Håkan Nesser – (Van Veeteren: 4) „Die Frau mit dem Muttermal“

Sonntag, 31. Mai 2020

(Weltbild, 285 S., HC)
Der Geschäftsmann Ryszard Malik wird eines Abends von seiner Frau Ilse nach ihrer Rückkehr vom Theater tot hinter der geöffneten Haustür aufgefunden – mit je zwei Schüssen in die Brust und in den Unterleib. Wenig später wird auch der wegen einer Tätlichkeit einem Schüler gegenüber suspendierte Lehrer Rickard Maasleitner ebenfalls mit einer Berenger 7,65 Millimeter erschossen, wiederum in die Brust und in die Geschlechtsteile. Hauptkommissar Van Veeteren und seine Kollegen tappen zunächst völlig im Dunkeln. Zwar war Maasleitner bei seinen Kollegen nicht besonders beliebt, aber ein Mordmotiv lässt sich bei beiden Opfern im näheren Bekanntenkreis einfach nicht finden.
Winnifried Lynch, die neue Freundin von Van Veeterens Kollege Reinhart, vermutet, dass es sich bei dem Täter um eine in ihrer Ehre verletzte Frau handeln müsse, doch bringt diese Annahme die Ermittlungen zunächst nicht weiter. Dann entdeckt einer der Ermittler die beiden Opfer gemeinsam auf einem etwa dreißig Jahre alten Foto, auf dem die Abgangsklasse der Militärstabsschule von 1965 abgebildet ist, neben den beiden getöteten Männern noch 33 weitere Absolventen. Die Identifizierung und Befragung der übrigen Soldaten kommt aber nur schleppend voran, ohne wichtige Erkenntnisse für die beiden Mordfälle zu bringen. Schließlich könnten sich unter den Männern auf dem Foto sowohl weitere Opfer als auch der Täter befinden …
„Die Fragen blieben offen. Gab es überhaupt eine kleinere Gruppe innerhalb der Gruppe? Wenn nicht – wenn der Mörder hinter ihnen allen her war, dann musste es sich um einen Verrückten handeln. Mit einem unbegreiflichen, irrationalen und vermutlich vollkommen schwachsinnigen Motiv. Niemand hat eine in welcher Hinsicht auch immer annehmbare Begründung, 31 Menschen einen nach dem anderen zu erschießen.“ (S. 175) 
Mit seinem vierten, hierzulande 1998 erstmals veröffentlichten und mit dem Schwedischen Krimipreis ausgezeichneten Van-Veeteren-Roman „Die Frau mit dem Muttermal“ präsentiert Håkan Nesser keinen konventionellen Whodunit-Plot, sondern beschreibt eher den ermüdenden Alltag einer an sich schlagkräftigen Ermittlertruppe, deren Vorgehen aber auch sehr behäbig wirkt. Das trifft aber auch den Plot zu. Die (namentlich noch nicht bekannte) Täterin wird gleich im ersten Kapitel vorgestellt, das Motiv lässt sich bereits erahnen, wird aber erst zum Ende hin konkretisiert. Bis dahin dreht sich vor allem alles um den Alltag der Opfer bis zu ihrem Ableben, das durch die mysteriösen, anonymen Anrufe, mit denen den Adressaten der The-Shadows-Hit „The Rise and Fall of Flingel Bunt“ aus den 1960ern vorgespielt wird.
Verwertbare Spuren und ein erkennbares Motiv können weder Van Veeteren noch seine Kollegen Münster, Reinhart, Moreno, Heinemann, Jung und Rooth bei den Befragungen von Kollegen und Familienangehörigen der Opfer und den Untersuchungen der Tatorte ausmachen. Die nur allmählich aufgebaute, kaum spürbare Spannung resultiert einzig aus der Frage nach möglichen weiteren Opfern, bis die mutmaßliche Täterin endlich gefasst wird. Bis dahin wechselt Nesser ständig die Perspektive zwischen den einzelnen Ermittlern, die allesamt ungewöhnlich blass bleiben, den Opfern und der Täterin. Das bringt zwar etwas Fluss in den schlichten Plot, aber die Handlung wenig voran. Vor allem die unzähligen, nicht verwertbaren Befragungen ermüden auf die Dauer, machen aber deutlich, wie der Alltag der Ermittler üblicherweise aussieht.
Es ist nur bedauerlich, dass Van Veeteren, der sonst auch mit seiner schwierigen Beziehung zu seinem Vater und den Frauen in seinem Leben portraitiert wird, hier überhaupt nicht an Kontur gewinnt, außer dass er klassische Musik hört, Schach und Badminton spielt. Mit dem abschließenden ausführlichen Geständnis der Täterin wird der Fall schließlich ganz unspektakulär zu Ende geführt. Von den bisherigen Van-Veeteren-Büchern ist „Die Frau mit dem Muttermal“ das bislang schwächste.
Leseprobe Hakan Nesser - "Die Frau mit dem Muttermal"

