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Robert B. Parker – (Jesse Stone: 7) „Der Killer kehrt zurück“

Sonntag, 18. Oktober 2020

(Pendragon, 312 S., Tb.) 
Jesse Stone bekommt unerwarteten Besuch von dem Apachen Wilson „Crow“ Cromartie, der vor zehn Jahren bei einem brutalen Überfall einige Tote in Paradise hinterlassen hat und mit einer stattlichen Millionen-Beute untergetaucht ist, wofür ihn der Polizei-Chef aber nie belangen konnte. Der in Süd-Florida herrschende Mafioso Louis Francisco hat Crow nun beauftragt, seine in Paradise lebende Frau Fiona, die sich hier Frances Franklin nennt, zu töten und seine vierzehnjährige Tochter Amber zu ihm nach Hause zu bringen. 
Doch Amber alias Alice Franklin ist alles andere als daran interessiert, zu ihrem gefühllosen Dad zurückzukehren. Stattdessen hängt sie mit der aus Marshport stammenden Latino-Gang von Esteban Carty ab. Tatsächlich wird Franciscos Frau wenig später erschossen auf dem Grundstück der Crowne-Villa aufgefunden. Der Tatort ist deshalb so interessant, weil die Miriam Fiedler alles daran setzt, dass auf diesem Grundstück nicht wie geplant eine Schule für lateinamerikanische Einwandererkinder entsteht, da sie die Sorge um den Verfall der Grundstückspreise in dem Nobelviertel der Stadt umtreibt. Da sich Crow weigert, Amber zu ihrem Dad zurückzubringen, schickt der Mafioso einen Trupp von Killern, die zuerst Crow zur Strecke und dann dessen Auftrag zu Ende führen sollen. 
Aber auch Esteban wittert das große Geld und verspricht dem Gangster-Boss, Amber zu ihm zu bringen. Jesse Stone ist vor allem am Wohl des Mädchens gelegen und bringt Amber bei seiner Ex-Frau Jenn unter, die als Fernsehreporterin bereits eine tolle Story wittert. Zusammen mit Crow heckt Chief Stone einen Plan aus, Estebans Gang und Franciscos Männer gegeneinander auszuspielen … 
„Stone hatte einen Mordfall aufzuklären und wollte möglicherweise auch Recht und Ordnung zum Siege verhelfen. Für Crow hingegen war’s vor allem ein großer Spaß: Cops gegen Gangster, Cowboys gegen Indianer – ein spannendes Spiel, aber ein Spiel mit scharfer Munition. Eine Episode aus der Reihe ,Crows atemberaubende Abenteuer.‘“ 
Auf wenig mehr als 300 Seiten lässt es Robert B. Parker ordentlich krachen. Das Wiedersehen mit dem Apachen Crow verläuft ganz anders als bei „Terror auf Stiles Island“. Diesmal macht er mit dem prinzipientreuen Auftragskiller nahezu gemeinsame Sache, was dem Krimi eine besondere Atmosphäre verleiht. Zwar werden auch die Bemühungen um die millionenteure Crowne-Villa, die verkorkste Beziehung zwischen Jesse und Jenn sowie und etliche Affären – so vergnügt sich Chief Stones Kollege Suitcase mit der einsamen Fiedler-Frau, deren Mann ständig auf Reisen ist, und selbst die glücklich verheiratete Molly Crane lässt sich auf einen One-Night-Stand mit Crown ein – thematisiert, doch die Spannung fokussiert sich ganz auf das Aufeinandertreffen von Crow und Stone auf der einen Seite mit den jugendlichen Horn-Street-Boys um Esteban und den Mafiakillern aus Südflorida auf der anderen. Bei so viel Action bleiben die einzelnen Figuren leider etwas auf der Strecke. Die Beziehung zwischen Jesse und seiner Ex-Frau, die sich immer noch lieben, aber weder mit noch ohne einander leben können, wird vor allem in den Sitzungen aufgearbeitet, die Jesse bei seinem Psychiater Dix wahrnimmt. Und Crow erweist sich als durchaus sympathischer Mann, der Frauen liebt und bei seinem Vorgehen ebenso effektiv wie vorsichtig agiert. 
So bietet „Der Killer kehrt zurück“ flotte Krimi-Unterhaltung mit pointierten Dialogen und amüsanten zwischenmenschlichen Aktivitäten, doch an den lakonischen Ton der besten Spenser-Romane von Robert B. Parker kommt das Buch nicht heran.


