelegenheit rüde anpflaumt. Währenddessen bandelt Cathy mit Frank Dial an, Chris’ bestem Freund, und Bernies geschiedene Frau Lila erst mit ihrem Gärtner, dann mit Lisas Vater Moe … Matthew Sharpe beschreibt den Alltag einer amerikanischen Durchschnittsfamilie mit feinem Humor in bester „American Beauty“-Tradition und stellt seine Charaktere zwar verschroben, aber sympathisch dar. Time Warner arbeitet bereits an einer Verfilmung dieses kurzweiligen, ironisch-amüsanten und feinfühligen Romans.

Olen Steinhauer – „Der Tourist“

(Heyne, 543 S., HC)
Ein Tag vor dem berüchtigten 11. September 2001 ist CIA-Agent Milo Weaver in Holland unterwegs, um dort eine von den USA unterstützte 60-jährige Politikerin zu beschützen, die mit ihrer konservativen Gesetzesvorlage zur Einwanderungspolitik für so große Unruhen gesorgt hat, dass ein Kopfgeld auf sie ausgesetzt worden ist. Der berüchtigte Auftragskiller „Der Tiger“ hat am Morgen bereits seinen dritten Anschlag verübt, den Weaver erneut vereiteln konnte. Doch kaum ist er dem letzten Kugelhagel entkommen, hat sein Chef Tom Grainger schon den nächsten Auftrag für ihn. In Slowenien soll er sich mit der Kontaktfrau Angela Yates treffen, die im Büro des Basisleiters Frank Dawdles arbeitet und mit Milo befreundet ist. Dem vermissten Dawdles wird vorgeworfen, einen Koffer mit Steuergeldern entwendet zu haben. Yates und Weaver können Dawdle zwar aufspüren, doch Weaver wird bei dem Einsatz so schwer verletzt, dass er ans Aufhören denkt.
Doch sechs Jahre später ist er dem berüchtigten „Tiger“ endlich auf der Spur. In Blackdale, irgendwo im Dreiländereck zwischen Mississippi, Alabama und Tennessee, wurde der „Tiger“ festgenommen, nachdem er eine Prostituierte geschlagen hatte. Bei der Vernehmung von Benjamin Harris, so „Tigers“ echter Name, stellt sich heraus, dass Harris es auf eine Begegnung mit Weaver angelegt hat. Bevor sich der ohnehin an AIDS sterbende Killer mit einer Zyanidkapsel umbringt, verrät er Weaver, dass er – wie Weaver – ein „Tourist“ gewesen ist, ein Geheimagent, der ohne Identität und soziale Kontakte auf der ganzen Welt Aufträge für die CIA erledigt. Und er bittet Weaver, sich an die Fersen derjenigen zu heften, die den Tod des „Tigers“ zu verantworten haben. Doch bevor er sich darum kümmern kann, wird er nach Paris geschickt, wo nun auf einmal seine Kollegin Angela Yates im Visier der CIA steht. Weaver glaubt nicht an ihren Verrat, doch bevor er das beweisen kann, wird sie vergiftet in ihrer Wohnung aufgefunden. Auf einmal ist Milo Weaver der Verdächtige und muss ganz schnell untertauchen, um die Hintermänner des Komplotts aufdecken zu können, ohne selbst ausgeschaltet zu werden.
Nach fünf Romanen, die vor dem Hintergrund des Kalten Krieges in einem fiktiven osteuropäischen Land angesiedelt waren, legt der in Virginia aufgewachsene Olen Steinhauer mit „Der Tourist“ den faszinierenden Grundstein für eine Spionage-Thriller-Trilogie, für deren ersten Teil sich Warner Bros. schon mal die Filmrechte und George Clooney als Hauptdarsteller gesichert hat.
Mit dem sympathischen CIA-Agenten Milo Weaver ist dem Autor ein charismatischer Protagonist gelungen, der ähnlich wie Lee Childs Jack Reacher, Ian Flemings James Bond oder Robert Ludlums Jason Bourne das Zeug besitzt, zu einer neuen Ikone des Genres zu werden, und auch Fans von Ken Follett und John Le Carré ansprechen dürfte. Dabei überzeugen nicht nur der packende und vertrackte Plot mit überraschendem Ende, sondern auch die für das Genre ungewöhnlich präzisen Charakterzeichnungen, die über den beruflichen Horizont der Protagonisten weit hinausgehen. Fortsetzungen sind unbedingt erwünscht!

