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Jussi Adler-Olsen - (Carl Mørck 3) „Erlösung“

Montag, 11. Juli 2011

(dtv, 591 S., Pb.)
Das Sonderdezernat Q des Polizeipräsidiums in Kopenhagen widmet sich unter der Leitung von Carl Mørck alten ungelösten Fällen. Mørck , seinem muslimischen Assistenten Assad und der eigenwilligen Rose fällt eine Flaschenpost aus dem Jahre 1996 in die Hände, die zunächst an der Küste von Schottland aufgefunden wird, aber viele Jahre unbeachtet im Küstenstädtchen Wick auf der Polizeiwache herumstand.
Nach ersten Analysen durch die schottischen Kollegen versucht die Mannschaft des Sonderdezernats das mit Blut beschriebene, kaum noch leserliche Schriftstück zu entziffern und fügt durch Hilfe von Kollegen die Textfragmente wie ein Puzzle zusammen. Während die Ermittler auf den Namen Poul Holt stoßen, der den Hilferuf unterschrieben hat, gehen Carl Mørck & Co aber auch einer Reihe von Brandstiftungen nach, bei denen offenbar schon vorher verbrannte Leichen aufgefunden werden, deren Einkerbungen am kleinen Finger darauf schließen lassen, dass die Opfer einer religiösen Sekte angehören. In diese Richtung führt auch die Suche nach Poul Holt. Und schon wird Carl Mørck klar, warum sich der Kidnapper ausgerechnet Kinder aus einer der vielen Sekten auswählt, die in der dänischen Gesellschaft integriert sind.
„‘Der Entführer sucht sich eine kinderreiche Familie aus“, fuhr Carl fort, während er nach Gesichtern Ausschau hielt, an die zu wenden es sich lohnte. ‚Eine Familie, die – als Zeugen Jehovas – in vielerlei Hinsicht isoliert in der sie umgebenden Gesellschaft lebt. Eine Familie, die relativ starr in ihren Gewohnheiten verankert ist und ein außerordentlich restriktives Leben führt. Eine Familie, die zuletzt auch noch vermögend ist, nicht wirklich steinreich, aber reich genug. Aus dieser Familie wählt der Mörder zwei Kinder aus, die innerhalb der Kinderschar irgendwie einen besonderen Status haben. Er entführt sie beide, und nachdem das Lösegeld bezahlt ist, ermordet er das eine und lässt das andere frei. Jetzt weiß die Familie, wozu er imstande ist. Der Mörder droht dann, er sei bis in alle Zukunft bereit, ohne Vorwarnung ein weiteres Geschwisterkind umzubringen, sollte er den Verdacht hegen, die Familie habe sich mit der Polizei oder der Gemeinde in Verbindung gesetzt oder versuche auf eigene Faust, ihn zu finden.“ (S. 266)
Carl Mørck und sein Team haben alle Hände voll zu tun, die Identität des gewieften Kidnappers und Killers zu ermitteln. Er bewegt sich nicht nur unter verschiedenen Namen, sondern auch mit raffinierten Verkleidungen durch seine „Fanggebiete“ und schreckt vor keinen Mitteln zurück, seine Spuren hinter sich zu verwischen.
Nachdem der vorangegangene zweite Fall „Schändung“ nicht ganz die Erwartung erfüllen konnte, die der furiose Erstling „Erbarmen“ geschürt hat, nimmt Adler Olsen mit „Erlösung“ von Beginn an so richtig Fahrt auf. Die Reihe von ausgetüftelt organisierten Kindesentführungen und –morden in den Reihen dänischer Glaubensgemeinschaften, die es vorziehen, unter sich zu bleiben, geht dem Leser schnell nahe. Der Autor beschreibt sowohl das perfide Handeln des Kidnappers/Killers als auch die Leiden seiner Mitmenschen, die nur ahnen, dass hinter seiner bürgerlichen Maske etwas Böses lauert. Den Wettlauf gegen die Zeit, die das Sonderdezernat Q beim Auffinden der vermissten Kinder zu absolvieren hat, ist actionreich und extrem spannend geschrieben. So muss ein moderner Thriller sein! Einzig die interessanten Persönlichkeiten des Sonderdezernats könnten noch besser ausgeleuchtet werden. Hier sorgt der erfrischende Humor im Umgang zwischen den Kollegen für wohltuende Ablenkung von dem harten Fall, aber Privates wird wieder nur häppchenweise abgerissen. Das macht zumindest neugierig auf die Folgebände.
Lesen Sie im Buch "Erlösung"