Robert B. Parker – (Jesse Stone: 6) „Mord im Showbiz“

Dienstag, 16. April 2019

(Pendragon, 312 S., Tb.)
Im Park von Indian Hill, von dem man einen malerischen Blick über den Hafen von Paradise, Massachusetts, hat, wird die Leiche des prominenten Fernseh-Moderators Walton Weeks entdeckt. Offenbar wurde er erst erschossen, bevor seine Leiche an einem Baum aufgeknüpft worden ist. Wenig später wird in der Mülltonne hinter dem Restaurant von Daisy Dyke die Leiche von Weeks‘ Assistentin und Geliebten Carey Longley gefunden. Nach den Autopsieberichten sind beide Opfer mit derselben Waffe erschossen worden, die Frau war zudem mit Weeks‘ Kind schwanger gewesen.
Bei den Ermittlungen spielt nicht nur Weeks‘ Testament eine Rolle, sondern auch seine beiden Ex-Frauen und die gegenwärtige Mrs. Weeks, von der sich der Ermordete scheiden lassen wollte. Natürlich erregt der Fall nicht nur größtes Medieninteresse, auch der Gouverneur schaltet sich in die Polizeiarbeit ein. Um einen besseren Einblick in Weeks‘ Verhältnisse zu bekommen, reist Jesse Stone nach New York, um nicht nur Mrs. Weeks einen Besuch abzustatten, sondern auch Tom Nolan kennenzulernen, der bislang als Rechercheur für Weeks tätig gewesen ist und nun seine Fernsehshow übernehmen soll.
Während sich die Ermittlungen eher schleppend entwickeln, erfordert auch Jesses Ex-Frau Jenn erhöhte Aufmerksamkeit, denn sie behauptet, vergewaltigt worden zu sein und von einem Stalker belästigt zu werden. Jesse bittet seine aktuelle Geliebte Sunny Randall um Hilfe. Die Detektivin soll Jenn nicht nur vor einem weiteren Übergriff beschützen, sondern auch den mutmaßlichen Stalker identifizieren. Allerdings kommen Jesse zunehmend Zweifel, dass Jenn tatsächlich angetan wurde, was sie behauptete …
Seit Jesse Stone seinen Job bei der Mordkommission in Los Angeles an den Nagel hängen musste, weil er weder die Trennung von seiner Frau Jenn noch seine Alkoholsucht in den Griff bekam, hat er sich in der kleinen Küstenstadt Paradise einen so guten Ruf erarbeitet, dass er selbst bei Mordfällen nur selten die Unterstützung von der Bundespolizei anfordert, die ihm deren Chef Healy gerade in dem neuen Fall anbietet. Doch Jesse Stone hat schon seit jeher eine Abneigung gegen jede Art von Obrigkeit, und auch wenn er sich mit Healy glänzend versteht, nimmt er seine Hilfe tatsächlich nur dann in Anspruch, wenn auf die Ressourcen des Bundesstaates zurückgreifen muss. Wie unbekümmert Jesse mit der Politprominenz umgeht, beschreibt Parker vor allem in der Begegnung mit dem Gouverneur und seinem Stab sehr schön.
Davon abgesehen gehören die unterhaltsam kurzweiligen Dialoge mit der peppigen Molly Crane, die für Jesse die Öffentlichkeitsarbeit in diesem Fall übernimmt, und seinem ambitionierten Angestellten Suitcase Simpson ebenso zu den Höhepunkten von „Mord im Showbiz“ wie die ungewöhnliche Konstellation, die Jesse mit den derzeit wichtigsten Frauen in seinem Leben, Sandy und Jenn, bildet. Gerade die Gespräche zwischen den beiden attraktiven Frauen über ihr jeweiliges Verhältnis zu Jesse sind sehr einfühlsam gelungen, wohingegen sich der 2010 verstorbene Autor sonst recht wenig mit seinen Figuren auseinandersetzt.
Während zumindest noch Jesses berufliches und persönliches Umfeld an Kontur gewinnt, bleiben die mit dem gerade aktuellen Fall verbundenen Figuren recht eindimensional. Allerdings erheben die konstant nur knapp über 300 Seiten umfassenden Romane auch nie den Anspruch, besonders in die Tiefe gehen zu wollen. Stattdessen bietet auch „Mord im Showbiz“ kurzweilige Krimi-Unterhaltung mit einfühlsamen Beobachtungen aus Jesse Stone Privatleben.

Robert B. Parker – (Jesse Stone: 5) „Tod im Hafen“

(Pendragon, 328 S., Tb.)
Für Jesse Stone, Polizeichef in der Kleinstadt Paradise, Massachusetts, und seine Ex-Frau Jenn bietet die anstehende Rennwoche, zu der sich unzählige Yachten, Segel-Fans und Touristen einfinden, die Möglichkeit, ihre Beziehung neu zu festigen, denn Jenn hat sich im wahrsten Sinne des Wortes hochgeschlafen und ist bei ihrem Sender Channel 3 von der Wetterfee zur Reporterin aufgestiegen und darf nun über längere Zeit an einer einstündigen Story über die Rennwoche berichten. Besondere Medienaufmerksamkeit erhält das Event durch die im Hafen angeschwemmte Leiche einer jungen Frau, die als reiche Erbin Florence Horvarth aus Fort Lauderdale identifiziert wird.
Sie wird in Verbindung mit den beiden Yacht-Besitzern Harrison Darnell und Thomas Ralston gebracht, die mit ihren Booten ebenfalls an der Rennwoche in Paradise teilnehmen wollen, aber offensichtlich nur an endlosen Sex-Orgien interessiert sind. Auf einem Video, das Jesse Stone in die Hände fällt, ist die Tote zu sehen, wie sie von zwei Männern penetriert wird, doch sowohl die beiden Männer als auch die Besatzungsmitglieder wollen zu den Ermittlungen nichts beisteuern. Erst durch die engagierte Mithilfe von Kelly Cruz, einer Polizei-Kollegin aus Fort Lauderdale, vermag Jesse Stone allmählich die losen Fäden zusammenzuknüpfen …
Eine besondere Rolle in diesem Fall spielen offensichtlich sowohl die Eltern der Toten, die von sich aus den Kontakt zu Florence abgebrochen haben, als auch Florences jüngere Zwillingsschwestern Claudia und Corliss. Während Jesse versucht, den Mord an Florence aufzuklären, versucht er nach wie vor, die komplizierte Beziehung zu Jenn zu verstehen, wobei ihm die Gespräche mit seinem Psychiater diesmal etwas weiterbringen als zuvor. Vor allem versucht Jesse bei all den Affären, die er selbst immer wieder am Laufen hat, dahinterzukommen, was ihn an Jenn so anzieht.
„Ihr Parfüm lag noch immer in der Luft. Wenn sie geduscht und sich abgetrocknet hatte, pflegte sie etwas Parfüm in den Raum zu sprühen, um dann nackt durch die parfümierte Luft zu gehen. Er fragte sich, wie viele andere Männer davon wussten, und stellte sich vor, wie die Männer sie begafften – so wie er’s gerade selbst getan hatte.“ 
In seinem fünften von insgesamt neun Jesse-Stone-Bänden setzt Robert B. Parker noch mehr als zuvor auf die Sex-Komponente. Damit verbinden sich Jesse Stones aktueller Fall und seine privaten Themen zu einer umfassenden wie komplexen Einheit, in der es vor allem um Depersonalisierung geht, denn Darnell und Ralston betrachten ihre ständig wechselnden Sex-Partnerinnen als bloße Objekte, die ihren Reiz verlieren, sobald sie die Wünsche und Begierden der Männer befriedigt haben. Dieser Aspekt gewinnt interessanterweise auch in der Frage an Bedeutung, wie Jesse und Jenn ihre Beziehung zueinander definieren und welche Rolle dabei die anderen Männer und Frauen in ihrem jeweiligen Leben spielen. Robert B. Parker wechselt hier geschickt zwischen den Schauplätzen in Paradise und Fort Lauderdale, skizziert in wenigen, wenn auch klischeehaft erscheinenden Zügen das Leben der Reichen und Schönen, um dann wieder auf die ganz persönlichen Selbstbetrachtungen seines Protagonisten zurückzukommen.
Gewohnt spritzig sind all die Dialoge zwischen Jesse und seinen Kollegen Suitcase Simpson und Molly sowie dem Chef der Bundespolizei, Healy, ausgefallen, aber auch die Gespräche mit Kelly Cruz, Jenn, Dix und der nymphomanischen Staatsanwältin Rita Fiore aus Boston (die der geneigte Leser aus Parkers Spenser-Romanen wiedererkennen dürfte) sorgen für gute Laune in diesem gekonnt konstruierten Fall.