William Nicholson - „Die Gesellschaft der Anderen“

Donnerstag, 26. August 2010

(Eichborn, 258 S., HC)
Da er genügend Unterhalt zum Leben von seinem vermögenden Vater bekommt, hat es sich ein namenloser junger Mann bequem, aber auch gelangweilt eingerichtet. Sich einen Job zu suchen, kommt ihm nicht in den Sinn, vielmehr verlangt es ihn, dem Dasein aus enttäuschten Erwartungen zu entfliehen. Am Abend des 70. Geburtstages seines Großvaters fasst er den Entschluss, am kommenden Morgen aufzubrechen.
Ein großer Laster liest den Jungen an einer Autobahnraststätte auf und nimmt ihn mit auf eine Reise mit unbekannter Fracht und ebensolchem Ziel. Doch nach dem Überqueren einer unbekannten Grenze wird der Laster überprüft, der verwirrte Passagier flüchtet, im Gepäck das ihm vom Fahrer anvertraute verbotene Buch eines untergetauchten Dissidenten. Der Junge wird von einem Trupp namens „Die Bewegung“ aufgenommen, die mit terroristischen Aktionen den Polizeistaat beseitigen wollen. Der junge Mann will sich aber nicht für ihre Ziele vereinnahmen lassen und flieht erneut und lernt auf seiner gefährlichen Reise durch einen totalitären Staat allerlei Kurioses kennen … Dem Engländer Nicholson ist mit seinem Romandebüt eine spannende Mischung aus Thriller, Road Movie und politischer Parabel gelungen.

Richard Laymon – „Das Inferno“

Donnerstag, 15. Juli 2010

(Heyne, 639 S., Tb.)
Jeden Morgen setzt sich der 32-jährige Stanley Banks mit der Tageszeitung um 8 Uhr morgens ans Fenster, um den Sportteil zu lesen, doch eigentlich will er nur beobachten, wie seine hübsche Nachbarin Sheila ihre Joggingrunden zieht. Doch seine an den Rollstuhl gefesselte Mutter Alma, zu der er nach dem Tod seiner Frau Thelma zurückgezogen ist, macht ihm das Leben zur Hölle.
Da kommt es Stanley ganz gelegen, als ein Erdbeben Los Angeles erschüttert und er seine nervende Mutter mit einem von der Decke herabgefallenen Putzbrocken erschlagen kann. Nun hat er freie Bahn zu Sheilas Haus, wo er das Objekt seiner Begierde nackt und hilflos in der verschütteten Badewanne entdeckt. Währenddessen wird Sheilas Ehemann Clint im Büro von den Erschütterungen überrascht. Da sein Wagen im Parkhaus eingesperrt ist, lässt er sich von der jungen Sekretärin Mary mitnehmen, die gerade in einen Autounfall verwickelt gewesen war und nun völlig verstört den abgetrennten Kopf eines Mannes auf ihrem Beifahrersitz anstarrt. Zusammen mit der 13-jährigen Em müssen die beiden bald ohne Marys BMW den Heimweg antreten und sich dabei mit so einigen unangenehmen Typen herumschlagen. Clints Tochter Barbara nimmt derweil mit Peter, Earl und Heather an einer Fahrstunde teil und muss tatenlos zusehen, wie Fahrlehrer Wellen aus Sorge um seine Tochter die Flucht nach Downtown antritt. Auch die vier Teenager erleben am eigenen Leib, wie Plünderer und Freaks durch das zerstörte Los Angeles ziehen. Am schlimmsten hat es jedoch Sheila erwischt. Während die zunächst dankbar ist, dass Stan sie befreien will, muss sie bald erkennen, dass Stan jeden brutal aus dem Weg räumt, der die ersehnte Zweisamkeit zwischen ihm und Sheila zu stören wagt …
Vor dem realistischen Hintergrund eines Erdbebens entwickelt Richard Laymon in seinem 1995 veröffentlichten Horror-Thriller „Quake“, der jetzt endlich erstmals in deutscher Sprache erschienen ist, ein erschreckendes Szenario, das beschreibt, wie zivilisierte Menschen augenblicklich in die Barbarei zurückfallen, sobald sie keine Strafen für ihr Tun zu befürchten haben. Plünderungen, Folterungen, Morde und Vergewaltigungen prägen das Treiben auf den aufgebrochenen Boulevards und in den Trümmern zerstörter Häuser. Laymon beschreibt diese Gräueltaten mit gewohnt plastischen Worten, doch er setzt dem allgegenwärtigen Blutrausch auch humanitäre Elemente wie Nächstenliebe, Mut, Tapferkeit und Aufopferungsbereitschaft entgegen, mit denen Menschen teilweise über sich hinauswachsen, eigene Schwächen überwinden und den Zusammenhalt mancher Zweckgemeinschaften stärken. Der Autor bedient sich dabei einer schnörkellosen, einfachen Sprache, arbeitet viel mit Dialogen und entwickelt ohne Anlauf ein actionreiches Blut- und Sex-Spektakel. Fans härteren Horrors werden wieder begeistert sein!

