Robert B. Parker – (Jesse Stone: 6) „Mord im Showbiz“

Dienstag, 16. April 2019

(Pendragon, 312 S., Tb.)
Im Park von Indian Hill, von dem man einen malerischen Blick über den Hafen von Paradise, Massachusetts, hat, wird die Leiche des prominenten Fernseh-Moderators Walton Weeks entdeckt. Offenbar wurde er erst erschossen, bevor seine Leiche an einem Baum aufgeknüpft worden ist. Wenig später wird in der Mülltonne hinter dem Restaurant von Daisy Dyke die Leiche von Weeks‘ Assistentin und Geliebten Carey Longley gefunden. Nach den Autopsieberichten sind beide Opfer mit derselben Waffe erschossen worden, die Frau war zudem mit Weeks‘ Kind schwanger gewesen.
Bei den Ermittlungen spielt nicht nur Weeks‘ Testament eine Rolle, sondern auch seine beiden Ex-Frauen und die gegenwärtige Mrs. Weeks, von der sich der Ermordete scheiden lassen wollte. Natürlich erregt der Fall nicht nur größtes Medieninteresse, auch der Gouverneur schaltet sich in die Polizeiarbeit ein. Um einen besseren Einblick in Weeks‘ Verhältnisse zu bekommen, reist Jesse Stone nach New York, um nicht nur Mrs. Weeks einen Besuch abzustatten, sondern auch Tom Nolan kennenzulernen, der bislang als Rechercheur für Weeks tätig gewesen ist und nun seine Fernsehshow übernehmen soll.
Während sich die Ermittlungen eher schleppend entwickeln, erfordert auch Jesses Ex-Frau Jenn erhöhte Aufmerksamkeit, denn sie behauptet, vergewaltigt worden zu sein und von einem Stalker belästigt zu werden. Jesse bittet seine aktuelle Geliebte Sunny Randall um Hilfe. Die Detektivin soll Jenn nicht nur vor einem weiteren Übergriff beschützen, sondern auch den mutmaßlichen Stalker identifizieren. Allerdings kommen Jesse zunehmend Zweifel, dass Jenn tatsächlich angetan wurde, was sie behauptete …
Seit Jesse Stone seinen Job bei der Mordkommission in Los Angeles an den Nagel hängen musste, weil er weder die Trennung von seiner Frau Jenn noch seine Alkoholsucht in den Griff bekam, hat er sich in der kleinen Küstenstadt Paradise einen so guten Ruf erarbeitet, dass er selbst bei Mordfällen nur selten die Unterstützung von der Bundespolizei anfordert, die ihm deren Chef Healy gerade in dem neuen Fall anbietet. Doch Jesse Stone hat schon seit jeher eine Abneigung gegen jede Art von Obrigkeit, und auch wenn er sich mit Healy glänzend versteht, nimmt er seine Hilfe tatsächlich nur dann in Anspruch, wenn auf die Ressourcen des Bundesstaates zurückgreifen muss. Wie unbekümmert Jesse mit der Politprominenz umgeht, beschreibt Parker vor allem in der Begegnung mit dem Gouverneur und seinem Stab sehr schön.
Davon abgesehen gehören die unterhaltsam kurzweiligen Dialoge mit der peppigen Molly Crane, die für Jesse die Öffentlichkeitsarbeit in diesem Fall übernimmt, und seinem ambitionierten Angestellten Suitcase Simpson ebenso zu den Höhepunkten von „Mord im Showbiz“ wie die ungewöhnliche Konstellation, die Jesse mit den derzeit wichtigsten Frauen in seinem Leben, Sandy und Jenn, bildet. Gerade die Gespräche zwischen den beiden attraktiven Frauen über ihr jeweiliges Verhältnis zu Jesse sind sehr einfühlsam gelungen, wohingegen sich der 2010 verstorbene Autor sonst recht wenig mit seinen Figuren auseinandersetzt.
Während zumindest noch Jesses berufliches und persönliches Umfeld an Kontur gewinnt, bleiben die mit dem gerade aktuellen Fall verbundenen Figuren recht eindimensional. Allerdings erheben die konstant nur knapp über 300 Seiten umfassenden Romane auch nie den Anspruch, besonders in die Tiefe gehen zu wollen. Stattdessen bietet auch „Mord im Showbiz“ kurzweilige Krimi-Unterhaltung mit einfühlsamen Beobachtungen aus Jesse Stone Privatleben.

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