Robert B. Parker – (Jesse Stone: 4) „Eiskalt“

(Pendragon, 312 S., Tb.)
Als sein Kollege Luther „Suitcase“ Simpson während seiner Nachtschicht die Leiche eines Joggers auffindet, ist dies für Polizeichef Jesse Stone erst der Anfang einer ungewöhnlichen Mordserie, bei der offensichtlich zwei Täter ihre offenbar zufällig ausgesuchten Opfer mit je einer Waffe Kaliber .22 aus nächster Nähe erschießen und dann unerkannt fliehen können. Als allerdings ein roter Saab an den Schauplätzen von zwei weiteren Morden entdeckt wird, führen Jesses Ermittlungen zu einem betuchten Pärchen, von dem Jesse sicher ist, dass es für die Serienmorde verantwortlich ist. Allerdings zeigen sich Anthony Lincoln und seine Frau Brianna so unbekümmert und hilfsbereit, dass sie mit Jesse zu spielen scheinen.
Während Jesse versucht, Beweise für seinen Verdacht zu finden, dass die Lincolns hinter den Morden stecken, hat er es außerdem mit der angezeigten Vergewaltigung der noch minderjährigen Candace Pennington zu tun, die aus Scham aber nicht gegen ihre drei Mitschüler aussagen will, die sie mit Fotos von der Tat erpressen. Zu allem Überfluss versucht Jesse nach seiner Versetzung vom LAPD nach Paradise, Massachusetts, nicht nur sein Alkoholproblem in den Griff zu bekommen, sondern auch die Beziehung zu seiner Ex-Frau Jenn, die ihre Schauspiel-Ambitionen aufgegeben und in Boston bei Channel 3 als Wetterfee angeheuert hat, um wieder näher bei Jesse sein zu können. Während Jesse und Jenn nicht voneinander loskommen, aber auch nicht miteinander leben können, vergnügen sich beide mit jeweils anderen Partnern, ohne dabei glücklich zu werden …
„Er wusste, dass er nicht so allein war, wie er sich im Moment fühlte. Da war Marcy, die anderen Cops, in gewisser Weise auch Jenn. Aber das war nur die Stimme der Vernunft, die ihn mit Argumenten fütterte. Tief im Innern war er allein. Niemand kannte ihn wirklich. Nicht einmal Jenn, auch wenn Jenn ziemlich nah dran war. Seine Cops waren für eine Kleinstadt durchaus brauchbare Leute, aber was sollten sie schon gegen einen Serienmörder ausrichten? Er war der Einzige, der einen Killer zur Strecke bringen konnte.“ 
Robert B. Parker (1932–2010) hat neben der berühmten Reihe um den Detektiv Spenser auch eine mittlerweile ebenso prominente Serie um Polizeichef Jesse Stone veröffentlicht, die mit Tom „Magnum“ Selleck in der Hauptrolle ebenso erfolgreich als Fernsehfilm-Reihe adaptiert worden ist. Der vierte Jesse-Stone-Fall „Eiskalt“ entpuppt sich aber von Beginn als bislang schwächster Band der Reihe, denn das kokett mit Jesse Stone spielende Hobby-Killer-Pärchen ist so oberflächlich skizziert, dass es nicht nur unfassbar unsympathisch, sondern vor allem auch unglaubwürdig wirkt. Interessanter scheint sich zunächst der Vergewaltigungs-Fall anzugehen, aber auch hier verpufft das Gerangel um die Bestrafung der Täter in einer unspektakulären Auflösung.
Und so fokussieren sich der Plot und das Interesse des Lesers zwangsläufig auf Jesse Stones privaten Probleme und Eskapaden. In dieser Hinsicht bringen die Gespräche mit seinem Psychiater Dix und natürlich seiner Ex-Frau Jenn etwas Licht ins Dunkel, aber irgendwie drehen sich Jenn und Jesse in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit so sehr im Kreis, dass eine langfristig befriedigende Lösung kaum denkbar erscheint und uns das allmählich enervierende Geplänkel auch in den nächsten Jesse-Stone-Bänden begleiten wird. Von diesen Defiziten abgesehen unterhält aber auch „Eiskalt“ mit einer flüssigen Sprache und durchaus humorvollen Dialogen, die beweisen, dass sich Jesse Stone selbst nicht immer allzu ernst nimmt.