John Katzenbach - „Der Täter“

Samstag, 10. Juli 2010

(Knaur, 591 S., Tb.)
Gerade als Simon Winter, ein ehemaliger Detective bei der Mordkommission von Miami Beach, seinem Leben mit der Pistole ein Ende setzen will, klopft seine Nachbarin, Sophie Millstein, an seine Tür und erzählt ihm verzweifelt, dass sie jemanden entdeckt hat, der 1943 in Berlin für den Verrat ihrer Familie an den Nazis verantwortlich gewesen sei. Damals gab es viele wie ihn, sogenannte „Greifer“, Juden, die für die Gestapo andere Juden verrieten.
Aber der „Schattenmann“ war der schlimmste von allen, berichtet die aufgelöste alte Frau dem lebensmüden Ex-Cop. Winter kann die alte Dame beruhigen und bringt sie sicher in ihre Wohnung zurück. Doch der Schein trügt. Noch in der Nacht wird die arme Mrs. Millstein von einem unbekannten Täter erwürgt, unter ihr, ebenfalls erwürgt, ihre Katze. Zeugen haben einen jungen Schwarzen vom Tatort flüchten gesehen, und der ermittelnde Detective Walter Robinson findet bald einen Pfandleiher, wo er eine Kette der Toten wiederfindet. Während Robinson einen Drogensüchtigen jagt, der offensichtlich schon für andere Einbrüche in der Gegend verantwortlich gewesen ist, unternimmt Winter eigene Nachforschungen, die allerdings bei alten Freunden der Toten beginnen, Rabbi Rubinstein, Irving Silver und Frieda Kroner. Sie können zunächst nicht glauben, dass der Schattenmann noch immer auf ihrer Spur ist, doch dann mehren sich die Zeichen, dass der diabolische Juden-Killer sein Werk von damals vollenden will … Vor dem geschichtlichen Hintergrund des Holocaust entwickelt der amerikanische Erfolgsautor John Katzenbach die spannende Jagd nach einem Phantom. Neben der packenden Geschichte gefallen aber auch die Charakterzeichnungen der beiden engagierten Ermittler.

John Katzenbach - „Das Opfer“

(Droemer, 654 S., HC)
Es gibt One-Night-Stands, die man ganz schnell vergessen und am besten gar nicht erst erlebt haben möchte. Das denkt auch die attraktive Kunststudentin Ashley Freeman, nachdem sie sich mit dem geheimnisvollen, aber gut aussehenden Michael O’Connell eingelassen hat. Dieser ist nämlich absolut nicht davon abzubringen, dass Ashley und er für immer zusammengehören. Ein Nebenbuhler landet so im Rollstuhl, ein Privatschnüffler, den Ashleys Familie anheuert, um Michael mit Nachdruck von seinem Wahn abzubringen, tot in einer Gasse.
Schnell wird Ashleys Familie klar, dass man selbst mit einer gerichtlichen Verfügung bei diesem cleveren Psychopathen nicht viel ausrichten kann. Also nehmen Ashleys Vater, der Geschichtsprofessor Scott Freeman, seine geschiedene Frau, die Anwältin Sally, ihre Lebensgefährtin Hope und Ashleys Großmutter Catherine den Kampf gegen Michael in die eigene Hand. Auf der Suche nach einem Angriffspunkt werden die Freemans schnell in Michaels Vergangenheit fündig und hecken einen teuflischen Plan aus, der alle Beteiligten für immer verändern wird … John Katzenbach hat sich mit „Die Anstalt“ und „Der Patient“ als hervorragender Thriller-Autor schnell einen Namen machen können. Mit „Das Opfer“ ist ihm ein beklemmender Stalker-Thriller gelungen, den man gar nicht mehr aus der Hand legen kann!

Scott Turow – „Der letzte Beweis“

Montag, 14. Juni 2010

(Blessing, 576 S., HC)
Am 30. September 2008 stirbt Barbara Sabich auf ihrem Bett. Ihr Mann Rusty, der leitender Richter am Berufungsgericht und aussichtsreichster Kandidat für das Oberste Bundesstaatsgericht, verweilt fast einen ganzen Tag bei ihr, räumt Bücher und Kleider weg, bevor er seinen Sohn Nat informiert und schließlich ein Bestattungsunternehmen. Die Todesursache wird als Herzversagen diagnostiziert. Schließlich litt Barbara Sabich unter einer bipolaren Störung, die sie mit einem Haufen Medikamente behandeln musste. Dennoch stellt sich die Frage, warum der Richter einen ganzen Tag verstreichen ließ, bevor er jemanden informierte. Wollte er etwas vertuschen, darauf warten, dass sich beispielsweise gewisse Substanzen im Körper der toten Frau bis dahin nicht mehr nachweisen ließen?
Diese Theorie vertritt nämlich Oberstaatsanwalt Tommy Molto, der Rusty Sabich bereits vor 22 Jahren angeklagt hatte, seine damalige Geliebte, die junge Staatsanwältin Carolyn Polhemus, in ihrer Wohnung erschlagen zu haben. Doch beim Prozess unterliefen der Anklage etliche Fehler, die Rustys Anwalt Sandy Stern erbarmungslos für seinen Mandanten auszunutzen verstand. Während Molto noch sehr zurückhaltend ist, was eine erneute Ermittlung gegen Sabich angeht, ist sein Mitarbeiter Jim Brand weniger zimperlich und trägt immer mehr Indizien zusammen, die Sabich belasten, vor allem die neue Affäre mit seiner Referendarin Anna …
Mit seinem 1987 veröffentlichten Debüt „Aus Mangel an Beweisen“ begründete der Anwalt Scott Turow quasi eindrucksvoll das Genre des Justizthrillers, das in der Folge vor allem durch seinen Kollegen John Grisham immer populärer wurde. Im Gegensatz zu Grisham praktiziert Turow aber nach wie vor als Anwalt und versteht es in seinen Romanen meisterhaft, die komplexen Fragen von Schuld und Unschuld in extrem spannenden Thrillern zu thematisieren. Auch „Der letzte Beweis“ unterstreicht diese Meisterschaft. Indem jeweils Rusty, sein Sohn Nat und die Referendarin Anna aus der Ich-Perspektive, Oberstaatsanwalt Tommy Molto aber in der dritten Person die Ereignisse vor und nach dem Mord an Barbara Sabich Revue passieren lassen, tappt der Leser lange Zeit im Dunkeln, ob Rusty Sabich tatsächlich seine Frau umgebracht hat. Aber viel interessanter als die Frage nach dem Täter sind einmal mehr die juristischen Findigkeiten, Schlupflöcher und moralischen Grundsätze, die Turow in geschliffen feiner Weiseäußerst lebendig und packend beschreibt.

