Bill Beverly – „Dodgers“

Donnerstag, 29. November 2018

(Diogenes, 398 S., HC)
Der sechzehnjährige East zählt zu einer Truppe von Jungs im LA-Viertel The Boxes, die dafür sorgen sollen, dass die Deals, die in dem von ihnen bewachten Drogenhaus über die Bühne gehen, kein unbeabsichtigtes Aufsehen erregen. Doch eines Tages lassen sich die Jungs von einer Feuerwehrsirene und einer zum Himmel aufsteigenden Rauchsäule ablenken und merken zu spät, dass mehrere Polizeiwagen vor dem Haus aufkreuzen. Im anschließenden Schusswechsel kommt ein unbeteiligtes Mädchen, das sich einfach zur falschen Zeit am falschen Ort befand, ums Leben.
East kann zwar flüchten, hat aber kein Haus mehr, um das er sich kümmern kann, also auch keinen Job, doch sein Boss Fin hat einen neuen Auftrag für ihn: Zusammen mit seinem schießwütigen kleinen Bruder Ty, dem zwanzigjährigen Gamer Michael Wilson und dem siebzehnjährigen Aushilfslehrer Walter soll sich East auf den Weg quer durch die USA machen, um einen Richter zu töten. Doch auch dieses Vorhaben weist seine Tücken auf, bringt die Jungs in neue Schwierigkeiten, ermöglicht East aber in Ohio – ohne seine Kumpel und nur vorübergehend – einen Neuanfang. Dann holt ihn seine Vergangenheit wieder ein …
„Auf der Fahrt quer durchs Land hatten sie zueinandergefunden – ein Team. Eine Crew – stimmt’s? Jetzt waren sie vom Winde verweht. Sie hatten den Richtigen mit Kugeln durchsiebt – den Auftrag erledigt. Doch East fühlte sich einfach nur vollkommen fertig. Das war der Preis. Die Woche war eine Wunde, die zu betrachten er sich noch nicht traute. Und doch spürte er, dass sie blutete.“ (S. 281) 
Mit Bill Beverlys Debütroman „Dodgers“ hat der Diogenes-Verlag wieder einmal ein literarisches Juwel entdeckt. Der an der Trinity University in Washington, DC, US-amerikanische Literatur und Schreiben lehrende Beverly präsentiert hier eine ungewöhnliche Coming-of-Age-Geschichte, ein intensives Road Movie und ein eindringliches Gang-Drama, dessen einzelne Elemente nahtlos miteinander verschmelzen. Besonders viel Mühle hat sich der Autor mit der Charakterisierung der sensiblen Hauptfigur East gegeben, aber auch sein taffer Bruder Ty hinterlässt einen bleibenden Eindruck.
East entpuppt sich dabei als zuverlässiges Stehauf-Männchen, das für sein Alter ebenso zuverlässig für einen Drogengangster arbeitet wie später für einen schwerkranken Paintball-Arena-Betreiber, dessen Vertrauen er sich sehr schnell verdient. In einer Welt, die er nicht kennt und die East eher bedrohlich als freundlich erscheint, bietet ihm sein eigener moralischer Kompass die einzige Sicherheit. Obwohl er weiß, dass die hundert Dollar, die er täglich bei Perry verdient, zu wenig sind, beklagt er sich nicht, schläft in einem Bett aus Kartons, will seinem Chef bloß nicht zur Last fallen, sondern nur zuverlässig seine Arbeit verrichten.
Bill Beverley beweist ein wunderbares Gespür für seine jugendlichen Protagonisten, ihre Sprache und Gefühle. „Dodgers“ stellt für East ebenso wie für die Leser ein außergewöhnliches Abenteuer dar, bei dem die vertraute Welt des eigenen Viertels in Los Angeles plötzlich verlassen werden muss und ein Trip ins Unbekannte neue Herausforderungen bereithält.
Leseprobe Bill Beverly - "Dodgers"

