Robert R. McCammon – „Das Haus Usher“

Montag, 29. April 2024

(Knaur, 414 S., Tb.) 
Obwohl Robert R. McCammon von den ausgehenden 1970er bis Anfang der 1990er Jahre sehr umtriebig im Horror-Genre gewesen ist, hat er doch nie den Erfolg seiner berühmten Genre-Mitstreiter wie Stephen King, Peter Straub, Dean R. Koontz oder Clive Barker einheimsen können. McCammons sechster, im Original 1984 unter dem Titel „Usher’s Passing“ veröffentlichter Roman zeigt sehr deutlich auf, warum der US-Amerikaner nie aus der zweiten Reihe herausgetreten ist. Die Idee, Edgar Allan Poes Grusel-Klassiker „Der Untergang des Hauses Usher“ fortzuführen, verdient zunächst einmal Respekt, doch die Umsetzung hätte besser ausfallen dürfen. 
Am 22. März 1847 bekommt der in gewissen Kreisen durchaus prominente Schriftsteller Edgar Allan Poe in New York Besuch von einem Mann, der sich als Hudson Usher vorstellt und Poe darauf hinweist, dass sein Bruder Roderick zwar tatsächlich 1837 bei einer Überschwemmung ums Leben gekommen und seine Schwester Madeline mit einem Wanderschauspieler durchgebrannt sei, doch das Haus Usher würde nach wie vor existieren… 
Mehr als hundertdreißig Jahre später kämpft der Schriftsteller Rix Usher um seine Zukunft. Sein letztes Buch „Feuerengel“ war vor drei Jahren mit bescheidenem Erfolg veröffentlicht worden, sein neues, fast sechshundert Seiten umfassendes Werk „Bedlam“, an dem Rix über eineinhalb Jahre gesessen hat, findet bei seiner Agentin Joan Rutherford allerdings wenig Anklang. Als seine Mutter ihn daher bittet, nach Usherland zurückzukehren, da es seinem Vater zunehmend schlechter ginge, kommt Rix der durch seinen Bruder Boone übermittelten Aufforderung nach. Zwar liegt Walen Usher, der durch die Munitionsfabrik seiner Familie zu einem der reichsten Männer Amerikas geworden ist, offiziell nicht im Sterben, doch die Wahrheit sieht viel düsterer aus. 
Rix beschließt nicht nur, seinem Vater in den letzten Stunden beizustehen, sondern auch seinen Plan umzusetzen, eine Chronik seiner Familie zu verfassen. Wie er nach seiner Ankunft in Usherland jedoch feststellen muss, schreibt bereits der Herausgeber der örtlichen Zeitung „Foxton Democrat“, Wheeler Dunstan, an einem solchen Werk, wobei ihn seine Tochter Raven unterstützt. Wheeler und Rix gründen eine Partnerschaft, bringen sich gegenseitig auf den neusten Stand und fügen die fehlenden Puzzleteile zusammen. Doch rund um Usherland geht es nicht mit rechten Dingen zu. Dazu zählt die Legende vom Kürbismann, dem Bergkönig und dem Zwitterwesen Gierschlund ebenso wie das regelmäßige Verschwinden von kleinen Kindern und die Ereignisse, die rund um den Stammsitz kreisen… 
„Der Tunnel musste schon alt sein. Wer hatte ihn wohl anlegen lassen? Hudson Usher, der mit fdem Bau des Stammsitzes begonnen hatte? Und wenn zwischen den Ushers und dem Kürbismann irgendeine Verbindung bestand, warum hatte dieser sich erst 1872 bemerkbar gemacht? Die Ushers waren seit den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts hier. Was war der Kürbismann, und wieso hatte er mehr als hundert Jahre lang ungehindert sein Unwesen treiben können?“ (S. 367) 
Mit dem ersten Kapitel und der dort geschilderten Begegnung zwischen Edgar Allan Poe und Hudson Usher gelingt McCammon eine gute Überleitung von Poes berühmter Geschichte aus seinen „Grotesken und Arabesken“ in die Gegenwart der Usher-Familie, die durch Waffenproduktion zu unermesslichem Reichtum gekommen ist. McCammon nimmt sich auch die nötige Zeit, die derzeitigen Bewohner von Usherland und ihre schwierigen Beziehungen zueinander vorzustellen. Und auch die Beschreibung der unheimlichen Gegebenheiten rund um den Stammsitz sind McCammon gut gelungen. Doch dann lässt er das Figurenarsenal und die legendären Kreaturen wie den Kürbismann und Gierschlund etwas zu sehr außer Kontrolle geraten, so dass es dem Publikum nicht leichtgemacht wird, Identifikationsfiguren zu finden oder auch nur Sympathien mit auch nur einer von ihnen zu empfinden. Dass McCammon schließlich etliche Einflüsse von Poe selbst – vor allem das Pendel aus „Die Grube und das Pendel“ – mit in seine eigene Geschichte einbaut, führt nicht unbedingt zu mehr Originalität, sondern unnötiger Komplexität und Verwirrung.