Dean Koontz - „Survivor – Die Überlebende“

Sonntag, 13. Juni 2010

(Lübbe, 384 S., HC)
Von besonderer psychologischer Intensität ist auch sein Roman „Survivor - Die Überlebende“, in dem Joe Carpenter nach einem Jahr, das er mehr schlecht als recht damit verbrachte, über den Verlust seiner Frau Michelle und seiner Tochter Nina, die bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen waren, hinwegzukommen. Während die Trauer so langsam in Lebensmüdigkeit umschlägt, begegnet dem ehemaligen Zeitungsreporter der Los Angeles Post eine geheimnisvolle Frau namens Rose, die behauptet, den Flugzeugabsturz vor einem Jahr überlegt zu haben, doch versucht ein mächtiger Technologiekonzern die Frau daran zu hindern, Joe weitere Informationen mitzuteilen.
Während Joe auf der einen Seite verzweifelt versucht, diese Frau wiederzufinden, keimt in ihm die immer stärker werdende Hoffnung auf, dass seine Familie den Absturz auch überlebt haben könnte. Damit beginnt ein atemberaubender Wettlauf zwischen ihm und Teknologik auf der Suche nach Rose Tucker sowie eine eindringliche psychologische Reise, an deren Ende ganz neue Erkenntnisse über Leben und Tod auf Joe warten.

Dean Koontz – „Morgengrauen“

(Bastei Lübbe, 318 Seiten, Tb.)
In seinem  Roman „Morgengrauen“ geht es um einen Schriftsteller, nur heißt dieser Tommy Phan und hat eigentlich Journalismus studiert.
Da ihm das Leben bei seinen Eltern und den zahlreichen Geschwistern, die er alle von Herzen liebt, aber zu langweilig ist, beendet er seine Reporter-Karriere und macht sich als Schriftsteller selbständig.
Doch schon die von seinem ersten verdienten Geld gekaufte Corvette ruft unheimliche Ereignisse hervor, die den Leser zunächst an „Christine“ erinnern lassen. Doch auch in Phans Apartment geschehen merkwürdige Dinge, die dem jungen Schriftsteller bald deutlich machen, dass man ihm nach dem Leben trachtet. Koontz, der bislang so verschiedene Elemente wie Thriller und Horror, Fantasy und Krimi, Love-Story und Science-fiction in seinen Werken verband, versucht sich diesmal an einer Mixtur von übernatürlichem Thriller und Screwball-Komödie. Dabei ist „Morgengrauen“ nicht unbedingt ein beängstigender, aber recht spannender und humoriger Roman geworden.

Dean Koontz - „Intensity“

(Heyne, 478 S., Tb.)
Mit „Intensity“ veröffentlicht Heyne ein bereits 1996 von Dean Koontz geschriebenen Psychothriller, der 1997 mit John C. McGinley in der Hauptrolle des Serienkillers Edgler Vess als hochgelobter TV-Zweiteiler verfilmt worden ist. Vess dringt in der Nacht nach dem Thanksgiving-Fest, das die junge Kellnerin Chyna Shepard bei der Familie ihrer Freundin Laura verbracht hat, in das Haus dieser Familie ein und metzelt alle nieder außer Chyna, die sich im Wohnmobil des Psychopathen verstecken kann. Bei einem Tankstellenaufenthalt erfährt sie aus einem Gespräch zwischen Vess und den Besitzern, dass Vess in seinem Keller die kleine Ariel gefangen hält.
Entschlossen, das kleine Mädchen zu retten, nimmt Chyna den ungleichen Kampf mit dem Killer auf. Dieses Szenario beschreibt Koontz so spannend, dass einem beim Lesen vor Nervenkitzel fast die Luft wegbleibt.