Robert B. Parker – (Jesse Stone: 3) „Die Tote in Paradise“

Montag, 24. Dezember 2018

(Pendragon, 310 S., Tb./eBook)
Seit Jesse Stone sowohl seinen Job bei der Mordkommission in Los Angeles als auch seine Ex-Frau Jenn dort zurückgelassen hat, übt er nun seinen Dienst als Polizeichef in der Kleinstadt Paradise aus, wo er drei Abende die Woche in der „Paradise Men’s Softball League“ spielt und irgendwie seine Beziehung zu Jenn neu definieren muss. Die Wetterfee ist ihm nämlich nach Paradise nachgezogen, weil sie ebenso wie Jesse feststellen musste, dass die beiden trotz Jesses Alkoholproblemen und Jenns Seitensprüngen nicht so recht miteinander, aber auch auf keinen Fall ohne einander können.
Doch während Jenn bereits eine Therapie macht, muss sich Jesse erst mit dem Gedanken anfreunden, sich professionelle Hilfe zu holen, denn er ist sein ganzes Leben entweder Baseball-Spieler oder Cop gewesen und zählt so definitiv nicht zur üblichen Klientel für Psychiater. Seine Aufmerksamkeit wird aber gerade auch durch einen besonders grausigen Leichenfund gebunden: Der Körper des Mädchens, das im nahegelegenen See gefunden wurde, ist so stark verwest, dass das Opfer nur anhand eines Ringes festgestellt werden kann. Offenbar handelt es sich um ein Mädchen, das als „Dorfmatratze“ bekannt war und von seinen Eltern längst verstoßen wurde.
Über eine Nonne in Boston, die sich um obdachlose Mädchen kümmert, erhält Stone eine erste brauchbare Spur. Die weiteren Ermittlungen führen nicht nur zum Bestseller-Autor Norman Shaw, sondern auch zu dem Gangster Gino Fish und seinem Handlanger Alan Garner.
 „Was für ein Motiv gab es, ein Mädchen wie Billie zu erschießen? Vielleicht war sie ja nur zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen? Aber mit dieser Theorie kam er nicht weiter. Es war plausibler, sich an ihre Promiskuität zu halten. Er nahm noch einen Schluck Scotch und Soda. Sex war das einzig mögliche Motiv, das sie in den Tod getrieben haben konnte.“ 
Mehr als den vorangegangenen beiden Fällen um den alkoholkranken Polizeichef Jesse Stone nimmt in „Die Tote in Paradise“ das Privatleben des charismatischen Protagonisten fast ebenso viel Raum ein wie der zu lösende Kriminalfall. Das liegt nicht nur an der sehr offenen Kommunikation, die er bei den regelmäßigen Zusammenkünften mit Jenn am Mittwochabend führt, sondern auch an Dix, der ihm von Jenn empfohlen wird und selbst unter Alkoholproblemen litt, bevor er beschloss, anderen bei der Bewältigung ihrer Sucht zu helfen. Und schließlich ist da noch die attraktive Schulleiterin Lilly Summers, mit der Jesse eine Affäre anfängt. Sie erhofft sich schließlich mehr als nur ein Abenteuer, bekommt durch Jesse aber deutlich zu verstehen, dass er seine Beziehung zu Jenn noch zu kitten hofft.
Die Aufklärung des Mordes an dem jungen Mädchen erweist sich dazu als extrem zeitraubend, weil sich einfach keine Beweise für die Zusammenhänge finden lassen, die Stone und sein Team herstellen. „Die Tote in Paradise“ ist als Krimi nicht so spannend wie die ersten beiden Jesse-Stone-Bände, weil sich die Ermittlungen und die Auflösung auf vorhersehbaren Bahnen bewegen. Doch dieser dritte Fall bringt uns die Figur des mit den süßen Versprechungen des Alkohols kämpfenden Protagonisten auf persönlicher Ebene sehr viel näher, wobei die komplexe Beziehung, die er mit seiner Ex-Frau führt, nicht unbedingt nachvollziehbar sein muss.
Dafür sind Parker die Beschreibungen der Verlockungen, denen Jesse Stone immer wieder zu erliegen droht, sehr glaubhaft gelungen.