Kent Haruf – „Kostbare Tage“

Mittwoch, 27. Mai 2020

(Diogenes, 348 S., HC)
Nach der erschütternden Diagnose bei seinem Arzt in Denver heißt es Abschiednehmen für Dad Lewis, Abschied von seiner Frau Mary, seinen Töchtern Lorraine und Alene und dem 1904 am Rand der Kleinstadt Holt erbauten und 1948 von ihm gekauften Haus. Damals war er zweiundzwanzig Jahre alt und arbeitete in der Eisenwarenhandlung in der Main Street, die er später von dem fast gelähmten Besitzer übernahm. Einen letzten Sommer hat er vielleicht noch vor sich, möglicherweise auch nur vier Wochen, die er in der Abgeschiedenheit seines Hauses verbringt.
Eine fürsorgliche Krankenschwester schaut regelmäßig nach dem Rechten, versorgt ihn mit Morphium, doch seine letzten Tage will Dad Lewis bei so klarem Bewusstsein wie möglich verbringen. Von Bob und Rudy, seinen langjährigen treuen Angestellten, lässt er sich nun die Geschäftsbücher nach Hause bringen und versucht, die letzten Angelegenheiten in seinem Leben zu regeln. Dazu zählt auch, dass der allein lebenden Miss Sprague, die die Raten für ihre Kühltruhe nicht mehr zahlen kann, die ausstehenden Zahlungen zu erlassen und dafür zu sorgen, dass sie Unterstützung im Haushalt erhält. Währenddessen geht das Leben um den sterbenden Mann herum weiter.
Seine Töchter haben zwar ihre eigenen Probleme, nehmen sich aber fürsorglich des Nachbarkindes Alice an, das erst kürzlich ins das Haus ihrer Großmutter gezogen ist. Und Reverend Lyle, der sich von Dad und Mary die Geschichte ihres gemeinsamen Lebens erzählen lässt, wird nicht nur wegen seiner kontroversen Gedanken von der Gemeinde aus der Stadt gejagt, sondern überwirft sich auch mit seiner Frau und seinem Sohn.
Während seine Kräfte schwinden, hängt Dad Lewis seinen Gedanken und Erinnerungen nach. Dabei spielt das Schicksal seines ehemaligen Angestellten Clayton und seiner Frau ebenso eine große Rolle wie das Zerwürfnis mit seinem Sohn Frank, der schon vor Jahren den Kontakt zu seiner Familie abgebrochen hat …
„Er saß auf der Veranda, trank und hielt die Hand seiner Frau. Er würde also sterben. Das war es, was sie gesagt hatten. Noch ehe der Sommer vorbei war, wäre er tot. Anfang September würde man draußen auf dem Friedhof, drei Meilen östlich von der Stadt, Erde über ihn schütten, auf das, was von ihm übrig war. Man würde seinen Namen auf einen Grabstein meißeln, und dann wäre es so, als hätte es ihn nie gegeben.“ (S. 10) 
Der US-amerikanische Schriftsteller Kent Haruf veröffentlichte erst im Alter von 41 Jahren seinen ersten, bislang noch nicht auf Deutsch erschienenen Roman „The Tie That Binds“, auf die letztlich nur fünf weitere folgte, ehe er 2014 in Salida, Colorado, im Alter von 71 Jahren verstarb. Sein fünfter Roman „Kostbare Tage“ spielt ebenso wie all seine anderen Werke in der fiktiven Kleinstadt Holt, Colorado, und beweist einmal mehr, wie der Sohn eines methodistischen Pfarrers mit großem Einfühlungsvermögen und ausgefeilter Sprache ganz gewöhnliche Geschichten ganz alltäglicher Leute zu erzählen vermag. So handelt „Kostbare Tage“ nicht nur vom Sterben eines Mannes, der sein Leben gelebt hat, der seinen Angestellten und seiner Familie in guter Erinnerung bleiben wird, der stets versucht, unglückliche Entscheidungen und deren unabsehbare Folgen wieder zurechtzubiegen. Der Roman handelt ebenso von den Menschen, die Dad Lewis in seinem Leben begleitet haben und die ihn überleben werden. Ebenso eindringlich wie die Erinnerungen und Visionen des sterbenden Mannes widmet sich der Autor dem Schicksal des in Ungnade gefallenen Reverends und seinen so unterschiedlichen Kindern, von denen es der früh abtrünnig gewordene Frank sichtlich am schwersten getroffen hat.
„Kostbare Tage“ erzählt von den ganz gewöhnlichen Herausforderungen des Lebens, von Liebe, die eine lange Ehe überdauert, von Vergebung und den Möglichkeiten, im Leben neue Wege gehen zu können. Kent Haruf gelang mit „Kostbare Tage“ das Kunststück, dem Sterben seinen Schrecken zu nehmen, Trost zu spenden und aufzuzeigen, wie Mitgefühl und Verständnis uns alle zu besseren Menschen machen kann. Dabei beschreibt er die Menschen und die sie umgebende Landschaft so eindringlich, dass man sich als Leser sofort ins Geschehen hineingezogen fühlt und sich mit den so lebensnah gezeichneten Figuren problemlos identifizieren könnte. Das ist einfach zauberhaft schöne Lektüre!
Leseprobe Kent Haruf - "Kostbare Tage"

Philippe Djian – „Morgengrauen“

(Diogenes, 236 S., HC)
Nachdem ihre Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren, kehrt die dreiunddreißigjährige Joan aus dem Zentrum der Stadt in den Vorort ihres Zuhauses zurück, um sich um ihren autistischen Bruder Marlon zu kümmern, der panische Angst vor der Dunkelheit hat. Die neue Konstellation bringt einige Herausforderungen mit sich, denn neben der Second-Hand-Boutique, die sie mit ihrer fünfzigjährigen Freundin Dora in der Stadt führt, verdient sie ihren Lebensunterhalt als Prostituierte, wovon Marlon auf keinen Fall etwas mitbekommen soll. Einer ihrer Kunden ist Howard, ein alter Bekannter ihrer Eltern, der – wie Joan erfahren muss – auch eine Affäre mit ihrer Mutter Suzan hatte.
Joan bedauert, den Zustand der Gleichgültigkeit zwischen ihr und ihren Eltern jahrelang aufrechterhalten zu haben, und beschäftigt sich mit der Vergangenheit ihrer Eltern, vor allem durch das Lesen von Suzans überraschend leidenschaftlichen Briefen an Howard, der gegenüber Joan immer besitzergreifender wird. Doch das größere Problem stellt die sechzigjährige Ann-Margaret dar, die sich anfangs nur darum kümmern soll, dass Marlon bei seinen Panikattacken nicht allein ist, während Joan ihren zweifelhaften Geschäften nachgeht. Doch dann beginnt die Frau, sich auch Marlons sexueller Bedürfnisse anzunehmen, und Joans Bruder immer mehr für sich einzunehmen.
„Für ihren Geschmack wurde das Leben interessanter, wenn man etwas zu verlieren hatte. Sie hatte dreiunddreißig Jahre gebraucht, um das zu begreifen, war ziellos durch eine endlose, öde Wüste gewandert, aber jetzt war da endlich etwas, und dieses Etwas war ihr Bruder. Sie konnte es noch immer kaum glauben. Was er war, was er bedeutete. Und alles war gut gewesen, bis zu dem Moment, als Ann-Margaret die Bühne betreten hatte.“ (S. 213) 
Philippe Djian, der in den 1980er Jahren mit seinen ersten Romanen „Blau wie die Hölle“, „Erogene Zone“, „Betty Blue – 37,2 Grad am Morgen“ und „Verraten und verkauft“ in der Literaturszene für Furore sorgte und zum Kultautor avancierte, hat in den vergangenen Jahren eher kürzere Werke veröffentlicht und begnügt sich auch in seinem neuen Roman „Morgengrauen“ damit, seine Figuren ohne große Einleitung gleich mitten im Geschehen zu verorten, das sich im abgehackten, episodischen Stil überschlägt.
Es bleibt kaum Zeit, die komplizierte (sexuelle Arbeits-) Beziehung zwischen Joan und Harold aufzuarbeiten, da bekommt der ehemalige Liebhaber von Joans Mutter einen cholerischen Anfall und verunglückt wenig später. Die Anziehungskraft zwischen Marlon und der reifen Ann-Margaret wird extrem sprunghaft inszeniert, wobei nur angedeutet wird, wie sich diese Beziehung überhaupt entwickeln konnte. Djian führt etliche Figuren ein, die er nur kurz skizziert, wie den Sheriff John, der zwar ein Auge auf das Etablissement von Dora und Joan wirft, für sein Schweigen aber mit freiem Zutritt zu den Mädchen entlohnt werden will. Am meisten enttäuscht „Morgengrauen“ auf der Beziehungsebene zwischen Joan und Marlon.
Der Autor konzentriert sich so auf Joans Perspektive, dass Marlon selbst fast ein Unbekannter bleibt, ein bloßes Objekt, um dessen Gunst sich Joan und Ann-Margaret zunehmend in die Haare geraten. Djian scheint, wie zuvor schon bei „Marlène“, nur an der Schilderung möglichst abstruser Szenarien interessiert zu sein, ohne Sympathien oder auch nur ein Interesse an seinen Figuren zu entwickeln, so farblos erscheinen sie in der losen Abfolge der Ereignisse. Djian nimmt sich weder die Zeit, Joans problematische Beziehung zu ihren verunglückten Eltern aufzuarbeiten, noch ihre schwierige Beziehung zu ihrem psychisch labilen Bruder. Hätte er das getan, würde das absurde Finale vielleicht auch ansatzweise glaubwürdig wirken, so bringt es nur einen stilistisch zwar wieder pointiert fesselnden, aber auf der erzählerischen Ebene zerfaserten und enttäuschend oberflächlichen Roman zum leider passenden Abschluss.