Dean Koontz - „Kalt“

(Heyne, 512 S., HC)
Der 29-jährige Künstler Dylan O’Connor ist mit seinem knapp zehn Jahre jüngeren, autistischen, aber hochintelligenten, Bruder Shepherd auf dem Weg zu einem Kunstfestival. Als Dylan für seinen Bruder und sich Fastfood zum Abendbrot besorgen will, bekommt er eins über den Schädel und wird zurück ins Motel, wo Shepherd selbstvergessen mit rasender Geschwindigkeit ein Puzzle zusammensetzt, geschleppt und erhält eine Injektion mit einem „psychotropen Zeugs“, das das Lebenswerk eines verrückten Wissenschaftlers sein soll.
Das gleiche Schicksal widerfährt der zynischen Comedy-Künstlerin Jillian Jackson, die mit ihrem 56er mitternachtsblauen Cadillac Coupe DeVille und ihrem „Freund“ Fred (Geburtsname Crassula argentea) auf dem Weg nach Phoenix, Arizona, zu einem dreitägigen Engagement ist. Auch sie bekommt diese Injektion, deren Wirkung außergewöhnlich, „manchmal positiv“ sein soll. Als der Wissenschaftler vor „denen“ flüchtet und Jillians Coupe DeVille in Flammen aufgeht, beginnt für die beiden Brüder und die Frau eine gefährliche Fahrt ins Ungewisse. Während Jillian plötzlich von erschreckend realistischen Halluzinationen heimgesucht wird, folgt Dylan düsteren Vorahnungen und befreit mit Jillians Hilfe den kleinen Kenny aus der Gefangenschaft seines gewalttätigen Bruders und seiner Freundin. Gemeinsam entdecken sie die seltsamen Fähigkeiten, die das „psychotrope Zeugs“ bewirkt, müssen aber auch vor den skrupellosen Wissenschaftlern flüchten, die ihnen auf den Versen sind. Packender, filmreifer Psycho-Thriller mit viel Humor.

Dean Koontz - “Im Bann der Dunkelheit”

(Heyne, 544 Seiten, Tb.)
Christopher Snow, der Protagonist von Koontz’ neuem Roman, dürfte den Koontz-Fans schon durch seinen letzten Roman “Geschöpfe der Nacht” bekannt sein, in dem der von einer seltenen Erbkrankheit geplagte Snow den rätselhaften Tod seines Vaters zu ergründen versuchte und dabei nur in der Nacht das Haus verlassen konnte, weil seine Haut durch die Krankheit in höchstem Maße lichtempfindlich ist. Die Menschen in seiner Heimatstadt Moonlight Bay zeichneten sich bereits im ersten Snow-Roman durch ihr merkwürdiges, oft aggressives Verhalten aus.
Diesmal verfolgt der junge Journalist Kidnapper, die den kleinen Sohn einer Freundin entführt haben. Da er der korrupten Polizei nicht trauen kann, verfolgt Snow die Spur der Kidnapper auf eigene Faust und stößt dabei auf einen stillgelegten Militärstützpunkt in Fort Wyvern. Zusammen mit seinen Freunden untersucht Snow jeden Winkel des Geländes und macht dabei grausame Entdeckungen, die das Verschwinden weiterer Kinder erklären.
Wie sein letzter Roman ist auch “Im Bann der Dunkelheit” eine flüssig geschriebene, spannende Parabel unserer Zeit, wobei Koontz mittlerweile einen reifen und gelegentlich sogar poetischen Stil entwickelt hat, der seine liebevoll gezeichneten Charaktere noch eindringlicher zur Geltung kommen lasst.

Dean Koontz - „Geschöpfe der Nacht“

(Heyne, 511 S., HC)
Dean Koontz ist neben Stephen King der wohl populärste Horror-Autor unserer Zeit. Mit vielen seiner Werke versucht Koontz den Leser durch das Aufgreifen weitverbreiteter Ängste vor zwielichtigen Organisationen zu schockieren, wie es eben auch sehr geschickt „Akte X“ zu tun versteht.
Mit „Geschöpfe der Nacht“ führt Koontz den Leser in das ungewöhnliche Leben des 28jährigen Journalisten und Buchautoren Chris Snow ein, dem eine seltene Hautkrankheit verbietet, sich dem Sonnenlicht auszusetzen. Als sein Vater nach längerer Krankheit stirbt, muss Chris mit ansehen, wie die Leiche seines Vaters mit der eines Penners vertauscht wird, wobei der Leichendieb aber gute Kontakte zum örtlichen Polizeichef besitzt und den Priester von Moonlight Bay erpresst. Während sich Chris gezwungenermaßen nachts auf die Suche nach Erklärungen begibt, muss er miterleben, wie viele seiner Mitmenschen auf unerklärliche Weise wütender und aggressiver werden. Koontz versteht es dabei auf gewohnt meisterhafte Art, die Spannung kontinuierlich zu steigern und mit dem Ich-Erzähler gemeinsam die aufzuklärende Ungewissheit förmlich spürbar zu machen.