Jussi Adler-Olsen – (Carl Mørck 1) „Erbarmen“

Freitag, 26. November 2010

(dtv, 424 S., Pb.)
Nachdem der Kripobeamte Carl Mørck nach einer Schießerei noch immer nicht verwunden hat, dass ein Kollege tödlich verletzt wurde und Hardy ab dem Hals abwärts gelähmt im Krankenhaus liegt, nimmt er nur zu gern das Angebot seines Chefs Marcus Jacobsen an, das neue Dezernat „Q“ zu leiten, das sich mit alten ungelösten Fällen befassen soll. Das bedeutet zwar die räumliche Versetzung in den fensterlosen Keller, doch hier hat der Sonderermittler alle Freiheiten und mit dem syrischen Asylanten Hafez el Assad einen Assistenten, der sich nicht nur um die technischen Angelegenheiten in den abgeschiedenen Räumlichkeiten kümmert und mit seinem Charme so einige Gefälligkeiten von den Sekretärinnen der Dienststelle einfordern kann, sondern sich auch als intelligenter Beobachter und Ermittler erweist. Er stößt seinen Chef auf den Fall der Politikerin Merete Lynggaard, die vor fünf Jahren nach dem Aufenthalt auf einer Fähre spurlos verschwunden und mittlerweile für tot erklärt worden ist.
Mørck braucht nicht lange, um festzustellen, dass die Ermittlungen seines Kollegen Bak damals äußerst schlampig durchgeführt worden sind. Zusammen mit dem eifrigen Assad macht Mørck Meretes autistischen Bruder Uffe ausfindig und ermittelt auch in dem politischen Umfeld der Vermissten. Als wichtige Spur erweist sich der Besuch bei einem Fotografen, der Merete wie ein Paparazzi verfolgt und überall fotografiert hat. So stoßen sie auf ein einst einflussreiches dänisches Industrieunternehmen und eine offene Rechnung, die offensichtlich jemand begleichen will. Noch ahnen Mørck und Assad nicht, dass ihnen die Zeit davonläuft, denn Merete wird seit Jahren von ihren Entführern in einem dunklen Raum gefangen gehalten. Ihr Todesdatum steht längst fest …
Was „Erbarmen“ so spannend macht, sind die zwei so unterschiedlichen, über mehrere Jahre hinweg parallel verlaufenden Handlungsstränge – hier die posttraumatische Bewältigung eines gescheiterten Polizeieinsatzes und der Aufbau einer neuen Ermittlungsbehörde; dort die Entführung und Folterung einer attraktiven, aber unnahbaren Politikerin. Gespannt wartet der Leser auf die Zusammenführung dieser zunächst losen Enden. Erfrischend ist vor allem das außergewöhnliche Ermittlerduo. Der obrigkeitsmüde Mørck wird aus dem ihm zugeteilten Assistenten Assad nicht richtig schlau, aber wie gut die beiden letztlich zusammenarbeiten, ist schon manchmal recht erheiternd wie effektiv. Das Motiv für die Tat wirkt allerdings nicht recht schlüssig, doch davon abgesehen bietet dieser dänische Thriller vielschichtige Spannung!

Jussi Adler-Olsen – (Carl Mørck 2) „Schändung“

(dtv, 464 S., Pb.)
Nach der erfolgreichen Aufklärung des Verschwindens der aufstrebenden Politikerin Merete Lynggaard und dem verdienten Sommerurlaub hat es Sonderdezenat-Q-Leiter Carl Mørck erneut mit einem ungelösten alten Fall zu tun. Im Sommer 1987 wurde ein Geschwisterpaar, ein achtzehnjähriger Junge und ein siebzehnjähriges Mädchen, brutal ermordet in einem Sommerhaus in Rørvig aufgefunden. Verdächtigt wurde eine Gruppe von Internatsschülern, deren Eltern zu den höchsten gesellschaftlichen Kreisen zählten. Mittlerweile sind die Kinder in die Fußstapfen ihrer Eltern getreten: Ditlev Pram hat eine Reihe von privaten Kliniken gegründet, Torsten Florin ist ein international renommierter Modedesigner, Ulrik Dybbøl Jensen Aktienhändler an der Kopenhagener Börse und der mittlerweile verstorbene Kristian Wolf war ein erfolgreicher Schiffsreeder gewesen.
Nur zwei der damals verdächtigten Jugendlichen fallen aus der Reihe: Kimmie Lassen hatte zwar auch zum Jet-Set gehört, doch fehlt von ihr mittlerweile jede Spur. Und Bjarne Thøgersen, der den Mord neun Jahre nach der Tat gestanden hatte und dafür im Gefängnis saß, kam als Einziger aus bescheidenen Verhältnissen. Mørck leuchtet zunächst nicht ein, warum ihm sein Assistent Assad die Akte vorgelegt hat, wenn es doch zu einer Verurteilung gekommen ist, doch als sich Mørck, Assad und die neue Aushilfe Rose etwas näher mit dem Fall zu befassen beginnen, unterbindet Mørcks Vorgesetzter Jacobsen weitere Ermittlungen. Doch Mørck, von jeher ein Rebell gegen jede Obrigkeit, leckt nun erst recht Blut und versucht, die untergetauchte Kimmie aufzuspüren. Wie sich herauskristallisiert, hat sie noch eine eigene Rechnung mit ihren drei Internatskameraden von damals offen, und Pram, Florin und Dybbøl versuchen ihrerseits, die Querulantin aus dem Verkehr zu ziehen …
Mit dem sympathischen wie unorthodoxen Ermittlerduo Mørck und Assad hat der norwegische Thriller-Autor Jussi Adler-Olsen mit "Erbarmen" eine Reihe ins Leben gerufen, die gern als legitime Nachfolger von Stieg Larssons „Millennium“-Trilogie gefeiert wird. Tatsächlich sind die beiden Sonderermittler von ähnlich schräger Natur wie Larssons Journalist Mikael Blomkvist und die Ermittlerin Lisbeth Salander, doch hören die – vagen – Gemeinsamkeiten hier auch schon auf. Von der atmosphärischen Dichte der brillanten Thriller des verstrobenen Schweden sind Adler-Olsens Werke weit entfernt. Zwar ist auch „Schändung“ äußerst spannend und kurzweilig geschrieben, aber die stereotyp gezeichneten Bösewichte aus der High Society, mit denen es Mørck & Co. hier zu tun haben, wirken nicht allzu überzeugend. Auch durfte man sich erhoffen, dass die kauzige Beziehung zwischen Mørck und Assad weiter vertieft wird, doch erfährt der Leser in dieser Hinsicht nichts Neues. Dafür bringt die resolute Aushilfe Rose frischen Wind ins Sonderdezernat Q. Auf den nächsten Fall des Trios darf man sich also doch freuen.