Jason Starr – „Seitensprung“

(Diogenes, 394 S., Pb.)
Einst war Jack Harper ein vielversprechender Rock-Gitarrist, der bei einem seiner Gigs seine jetzige Frau Maria kennengelernt hat. Zwar hat er es ihr und ihrem gemeinsamen Sohn Jonah zu verdanken, seine Alkoholsucht in den Griff bekommen zu haben und seit Jahren trocken zu bleiben, doch in den letzten Jahren kriselt es an jeder Ecke in seinem Leben. Statt seinen Traum als Rock-Musiker zu verwirklichen, schlägt er sich eher recht als schlecht als Immobilienmakler in Manhattan durch und hat sich von seiner Frau entfremdet. Nach vier Jahren ohne Sex kommt ihm der Tipp seines alten Musiker-Kollegen Rob McEvoy gerade recht, der ihn auf das Seitensprung-Portal Discreet Hookups hinweist.
Als Jack mal wieder Marias kalte Schulter zu spüren bekommt, erliegt er schließlich der Versuchung, legt sich auf der Dating-Seite ein Profil an und kommt dort sofort mit einer Frau in Kontakt, die nicht nur Jacks Leidenschaft für die Rockmusik, sondern auch für Van Gogh teilt. Wie ihm Sophie alias „Fugitive Red“ offenbart, wird sie von ihrem gewalttätigen Mann oft geschlagen, sehnt sich aber selbst nach hartem Sex. Jack kann das ausgemachte Treffen kaum abwarten, doch als ihr Townhouse betritt, erwartet ihn eine böse Überraschung: Sein Date liegt nämlich mit einer Krawatte um ihren Hals offensichtlich tot auf ihrem Bett. Bei den sinnlosen Wiederbelebungsversuchen fällt Jack auch noch eine blutende Wunde am Kopf auf. Der wahre Alptraum beginnt für Jack aber, als er den Notruf wählt und sich mit dem unbarmherzigen Detective Barasco konfrontiert sieht, der auch Maria über den Vorfall im Townhouse informiert. Als Maria ihn aus der gemeinsamen Wohnung wirft, ihm dem Umgang mit Jonah verbietet und alle Kreditkarten sperrt, ist Jack endgültig am Tiefpunkt seines Lebens angelangt. Doch es kommt noch schlimmer …
„Nur weil ich manchmal verrückte Dinge machte, hieß das noch lange nicht, dass ich wirklich verrückt war. Ich war nüchtern, ich war Vater, ich war ein guter Mensch. Ich hatte einige Fehler begangen, ja, aber ich war auf dem richtigen Weg, und nichts von alledem hatte sich geändert, als ich Sophie Ward kennenlernte. Aber stimmte das auch, oder war mein Glaube, dass ich nicht verrückt war, wieder nur eine Rechtfertigung?“ (S. 282) 
Jason Starr hat es bereits in seinen hochgelobten vorangegangenen Werken wie „Top Job“, „Ein wirklich netter Typ“, „Hard Feelings“ und „Twisted City“ hervorragend verstanden, Männer im besten Alter von einer Katastrophe in die nächste schlittern zu lassen, bis sie durch unkluge Entscheidungen nur noch die Scherben ihres einst vielversprechenden, nun völlig verkorksten Lebens aufsammeln können. „Seitensprung“ macht da keine Ausnahme. Jason Starrs Ich-Erzähler Jack Harper wirkt wie ein typischer Thirtysomething, wie ein Mann, der seine Träume als junger Mann begraben hat und einen richtigen Job finden musste, mit dem er zum Familienunterhalt wenigstens etwas mehr beisteuern kann; ein Mann, der seinen Sohn über alles liebt, aber mit seiner Frau nur noch wenig gemein hat. Dass er zumindest mit dem Gedanken an eine Affäre spielt, dass ihn der Chat mit einer sexwilligen Frau antörnt und sein angeschlagenes Selbstbewusstsein aufpoliert, wirkt nur zu verständlich. Doch indem er den Seitensprung tatsächlich vollziehen will, ist Jacks Schicksal besiegelt.
Souverän dreht der New Yorker Autor ganz langsam an der Spannungsschraube, lässt seinen Protagonisten von einem Unglück ins nächste taumeln. Die Moral der Geschichte, dass der Betrug an seinem Ehepartner schreckliche Folgen nach sich zieht, bleibt kaum verborgen, aber Starr konzentriert sich eher genüsslich auf das unaufhaltsame Desaster, auf das sich Jack Harper mit jeder weiteren eigentlich gut gemeinten Entscheidung und Handlung zubewegt.
Die extrem einfache Sprache und der stringent inszenierte Plot ziehen den Leser wie ein Sog in das Geschehen, allerdings nimmt das Geschehen zum Ende hin zunehmend groteskere und unglaubwürdigere Züge an.
„Seitensprung“ macht mit seinem gefälligen Ton und dem unterschwellig makabren Humor fraglos Spaß, bewegt sich allerdings auf allzu vertrauten Pfaden, verliert durch die unglaubwürdige Wendung an Anziehungskraft und bietet dem Jason-Starr-Fan letztlich wenig Neues.
Leseprobe Jason Starr - "Seitensprung"