Dean Koontz - „Bote der Nacht“

(Heyne, 752 S.)
Die arbeitssuchende 28-jährige Micky Bellsong will sich eigentlich nur ein paar nette Tage bei ihrer schrulligen, aber liebenswerten Tante Geneva in ihrem Wohnwagen im südlichen Kalifornien machen, als sie das neunjährige Mädchen Leilani von nebenan kennen lernt. Körperlich zwar missgebildet, entpuppt sich die Kleine als ziemlich clever, aber sie muss unter ihrer drogensüchtigen Mutter und ihrem Stiefvater Preston leiden, der als Killer mit fehlgeleiteten ethischen Grundsätzen bereits Leilanis ebenfalls behinderten Bruder auf dem Gewissen hat.
Micky glaubt den abenteuerlichen Geschichten des Mädchens zunächst nicht, muss aber schnell am eigenen Leib erfahren, dass die Wahrheit weitaus erschreckender ist. Sie flüchtet mit Leilani und findet immer wieder unerwartete Unterstützung, doch ihre Verfolger sind nicht nur vom FBI, sondern viel ungeheuerlicher. Auf der Flucht ist auch ein zehnjähriger Junge, der Zeuge wurde, wie seine Mutter getötet wurde. Als er Zuflucht in dem Haus der Familie Hammond suchte, wird auch sie von den Häschern ausgelöscht. Und dann gibt es noch den desillusionierten Privat-Detektiv Noah Farrel, der schon mal Mickeys Freundin aus dem Schlamassel gezogen hatte und nun Micky bei der Suche nach Preston Maddoc helfen soll. Suspense-Meister Dean Koontz, der zusammen mit Stephen King, Peter Straub und Clive Barker in den 80er Jahren das Horror-Genre neu belebte, schuf eine spannende Geschichte mit stark gezeichneten Charakteren und viel Humor, überzieht den Bogen aber etwas beim rasanten Showdown.

Dean Koontz - „Die Anbetung“

(Heyne, 479 S., HC)
Der zwanzigjährige Odd Thomas ist die Bescheidenheit in Person und lebt glücklich als hervorragender Koch im Pico Mundo Grill mitten in der sengend heißen Wüste Südkaliforniens. Er träumt vielleicht davon, ins Reifengeschäft zu wechseln oder als Schuhverkäufer umzusatteln, doch darüber hinaus hegt er keine weiteren Ambitionen. Und dennoch ist Odd Thomas ein ganz ungewöhnlicher Mensch, schließlich kann er die Toten sehen. Und diese bitten ihn manchmal um Hilfe, damit an ihnen verübtes Leid vergolten wird und sie das Zwielicht zwischen Leben und Tod endlich verlassen können. So wie die zwölfjährige Penny Kallisto, die vergewaltigt und erdrosselt worden ist. Sie bringt Odd Thomas auf die Spur seines alten Schulkumpels Harlo, den Odd dann der Justiz überführt.
Chief Wyatt Porter weiß als einer der wenigen Menschen von Odds seltsamer Gabe und konnte aufgrund seiner Hinweise schon einige Verbrechen aufklären. Doch als eines Tages ein Fremder im Pico Mundo Grill auftaucht, sind es keine Toten, die Odd Thomas so erschrecken, sondern ein ganzer Schwarm von so genannten Bodachs, die immer dann auftauchen, wenn sich besonders schreckliche Ereignisse ankündigen. Zusammen mit seiner Freundin Stormy verfolgt Odd Thomas den mysteriösen Mann bis nach Hause und macht dort eine entsetzliche Entdeckung … Mit „Die Anbetung“ ist Koontz ein von Anfang an extrem spannender Thriller mit ungemein sympathischen Protagonisten und viel Humor gelungen.

Dean Koontz - „Der Wächter“

(Heyne, 736 S.)
Dean Koontz ist in den 80ern einer der herausragenden Protagonisten gewesen, der im Zuge der Stephen-King-Erfolgswelle zusammen mit Clive Barker, Peter Straub und Ramsey Campbell frischen Wind in das bis dahin blutleere Horror-Genre gepumpt hat. Mittlerweile ist er zu einem stilistisch versierten Thriller-Autor avanciert, der geschickt die tiefsten Ängste des Menschen in der modernen Zivilisation thematisiert.
In seinem neuen umfangreichen Roman begleitet er zunächst Ethan Truman, der als Sicherheitschef des höchst erfolgreichen Schauspielers Channing Manheim in letzter Zeit verschiedene mysteriöse Päckchen in Empfang genommen hat. Nachdem die ersten Sendungen noch kommentarlos Schnecken, Käfer und zehn von Leichen abgetrennte Vorhäute enthielten, wird Truman beim nächsten Päckchen nervöser – dem aufgetrennten und wieder säuberlich zugenähten Apfel, der in seinem Inneren ein Puppenauge enthält, liegt diesmal eine mysteriöse Botschaft bei. Die Überwachungskameras des alten wie riesigen Anwesens haben aber den Überbringer, den weitaus weniger erfolgreichen Schauspieler Rolf Reynerd, aufzeichnen können, weshalb zunächst Truman, dann auch sein ehemaliger Polizei-Kollege Hazard Yancy ihn aufsuchen. Wenig später wird Reynerd ermordet, dann verschwindet Trumans alter Jugendfreund Dunny Whistler von einer Bahre in der Pathologie und scheint auf einmal wieder quicklebendig.
Während Truman bei seinen Ermittlungen immer wieder von höchst real wirkenden Halluzinationen heimgesucht wird, macht sich Corky Laputa daran, mit kostenlosen Ecstasy-Päckchen und Halluzinogenen-getränkten Karamellbonbons den Wahnsinn zu verbreiten. Bei allem Engagement, die Ursache für die merkwürdigen Sendungen herauszufinden, wird gar nicht bemerkt, dass Channings kleiner Sohn Aelfric von einem mysteriösen Anrufer bedroht wird ... Dean Koontz erweist sich wieder als Meister seines Fachs: Mit brillantem Spannungsaufbau, großem psychologischem Feingefühl und einer Prise Humor schuf er einen von Beginn an absolut packenden Psycho-Thriller in bester „Schweigen der Lämmer“-Manier.