Ross Macdonald – (Lew Archer: 10) „Mutter und Tochter“

Donnerstag, 22. November 2018

(Diogenes, 406 S., Pb.)
Nachdem der Ölmagnat Homer Wycherly von seiner zweimonatigen Luxus-Kreuzfahrt nach Meadow Farms zurückgekehrt ist, engagiert er den aus Los Angeles stammenden Privatdetektiv Lew Archer, um seine einundzwanzigjährige Tochter Phoebe zu suchen. Seit sie sich von ihm am 2. November im Hafen von San Francisco auf dem Schiff verabschiedet hatte, hat sie ihr Studium abgebrochen und ist nicht mehr aufgetaucht.
Das trifft zwar auch auf Catherine, Wycherlys Ex-Frau zu, doch da das Verhältnis zu ihr mehr als angespannt ist, kümmert ihn ihr Verbleib nicht allzu sehr. Tatsächlich untersagt Wycherly dem Detektiv, bei seinen Nachforschungen Kontakt zu Catherine aufzunehmen, deren Unterhaltszahlungen über die Anwälte geregelt werden. Doch da die letzte Begegnung zwischen dem Familienoberhaupt, seiner stark angetrunkenen Ex-Frau und seiner geliebten Tochter in der Schiffskabine beobachtet wurde, kann der akribisch arbeitende Archer gar nicht anders, als sich auf die Suche von Mutter und Tochter zu machen. Dabei reist er nicht nur von einer billigen Absteige zur nächsten, sondern erhofft sich vor allem von Phoebes Onkel und ihrem Freund Bobby wertvolle Hinweise auf den Verbleib der beiden Frauen. Allerdings stößt Archer bei seinen Ermittlungen auf seltsame Ungereimtheiten …
„Eine hartnäckig wiederholte Lüge kann sich seltsam im Gemüt niederschlagen. Was man lange genug behauptet, wird beinahe wahr. Ich ertappte mich dabei, selbst schon fast zu glauben, Phoebe sei meine Tochter. Falls sie tot war, würde ich Wycherlys Verlust mit ihm teilen.“ (S. 169) 
Ross Macdonald veröffentlichte den bereits neunten Band seiner bis heute gefeierten Reihe um den Privatdetektiv Lew Archer 1961, nun erscheint „Mutter und Tochter“ in einer gelungenen Neuübersetzung von Karsten Singelmann und mit einem exklusiven Nachwort von Donna Leon. Einmal mehr taucht der ehemalige Polizist und nun in Los Angeles wirkende Privatdetektiv Lew Archer tief in die Milieus sowohl der Ober- als auch der Unterschicht ein, hat mit Ölbaronen und vereinsamten Frauen ebenso zu tun wie mit schmierigen Kleinganoven und einfachen Hotelangestellten.
Macdonald, der neben Dashiell Hammett und Raymond Chandler zu den großen amerikanischen Krimi-Autoren des 20. Jahrhunderts zählt, schickt seinen charismatischen Ermittler auf eine auch emotional oft verwirrende Odyssee zu den Orten, an denen sich Phoebe und ihre Mutter nach dem mutmaßlichen Verschwinden aufgehalten haben sollten. Dabei ertappt sich Archer gelegentlich dabei, sich nicht nur als Vater der vermissten Tochter auszugeben, sondern sich auch wie dieser zu fühlen. Und diese Empathie, die Archer für die Menschen empfindet, mit denen er zu tun hat, macht auch „Mutter und Tochter“ zu einem tiefgründigen Lesevergnügen. Denn bei Macdonald geht es nie nicht nur darum, den Täter zu entlarven, sondern auch die Motive des Täters zu ergründen, für die er oft genug Verständnis aufbringt. Der Autor taucht wie immer tief in die Milieus und Figuren ein, mit denen sein Protagonist zu tun hat, stattet seinen raffinierten Plot mit wunderbar pointierten Dialogen und Beschreibungen aus und enthält sich vorschnellen Urteilen über Verdächtige, Opfer und Täter. Die Auflösung gestaltet sich hier einmal mehr als sehr vertrackt, doch dabei geht Archer den Motiven der Beteiligten stets intensiv auf den Grund, gestattet dem Täter am Ende sogar eine Möglichkeit, einen persönlichen Ausweg zu nehmen.
Auf all die Qualitäten in Ross Macdonalds Romanen und speziell in „Mutter und Tochter“ geht auch Donna Leon in ihrem lesenswerten Nachwort ein, wobei sie sich selbst als großer Fan von Ross Macdonald erweist.
Leseprobe Ross Macdonald - "Mutter und Tochter"