Stephen King – „Carrie“

Montag, 25. Mai 2020

(Weltbild, 288 S., HC)
Seit ihr Vater auf einer Baustelle ums Leben gekommen ist, lebt die 16-jährige Carietta „Carrie“ White mit ihrer allein erziehenden, fanatisch religiösen Mutter in der Carlin Street in der Kleinstadt Chamberlain. Bereits im zarten Alter von drei Jahren ließ sie per Telekinese einen Steinregen auf das Dach ihres Elternhauses regnen, als ihr ihre Mutter im religiösen Wahn die Augen herausschneiden wollte. Seither ist es nicht zu weiteren unerklärlichen Zwischenfällen dieser Art gekommen, noch hat jemand geahnt, dass Carrie über telekinetische Kräfte verfügen würde. Als Carrie jedoch ausgerechnet in der schulischen Gemeinschaftsdusche erstmals ihre Periode bekommt, ohne zuvor aufgeklärt worden zu sein, wird sie von ihren Mitschülerinnen noch mehr gehänselt als ohnehin schon, was eine unglückliche Kettenreaktion auslöst.
Während sich einige Mädchen anschließend dafür schämen, die hilflose und völlig verängstigte Carrie so massiv gedemütigt haben, setzen andere bereits zum nächsten Schlag an. Sue Snell ist aber so reumütig, dass sie selbst auf die Teilnahme am kommenden Frühlingsball verzichtet, damit ihr Freund Tommy Ross Carrie dazu einladen kann. Carrie vermutet hinter dieser vermeintlich netten Geste zunächst ein weiteres böses Spiel, das mit ihr getrieben wird, doch auch durch ihre mitfühlende Lehrerin Miss Desjardin bestärkt beginnt Carrie, sich von den emotionalen Fesseln ihrer Mutter zu befreien, sich ein Kleid zu nähen und sich tatsächlich auf den Ball zu freuen.
Doch ihre ersten düsteren Vorahnungen bewahrheiten sich, und Carrie entfesselt einen furchtbaren Sturm der Zerstörung …
„Niemand war hier drin – und falls doch, dann versteckte Er/Es sich vor ihrer Kraft. Gott hat sein Antlitz abgewandt, und warum auch nicht? Diese Gräuel waren genauso sein Werk wie das ihre. Und darum hatte sie die Kirche verlassen, hatte sie verlassen, um nach Hause zu gehen und Momma zu suchen und das Werk der Zerstörung zu vollenden.“ (S. 235) 
Nach zwei nach wie vor unveröffentlichten Romanen und den drei erst später unter dem Pseudonym Richard Bachman erschienenen Werken „Amok“, „Todesmarsch“ und „Menschenjagd“ war „Carrie“ bereits der sechste Roman aus der Feder von Stephen King, aber der erste, der schließlich 1974 auch das Licht der Welt erblickte und sogleich zu einem großen Erfolg avancierte. Wie seine späteren Bestseller „Feuerkind“, „The Dead Zone“ und „Shining“ thematisiert King in „Carrie“ eine übersinnliche menschliche Tätigkeit, verknüpft sie hier mit dem Erwachsenwerden eines pubertierenden Mädchens und einem stark religiös gefärbten persönlichen Umfeld, das seinen Teil dazu beiträgt, die telekinetischen Fähigkeiten der 16-jährigen Protagonistin in zerstörerischer Wut entfesseln lässt.
King beschreibt eindringlich die schweren Nöte, die das junge Mädchen sowohl zuhause als auch im schulischen Umfeld erleiden muss, macht mehr oder weniger den religiösen Wahn ihrer Mutter, die ihre Tochter als Produkt einer teuflischen Verfehlung betrachtet, dafür verantwortlich, dass Carries bislang nur latent zum Ausdruck gekommene Fähigkeit, Dinge allein durch ihre Gedanken zu bewegen, so zerstörerische Ausmaße annimmt. Dabei sorgen die immer wieder eingefügten dokumentarisch wirkenden Auszüge aus den Aussagen vor dem staatlichen Untersuchungsausschuss der sogenannten White-Kommission, der wissenschaftlichen Schrift „Als der Schatten explodierte. Der Fall Carietta White: Dokumentierte Tatsachen und spezifische Schlussfolgerungen“, Zeitschriften-Artikel und Nachrichten-Agentur-Meldungen dafür, dass das Ausmaß der fürchterlichen Ereignisse bereits früh bekannt gemacht wird, nimmt so allerdings auch die Spannung und lässt den Plot etwas zerfasern.
Mit der 16-jährigen Carrie ist Stephen King allerdings eine glaubwürdige Figur gelungen, die vor allem in der Verkörperung durch Sissy Spacek in der gleichnamigen Verfilmung von Brian De Palma im Jahr 1976 an Popularität gewann.
Leseprobe Stephen King- "Carrie"

Richard Russo – „Jenseits der Erwartungen“

Dienstag, 19. Mai 2020

(DuMont, 432 S., HC)
Um der alten Zeiten willen treffen sich die mittlerweile allesamt sechsundsechzigjährigen Freunde Lincoln Moser, Teddy Novak und Mickey Giradi im Spätsommer auf Martha’s Vinyard wieder, wo Lincoln das Ferienhaus seiner Eltern in Chilmark zu verkaufen gedenkt. Sie hatten einst zur Zeit des Vietnamkriegs am humanistisch ausgerichteten Minerva College in Connecticut studiert, sich ein Apartment geteilt und jeweils entweder in der Küche oder im Service im Haus der Studentinnenverbindung Theta jobbten.
Seit jener Zeit sind sie in alle Winde zerstreut und haben ganz unterschiedliche berufliche Wege eingeschlagen: Teddy hat sich mit einem Kleinverlag für esoterisch ausgerichtete Schriften in Syracuse selbständig gemacht, Lincoln ist in Las Vegas als Immobilienmakler sesshaft geworden und hat mit seiner Frau Anita eine Familie gegründet, Mickey ist als Musiker und Toningenieur im nahe gelegenen Cape Cod tätig.
Sie alle einen aber die Erinnerungen an die erste der beiden Vietnam-Einberufungslotterien am 1. Dezember 1969, als Mickeys Geburtstag als neunte von 366 Möglichkeiten gezogen wurde und er mit dem Gedanken zu spielen begann, nach Kanada auszuwandern. Doch noch mehr sollte sie das Verschwinden von Jacy Calloway bewegen, in die sie alle gleichermaßen verliebt waren. In dem Ferienhaus, in dem seine Eltern mit der Familie immer den Sommer verbrachten und auf das es nun ihr Nachbar Mason Troyer abgesehen hat, werden die alten Geschichten aufgewärmt, und vor allem Lincoln kommt nicht davon los, herauszufinden, was aus Jacy geworden ist, nachdem sie sich mit Vance verloben wollte und die drei jungen Männer damals nur mit einer Abschieds-Notiz kollektiv verlassen hatte und nie wieder auftauchen sollte. Er stöbert in den Archiven der örtlichen Vineyard Gazette und befragt den damals ermittelnden Polizeibeamten Joe Coffin, doch der Anfangsverdacht ausgerechnet gegen Mason Troyer, der wegen Belästigung junger Frauen bereits aktenkundig ist, bewegt sich schließlich in eine viel beunruhigendere Richtung …
„Als Mickey später witzelte, er werde ihren Verlobten umbringen, regte sich in Lincoln etwas Dunkles, Tückisches, wobei er den Gedanken natürlich , so gut er es vermochte, von sich wies. Nein, natürlich würden sie Jacys Verlobten nicht umbringen. Sie hatten doch lediglich bekräftigt, dass, wenn es eine Frau gab, die es wert wäre, deren Verlobte umzubringen, dann Jacy. Und doch …“ 
Richard Russo, der für seinen Roman „Diese gottverdammten Träume“ 2002 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet wurde, erweist sich auch in seinem neuen Werk „Jenseits der Erwartungen“ als einfühlsamer Erzähler, der vor dem Hintergrund einer ungewöhnlichen (Gruppen-)Liebesgeschichte mit tragischem Ausgang die unterschiedlichen Lebensläufe, Träume und Sehnsüchte seiner drei Protagonisten ausbreitet. Dabei wird deutlich, dass sie sich zwar gern als die drei Musketiere betrachtet haben und kollektiv in Jacy verliebt waren, aber letztlich jeder ganz individuell mit ihrem Verlust umgehen musste. Bei der Charakterisierung zeigt sich Russo als feinfühliger Beobachter der menschlichen Seele. Mit viel Sympathie zeichnet er das Leben der drei Männer nach, ihre familiären Hintergründe und vor allem die Zeit, in der sie lebten, die zwar auch von freier Liebe und Drogenkonsum, aber eben auch vor der Angst vor dem Vietnamkrieg geprägt war.
Durch das Verschwinden ihrer gemeinschaftlichen Traumfrau entwickelt Russo aber auch einen gut durchdachten Krimi-Plot, der allerdings zum Ende hin etwas weitschweifig ausgefallen ist. Davon abgesehen ist „Jenseits der Erwartungen“ ein wundervoller Roman über Freundschaft und Liebe geworden, der die ungewöhnliche Beziehungskonstellation ebenso glaubwürdig wie packend darstellt.