Peter Straub - “Magic Terror” + “Pork Pie Hat”

Nach der 1993 veröffentlichten Kurzgeschichtensammlung „Haus ohne Türen“ liegt mit „Magic Terror“ endlich eine weitere, höchst unterhaltsame Kollektion von Short Storys des versierten Horror-Autors Peter Straub vor, der nicht nur wegen seiner über 10 Millionen aufgelegten Bücher neben Stephen King, Dean Koontz und Clive Barker als führende Stimme im Grusel-Genre betrachtet wird.
Mit den sieben hier veröffentlichten Stories blickt der gebürtige Brite Straub einmal mehr sprachgewandt und voll makabrem Witz hinter die Fassade wohlanständiger Bürgerlichkeit und zerrt den Leser gnadenlos in den blutrünstigen Rachen des Grauens, das in Kindergärten („Zena“), in den Hütten schlimmer Wohnviertel („Pork Pie Hat“), eben einfach überall zu herrschen scheint. Dadurch, dass Straub viele seiner Storys als Ich-Erzähler verfasst, wird der Leser von früh an mit den irritierenden, grotesken, abgeklärten und schrecklichen Gedanken und Gefühlen vertraut, die den blutigen Horror ganz langsam, aber unaufhaltsam heraufbeschwören. Ob nun eine Kindergärtnerin ihre Macht über die ihr anvertrauten Kinder missbraucht, zwei Jungs in einer abgelegenen Hütte beobachten, wie eine Frau vergewaltigt und umgebracht wird, oder ein Vietnam-Veteran die Geister der Vergangenheit nicht abschütteln kann, stets kitzelt Straub geschickt den richtigen Nerv und sorgt damit für angenehme Gänsehaut. (Heyne, 432 Seiten, Tb.)
Wer neben spannendem Nervenkitzel auch noch eine edle Aufmachung schätzt, kann die in „Magic Terror“ enthaltene Geschichte „Pork Pie Hat“ auch in gebundener Ausgabe im schwarzen Samtschuber erstehen. Die Story handelt nur vordergründig von einem Jazz-Liebhaber, der die Gelegenheit erhält, ein Interview mit einem seiner großen Idole zu machen. Im Grunde genommen geht es um die Geschichte, die der sogenannte Hat aus seiner Kindheit zu erzählen hat, von einer schrecklichen Beobachtung, die er mit seinem Freund Dee in einer Halloween-Nacht machen musste. Die 200 handnummerierten Exemplare des Buchs sind mit stimmungsvollen Zeichnungen von Reinhard Kleist illustriert, der die einzelnen Bücher zusammen mit dem Autor auch signiert hat. (Edition Phantasia, 147 Seiten, HC., im Samtschuber)

Peter Straub - „Haus der blinden Fenster“

(Heyne, 379 S., Tb.)
Die Idylle der amerikanischen Kleinstadt Millhaven wird empfindlich gestört, als zwei Jungen im Teenager-Alter spurlos verschwinden und die Angst vor einem Serienkiller die Runde macht. Der fünfzehnjährige Mark und sein Kumpel Jimbo hält dies aber kaum davon ab, weiterhin ihre Runden mit dem Skateboard durch den Ort zu ziehen, bis Mark auf ein versteckt liegendes Haus aufmerksam wird, das direkt an das Grundstück seines Vaters angrenzt. Allein irritiert von der Tatsache, dass ihm dieses Haus vorher nie aufgefallen ist, fesselt den Jungen dermaßen, dass er fast jede Minute das Haus beobachtet, in dem er einen großen Mann und ein junges Mädchen gesehen zu haben glaubt. Wenig später findet Mark seine Mutter tot in der Badewanne vor, mit aufgeschlitzten Pulsadern und einer Plastiktüte auf dem Kopf.
Fest davon überzeugt, dass das Haus schuld an ihrem Tod ist, wagt er sich mit Jimbo auf eine waghalsige Besichtigung des Hauses, in dem er in einem Geheimversteck ein Fotoalbum findet, das ihm erste Hinweise auf die Identität des Bewohners liefert. Dann verschwindet auch Mark… Als Marks Onkel, der bekannte Schriftsteller Timothy Underhill, seinen Bruder Philip trösten will, nachdem dieser Frau und Sohn verloren hat, macht er sich auf Spurensuche und findet weit mehr als den so genannten Sherman-Park-Killer… In Peter Straubs neuen Roman geht es weniger um die Suche nach einem Serienkiller, als um das ganz besondere Geheimnis, das das Haus und Marks Verschwinden umgibt. Meisterhaft und spannend erzählt ist „Haus der blinden Fenster“ besonders Fans von Stephen Kings „Atlantis“ oder „Es“ zu empfehlen.