Robin Sloan – „Der zauberhafte Sauerteig der Lois Clary“

Sonntag, 18. November 2018

(Blessing, 272 S., HC)
Lois Clark ist als Tochter eines Datenbankprogrammiers seit ihrer Kindheit im Umgang mit Computern vertraut, hat während ihrer Zeit am College Praktika bei einer Firma absolviert, die Software für die Motorensteuerung eines Elektroautos konzipierte, und konnte dort nach ihrem Abschluss arbeiten. In Ferndale, zwei Städte von ihrer Heimatstadt Michigan entfernt, kaufte sie ein Haus, bis sie von einer General Dexterity in San Francisco abgeworben wird, wo Roboterarme für Labore und Fabriken designt werden.
Die Arbeit macht ihr Spaß, doch schon der hauseigene Makler prophezeite Lois, dass sie nicht viel Zeit in der neuen Wohnung im Richmond District verbringen werde. Tatsächlich fühlt sich Lois schon nach wenigen Wochen nicht mehr fit, beklagt sich über Zustände katatonischer Regeneration, fehlende soziale Kontakte und strähniges Haar. Als sie jedoch eine Bestellung bei Clement Street Suppe und Sauerteig aufgibt, nimmt ihr Leben eine erstaunliche Wendung. Vor allem das Stück Sauerteigbrot, das zur Double Spicy gereicht wird, hat es ihr angetan.
Doch kaum ist Lois wieder kräftiger geworden und auf Kurs gekommen, müssen die Mazg-Brüder Beoreg und Chaiman ihr Take-Away aufgeben, hinterlassen ihrer besten Esserin aber ihren außergewöhnlichen Sauerteig-Ansatz, aus dem Lois fortan ihr eigenes Brot fertigt. Das kommt bei den ersten Testessern so gut an, dass sich Lois so richtig in die Produktion der Brote hineinsteigert, ihren Job aufgibt und fortan mit viel Liebe ihren Sauerteig-Ansatz pflegt, bis sie die Chance wittert, Teil der renommierten Marrow Fair zu werden, einem exklusiven Food-Markt, wo Tschernobyl-Honig, algorithmisch optimierte Bagels und Tortillas aus Heuschreckenmehl mit Kohl feilgeboten werden, der unter pinkfarbenem Licht gewachsen war.
 „Laut Horace war ich angekommen. Im Herzstück. Im Sanctum Sanctorum. Die stillen Angestellten hier – die gerade schnippelten, säuberten, schabten, vorbereiteten, planten, alle in Einheitskitteln – würden irgendwann ihre eigenen Restaurants eröffnen, Kochsendungen moderieren, Kochbuchbestseller schreiben. Ich war bis an die Wiege der California Cuisine vorgedrungen.“ (S. 159) 
Mit seinem 2014 auch hierzulande veröffentlichten Romandebüt „Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra“ hat sich der amerikanische Autor Robin Sloan vor allem in die Herzen der Bücherliebhaber geschrieben. Mit seinem neuen Werk trägt ihn die Leidenschaft aus den Buchhandlungen in die Welt der Food-Nerds, verbindet wieder einmal Tradition mit moderner Technologie, nur will sich diesmal nicht so recht die Begeisterung einstellen, die Mr. Penumbra mit seiner durchgängig geöffneten Buchhandlung hervorrufen konnte.
Das liegt nicht nur daran, dass die Protagonistin Lois zwar sympathisch rüberkommt, aber kaum als Identifikationsfigur taugt. Ihre Vergangenheit als ehrgeizige Tochter eines Programmierers, die bei ihrem neuen hochbezahlten Job in San Francisco unter die Räder zu kommen droht, wirkt einfach langweilig, während die Wandlung zu einer ambitionierten Sauerteigbrot-Bäckerin zwar eine an sich interessante Wendung darstellt, aber dann kaum weiter entwickelt wird, außer dass sie die Herausforderung annimmt, mit ihrer Backkunst Teil einer abgehobenen Food-Nerd-Elite zu werden. Die einzelnen Figuren bleiben dabei sehr blass, weil Sloan seinen Fokus mehr auf die produktionstechnischen Einzelheiten legt, die wiederum so abstrakt sind, dass der Erzählfluss darunter leidet. Zwar versucht der Autor dieses Manko durch die Erfindung einiger absurder Food-Kreationen auszugleichen, doch letztlich ist die Handlung allzu vorhersehbar und die Figuren zu eindimensional, um sich für die Geschichte begeistern zu können.
Leseprobe Robin Sloan - "Der zauberhafte Sauerteig der Lois Clary"