Lee Child – (Jack Reacher: 12) „Outlaw“

Sonntag, 17. Mai 2020

(Blanvalet, 447 S., HC)
Seit seiner ehrenhaften Entlassung aus dem Militärdienst hat Jack Reacher es sich zur Aufgabe gemacht, nur mit den Sachen, die er am Leib trägt, durch die Vereinigten Staaten zu ziehen. Da er weder über einen festen Wohnsitz noch über einen fahrbaren Untersatz verfügt, ist er meist mit dem Bus oder zu Fuß per Anhalter unterwegs. Momentan hat er es sich in den Kopf gesetzt, den nordamerikanischen Kontinent von Calais, Maine, diagonal bis nach San Diego in Kalifornien zu durchqueren. Als er etwas vom Kurs abkommt, landet er auf einer Straße, die die beiden Gemeinden Hope und Despair – Hoffnung und Verzweiflung – voneinander trennt.
Reacher entscheidet sich, ins Zentrum von Despair zu marschieren, wird aber alles andere als herzlich empfangen. Er will in dem einzigen Restaurant der Stadt nur einen Kaffee trinken, wird aber von vier Männern sehr bestimmt dazu aufgefordert, die Stadt zu verlassen. Als er sich weigert, wird er wegen Landstreicherei angezeigt und muss mit dreißig Tagen Haft rechnen, sollte er nicht aus Despair verschwinden. Doch Reacher geht nicht nur seine Freiheit über alles, sondern folgt auch stets seinem Instinkt, der ihm sagt, dass hier etwas faul ist. Auf dem Weg nach Hope wird Reacher von Vaughan, einer Polizistin vom Hope Police Department, aufgegriffen und erfährt von ihr nähere Einzelheiten zu seiner bestätigten Vermutung, dass Despair eine Firmenstadt ist, die ganz in der Hand des Industriellen und Laienpredigers Thurman liegt. Er unterhält eine riesige Metallrecyclinganlage, die aber mehr als nur Metallschrott zu verarbeiten scheint.
Die außergewöhnlichen Sicherheitsvorkehrungen in der Anlage, der nahe gelegene Militärstützpunkt und das Auftauchen und Verschwinden junger weißer Männer bestärken Reacher in dem Gefühl, dass es hier nicht mit rechten Dingen zugeht. Zusammen mit der attraktiven, allerdings verheirateten Polizistin wirbelt Reacher mächtig Staub in Despair auf und kommt nicht nur gefährlichen Endzeit-Phantasien auf die Spur, sondern auch einem Umschlagspunkt für desertierte Soldaten auf dem Weg nach Kanada. Obwohl Reacher als Ermittler bei der Militärpolizei auch dafür zuständig gewesen war, Deserteure zur Rechenschaft zu ziehen, hat er mittlerweile großes Verständnis für sie.
„Ich habe alles getan, was von mir verlangt wurde, und gesehen, wie Zehntausende von Kerlen das Gleiche getan haben. Und wir haben es im Grunde unseres Herzens gern getan. Ich meine, wir haben genörgelt und gemeckert und geschimpft, wie es Soldaten immer tun, aber wir waren mit dem Deal einverstanden. Weil Pflichterfüllung ein Geschäft auf Gegenseitigkeit ist, Vaughan. Keine Einbahnstraße. Wir schulden ihnen etwas, sie schulden uns etwas. Und was sie uns schuldig sind, ist ein feierliches Versprechen, unser Leben und unsere Unversehrtheit nur aus verdammt guten Gründen aufs Spiel zu setzen. Meist beurteilen sie die Lage ohnehin falsch, aber wir möchten das Gefühl haben, es geschehe in gutem Glauben. Wir möchten ihnen wenigstens ein bisschen vertrauen können. Und das alles hat sich jetzt verflüchtigt. Jetzt geht’s nur noch um politische Eitelkeiten und Stimmenwerbung.“ (S. 387) 
Lee Childs 12. Roman um seinen mittlerweile durch Hollywood-Star Tom Cruise auch verfilmten Protagonisten Jack Reacher entstand 2008, als sich die zweite Amtszeit des US-Präsidenten George W. Bush ihrem Ende neigte. Schließlich hat Bush nicht nur nach den Terroranschlägen vom 11.09.2001 den Krieg gegen Afghanistan, sondern auch den höchst umstrittenen Irakkrieg ins Leben gerufen, der fast 5000 getötete und über 40.000 verletzte US-Soldaten nach sich zog. Reacher macht durch sein für ihn ungewöhnlich flammendes Plädoyer mehr als deutlich, was er von der politischen Führung seines Landes hält, und weiht deshalb Vaughan nicht immer in seine Vorhaben ein. Schließlich hat sie ihre eigenen Erfahrungen mit dem Irakkrieg machen müssen und leidet nach wie vor unter den Folgen.
Doch Lee Child setzt sich nicht nur mit den Folgen des Irakkriegs auseinander, die vor seinen Augen die Form von Metallverarbeitung von zerschossenen Militärfahrzeugen aus dem Irak annehmen, sondern auch mit den damit zusammenhängenden Desertationen junger Soldaten und religiösen Wahnvorstellungen. Dabei kommt „Nothing to lose“ – so der weitaus treffender Titel der Originalausgabe – ungewöhnlich schwer in Gang und präsentiert die typischen Versatzstücke aus Jack-Reacher-Romanen nur in leicht abgewandelten Konstellationen. Dazu zählen verschiedene Situationen, in denen sich Reacher gegen zahlenmäßig überlegene Feinde im Kampf bewähren muss und mit seiner weiblichen Begleitung eine kurze Affäre beginnt. Allerdings bekommen die Figuren dabei kaum ein erkennbares Profil, wirkt der Plot zu stark konstruiert und wenig glaubwürdig.
Erst zum Finale hin nimmt „Outlaw“ an Fahrt auf, dokumentiert, warum Reacher so ein begnadeter Ermittler mit ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn ist, und endet mit einem riesigen Knall.
Selbst eingeschworene Reacher-Fans dürften diesem kruden Mix wenig abgewinnen können.
Leseprobe Lee Child - "Outlaw"