Robert B. Parker – (Jesse Stone: 1) „Das dunkle Paradies“

Samstag, 10. November 2018

(Pendragon, 352 S., Tb./eBook)
Jesse Stone hat nicht nur mit einem Alkoholproblem zu kämpfen, sondern auch mit der Scheidung von seiner Frau Jenn(ifer), die zum Ankurbeln ihrer Karriere als Schauspielerin auch mal mit anderen Männern ins Bett geht. Um möglichst viel Abstand von beiden Ursachen seiner Sorgen zu gewinnen, kündigt Jesse seinen Job bei der Mordkommission in Los Angeles und übernimmt den Posten des Polizeichefs im 3000 Kilometer entfernten 25.000-Seelen-Kaff Paradise, wo der Stadtrat gerade seinen Vorgänger Tom Carson in die Wüste geschickt und der offenbar kein Problem damit hat, dass sein potentieller Nachfolger beim Vorstellungsgespräch angetrunken erschienen ist.
Doch die Kleinstadtidylle trügt, wie Jesse bald feststellen muss. Zunächst muss er den Muskelprotz Jo Jo Genest mit einem beherzten Tritt in die Weichteile zur Räson bringen, weil er die einstweilige Verfügung, die seine Ex-Frau Carole gegen ihn erwirkt hat, nicht ernst nimmt. Diese Demütigung scheint Jo Jo dem neuen Polizeichef dadurch zu vergelten, dass er nicht nur die Katze des Reviers tötet, sondern auch an anderer Stelle immer wieder für Ärger sorgt.
Was Jesse aber gar nicht schmeckt, sind die Einmischungen von Stadtrat Hasty Hathaway in seine Art, die Polizeigeschäfte zu führen. Hathaway hat nämlich überhaupt kein Interesse daran, dass Jesse hinter die Pläne der von ihm geführten Bürgermiliz kommt, die mit einem berüchtigten Mafioso an einem Waffengeschäft interessiert ist. Jesse muss sich nicht nur mit der Explosion eines Autos befassen, in dem sein Vorgänger ums Leben gekommen ist und die Staatspolizei auf den Plan ruft, sondern auch mit dem Mord an Tammy Portugal, bei dem Jo Jo für Jesse der Hauptverdächtige ist. Doch als er herausfindet, dass Jo Jo eine Affäre mit Hastys Frau Cissy unterhält, kommt Jesse den Vorfällen in Paradise endlich auf die Spur.
„Jesse schwieg einen Moment und streichelte sanft ihre Schulter. Endlich hatte er das Tier in der Falle, das er so lange gejagt hatte. Und er musste die bösartige, fauchende Bestie nun langsam aus dem Loch ziehen. Er wusste noch nicht, wie groß diese Bestie sein würde.“ (Pos. 7316) 
Mit seinem 1997 veröffentlichten Roman „Night Passage“ stellte Robert B. Parker, der mit seinen Spenser-Romanen seit den 1970ern zu den prominentesten Hardboiled-Autoren in der Tradition der Schwarzen Serie zählt, einen neuen charismatischen Typen vor: Der Mittdreißiger Jesse Stone verliert nicht viele Worte, unterhält ein sehr kompliziertes Verhältnis zu seiner Ex-Frau, die ihn nach wie vor zu lieben scheint, lässt sich auf eine Affäre mit der Staatsanwältin Abby Taylor ein und macht sich in der neuen Gemeinde nicht gerade beliebt. Er hat aber das Herz am rechten Fleck und sorgt auch mit unorthodoxen Mitteln für Gerechtigkeit, kämpft gegen Fremdenhass und Vorurteile an. „Das dunkle Paradies“ ist ein vielversprechender Auftakt einer Serie, die erfolgreich mit Tom Selleck in der Hauptrolle als Fernsehfilm-Serie adaptiert wurde und mit einem psychisch durchaus labilen, moralisch aber meist integren Helden überzeugt, der in seinem ersten Fall in Paradise ordentlich für Unruhe sorgt.