Stephen King – „Erhebung“

Dienstag, 13. November 2018

(Heyne, 144 S., HC)
Eigentlich sollte der Webseitenentwickler Scott Carey mit seinem Gardemaß von über 1,90 Meter und der Wohlstandswampe locker über hundert Kilo auf die Waage bringen, doch in den letzten Wochen hat er auf unerklärliche Weise dreizehn Kilo abgenommen, ohne dass es ihm anzusehen wäre. Als er seinem Freund, dem pensionierten Hausarzt Bob Ellis, davon berichtet, muss dieser erstaunt feststellen, dass Scott sowohl mit Klamotten als auch nackt genauso viel wiegt.
Da Bob von so einem Fall noch nie gehört hat, kann er seinem Freund auch nicht helfen, aber er versteht, dass Scott keinen regulären Arzt aufsuchen will, um nicht zu einem medizinischen Versuchskaninchen Zudem hat er auch noch Probleme mit dem lesbischen Nachbarehepaar Deidre McComb und Missy Donaldson, das seine Hunde beim Joggen regelmäßig auf seinem Rasen ihre Geschäfte verrichten lässt. Seine Bemühungen, die beiden Damen für das Problem zu sensibilisieren, schlägt allerdings fehl.
Auf der anderen Seite kann Scott es aber auch nicht ertragen, wie die übrige Bevölkerung von Castle Rock über die beiden Restaurantbetreiberinnen herzieht. Der jährliche Stadtlauf trägt allerdings viel dazu bei, das weithin geächtete Paar doch in die Gemeinschaft zu integrieren. Und Scott hat damit begonnen, seinen Frieden mit dem unaufhaltbaren Prozess seines Gewichtsverlustes zu machen.
„Scott hatte Angst – alles andere wäre töricht gewesen -, war jedoch auch neugierig. Und noch etwas. Glücklich? War es das? Ja. Wahrscheinlich war das irrsinnig, aber es traf eindeutig zu. Auf jeden Fall fühlte er sich irgendwie auserwählt. Doctor Bob hätte das wohl für verrückt gehalten, aber Scott war da anderer Ansicht. Wieso sollte er sich schlecht fühlen, was er doch nicht ändern konnte?“ (S. 75) 
Ob nun als Autor unzähliger Kurzgeschichten oder von (selten) kürzeren und (in der Regel) umfangreichen Romanen, Stephen King hat sich seit seinem Durchbruch Mitte der 1970er Jahre zu einem vielseitigen Erzähler, der seine Leser in jeder Hinsicht zu packen versteht. Das gelingt ihm auch mit der Novelle „Erhebung“ auf Anhieb. Sein sympathischer Protagonist Scott weckt beim Leser sofort Neugier für sein außergewöhnliches Problem und Mitgefühl für das Schicksal, das ihm offensichtlich droht. Doch „Erhebung“ – der Titel deutet es bereits an – drückt überhaupt nicht auf die Tränendrüse, sondern versteht sich als Plädoyer für Toleranz und Offenheit, was gerade in Zeiten von Trumps Präsidentschaft ebenso wie weltweit populistischer Umtriebe ein wohltuendes Zeichen setzt. Wie sich Scott und die beiden zunächst etwas feindselig wirkenden Damen anfreunden und damit die ganze Stadt zu einem lebensfreundlicheren Ort machen, ist einfach bezaubernd geschrieben.
Leseprobe Stephen King - "Erhebung"