Stephen King – „Langoliers“

Samstag, 27. April 2024

(Heyne, 512 S., Heyne Jumbo) 
Wie Stephen King in seiner Vorbemerkung zu der Novellen-Sammlung „Four Past Midnight“ erwähnt, ist er zu ihrer Veröffentlichung im Jahr 1990 bereits 16 Jahre im Geschäft des Schreibens tätig gewesen. In dieser doch schon bemerkenswerten Zeit sind nach seinem durch Brian De Palma verfilmtes Romandebüt „Carrie“ noch weitere – meist ebenfalls durch namhafte Regisseure wie Stanley Kubrick, John Carpenter, David Cronenberg, George A. Romero und Rob Reiner verfilmte - Bestseller wie „Shining“, „Dead Zone – Das Attentat“, „Christine“, „Es“, „Sie“ und „Stark – The Dark Half“ erschienen, darüber hinaus auch Kurzgeschichten-Sammlungen wie „Nachtschicht“ und „Frühling, Sommer, Herbst und Tod“. Mit „Four Past Midnight“ hat King vier längere Geschichten zusammengefasst, die fast eher in den Bereich des Kurzromans gehen, weshalb der Heyne Verlag je zwei Geschichten in dem Band „Langoliers“ und dann in „Nachts“ veröffentlicht hat, bevor später auch eine Taschenbuchausgabe mit dem Titel „Vier nach Mitternacht“ erschien. Viel interessanter als die Geschichten selbst – dies schon mal vorab – sind die Einführungen des Autors zu den jeweiligen Stories. So entstand die Grundidee für die Titelgeschichte aus dem Bild einer jungen Frau, die eine Hand auf einen Riss in der Hülle eines Linienflugzeugs drückt. 
In „Langoliers“ kommt Flugkapitän Brian Engle nach einem schwierigen Flug aus Tokio auf dem LAX, Amerikas schlimmsten Flughafen, an und erfährt, dass seine Ex-Frau Anne bei einem Wohnungsbrand ums Leben gekommen sei. Engle fliegt daraufhin als Passagier von Los Angeles weiter nach Boston, schläft aber auch kurz nach dem Starten des „Schnarchflugs“ ein. Als er aufwacht, sind neben ihm selbst noch zehn weitere Passagiere an Bord, die ebenfalls geschlafen haben, darunter das blinde Mädchen Dinah, die Lehrerin Laura, der Musikhochschüler Albert und der geheimnisvolle Nick. Alle anderen – auch die Piloten und die Flugbegleiter:innen - scheinen auf mysteriöse Weise einfach verschwunden, auf vielen Plätzen liegen noch ihre Uhren, aber auch Herzschrittmacher und Zahnfüllungen. Engle übernimmt zwangsläufig das Kommando, versucht allerdings vergeblich, Funkkontakt zu anderen Flughäfen zu bekommen. 
Überhaupt scheint die Welt außerhalb des Flugzeugs eine komplett andere zu sein. Das bekommen Engle und seine Schicksalsgefährten auf schmerzvolle Weise zu spüren, als es ihnen gelingt, den Flughafen von Maine anzusteuern… 
„Langoliers“ wirkt wie Folge aus Rod Serlings „Twilight Zone“, zählt aber zu den schwächeren Geschichten des „King of Horror“. Das liegt nicht nur an der sehr kurzen Einführung der Figuren, die auch während des weiteren Verlaufs der Geschichte kaum Kontur gewinnen. King stellt eindeutig das aberwitzige Szenario in den Vordergrund und bringt seine Leserschaft ebenso wie die Beteiligten in eine Position, in der es vor allem darum geht, eine Erklärung für das Verschwinden der Menschen sowohl im Flugzeug als auch am Flughafen zu finden. Durch die für King ungewöhnlich große Distanz zwischen den Figuren und dem Publikum stellt sich längst nicht das wohlige Grauen ein, das die besseren Geschichten des Bestseller-Autors hervorrufen. 