Henning Mankell – (Kurt Wallander: 4) „Der Mann, der lächelte“

Montag, 11. Mai 2020

(Zsolnay, 382 S., HC)
Seit Kommissar Kurt Wallander in Notwehr einen Menschen erschossen hat, ist er nicht mehr er selbst. Während seiner mittlerweile über ein Jahr andauernden Berufsunfähigkeit hat er seine Ohnmacht zu kurieren versucht, indem er Reisen auf die Karibischen Inseln und nach Thailand gebucht hat, doch ist er dabei stets vollkommen dem Alkohol verfallen. Erst der Aufenthalt in einer kleinen Pension in Skagen, in der er vor vielen Jahren, kurz nach der Geburt seiner Tochter Linda einige Wochen mit seiner Frau Mona verbracht hatte, bringt ihn etwas zur Ruhe. Doch gerade in dem Moment, als er beschließt, den Polizeidienst endgültig zu beenden, bekommt er Besuch von dem Anwalt Sten Torstensson, der Wallander damals bei der Scheidung von Mona vertrat. Torstensson erzählt von dem Tod seines Vaters, mit dem er zusammen die Kanzlei führte. Laut Polizeibericht soll er im Dunkeln zu schnell gefahren und von der Landstraße abgekommen sein, doch Torstensson ist überzeugt, dass sein übervorsichtiger Vater sich nie und nimmer zu Tode fahren würde. Allerdings sei er in der Zeit vor seinem Tod ungewöhnlich aufgewühlt gewesen.
Torstenssons Wunsch, die näheren Umstände des Todes seines Vaters zu betrachten, will Wallander allerdings nicht nachkommen. Sein Entschluss, seine Karriere bei der Polizei zu beenden, steht fest. Doch gerade an dem Tag, als Wallander sein Abschiedsgesuch einreichen will, erfährt er, dass Sten Torstensson in seiner Kanzlei ermordet aufgefunden wurde. Dieser Vorfall ändert alles. Auf einmal ist sich Wallander ebenso sicher, dass er die Todesfälle der beiden Anwälte aufklären und wieder seinen Dienst aufnehmen muss, wie er zuvor seinen Abschied nehmen wollte.
Zusammen mit seiner neuen, sehr aufgeweckten Kollegin Ann-Britt Höglund nimmt Wallander vor allem dem international tätigen Geschäftsmann Alfred Harderberg unter die Lupe. Gustav Torstensson war nämlich auf dem Weg von Harderbergs schwedischen Zentrale Schloss Farnholm nach Hause, als er tödlich verunglückte. Allerdings gestaltet es sich schwierig, hinter die Machenschaften des gut gebräunten und stets lächelnden Wirtschaftsbosses zu kommen, der zwar als Kunstmäzene und Wohltäter bekannt ist, allerdings auch in Verbindung mit Organhandel gebracht wird.
Bei seinen Bemühungen, hinter die Geheimnisse von Harderbergs Machenschaften zu kommen, wird Wallander an seinen Vater erinnert, der seine Bilder mit den immergleichen Landschaften mit oder ohne Auerhahn oft an gut situierte Männer in Seidenanzügen verkauft hatte.
„Immer gab es jemanden, der offen oder unausgesprochen von oben diktierte, was der unter ihm Stehende zu tun hatte. Er erinnerte sich, in seiner Kindheit Arbeiter gesehen zu haben, die mit der Mütze in der Hand stehenblieben, wenn jemand, der über ihr Leben bestimmte, vorbeiging. Er dachte daran, wie sein Vater vor den Seidenrittern gedienert hatte.
Auch ich halte eine Mütze in der Hand, dachte Wallander. Ich merke es nur manchmal nicht.“ (S. 234) 
Der schwedische Bestseller-Autor Henning Mankell (1948-2015) hat mit dem in der schwedischen Kleinstadt Ystad wirkenden Kriminalkommissar Kurt Wallander eine zutiefst menschliche Figur kreiert, die mit einem außergewöhnlichen kriminalistischen Spürsinn und Eigensinn ebenso ausgestattet ist wie mit deutlichen sozialen Defiziten.
Wallanders vierter Fall „Der Mann, der lächelte“ nimmt seinen Ausgang am absoluten Tiefpunkt in Wallanders Leben. Schließlich kann er sich nach der Tötung eines Menschen nicht mehr vorstellen, seinen Beruf auszuüben, und ertränkt seine Schuldgefühle in alkoholischen Exzessen. Die Rückkehr in den Polizeidienst vollzieht Wallander aber dann überraschend zügig und ohne großes Aufhebens. Was folgt, ist kein typischer Whodunit-Plot, denn dass der schwerreiche Geschäftsmann Harderbergs irgendwie hinter den Morden an den beiden Anwälten steckt, wird früh deutlich. So fokussiert sich Mankell in „Der Mann, der lächelte“ eher darauf, wie sich in Schweden die gesellschaftlichen Verhältnisse verändert haben, wie skrupellos die Mächtigen ihren Reichtum zu vermehren versuchen. Während die Spannung eher konventionell aufgebaut wird und ohne Überraschungen auskommt, überzeugt der Roman eher als Gesellschaftsstudie, wobei aber auch die Zusammenarbeit zwischen dem legendären Wallander und seiner jungen Kollegin besonders gelungen beschrieben wird.
Leseprobe Henning Mankell - "Der Mann, der lachelte"