Larry Brown – „Joe“

Sonntag, 11. November 2018

(Heyne, 346 S., HC)
Ohne Ziel laufen der nichtsnutzige, alkoholabhängige Wade Jones, seine Frau, ihr ungefähr fünfzehnjähriger Sohn Gary und dessen beiden Schwestern Dorothy und die hochschwangere Fay eine wenig befahrene Straße entlang. Die drei verbeulten Dosen Budweiser, die der Vater im Graben findet, sind im Nu geleert, übernachtet wird an tristen Orten irgendwo in Mississippi, bis sie eine seit Jahren verlassene Blockhütte beziehen. Im Gegensatz zu seinem Vater will der für sein Alter etwas zu klein geratene Gary aus seinem Leben etwas machen und arbeiten. Für den ehemaligen Zuchthaus-Insassen Joe Ransom fängt Gary im Mai an, flächendeckend Bäume zu vergiften, damit dort Babykiefern gepflanzt werden können, doch sein Vater ist stets hinter dem Lohn her, den er nach Hause bringt, um Lebensmittel und vor allem Alkohol kaufen zu können.
Als Gary aber angeboten bekommt, Joes alten Pick-up für zweihundert Dollar zu kaufen, versteckt der Junge das Geld vor seinem Vater, der seine Wut auf Joe kaum noch zurückhalten kann. Aber ebenso wie Wade ist auch Joe von gewalttätiger Persönlichkeit, verfügt im Gegensatz zu dem Alten aber über ein gutes Herz. Er hängt mit Connie zusammen, die mit seiner Tochter zusammen zur Schule gegangen ist, und bemüht sich um ein gutes Verhältnis zu seiner Ex-Frau Charlotte, aber in Beziehungssachen lässt sich Joe einfach treiben.
Gary hängt immer öfter mit seinem Chef zusammen und hofft so, seinen Traum von einem besseren Leben verwirklichen zu können.
„Er hatte schon festgestellt, wie gut das kühle Bier schmeckte. Er begriff jetzt, worauf der Alte in all den Nächten, an den Wochenenden und manchmal auch wochentags aus war, worauf es ihm ankam und was er spüren wollte. Nichts spielte jetzt eine Rolle, das wusste er beim ersten Mal, als er damit Bekanntschaft machte.“ (S. 256) 
Der in Oxford, Mississippi, geborene Larry Brown (1951-2004) hat erst spät angefangen zu schreiben, wollte seinem Vorbild Stephen King nacheifern, kam aber zunächst über einige kaum beachtete Kurzgeschichten nicht hinaus. Erst mit seiner ersten Kurzgeschichten-Sammlung „Facing The Music“ (1988) konnte der Feuerwehrmann anfangen, von seiner Schreiberei zu leben, und veröffentlichte bis zu seinem plötzlichen Tod im Jahre 2004 leider nur fünf Romane, die nun endlich sukzessive ins Deutsche übersetzt werden.
Nachdem der Heyne Verlag im vergangenen Jahr Larry Browns vierten und erfolgreichsten Roman „Fay“ als deutsche Erstveröffentlichung präsentierte, folgt mit „Joe“ nun dessen zweites Werk, das vor allem von den beiden eindringlich charakterisierten Figuren Gary und Joe geprägt wird, die unterschiedlicher nicht sein könnten und doch so eng miteinander verbandelt sind.
Joe ist als kleiner Unternehmer zwar sein eigener Herr und weiß sich gegen seine Arbeiter souverän zu behaupten, dabei hilft ihm aber auch sein Ruf als trinksüchtiger Raufbold, was ihm bereits eine längere Gefängnisstrafe eingebrockt hat. Davon abgesehen ist er eigentlich ein liebevoller Kerl, der sich um eine Annäherung zu seiner Ex-Frau und seiner Tochter bemüht, dem Geld so unwichtig ist, dass er es gern mal verspielt, und der auch sehr lockere Beziehungen zu den Frauen unterhält, denen er begegnet. Dagegen muss sich Gary erst einmal wie seine ältere Schwester Fay, der Larry Brown später seinen erfolgreichsten Roman widmet, von der völlig verkorksten Familie lösen, die unter der Fuchtel des ebenso brutalen wie alkoholsüchtigen Wade steht, der auch die einzige durch und durch unsympathische Figur im Roman verkörpert.
Dem Jungen ist durchaus bewusst, dass er nur durch harte Arbeit zu Anerkennung kommen kann, und so legt er sich nicht nur bei Joe, sondern später auch bei einem Farmer mächtig ins Zeug. In der Ausgestaltung der Beziehung zwischen Joe und Gary demonstriert der Autor seine wahre Meisterschaft, authentische Figuren am äußersten Rand der Gesellschaft im Süden der Vereinigten Staaten zu zeichnen und ihren schweren Kampf um einen Platz im Leben zu beschreiben. Nach fast 340 Seiten sind Gary und Joe dem Leser so ans Herz gewachsen, dass man das Ende der Geschichte nur noch hinauszögern möchte.
Leseprobe Larry Brown - "Joe"