Mit „Das heimliche Fenster, der heimliche Garten“ bewegt sich King dann auf vertrautem Terrain, thematisiert einmal mehr das Spannungsfeld zwischen Literatur, Leser und Schriftsteller. Stand in dem auch erfolgreich von Rob Reiner verfilmten Bestseller „Sie“ der starke Einfluss im Vordergrund, den Literatur auf die Leserschaft ausüben kann, beleuchtete King in dem (vom renommierten Horror-Regisseur George A. Romero adaptierten) Roman „Stark – The Dark Half“ wiederum den manchmal durchaus zerstörerischen Einfluss, mit dem Literatur den Schriftsteller prägen und verändern kann. 
„Das heimliche Fenster, der heimliche Garten“ nähert sich eher dem zweiten Phänomen an, wird der frisch geschiedene und unter einer Schreibblockade leidende Schriftsteller Morton Rainey in dem Sommerhaus am Tashmore Lake von einem mysteriösen Mann, der sich als John Shooter vorstellt, mit dem Vorwurf konfrontiert, seine 1982 geschriebene Geschichte „Das heimliche Fenster, der heimliche Garten“ gestohlen zu haben, und verlangt im Gegenzug, dass Rainey ihm eine Geschichte schreibt. Rainey fühlt sich zunächst auf sicherem Terrain, schließlich ist seine Geschichte mit dem Titel „Zeit zu säen“ bereits 1980 im Ellery Queens Kriminalmagazin erstmals veröffentlicht worden. 
Shooter will allerdings innerhalb von drei Tagen einen Beweis in Form einer der Originalausgaben des Magazins in der Hand halten. Während Rainey seinen Agenten darauf ansetzt, eine dieser Ausgaben per Express zu ihm schicken zu lassen, geschehen grausame Dinge. Eines Morgens findet Rainey seinen Kater Bump mit einem Schraubendreher am Dach des Müllkastens angenagelt vor, wenig später ist das Haus, in dem seine Ex-Frau Amy lebte, bis auf die Grundmauern abgebrannt. Während der Versicherungsdetektiv nach Hinweisen auf die offensichtliche Brandstiftung sucht, wird Rainey von verdrängten Erinnerungen und düsteren Träumen heimgesucht… 
„Er glaubte, ohne ihre große Kapazität der Selbsttäuschung wäre die menschliche Rasse wahrscheinlich noch verrückter, als sie ohnehin war. Aber manchmal brach die Wahrheit durch, und wenn man bewusst versucht hatte, zu träumen und sich diese Wahrheit nicht einzugestehen, konnten die Folgen verheerend sein: Es war, als wäre man dabei, wenn eine gigantische Flutwelle nicht nur über, sondern regelrecht durch einen Damm raste, der in ihrem Weg lag, und diesen samt einem selbst zerschmetterte.“ (S. 397)
„Das heimliche Fenster, der heimliche Garten“, das mit Johnny Depp in der Hauptrolle als „Das geheime Fenster“ verfilmt worden ist, wirkt zwar atmosphärisch stimmiger und ist in der Charakterisierung der zugegebenermaßen wenigen Figuren gelungener als „Langoliers“, kann aber mit Stephen Kings früheren Auseinandersetzungen mit dem eingangs erwähnten Spannungsfeld längst nicht mithalten. Das liegt vor allem an dem sehr vorhersehbaren Ausgang der Geschichte und der nicht wirklich überzeugenden Motivation für die grausamen Taten, die uns im Verlauf der Story begegnen. Fans der großartigen Sammlung „Frühling, Sommer, Herbst und Tod“ dürften hier eher enttäuscht werden.