Robert B. Parker – (Jesse Stone: 2) „Terror auf Stiles Island“

Mittwoch, 7. November 2018

(Pendragon, 312 S., Tb./eBook)
Seit der ehemals beim Morddezernat in Los Angeles angestellte und sogar als einer der besten Polizisten ausgezeichnete Jesse Stone möglichst weit weg von seiner Ex-Frau Jenn und seinem Alkoholproblem nach Paradise in Massachusetts gezogen ist, um dort die Stelle des vom Stadtrat geschassten Polizeichefs zu übernehmen, hat sich seine Situation nicht unbedingt verbessert. Obwohl Jenn ihren Mann betrogen hat, um ihre Karriere als Schauspielerin in Gang zu bringen, kommt sie von Jesse nicht los und ist ihm nach Paradise nachgezogen, um als Wetterfee für einen lokalen Fernsehsender zu arbeiten.
Während Jesse mit einem Fall von Brandstiftung beschäftigt ist, bei der drei stadtbekannte Jugendliche das Haus eines schwulen Pärchens abgefackelt haben, plant der Gangster Jimmy Macklin mit seiner Freundin Faye und einem Team von Spezialisten einen raffinierten Coup auf dem exklusiven Boden von Stiles Island. Um die Gegebenheiten vor Ort abzuchecken, macht Jimmy unter dem Namen Harry Smith einen Termin mit der attraktiven Immobilienmaklerin Marcy Campbell aus, um angeblich die Möglichkeiten abzuwägen, in Wohneigentum zu investieren. Auch ein Besuch beim Polizeichef vom zuständigen Revier in Paradise gehört ebenso zu den Vorbereitungen wie das Auskundschaften möglicher Fluchtwege nach dem Überfall auf die örtliche Bank.
Während sich Jesse mit seiner zupackenden Art immer unbeliebter beim Stadtrat macht und die drei immer wieder straffälligen Jugendlichen diesmal nicht wie gewohnt davonkommen lassen will, sorgen seine mehr oder weniger lockeren Beziehungen zu seiner ihn immer noch liebenden Ex-Frau Jenn, zur Staatsanwältin Abby Taylor und schließlich auch zur Immobilienmaklerin für emotionale Turbulenzen, bei dem auch immer wieder der Alkohol eine Rolle spielt – ein Problem, das Jesse allerdings im Griff zu haben glaubt.
Doch mehr Kopfzerbrechen bereitet ihm das undurchsichtige Treiben von Macklin und seinen Gefährten auf der Insel, nachdem er in Erfahrung gebracht hat, mit welchen harten Kalibern er es da zu tun bekommt.
„Jess lehnte sich zurück und musste unwillkürlich an Wilson Cromartie denken, der lieber Crow genannt wurde. Und an James Macklin aus Dorchester, der erst vor Kurzem so demonstrativ mit ihm geflirtet hatte. Er starrte auf die Trümmer, die vom Meer ans Ufer gespült worden waren. Und er wusste, dass sich Macklin und Crow auf Stiles Island befanden – so klar, als könne er sie mit seinen eigenen Augen sehen. Wie er auf diese Erkenntnis reagieren sollte, war ihm allerdings noch nicht so recht klar.“ (Pos. 2845) 
Seit sich Robert B. Parker mit seiner 1973 begonnenen und auf 40 Romane angewachsene Reihe um den Privatdetektiv Spenser in die Tradition von Philip Marlowe, Sam Spade und Lew Archer begeben hatte, wurde er zum Aushängeschild des Hardboiled-Krimis und setzte den lakonischen Ton der Schwarzen Serie fort, über die er an der Universität Boston seine Dissertation geschrieben hatte. Darüber fiel 1997 mit dem Roman „Das dunkle Paradies“ der Startschuss für eine neue Reihe um den Polizeichef Jesse Stone, der nach der Scheidung von seiner Frau von Los Angeles ins beschauliche Paradise zog und dort für Recht und Ordnung sorgt.
Wie gewissenhaft er dabei vorgeht, demonstriert er in dem Nachfolgeband „Terror auf Stiles Island“ nicht nur anhand der drei Jugendlichen, die er geschickt gegeneinander ausspielt, um ihnen eine Lektion zu erteilen, sondern auch im schwerer wiegenden Raubüberfall, den der berüchtigte Jimmy Macklin und der Auftragskiller Crow auf Stiles Island planen. Etwas komplizierter erweisen sich einmal mehr allerdings die Frauengeschichten. Vor allem seine Beziehung zu Jenn gestaltet sich schwierig, weil die beiden ehemaligen Eheleute irgendwie nicht mit-, auf jeden Fall aber nicht ohne einander auskommen.
Parker lässt es in seinem zweiten Jesse-Stone-Roman recht gemächlich angehen, lässt sich viel Zeit, Jimmy Macklins kriminelle Planungen ebenso ausführlich zu schildern wie Jesses erotische Eskapaden, die aber nie darüber hinwegtäuschen können, dass er sich vor allem an Jenn gebunden fühlt. Zwar weist „Terror auf Stiles Island“ auch die einige oder andere verzeihliche Länge auf, aber Parker verfügt über einen so pointierten Schreibstil, trockenen Humor und fließenden Rhythmus, dass die Spannung auf einem hohen Niveau bleibt.

Robert B. Parker – (Spenser: 36) „Raues Wetter“

Donnerstag, 4. Oktober 2018

(Pendragon, 214 S., Tb.)
Durch ihre Ehen mit den wohlhabenden Männern Peter Van Meer und Harden Bradshaw hat sich Heidi Bradshaw in die bessere Gesellschaft eingeheiratet. Für die Hochzeitsfeier ihrer Tochter Adelaide auf Tashtego Island engagiert sie – über das normale Sicherheitspersonal hinaus - den Privatdetektiv Spenser zu ihrer persönlichen Unterstützung. Kaum haben sich Spenser und seine attraktive Lebensgefährtin Susan in ihrer exklusiven Suite eingerichtet, begegnen sie dem Killer Rugar, mit dem Spenser zuletzt in Marshport eine fast tödliche Konfrontation hatten.
Dass der stets in grau gekleidete Mann nicht zum Feiern gekommen ist, erfährt die prominente Hochzeitsgesellschaft kurz nach der Trauung, denn dann eröffnen Rugar und seine Männer das Feuer, erschießen den Priester und den Ehemann, bevor sie die Braut als Geisel nehmen. Spenser kann zum Glück fliehen und nimmt zusammen mit Captain Healy vom Morddezernat die Ermittlungen, die bis ins Jahr 1984 zurückreichen, als Heidi zur gleichen Zeit in Bukarest gewesen war wie Rugar …
„Ich war verärgert. Ich wusste absolut nichts, und je mehr ich herumschnüffelte, umso weniger wusste ich. Ich hatte keine Ahnung, was Heidi vorhatte. Ich war belogen worden. Das mochte ich nicht. Ich mochte den wachsenden Verdacht nicht, in einer bestimmten Funktion benutzt worden zu sein, ohne die geringste Ahnung, worum es dabei ging.“ (S. 70) 
Auch im 36. Band der bereits 1973 von Robert B. Parker begonnenen Serie um den ehemaligen Schwergewichts-Profiboxer und Ex-Cop Spenser ist der in Boston lebende und arbeitende Privatdetektiv weder um markige Sprüche noch hartnäckige Methoden verlegen, um seinen Auftrag ordentlich zu Ende zu führen. In diesem Fall geht es für Spenser allerdings eher um die Rückgewinnung seiner Ehre, nachdem er während der Hochzeitszeremonie nichts tun konnte, um Rugars Attentat zu verhindern.
Wie gewohnt kommt der 2010 verstorbene Parker in „Raues Wetter“ schnell zur Sache, wobei er Spenser und Susan gar nicht mehr groß einführt, sondern die Art ihrer Beziehung mit pointiert witzigen Dialogen und erotischen Episoden umreißt. Interessant wird der Plot durch die Aufklärung der Frage, was hinter der vordergründigen Entführung von Heidis offenbar psychisch labiler Tochter steckt und welche Rolle Spensers Auftraggeberin selbst dabei spielt.
Bis zur Aufklärung des Falles und einem denkwürdigen Wiedersehen mit Rugar gönnt Parker seinem Publikum keine Atempause. Zwischen coolen Sprüchen mit sexuellen Anspielungen und rauer Action erleben wir einen tatkräftigen Privatermittler in bester Tradition von Philip Marlowe, Sam Spade und Lew Archer. 
Leseprobe Robert B. Parker - "Raues Wetter"