Peter Straub - „Esswood House“

(Edition Phantasia, 165 S., Pb.)
Von Peter Straub, der mit seinem Freund Stephen King die Romane “Der Talisman” und “Das schwarze Haus” und selbst mit Werken wie „Koko“, „Der Hauch des Drachen“ und „Geisterstunde“ Meisterwerke der Horror- und Fantasy-Literatur verfasst hat, liegt mit „Esswood House“ jetzt eine bereits 1990 erschienene Geschichte vor, die alle guten Zutaten einer feinen Geisterhausgeschichte enthält.
Der amerikanische Professor William Standish erhält gerade dann die Zusage für ein Stipendium des englischen Esswood House, als seine Frau Jean schwanger wird. Trotz ihrer Bedenken und Einwände tritt Standish die Reise an, um drei oder vielleicht sogar vier Wochen lang die Unterlagen und Manuskripte seiner Großmutter Isobel Standish zu studieren, die 1912 in einer Kleinstauflage das schmale Bändchen „Crack, Whack and Wheel“ veröffentlichte, aber wie ihre berühmten Kollegen Henry James, D.H. Lawrence, T.S. Eliot oder Virginia Woolf ein gern gesehener Gast im Esswood House war. Mit einer Arbeit über das Werk seiner Großmutter hofft Standish seine akademische Karriere zu festigen. Die Fahrt vom Flughafen zum abgelegenen Haus führt ihn zunächst nach Hackstall, wo ihm der Wirt eines Pubs erzählt, dass in Esswood House mal ein Amerikaner ermordet wurde, doch Robert Wall, sein Gastgeber von Esswood House, will von diesem Vorfall nichts wissen, wohl aber von einer Tragödie, die in Hackstall stattgefunden haben soll. Als einziger Stipendiat in Esswood House wird Standish zunehmend von Albträumen geplagt, oft ist ihm schlecht und schwindlig, und seine Recherchen enthüllen wahnwitzige Dinge, die ihn allmählich an seinem eigenen Verstand zweifeln lassen ... Straub zieht seine Leser mit präzisem Geschick unentrinnbar in einen Sog von mysteriösen Ereignissen, die Wahn und Wirklichkeit zunehmend verschwimmen lassen… Straub hat diese Geschichte bereist als „Frau Gott“ in kürzerer Version in seinem Story-Band „Haus ohne Türen“ veröffentlicht, sie aber im Stile von Robert Aickman noch erweitert und mysteriöser gestaltet.

Stephen King/Peter Straub - „Das Schwarze Haus“

Samstag, 12. Juni 2010

(Heyne, 832 S., HC)
Bereits 1984 ließen der Horror-King und der geschätzte britische Fantasy-Autor Straub in ihrer ersten gemeinsamen Arbeit, dem Fantasy-Epos „Der Talisman“ den damals 12-jährigen Jack Sawyer zwischen den Welten hin- und herflippen. Mittlerweile hat er Karriere als Detective mit außergewöhnlichem kriminalistischem Spürsinn gemacht, seinen Job aber bereits an den Nagel gehängt. Er kehrt von Los Angeles in das verträumte French Landing in den Wäldern Wisconsins zurück, wo er vor Jahren einen brutalen Kindermörder dingfest gemacht hat.
Eigentlich wollte er sich hier nur ein Häuschen kaufen, um - gerade mal dreißigjährig - einen ruhigen Lebensabend zu verbringen, doch sehr bald wird er von seinem Freund Dale Gilbertson, dem hiesigen Polizeichef, um Hilfe bei der Ermittlung von Kindesentführungen gebeten. Einige dieser Kinder tauchen nach Hinweisen des brutalen Killers teilweise verstümmelt wieder auf. Um den „Fisherman“ zu stellen, sieht sich Sawyer gezwungen, mit seinen Freunden wieder in die „Territorien“, in die „Anderwelt“ zu flippen... 
Was auf den ersten 400 Seiten ziemlich wirr und zäh beginnt, entwickelt sich zumindest in der zweiten Hälfte zu einem packenden Psycho-Thriller in bester Hannibal-Lecter-Tradition, nur dass dabei noch Fantasy-Elemente, unter anderem auch der Revolvermann und der Dunkle Turm eine Rolle spielen.