Stephen King – „Sie“

Montag, 15. April 2024

(Heyne, 400 S., Jumbo) 
Seit seinem 1974 veröffentlichten Romandebüt „Carrie“ hat es Stephen King innerhalb weniger Jahre mit weiteren, allesamt verfilmten Werken wie „Brennen muss Salem“, „Shining“, „The Stand – Das letzte Gefecht“, „Dead Zone – Das Attentat“, „Christine“, „Friedhof der Kuscheltiere“ und vor allem „Es“ zum meistgelesenen Horrorautoren aller Zeiten geschafft. Ein besonderer Coup ist dem „King of Horror“ mit dem 1987 erschienenen und durch Rob Reiner erfolgreich mit James Caan und Kathy Bates in den Hauptrollen verfilmten Bestseller „Misery“ gelungen, der hierzulande als Erstauflage in dem leider nur kurzlebigen Jumbo-Paperback-Format bei Heyne unter dem Titel „Sie“ veröffentlicht worden ist. 
Nachdem der bekannte Romanautor Paul Sheldon bei einem Schneesturm von der Straße abgekommen und einen Hang hinuntergerutscht ist, hätte er mit seinen beiden gebrochenen Beinen gut umkommen können, doch die ehemalige Krankenschwester Annie Wilkes hat es geschafft, den bewusstlosen Mann aus dem Auto zu bergen und ihn in ihr einsam gelegenes Haus nahe der Stadt Sidewinder in Colorado zu bringen, wo sie mit ein paar Hühnern und einem Schwein lebt, das sie nach Paul Sheldons berühmtester Romanfigur Misery genannt hat. Als Paul Sheldon sein Bewusstsein wiedererlangt, sieht er seine völlig zerstörten Beine behelfsmäßig geschient und sich seiner Retterin hilflos ausgeliefert. Dass mit Annie Wilkes etwas nicht stimmt, merkt mit Novril ruhig gestellte Sheldon sofort. Schließlich hat die gute Frau es nicht für nötig gehalten, die Polizei über ihren Fund zu informieren oder den schwerverletzten Mann ins Krankenhaus zu fahren. Aus Dankbarkeit lässt Sheldon seinem selbsternannten „Fan Nr. 1“ seinen neuen Roman „Schnelle Autos“ lesen, doch zeigt sich Annie wenig begeistert von dem ernsthaften Stoff. Als sie bei einem Einkauf eine Taschenbuchausgabe von Sheldons letzten „Misery“-Roman entdeckt, ist sie so entsetzt darüber, dass ihre absolute Lieblingsheldin stirbt, dass sie Sheldon dazu zwingt, sein Manuskript von „Schnelle Autos“ zu verbrennen und einen neuen „Misery“-Roman zu schreiben, in dem Misery Chastain wiederbelebt wird. Doch je mehr Paul gezwungenermaßen in dem Zimmer eingesperrt ist, desto mehr stellt er fest, dass Annie unter ernsthaften psychischen Problemen leidet und sicher nicht vorhat, ihren Lieblingsautor jemals wieder gehen zu lassen… 
„Er wusste, dass er unablässig terrorisiert worden war, aber hatte er gewusst, wieviel von seiner subjektiven Realität, die einst so stark gewesen war, dass er sie als gottgegeben betrachtet hatte, ausgelöscht worden war? Er wusste eines mit ziemlicher Sicherheit – es war wesentlich mehr mit ihm nicht in Ordnung als nur die Lähmung seiner Zunge, ebenso wie mit dem, was er geschrieben hatte, wesentlich mehr nicht in Ordnung war als die fehlende Type oder das Fieber oder Sprünge in der Kontinuität oder selbst der Verlust seines Schneids. Die Wahrheit hinter allem war so einfach in ihrer Grausamkeit, so schrecklich einfach. Er starb Stück für Stück…“ (S. 305) 
Waren viele seiner vorangegangenen Horrorromane von übernatürlichen Fähigkeiten wie Telekinese („Carrie“), übersinnlichen Wahrnehmungen („Shining“), hellseherischen Fähigkeiten („Dead Zone“) oder Pyrokinese („Feuerkind“) geprägt oder behandelten klassische Horrorthemen wie Vampirismus („Brennen muss Salem“), kommt „Sie“ ohne jegliche übernatürliche Komponente aus. 
Kings Roman wirkt wie ein klassisches Bühnenstück, dessen Handlung sich gut und gerne auf ein Zimmer und zwei Personen beschränken könnte. 
Der Horror entsteht durch den Wahnsinn der ehemaligen Krankenschwester Annie Wilkes, die in Rob Reiners Verfilmung durch eine Oscar-prämierte Kathy Bates zum Leben erweckt worden ist. Durch Paul Sheldons absolute Hilfslosigkeit wird ein Szenario heraufbeschworen, in dem Annie Wilkes ihre labile Psyche hemmungslos an ihrem Opfer austoben lässt, wobei die Beziehung zwischen Autor und Leser natürlich auch selbstreferentielle Züge aufweist. 
Stephen King lässt sein Alter Ego auch über die Unterscheidung zwischen ernsthafter und Schundliteratur schwadronieren, wobei der Leser nicht umhinkommt, auch Kings eigene Meinung zu diesem Thema hineinzuinterpretieren. Im Verlauf der Handlung kommt es zu einigen wirklich grausamen Verstümmelungen, aber das Beste hebt sich King für das grandiose Finale auf, das einen so schnell nicht mehr loslässt.