Robert B. Parker – (Spenser: 39) „Spenser und der Cree-Indianer“

Dienstag, 2. Mai 2017

(Pendragon, 206 S., Tb.)
Der schwergewichtige Schauspieler Jeremy Franklin „Jumbo“ Nelson ist ein Kotzbrocken, wie er im Buche steht. Als er verdächtigt wird, die zwanzigjährige Dawn Lapota in seinem Bostoner Hotelzimmer bei experimentellen Sexspielchen erwürgt zu haben, setzt Polizeichef Martin Quirk den Privatdetektiv Spenser auf den Fall an, der wiederum von der Anwältin des Filmstudios bezahlt wird.
Laut Jumbos Aussage hat sich das Mädchen selbst erwürgt, als er selbst – voll mit Koks und Alkohol - die Toilette aufsuchen musste. Da sich außer ihm nur sein Bodyguard, der Cree-Indianer Zebulon „Z.“ Sixkill, zur Tatzeit in der Nähe befand, erhofft sich Spenser, von ihm den Tathergang geschildert zu bekommen. Er trainiert mit dem kräftig gebauten, aber untrainierten Indianer und gewinnt allmählich sein Vertrauen.
Wenig später machen Spenser und Sixkill die Bekanntschaft von zwei Männern, die die Investitionen, die die Mafia offensichtlich in Jumbos Filmgeschäfte getätigt hat, zu schützen. Um ihrem Ansinnen Nachdruck zu verleihen, schicken sie einen kompromisslosen Killer nach Boston. Davon sind weder Spenser noch seine Freundin Susan besonders begeistert, aber beide wissen, dass Spenser nicht der wäre, der er ist, wenn er vor drohender Gefahr kuschen würde …
Der 2010 verstorbene Robert B. Parker, der ganz offiziell in die Fußstapfen des großen Raymond Chandler treten durfte, hat 1973 mit „Die Schnauze voll Gerechtigkeit“ (aka „Das gestohlene Manuskript“) die Bühne für einen charismatischen Protagonisten namens Spenser geschaffen, der nicht nur auf eine Karriere als ehemaliger Schwergewichts-Profiboxer zurückblicken kann, sondern auch kurz bei der Polizei tätig gewesen ist. Mit „Spenser und der Cree-Indianer“ erscheint nun posthum der bereits 39. Band der erfolgreichen Reihe, die sogar als Vorlage für die beiden Fernsehserien „Spenser“ und „Hawk“ diente.
Wie üblich hält sich Parker nicht lang mit einer Einführung auf, sondern konfrontiert seinen Helden gleich mit dem prominenten Fall eines unter Mordverdacht stehenden Schauspielers, auf den die Mafia ein besonderes Auge hat. An seiner Seite entwickelt sich Jumbos ehemaliger Bodyguard Sixkill zu einem interessanten Sparringspartner nicht nur beim Training, sondern auch in den spritzigen Dialogen, die auch das Verhältnis zwischen Spenser und seiner langjährigen Freundin Susan Silverman prägen. Dazu gibt es kleine Einblicke in das Filmgeschäft und kursive Abschnitte, in denen mit vereinzelten Flashbacks der persönliche Hintergrund des Indianers aufgearbeitet wird.
Alles in allem bietet „Spenser und der Cree-Indianer“ einen rasanten Plot, bei dem weder handfeste Action noch packende Spannung und knackige Dialoge zu kurz kommen, faszinierende Figuren und auch ein wenig Gefühl:
„Ich saß da und dachte an Susan und mich und an unsere gemeinsame Zeit, was ich gerne tat. Ich hatte immer das Gefühl, es wäre völlig ausreichend, einfach mit ihr zusammen zu sein, und dass alles andere, gut oder schlecht, nur Hintergrundrauschen war.“ (S. 33)