Stephen King – „Love“

Freitag, 8. Mai 2020

(Heyne, 734 S., HC)
Lisey Landon hat ihr Leben lang im Schatten ihres berühmten Mannes Scott gelebt, der als Schriftsteller nicht nur außerordentlich erfolgreich war, sondern u.a. auch mit dem renommierten Pulitzerpreis und dem National Book Award ausgezeichnet wurde. Lisey hat in all den Jahren ihrer Ehe nur ein Interview für eine bekannte Frauenzeitschrift gegeben, in der Artikelserie „Ja, ich bin mit ihm verheiratet!“. Doch seit Scott vor zwei Jahren gestorben ist, brütet Lisey darüber, was sie mit dem Nachlass ihres Mannes machen soll, wobei Kritiker bereits Vergleiche mit Yoko Ono herangezogen haben, um Liseys Umgang mit dem literarischen Erbe ihres Mannes zu beschreiben. Sie hat ihren Mann aber lange genug gekannt, um zu wissen, dass er eine Spur mit Hinweise für sie ausgelegt hat, und Lisey kommt nicht drumherum, die von Scott sogenannte „Bool-Jagd“ endlich in Angriff zu nehmen.
Vor allem Professor Woodbody von der Anglistikfakultät der University of Pittsburgh, Scotts Alma Mater, erweist sich als besonders hartnäckig in seinem Interesse an dem verstorbenen Bestseller-Autor. Sein Seminar „Scott Landon und der amerikanische Mythos“ war immer gut besucht und er hatte dieses Jahr vier Doktoranden, die über Liseys Mann promovierten. Als sich Lisey endlich an den Stapeln an Zeitschriften, Jahresberichten, Fakultätsbulletins und Universitätsjournalen macht, wird sie immer wieder von den verschiedensten Erinnerungen heimgesucht, liebevollen wie unheimlichen.
Ihre Erinnerungen wie die Spur der Hinweise, die Scott für sie hinterlassen hat, führen Lisey schließlich in ein von Dämonen bevölkertes Reich, aus dem es ein Mann namens Zack McCool in diese Welt geschafft hat, Lisey in Angst und Schrecken zu versetzen, denn in seinem Bemühen, Scotts Nachlass in die Finger zu bekommen, kennt er kein Erbarmen. Lisey setzt alles daran, ihre geliebte, leider immer wieder in katatonische Zustände fallende Schwester Amanda aus der psychiatrischen Anstalt Greenlawn zu holen und zusammen diese fremde und doch so vertraute Welt aufzusuchen, die Scott so passend als Pool bezeichnet hat.
„Dies ist der Pool, zu dem wir alle hinuntergehen, um zu trinken, zu schwimmen und ein wenig vom Ufer aus zu angeln; es ist auch der Pool, auf den einige Unerschrockene mit ihren zerbrechlichen Holzbooten hinausfahren, um Jagd auf die Großen zu machen. Es ist der Pool des Lebens, der Quell jeglicher Inspiration, und sie vermutet, dass verschiedene Menschen ihn verschieden sehen, aber allen Versionen sind zwei Dinge gemeinsam: Er liegt stets ungefähr eine Meile weit im Märchenwald und ist stets traurig. Weil dieser Ort nicht nur von Fantasie geprägt wird.“ (S. 494) 
Der unermüdlich produktive Stephen King hat in seinen Werken immer wieder über das außergewöhnliche Schicksal von Schriftstellern geschrieben, am eindrucksvollsten sicher in den vom übersinnlichen Horror geprägten „Shining“ und „Stark – The Dark Half“, aber auch in dem sehr realistisch anmutenden „Sie“. Mit „Lisey’s Story“ – so der Originaltitel von Stephen Kings 2006 veröffentlichten Roman – hat der aus Maine stammende Autor eines seiner persönlichsten Werke abgeliefert, das nicht umsonst seiner Frau Tabitha gewidmet ist.
Es lassen sich viele Parallelen zwischen der Geschichte von Stephen und Tabitha „Tabby“ King auf der einen Seite und Scott und Lisey Landon auf der anderen entdecken, die offensichtlichste ist der Umstand der vielen Schwestern, die sowohl Tabitha King als auch Lisey Landon aufzuweisen haben. Und so handelt ein Großteil des Romans auch von dem „Schwesternding“ vor allem zwischen Lisey und Amanda. Doch der Fokus liegt auf der innigen wie schwierigen Beziehung zwischen Scott Landon und seiner Frau.
Landon hat seiner Frau von Beginn an klar gemacht, dass es ihnen in finanzieller Hinsicht sehr gut gehen werde, in emotionaler allerdings wären sie wohl eher bettelarm. Lisey weiß, dass ihr Mann das Opfer eines unberechenbaren, alleinerziehenden Vaters gewesen ist, der Scotts Bruder Paul getötet hat, um die „Bösmülligkeit“ aus ihm zu vertreiben, und Scotts Vater selbst Opfer des ihn umfangenden Wahnsinns geworden war.
Anschaulich, mit vielen wunderbaren Vergleichen versehen, beschreibt King den außergewöhnlichen Schaffensprozess eines Autors, die ungewöhnlichen Reisen in den Mythen- und Sprachenpool, und souverän gelingt es King, die jeweiligen Übergänge zwischen den Welten zu illustrieren.
„Love“ ist fraglos ein ungewöhnlicher Roman, selbst für Kings Maßstäbe. Dass seine Romane oft eine sehr lange Anlaufzeit benötigen, ist weithin bekannt, aber in „Love“ fällt auch der Hang zur Weitschweifigkeit in einem an sich kaum erwähnenswerten Plot auf, was viele von Kings „Deep Space Cowboys“ – wie Landon in dem Roman seine Stammleser nennt – verstören dürfte.
Dafür sind die besonderen Beziehungen, die zwischen Geschwistern und Eheleuten herrschen, wunderbar einfühlsam und einfallsreich beschrieben.
Leseprobe Stephen King - "Love"

Gerhard Henschel – „SoKo Heidefieber“

Dienstag, 5. Mai 2020

(Hoffmann und Campe, 284 S., Pb.)
Kurz nach seiner Lesung aus seinem dritten Regionalkrimi „Heidefieber“ in der Bad Bevenser Buchhandlung Patz wird der Schriftsteller Armin Breddeloh ermordet im nahegelegenen Nixengrund aufgefunden. Der zuständige Pathologe stellt fest, dass das Opfer nicht nur zu Tode stranguliert wurde, sondern seine am Tatort aufgefundenen Augen entfernt und durch Glasaugen ersetzt worden sind. Mit dem Fall werden Hauptkommissar Gerold Gerold und Oberkommissarin Ute Schubert aus Uelzen beauftragt, die schnell herausfinden, dass Breddoloh wie eines der Opfer in seinem Roman „Heidefieber“ zu Tode gekommen ist. Ins Visier der Ermittler gerät zunächst einer von Breddelohs direkten Konkurrenten, Waldemar König aus Schneverdingen. Doch der Fall Breddeloh stellt nur den Anfang einer ganzen Reihe von Morden an populären Regionalkrimi-Autoren in ganz Deutschland dar, die auf die gleiche Weise getötet werden wie die in ihren Büchern beschriebenen Opfer.
Kriminalhauptkommissar Henning Riesenbusch vom Bundeskriminalamt beruft in Wiesbaden die SoKo Heidefieber ein, doch von dem Täter fehlt bislang jede Spur. Einige aufgeregte Kollegen der aufsehenerregend ermordeten Krimiautoren bitten um Personenschutz, andere flüchten ins vermeintlich sichere Ausland. Während Frank Schulz in Griechenland Opfer einer Verschwörung wird und sich nach einem Aufenthalt im Gefängnis mühsam über Albanien und Montenegro erst zu Fuß, dann in dem Wohnmobil wohlwollender deutscher Touristen zurück nach Deutschland durchkämpfen muss, kommen Gerold und Schubert zwar kaum mit der Aufklärung der Mordserie voran, dafür aber sich einander näher. Um dem Täter auf die Spur zu kommen, vertiefen sich die Kommissare in die Werke weiterer potentieller Opfer.
„Wie geht’s wohl weiter? Fragte Ute sich vor dem Umblättern und tippte auf ‚schlug den Mantelkragen hoch‘. Doch sie täuschte sich:
schloß die Mantelknöpfe, um den gut sichtbaren Samenerguß auf seiner Hose den Blicken zu entziehen. Den Blicken der zukünftigen Opfer. Wen würde er sich morgen vornehmen? Vielleicht die Alte mit dem Wickeldutt? Oder die junge Grazie mit den Gazellenbeinen? O mi, o mei, dachte Ute. Sie legte das Buch weg, seifte sich ein und vertrieb den sündhaften Gedanken, daß der Mann, den sie jagten, in gewisser Hinsicht etwas Sinnvolles tue.“ (S. 207) 
Der in Hannover geborene und im Hamburger Umland lebende Gerhard Henschel hat seine satirischen Sinne in Magazinen wie „Kowalski“, „Titanic“ und „konkret“ geschärft und es durch seine mehrbändige Chronik seines Alter Egos Martin Schlosser auch als Schriftsteller zu großer Popularität gebracht. Dass er aber auch noch andere als seine eigenen Geschichten zu erzählen hat, versucht er mit seinem ebenfalls stark satirischen „Überregionalkrimi“ zu demonstrieren, der zwar in dem Kurort Bad Bevensen und Umgebung seinen Anfang nimmt, aber seinen Plot zügig über ganz Deutschland und seine Grenzen hinaus entwickelt.
Im Gegensatz zu seinen fast schon episch angelegten Martin-Schlosser-Romanen zieht Henschel in „SoKo Heidefieber“ die Zügel straff an. Tempo und Wortwitz bewegen sich stets auf so hohem Niveau, dass die Aufklärung der an Einfallsreichtum kaum zu überbietenden Mordserie zur Nebensache wird. Henschel macht sich einen bildgewaltigen Spaß daraus, die hiesige Regionalkrimi-Szene, die Allüren der Autoren und das literarische Niveau des Nischengenres durch den Kakao zu ziehen. Die spektakulär und übertrieben in Szene gesetzte Mordserie betrachten nicht wenige Spötter als „angewandte Literaturkritik“. Bei den durchaus amüsanten Kapriolen, die der Autor bei seinem Road Trip durch die regionalen Besonderheiten (samt ihrer manchmal schwer zu verstehenden Dialekte) der Republik schlägt, bleiben die Figuren allerdings sehr blass. Allein die sympathischen, auch amourös miteinander verbandelten Kommissare und der aus Griechenland sich mühsam in die Heimat zurückkämpfende Frank Schulz gewinnen in dem turbulent inszenierten Krimispaß etwas an Profil, die Nebenfiguren verkommen zu Karikaturen ihrer Profession und tragen wenig zum Unterhaltungswert des Romans bei.
Wer also einen konventionellen Regionalkrimi erwartet, wird mit „SoKo Heidefieber“ nicht glücklich werden, da der Krimi-Plot nur als Alibi für die satirische Betrachtung der Regionalkrimiszene dient. Aber auch auf Martin-Schlosser-Fans dürfte der Klamauk bei aller sprachlicher Finesse etwas zu übertrieben wirken.

