(Buchheim, 488 S., E-Book)
Bereits mit seinem 1990 veröffentlichten Erstling „The Revelation“,
der zuvor seine Abschlussarbeit für den MA in Vergleichende Literaturwissenschaft
an der California State University Fullerton gewesen war, erhielt Bentley Little
den Bram Stoker Award für den besten Debütroman. Seither hat der
publikumsscheue Amerikaner dreißig Romane und etliche Kurzgeschichten veröffentlicht,
doch nie auch nur annähernd den Status seiner berühmten Kollegen Stephen
King, Peter Straub, Dan Simmons oder Dean Koontz erreichen können.
Warum das so ist, dokumentiert das 1994 veröffentlichte Frühwerk „The Night
School“ aka „University“, das erst 2019 im Buchheim Verlag in
deutscher Sprache unter dem Titel „Die Universität“ erschienen ist.
Als Chefredakteur der Universitätszeitung „Daily Sentinel“
der Brea Universität in Kalifornien stehen Jim Parker alle Möglichkeiten nach
seinem Studium der Journalistik für die Zukunft offen. Dennoch verspürt er ein
diffuses Unbehagen, nach dem Sommer wieder an die Brea zurückzukehren, doch nach
einem Gespräch mit seiner Mutter lässt er seine Zweifel sausen. Die
Entscheidung, wie geplant seinen Abschluss zu machen, wird durch die
Bekanntschaft seiner Kommilitonin Faith Pullen versüßt, die es gar nicht
erwarten konnte, aus dem Haus, das sie mit ihrer sexhungrigen Mutter und ihrem
jüngeren Bruder Keith bewohnt hat, zu verlassen und ihr vierjähriges Studium an
der Brea zu beginnen, wo sie einen Job in der Bibliothek ergattern konnte, um
ihr Studium zu finanzieren.
Dr. Ian Emerson doziert in diesem Semester über
Schauerliteratur und wird zu Beginn des Semesters von einem Mann namens Gifford
darauf angesprochen, dass die Universität „getötet“ werden müsse, bevor das
Böse zu übermächtig werde. Tatsächlich häufen sich die Gewalttaten an der
Universität. Frauen werden vergewaltigt, Kleinwüchsige und Angehöriger anderer
Rassen diskriminiert. Menschen verschwinden spurlos oder stürzen sich
verzweifelt in den Tod. Während die Universitätspräsidentin und die Verwaltung
alles daransetzen, um die Entwicklung kleinzureden und auf äußere Einflüsse zurückzuführen,
ist auch Emerson mit der Zeit davon überzeugt, den Ratschlag von Gifford zu
überdenken und eine Gruppe von Leuten um sich zu scharen, die den unheimlichen
Ereignissen auf dem Campus entgegenzuwirken. Denn die Brutalität, mit der die
Studenten mittlerweile agieren, lässt nichts Gutes ahnen…
„Mit dem Bösen ließ sich viel leichter umgehen, wenn es zufällig und ohne Plan auftrat. Wieder dieses Wort. Das Böse. Es war selbst in zeitgenössischer Horrorliteratur außer Mode geraten, wahrscheinlich weil es in Post-Clive-Barker-Zeiten als zu kulturrelativistisch erachtet wurde, aber es passte einfach. Dabei gab er nichts auf die jüdisch-christliche Vorstellung des Bösen, diesen belanglosen und eigentümlich personalisierten Glauben, der banale Schwächen wie Völlerei und Stolz als Todsünden betrachtete. Aber das mutwillige Herbeiführen von Leiden und Tod gehörte für ihn definitiv in diese Kategorie. Und genau das machte die Universität. Sie führte Tod und Leiden herbei, zu ihrem eigenen Vergnügen, wie Gifford Stevens behauptete.“ (S. 327)
Warum Bentley Little nicht in einer Liga beispielsweise
mit dem „King of Horror“ spielt, wird bereits nach wenigen Seiten deutlich.
Zwar gibt sich der Autor anfangs noch etwas Mühe, wenigstens zwei der
Protagonisten, Jim und seine spätere Freundin Faith, mit einem persönlichen
Hintergrund zu versehen, doch das im Buch thematisierte Böse der Universität
wird schon zu Anfang nur unzureichend ebenso plump wie diffus beschrieben.
Statt das Grauen langsam in den Alltag ganz normaler Menschen schleichen zu
lassen, wie es Stephen King meisterhaft beherrscht, bedient sich Little
der Holzhammer-Methode, vernachlässigt die Atmosphäre des klassischen Spukhaus-Horrors
zugunsten voyeuristischer Schilderungen von hartem Sex, brutalen
Vergewaltigungen und Splatter-Effekten, die bei Littles Kollegen Richard
Laymon weitaus stimmiger zum Ausdruck kommen.
Die Beschreibung der zunehmend verstörenden Ereignisse an
der Brea wirkt eher schlagwortartig und geht leider einher mit der plakativen
Zeichnung der vielen Figuren, die den Plot unnötig in die Länge ziehen,
worunter sowohl die Spannung als auch die Atmosphäre, vor allem aber die
Glaubwürdigkeit leiden. Denn die Natur des Bösen erfährt bis zum Ende keine
überzeugende Erklärung, so dass „Die Universität“ wie eine verunglückte Verkleidung
für einen unoriginellen Torture-Porn-Plot im Gewand eines Horror-House-Schockers
wirkt. Das kann Bentley Little definitiv besser.