Robert B. Parker – (Jesse Stone: 1) „Das dunkle Paradies“

Samstag, 10. November 2018

(Pendragon, 352 S., Tb./eBook)
Jesse Stone hat nicht nur mit einem Alkoholproblem zu kämpfen, sondern auch mit der Scheidung von seiner Frau Jenn(ifer), die zum Ankurbeln ihrer Karriere als Schauspielerin auch mal mit anderen Männern ins Bett geht. Um möglichst viel Abstand von beiden Ursachen seiner Sorgen zu gewinnen, kündigt Jesse seinen Job bei der Mordkommission in Los Angeles und übernimmt den Posten des Polizeichefs im 3000 Kilometer entfernten 25.000-Seelen-Kaff Paradise, wo der Stadtrat gerade seinen Vorgänger Tom Carson in die Wüste geschickt und der offenbar kein Problem damit hat, dass sein potentieller Nachfolger beim Vorstellungsgespräch angetrunken erschienen ist.
Doch die Kleinstadtidylle trügt, wie Jesse bald feststellen muss. Zunächst muss er den Muskelprotz Jo Jo Genest mit einem beherzten Tritt in die Weichteile zur Räson bringen, weil er die einstweilige Verfügung, die seine Ex-Frau Carole gegen ihn erwirkt hat, nicht ernst nimmt. Diese Demütigung scheint Jo Jo dem neuen Polizeichef dadurch zu vergelten, dass er nicht nur die Katze des Reviers tötet, sondern auch an anderer Stelle immer wieder für Ärger sorgt.
Was Jesse aber gar nicht schmeckt, sind die Einmischungen von Stadtrat Hasty Hathaway in seine Art, die Polizeigeschäfte zu führen. Hathaway hat nämlich überhaupt kein Interesse daran, dass Jesse hinter die Pläne der von ihm geführten Bürgermiliz kommt, die mit einem berüchtigten Mafioso an einem Waffengeschäft interessiert ist. Jesse muss sich nicht nur mit der Explosion eines Autos befassen, in dem sein Vorgänger ums Leben gekommen ist und die Staatspolizei auf den Plan ruft, sondern auch mit dem Mord an Tammy Portugal, bei dem Jo Jo für Jesse der Hauptverdächtige ist. Doch als er herausfindet, dass Jo Jo eine Affäre mit Hastys Frau Cissy unterhält, kommt Jesse den Vorfällen in Paradise endlich auf die Spur.
„Jesse schwieg einen Moment und streichelte sanft ihre Schulter. Endlich hatte er das Tier in der Falle, das er so lange gejagt hatte. Und er musste die bösartige, fauchende Bestie nun langsam aus dem Loch ziehen. Er wusste noch nicht, wie groß diese Bestie sein würde.“ (Pos. 7316) 
Mit seinem 1997 veröffentlichten Roman „Night Passage“ stellte Robert B. Parker, der mit seinen Spenser-Romanen seit den 1970ern zu den prominentesten Hardboiled-Autoren in der Tradition der Schwarzen Serie zählt, einen neuen charismatischen Typen vor: Der Mittdreißiger Jesse Stone verliert nicht viele Worte, unterhält ein sehr kompliziertes Verhältnis zu seiner Ex-Frau, die ihn nach wie vor zu lieben scheint, lässt sich auf eine Affäre mit der Staatsanwältin Abby Taylor ein und macht sich in der neuen Gemeinde nicht gerade beliebt. Er hat aber das Herz am rechten Fleck und sorgt auch mit unorthodoxen Mitteln für Gerechtigkeit, kämpft gegen Fremdenhass und Vorurteile an. „Das dunkle Paradies“ ist ein vielversprechender Auftakt einer Serie, die erfolgreich mit Tom Selleck in der Hauptrolle als Fernsehfilm-Serie adaptiert wurde und mit einem psychisch durchaus labilen, moralisch aber meist integren Helden überzeugt, der in seinem ersten Fall in Paradise ordentlich für Unruhe sorgt.