Robert B. Parker – (Jesse Stone: 9) „Doppeltes Spiel“

Donnerstag, 4. August 2016

(Pendragon, 304 S., Tb.)
Als Suitcase Simpson mit seinem Partner Arthur Angstrom eines Morgens im Osten von Paradise seinen Streifendienst absolviert, entdeckt er im Kofferraum eines verdächtig weit auf die Straße hinausragenden Cadillac die Leiche von Petrov Ognowski, dem eine .22er Kugel im Schädel steckt. Wie Chief Jesse Stone und seine Crew bald herausfinden, gehörte der Tote zur Gang von Reggie Galen, dessen Anwesen sich gleich neben dem von Knocko Moynihan liegt, die sich einst in Boston das Revier geteilt hatten und nun nebeneinander wohnen, weil sie die eineiigen Zwillinge Rebecca und Robbie geheiratet haben.
Kaum hat Jesse Stone die beiden vermeintlichen Ex-Gangster aufgesucht, wird auch Knocko Moynihan tot aufgefunden, und Jesse Stone wird das Gefühl nicht los, dass die beiden attraktiven Zwillingsschwestern etwas mit den Morden zu tun haben.
Derweil wird die Privatdetektivin Sunny Randall damit beauftragt, die achtzehnjährige Cheryl DeMarco aus den Fängen einer religiösen Gruppe namens Bund der Erneuerung zu befreien, wobei die die Unterstützung von Jesse anfordert. Dabei kommen sie sich wieder näher, haben aber immer noch nicht mit ihren Ex-Partnern abgeschlossen.
„Er hatte ein Alkoholproblem, das ihn in Los Angeles den Job gekostet hatte. Und er lebte in den Ruinen einer gescheiterten Ehe. Sie war sich ziemlich sicher, dass er den Alkohol in den Griff bekommen konnte. Jedenfalls hatte es mehrere Situationen gegeben, in denen er seine Entschlossenheit demonstriert hatte.
Und was seine Beziehung zu Jenn anging … Offensichtlich war das wirklich Schnee von gestern.“ (S. 240)
Da Robert B. Parker 2010, als er „Doppeltes Spiel“ veröffentlicht hatte, verstorben ist, bildet der Roman leider schon das Ende seiner überaus erfolgreichen, mit Tom Selleck in der Hauptrolle auch ebenso ansprechend verfilmten Jesse-Stone-Reihe.
Zum Abschluss kämpft der Chief von Paradise erneut an mehreren Fronten, muss sich mit (ehemaligen?) Gangstern aus Boston und ihren verführungswilligen Frauen herumschlagen, den rachsüchtigen Vater des ersten Todesopfers in Schach halten, den Praktiken einer religiösen Gruppe auf den Grund gehen und sich schließlich darüber klar werden, wie er die Beziehung zu Sunny gestalten soll.
Parker bildet die Handlung überwiegend in knackiger Dialogform ab, so dass sich das Drehbuch zum Roman fast von selbst zu schreiben scheint. Nur gelegentlich werden die Dialoge von kurzen, schnörkellosen inneren Einsichten von Jesse und Sunny sowie gelegentlich nötigen Beschreibungen der Szenen aufgelockert. Parker-Fans freuen sich über das Wiedersehen mit Sunny Randall, der Parker eine eigene Serie gewidmet hat, und mit Susan Silverman, die wir aus der Spenser-Reihe kennen.
„Doppeltes Spiel“ überzeugt durch eine klare, prägnante Sprache, einen trockenen Humor und sympathische Figuren, die für reichlich Aufregung in einem extrem kurzweiligen Roman sorgen. 
 Leseprobe Robert B. Parker "Doppeltes Spiel"

Robert B. Parker – (Jesse Stone: 8) „Verfolgt in Paradise“

Freitag, 18. März 2016

(Pendragon, 320 S., Tb.)
Polizeichef Jesse Stone ist gerade über einem Hochglanzfoto in Gedanken an seine Exfrau Jenn vertieft, als Molly Crane in sein Büro kommt und ihm von einem Vorfall in der Mittelschule berichtet, wo sich die Schulleiterin Betsy Ingersoll unsittlich einigen Mädchen genähert haben soll, indem sie vor einer Tanzveranstaltung der 8. Klasse überprüfen wollte, was für Höschen die Mädchen unter den Röcken trugen. Außerdem bekommt es Stone mit einer Familie zu tun, die regelmäßig Swinger-Partys bei sich zuhause veranstaltet, die allerdings auch von Missy und ihrem achtjährigen Bruder beobachtet werden.
Und schließlich treibt ein Spanner sein Unwesen, der es in der Kleinstadt Paradise vor allem auf ungefähr vierzigjährige, gut aussehende Frauen abgesehen hat und sich bald nicht mehr damit begnügt, die Frauen aus der Ferne zu betrachten, sondern in ihre Häuser einbricht, sie zwingt, sich auszuziehen, und schließlich Fotos von den Frauen macht.
Als „Nachtfalke“ gibt sich der Mann in Bekennerbriefen bei Jesse Stone zu erkennen. Während Stone mit seinen Kollegen alles daran setzt, den Spanner zu fassen, vermisst er nach wie vor seine Exfrau, die sich gerade mit einem Fernsehproduzenten eingelassen hat, der ihr eine eigene Show in New York angeboten hat.
„Er konnte keine Ansprüche auf Jenn anmelden. Sie waren geschieden. Er schlief mit anderen Frauen, sie mit anderen Männern. Gut, Jenn hatte damit angefangen, als sie noch verheiratet waren. Jesse nahm einen Schluck. Aber die Uhr hatte sich unerbittlich weitergedreht. Es war, als habe er einen Teufelskreis betreten, aus dem es kein Entrinnen mehr gab.“ (S. 105) 
Robert B. Parker (1932 – 2010) hat mit Jesse Stone eine überaus charismatische Figur geschaffen, einen ehemaligen Mordermittler aus Los Angeles, der durch übermäßigen Alkoholzuspruch seinen Job und seine Frau verlor und nun das kleine Polizeirevier in Paradise, Massachusetts, leitet.
Der Plot im achten und vorletzten Band seiner Jesse-Stone-Reihe, die von Michael Brandman und Reed Farrel Coleman fortgeführt wurde, ist knackig und ohne große Einführung angelegt, das Katz-und-Maus-Spiel zwischen den Cops und dem Nachtfalken spannungsreich aufgeladen.
Vor allem die spritzigen Dialoge machen „Verfolgt in Paradise“ zu einem faszinierenden und kurzweiligen Lesevergnügen.
Leseprobe Robert B. Parker - "Verfolgt in Paradise"