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Leon de Winter – „Geronimo“

Samstag, 27. August 2016

(Diogenes, 446 S., HC)
Im September 2010 hält sich Usama bin Laden, Al-Kaida-Füher und weltweit am meisten gesuchter Terrorist, seit fünf Jahren in seinem Versteck im pakistanischen Abbottabad auf und verlässt es nur nachts, um mit dem Moped das Lebensmittelgeschäft oder eine seiner drei Frauen zu besuchen, die er nur mit Hilfe der blauen Pillen zu befriedigen vermag. Sein größter Schatz besteht allerdings in einem USB-Stick, den sein treuer Kämpfer Abu Ahmed al-Kuweiti besorgt hat und dessen Inhalt zwar nur aus sieben Fotos, einem Word-Dokument und einem Video besteht, dafür aber so brisant sind, dass – so bin Ladens Überzeugung – die Amerikaner das Weiße Haus stürmen und eine Revolution anzetteln würden.
Tom Johnson, ehemals Mitglied der Special Activities Division der CIA, erfährt im Februar 2011 bei einem Treffen mit seinen alten Freunden vom ST6, dass die Special Unit mit dem Aufspüren von Usama bin Laden – kurz UBL - beauftragt worden ist. „Kill or capture“ lautet die Anweisung. Doch statt ihn umzubringen, planen sie, seinen als Ben Laden bekannten Doppelgänger als Bin Ladens Leiche zu präsentieren und UBL in Eigenregie zu kidnappen und alles aus ihm an Informationen rauszuholen.
Die Operation gelingt, der in einem Holzschemel versteckte USB-Stick gelangt in die Hände des in der Nachbarschaft von UBLs Versteck lebenden Jungen Jabbar, der davon träumt, als reicher Mann nach Amerika zu gehen, um dort für das afghanische Mädchen Apana zu sorgen, dem man die Ohrmuscheln abgeschnitten und die Hände abgehackt hat, weil es sich von der Musik aus dem Westen verführen ließ.
„Wenn er das Geheimnis fand, war das der Schlüssel zur Greencard. Er würde Spielberg treffen. Und Apana würde neue Hände bekommen, darum würde er Spielberg als Gegenleistung für das Geheimnis bitten. Spielberg war Jude, okay, das war Jesus auch, als Jude geboren, aber das durfte kein Hinderungsgrund sein. Apana musste Hände und Ohren bekommen, und sie würden auf einer Ranch leben.“ (S. 307) 
Tom lernt die beiden Kinder kennen und setzt alles daran, ihr gefährdetes Leben zu retten. Doch dann sorgt ein dramatisches Ereignis für eine spektakuläre Wende in der Geschichte.
In seinem neuen Roman „Geronimo“, dessen Titel übrigens dem Codewort entspricht, das die Seals Team 6 bei der Entdeckung von Osama bin Laden verwenden sollten, spielt der niederländische Autor Leon de Winter mit der (Verschwörungs-)Theorie, dass Osama – im Roman leicht zu Usama abgewandelt – gar nicht getötet, sondern nur gekidnappt worden ist. Doch „Geronimo“ thematisiert nicht nur die tollkühne Aktion des ST6-Teams, sondern auch die innige Verbindung zwischen den beiden Kindern Jabbar und Apana auf der einen Seite und die zwischen Apana und Tom durch die Goldberg-Variationen von Bach auf der anderen.
Und auch Toms eigene schmerzliche Vergangenheit wird in Telefonaten mit seiner Ex-Frau Vera aufgearbeitet, nachdem die beiden ihre gemeinsame Tochter bei dem Bombenattentat in Madrid verloren hatten. So präsentiert sich „Geronimo“ zwar als packender Agenten-Thriller mit einer mehr als nur interessanten Prämisse, aber es stellt Bin Laden auch als Menschen dar, der für seine Frauen Eis und Schokolade einkaufen geht und seine ehelichen Pflichten nur mit chemischer Unterstützung wahrnehmen kann.
Berührend ist vor allem aber die von Mitleid, Güte und Liebe geprägte Geschichte von Jabbar und Apana, die einen wunderbar warmen Kontrast zu dem Tötungsauftrag der US-amerikanischen Spezialeinheit bildet.
 Leseprobe Leon de Winter - "Geronimo"

Leon de Winter - „Malibu“

Samstag, 5. September 2009

(Diogenes, 418 S.,)
Joop Koopman, 47-jähriger Niederländer, hat es in L.A. zu einem mäßig anerkannten Drehbuchautor gebracht. Während seine geschiedene Frau Ellen in ihrer niederländischen Heimat erfolgreich als Art Director tätig ist, lebt er allein mit seiner Tochter Mirjam zusammen, die am 22. Dezember ihren 17. Geburtstag feiert. An diesem Tag trifft er seinen alten Schulfreund Philip wieder, der ihn für den israelischen Geheimdienst gewinnen will, um einen mutmaßlichen marokkanischen Terroristen zu bespitzeln.
Während des Gesprächs erfährt Joop, dass seine Tochter tödlich verunglückt ist. Für ihn bricht eine Welt zusammen. Wenig später wird Joop von Erroll aufgesucht, einem riesigen Schwarzen, der Mirjam auf seinem Motorrad hatte, als der tödliche Unfall passierte. Zwischen den beiden Männern entsteht eine innige, wenn auch nicht unkomplizierte Freundschaft. Dann wird es turbulent: Joop nimmt den Agenten-Auftrag an, findet den Marokkaner aber sehr nett, der ihm sogar hilft, die Person aufzuspüren, die Mirjams Herz transplantiert bekam. Er trifft seine erste Liebe Linda wieder, mit der er wieder eine leidenschaftliche Affäre beginnt und die ihn in die Geheimnisse der buddhistischen Weltsicht einzuweihen versucht... De Winter gelang mit „Malibu“ ein höchst unterhaltsamer, vergnüglicher, mit metaphysischen Spekulationen und allerlei anregenden Erzählstrukturen gespickter Roman, der viele Überraschungen zu bieten hat.