Robert R. McCammon – „Nach dem Ende der Welt“

Samstag, 6. April 2024

(Knaur, 524 S., Tb. / Festa, 450 und 370 S., Tb.) 
Stephen Kings 1978 veröffentlichtes Weltuntergangs-Szenario „The Stand – Das letzte Gefecht“ zählt nicht nur zu den frühesten, bekanntesten, sondern auch umfangreichsten Werken des „King of Horrors“ und erschien zunächst in gekürzter Fassung, ehe 1990 mit der gewachsenen Popularität des Autors eine um 400 Seite längere ungekürzte Fassung veröffentlicht wurde. Robert R. McCammon avancierte in den 1980er Jahren mit Romanen wie „Höllenritt“, „Blutdurstig“ und „Wandernde Seelen“ zu einem ernst zu nehmenden Horror-Autor aus der zweiten Reihe, der 1987 mit „Swan Song“ seine eigene apokalyptische Vision auf den Markt brachte. 
Nachdem Knaur 1988 eine vom „Kollektiv-Druckreif“ übersetzte und gekürzte Version unter dem Titel „Nach dem Ende der Welt“ auf den deutschen Markt gebracht hatte, ließ Festa 2015 eine neu übersetzte und zweibändige, vollständige Neuauflage folgen, die die Schwächen der deutschen Erstveröffentlichung allerdings auch nicht ausmerzen konnte. 
Als sich die USA von einer sowjetischen Atom-U-Boot-Flotte vor ihren Küsten bedroht sieht, lässt sich der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika von seinen militärischen Beratern zu einem atomaren Präventivschlag gegen die UdSSR überreden und sorgt so für die atomare Apokalypse, die mit einem Schlag Milliarden von Menschenleben vernichtet und unzählige weitere mit schweren Verbrennungen und anderen Gebrechen zurücklässt. 
Währenddessen macht sich der Catcher Josh(ua) „Black Frankenstein“ Hutchins nach seinem überraschenden Sieg gegen Johnny Lee Richwine auf dem Weg nach Garden City in Kansas und die neunjährige Sue „Swan“ Wanda flieht mit ihrer Mutter Darleen vor dem gewalttätigen Tommy nach Blakeman im Nordwesten von Kansas, als sich der Himmel über ihnen verdunkelt. Unter den wenigen Überlebenden befindet sich auch die obdachlose, regelmäßig über die baldige Wiederkunft Jesu in seinem Raumschiff predigende Sister Creep, die durch Zufall die Auslöschung Manhattans überlebt hat. Zusammen mit einem Schuhverkäufer namens Artie macht sie sich auf den langen und gefährlichen Weg nach Detroit, um Arties Frau zu finden. Durch Zufall findet sie einen scheinbar magischen Glas-Ring, der ihr einen Rest von Hoffnung beschert. 
Zunächst unbeschadet überleben der 14-jährige Roland Croninger und sein Vater Phil die nukleare Katastrophe in dem von Colonel Macklin geleiteten Earth House, das zwar zum Schutz vor einem Atomkrieg errichtet worden ist, allerdings etliche Baumängel aufweist. Roland ist von dem charismatischen, allerdings auch traumatisierten Kriegshelden fasziniert und schließt sich der „Glorreichen Armee“ des Colonels an, der immer mehr Anhänger um sich zu scharen versteht und einen beispiellosen Raubzug durch die wenigen noch verbliebenen Städte des Landes organisiert. Ihr Ziel ist der Ort Mary’s Rest, wo Sister, Swan und Josh nach ihrer gemeinsamen Reise nach sieben Jahren ein wenig Hoffnung verbreiten können, weil das Mädchen über die beeindruckende Gabe verfügt, selbst dem trostlosesten Boden wieder Leben einzuhauchen. Doch das personifizierte Böse bedroht auch die letzte Bastion der Überlebenden… 