Dennis Lehane – (Kenzie & Gennaro: 4) „Gone Baby Gone“

Samstag, 2. Mai 2020

(Diogenes, 572 S., Pb.)
Lionel und Beatrice McCready suchen das in Boston lebende und wirkende Liebes- und Detektivpaar Patrick Kenzie und Angelo Gennaro auf, um sie für die Suche nach der vierjährigen Amanda zu engagieren, die vor drei Tagen aus dem Haus von Lionels drogensüchtiger Schwester Helene entführt worden ist, während die Mutter des Kindes mit ihrer Freundin Dottie in eine Bar ging. Seitdem hat Helene einen Lügendetektortest erfolgreich bestanden, der Vater verfügt als Soldat in Deutschland über ein Alibi, von den Entführern fehlt nach wie vor jede Spur.
Obwohl das Ermittler-Duo kaum Chancen sieht, mehr zu erreichen als die unzähligen Cops, die sich auf die Suche nach Amanda gemacht haben, nehmen sie den Fall an und schließen sich zunächst mit Lieutenant Jack Doyle kurz, der in Boston die Einheit Crimes Against Children (CAC) auf die Beine gestellt hat. Zusammen mit den Detective Sergeant Nick „Poole“ Raftopoulos und Detective Remy Broussard suchen sie zunächst den dreimal verurteilten und untergetauchten Kinderschänder Leon Trett und seine Frau Roberta, doch die nützlichste Spur führt zum inhaftierten Drogenhändler Cheese Olamon, für den Helene immer wieder mal eine Kurierfahrt unternimmt.
Vor kurzem hat Cheese eine Lieferung an eine Gruppe von Bikern losgeschickt, doch sind bei der Razzia nur die Drogen, nicht aber das Geld sichergestellt worden. Nun wollen die Entführer die zweihunderttausend Dollar aus dem Drogendeal in den schwer zugänglichen Steinbrüchen gegen Amanda eintauschen. Doch die Operation, bei der das FBI außen vor bleibt, geht fürchterlich schief, Amanda bleibt verschwunden. Mittlerweile steht auch ihrer Mutter der Schmerz über ihr eigenes Verhalten ins Gesicht geschrieben.
„Sie war nicht dumm, sie war betäubt – die Welt im Ganzen, die Gefahr, der ihr Kind ausgesetzt war, die Glasscherben, die sich in ihr Fleisch, in ihre Sehnen und Arterien bohrten -, nichts davon drang zu ihr durch.
Doch der Schmerz bahnte sich einen Weg. Endlich. Sie sah mich an, ihre Augen wurden heller, die Pupillen weiteten sich, und der Schmerz stand in ihnen. Eine entsetzliche Erkenntnis, eine Kernschmelze an Hellsichtigkeit, die dort zu sehen war, und damit einhergehend das Bewusstsein, was ihre Gleichgültigkeit für ihre Tochter bedeutete.“ (S. 340) 
Zwar stellt Helene weiterhin keine große Hilfe bei den Ermittlungen dar, doch dafür wird Patrick Kenzie bei einem Saufgelage mit Broussard schlagartig klar, wer wirklich hinter der Entführung der kleinen Amanda steckt. Für die beiden Privatermittler wird die Suche nach den Entführern schließlch auch zu einer ganz persönlichen Belastungsprobe …
Auch wenn Dennis Lehane vor allem durch seinen Roman „Spur der Wölfe“ berühmt geworden ist, den Clint Eastwood 2003 unter dem Titel „Mystic River“ verfilmt hat, erregte bereits seine 1994 initiierte, bislang sechs Romane umfassende Reihe um die Privatdetektive Patrick Kenzie und Angela Gennaro Aufmerksamkeit, als der damalige US-Präsident Bill Clinton beim Aussteigen aus der Air Force One den fünften Roman der Reihe, „Prayers For Rain“, in der Hand hielt.
Mit „Gone Baby Gone“ legte Lehane 1998 den wohl verstörendsten Titel der Reihe vor, denn wie sein späterer Bestseller „Mystic River“ reizt er das Thema Kindesentführung und -missbrauch bis zum schmerzlichen Exzess aus. Die beunruhigende Tatsache, dass in den USA tagtäglich 2300 Kinder vermisst gemeldet werden, bricht Lehane auf eine sehr persönliche Geschichte herunter, die deshalb zu tief berührt, weil die Grenzen zwischen Recht und Gerechtigkeit immer wieder verschwimmen. Dabei wird die Mutter der entführten Amanda als egoistisches, selbstmitleidiges Miststück charakterisiert, die völlig ungeeignet erscheint, ein Kind aufzuziehen.
Dagegen sind Gut und Böse in den Reihen der Gangster und Cops nicht so einfach auszumachen. „Gone Baby Gone“ präsentiert sich sowohl in stimmungsvoller als auch psychologischer Hinsicht als vielschichtiges Psycho-Thriller-Drama, in dem sich humorvolle, erotische, brutale und deprimierende Töne im Minutentakt abwechseln und der Plot dabei mit überraschenden Wendungen bis zum denkwürdigen und diskussionsanregenden Schluss aufwartet.
Hollywood-Schauspieler Ben Affleck feierte 2007 mit der Verfilmung von „Gone Baby Gone“ sein erfolgreiches Regiedebüt.
Leseprobe Dennis Lehane - "Gone Baby Gone"