Nachdem der junge MI5-Agent River Cartwright bei einem Übungseinsatz eine folgenschwere Verwechslung unterlief, bei der im Ernstfall einhundertzwanzig Menschen getötet oder verletzt worden wären, ist er zu dem von Jackson Lamb geleiteten Slough House versetzt worden, jenem Sammelbecken von MI5-Versagern, die wegen ihrer mangelnden Agenten-Eignung von ihren Kollegen im Regent’s Park spöttisch „Slow Horses“ – lahme Pferde – tituliert werden.
Während Jackson Lamb aber wenigstens auf eine Karriere zurückblicken kann, haben Cartwrights LeidensgenossInnen nur wenig Hoffnung, jemals von diesem unrühmlichen Abstellgleis zurück den Weg in die Zentrale zu finden. Das ist schließlich noch nie vorgekommen. Doch während sich die Slow Horses insgeheim danach sehnen, wieder einen richtigen Auftrag zu erhalten, verbringen sie ihre eintönigen Tage damit, die Mülltüten anderer Leute zu durchwühlen und die Aufzeichnungen alter Telefongespräche auszuwerten.
Als in einem BBC-Blog ein Video läuft, in dem einem maskierten Pakistani angedroht wird, innerhalb von 48 Stunden geköpft zu werden, sehen sie ihre Chance auf Wiedergutmachung. Bei ihren eigenmächtigen Ermittlungen stoßen Lambs Leute aber auf Hinweise, dass die Entführung vom MI5 nur inszeniert worden ist, worauf sich ein vertracktes Katz- und Maus-Spiel zwischen den beiden Lagern entwickelt. Denn aus der inszenierten Entführung ist eine echte geworden, und Diana „Lady Di“ Tavener, Vizechefin des MI5, sucht nach einem Sündenbock.
„Wenn Moskauer Regeln bedeuteten, dass man für Rückendeckung sorgen musste, bedeuteten Londoner Regeln, dass man seinen Arsch retten musste. Die Moskauer Regeln waren auf den Straßen geschrieben, doch Londoner Regeln in den Korridoren von Westminster ausgetüftelt worden, und die Kurzversion besagte: Irgendjemand muss immer bezahlen. Schau zu, dass nicht du es bist. Niemand wusste das besser als Lamb. Und niemand beherrschte das Spiel besser als Lady Di.“ (S. 366)Der rasante Prolog in Mick Herrons bereits 2010 begonnenen Reihe um den Slough-House-Leiter Jackson Lamb liest sich wie ein typischer Agentenroman à la John Le Carré, Frederic Forsyth oder Robert Ludlum, nur steht erst einmal der junge River Cartwright im Zentrum der Geschichte, wie er seinen Einsatz vermasselt und nur aufgrund seines einflussreichen Großvaters, der einst eine große Nummer beim MI5 gewesen ist, überhaupt noch einen Job hat – wenn auch nur bei den wenig glorreichen Slow Horses. Nach der kurzweiligen Einführung nimmt sich Herron viel Zeit, um auch die anderen Versager in Lambs Truppe vorzustellen, bevor durch die Entführung des Pakistani, der sich als Neffe eines hochrangigen Vertreters des pakistanischen Geheimdienstes entpuppt, etwas Schwung in den resignierten Haufen im Slough House kommt.
Wie sich Cartwrights KollegInnen in den Job reinhängen und wie sich Lamb und seine Widersacherin beim MI5 einander auszuspielen versuchen, ist nicht nur unterhaltsam und spannend geschrieben, sondern auch mit herrlich sarkastischem Humor gespickt. Darüber hinaus sind Figuren toll gezeichnet und die Dialoge wunderbar spritzig gelungen. Auf die weiteren Bänder der preisgekrönten Agenten-Thriller-Reihe darf man sich nun auch hierzulande freuen!
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