„Sister und Josh unterhielten sich darüber, was für eine Kreatur der Mann mit dem scharlachroten Auge sein könnte. Sie war sich unklar, ob sie an einen gehörnten und gabelschwänzigen Teufel glauben sollte, aber sie kannte das Böse gut genug. Wenn er nach ihnen sieben Jahre gesucht hatte, hieß das, dass er nicht alles wusste. Er war sicher listig, und vielleicht waren seine Eingebungen messerscharf, vielleicht konnte er das Gesicht wechseln, wie er wollte, vielleicht die Menschen mit einer Berührung in Flammen setzen, aber er war dümmlich und machte Fehler. Und vielleicht war seine größte Schwäche die Überzeugung, dass er verdammt viel schlauer sei als ein menschliches Wesen.“ (S. 368) 
37 Jahre nach seiner ursprünglichen Veröffentlichung scheint McCammons „Swan Song“ von erschreckender Aktualität zu sein, denn angesichts des andauernden Angriffskriegs der Russen gegen die Ukraine und den blutigen Auseinandersetzungen in Gaza sowie der drohenden erneuten US-amerikanischen Präsidentschaft von dem Mann mit der komischen Frisur wirkt das Szenario eines atomaren Krieges gar nicht so weit hergeholt. 
McCammon lässt seine Geschichte in einer vom Zeitpunkt des Schreibens nicht allzu entfernten Zukunft spielen und malt das erschreckende Bild internationalen Wettrüstens, dem Ausbreiten von terroristischen Organisationen einerseits und der wachsenden Armut und der Hungernöte auf der ganzen Welt andererseits. Vor diesem Hintergrund formieren sich nach der weitreichenden nuklearen Zerstörung in den USA zwei Lager, die auf einen großen Endkampf zwischen Gut und Böse hinsteuern. Während Colonel Macklin in den sieben Jahren nach der atomaren Zerstörung mit dem jungen Roland Croninger einen effizienten Vollstrecker heranwachsen sieht, der sich als „Ritter des Königs“ sieht und skrupellos seine Ziele verfolgt, um für die Glorreiche Armee mehr Nahrungsmittel, Wasser und vor allem Waffen und Munition zu besorgen, entwickelt sich das Mädchen Swan zu einer Führerin mit lebensspendenden Kräften. 
An Stephen Kings Meisterwerk „The Stand“ reicht „Swan Song“ lang nicht heran. Dafür hat McCammon zu wenig Sorgfalt bei der Zeichnung seiner zahlreichen, oft eindimensional und klischeehaften wirkenden Figuren walten lassen. Auch der Plot ist nicht stringent entwickelt und wirkt stark episodenhaft, so dass kaum eine dramaturgisch gefällige Spannung aufgebaut wird. 
Die übernatürlichen Elemente forcieren zwar den ausgeprägten Dualismus, wären aber nicht nötig gewesen, um die Geschichte überzeugend erzählen zu können. So hat sich McCammon mit „Nach dem Untergang der Welt“ zwar viel vorgenommen und überzeugt auch sprachlich, doch die nicht sehr gelungene Konstruktion des Endkampfs zwischen Gut und Böse bleibt ein Makel, das auch die erweiterte Neuübersetzung nicht in den Griff bekommt.