Robert B. Parker – (Jesse Stone: 2) „Terror auf Stiles Island“

Mittwoch, 7. November 2018

(Pendragon, 312 S., Tb./eBook)
Seit der ehemals beim Morddezernat in Los Angeles angestellte und sogar als einer der besten Polizisten ausgezeichnete Jesse Stone möglichst weit weg von seiner Ex-Frau Jenn und seinem Alkoholproblem nach Paradise in Massachusetts gezogen ist, um dort die Stelle des vom Stadtrat geschassten Polizeichefs zu übernehmen, hat sich seine Situation nicht unbedingt verbessert. Obwohl Jenn ihren Mann betrogen hat, um ihre Karriere als Schauspielerin in Gang zu bringen, kommt sie von Jesse nicht los und ist ihm nach Paradise nachgezogen, um als Wetterfee für einen lokalen Fernsehsender zu arbeiten.
Während Jesse mit einem Fall von Brandstiftung beschäftigt ist, bei der drei stadtbekannte Jugendliche das Haus eines schwulen Pärchens abgefackelt haben, plant der Gangster Jimmy Macklin mit seiner Freundin Faye und einem Team von Spezialisten einen raffinierten Coup auf dem exklusiven Boden von Stiles Island. Um die Gegebenheiten vor Ort abzuchecken, macht Jimmy unter dem Namen Harry Smith einen Termin mit der attraktiven Immobilienmaklerin Marcy Campbell aus, um angeblich die Möglichkeiten abzuwägen, in Wohneigentum zu investieren. Auch ein Besuch beim Polizeichef vom zuständigen Revier in Paradise gehört ebenso zu den Vorbereitungen wie das Auskundschaften möglicher Fluchtwege nach dem Überfall auf die örtliche Bank.
Während sich Jesse mit seiner zupackenden Art immer unbeliebter beim Stadtrat macht und die drei immer wieder straffälligen Jugendlichen diesmal nicht wie gewohnt davonkommen lassen will, sorgen seine mehr oder weniger lockeren Beziehungen zu seiner ihn immer noch liebenden Ex-Frau Jenn, zur Staatsanwältin Abby Taylor und schließlich auch zur Immobilienmaklerin für emotionale Turbulenzen, bei dem auch immer wieder der Alkohol eine Rolle spielt – ein Problem, das Jesse allerdings im Griff zu haben glaubt.
Doch mehr Kopfzerbrechen bereitet ihm das undurchsichtige Treiben von Macklin und seinen Gefährten auf der Insel, nachdem er in Erfahrung gebracht hat, mit welchen harten Kalibern er es da zu tun bekommt.
„Jess lehnte sich zurück und musste unwillkürlich an Wilson Cromartie denken, der lieber Crow genannt wurde. Und an James Macklin aus Dorchester, der erst vor Kurzem so demonstrativ mit ihm geflirtet hatte. Er starrte auf die Trümmer, die vom Meer ans Ufer gespült worden waren. Und er wusste, dass sich Macklin und Crow auf Stiles Island befanden – so klar, als könne er sie mit seinen eigenen Augen sehen. Wie er auf diese Erkenntnis reagieren sollte, war ihm allerdings noch nicht so recht klar.“ (Pos. 2845) 
Seit sich Robert B. Parker mit seiner 1973 begonnenen und auf 40 Romane angewachsene Reihe um den Privatdetektiv Spenser in die Tradition von Philip Marlowe, Sam Spade und Lew Archer begeben hatte, wurde er zum Aushängeschild des Hardboiled-Krimis und setzte den lakonischen Ton der Schwarzen Serie fort, über die er an der Universität Boston seine Dissertation geschrieben hatte. Darüber fiel 1997 mit dem Roman „Das dunkle Paradies“ der Startschuss für eine neue Reihe um den Polizeichef Jesse Stone, der nach der Scheidung von seiner Frau von Los Angeles ins beschauliche Paradise zog und dort für Recht und Ordnung sorgt.
Wie gewissenhaft er dabei vorgeht, demonstriert er in dem Nachfolgeband „Terror auf Stiles Island“ nicht nur anhand der drei Jugendlichen, die er geschickt gegeneinander ausspielt, um ihnen eine Lektion zu erteilen, sondern auch im schwerer wiegenden Raubüberfall, den der berüchtigte Jimmy Macklin und der Auftragskiller Crow auf Stiles Island planen. Etwas komplizierter erweisen sich einmal mehr allerdings die Frauengeschichten. Vor allem seine Beziehung zu Jenn gestaltet sich schwierig, weil die beiden ehemaligen Eheleute irgendwie nicht mit-, auf jeden Fall aber nicht ohne einander auskommen.
Parker lässt es in seinem zweiten Jesse-Stone-Roman recht gemächlich angehen, lässt sich viel Zeit, Jimmy Macklins kriminelle Planungen ebenso ausführlich zu schildern wie Jesses erotische Eskapaden, die aber nie darüber hinwegtäuschen können, dass er sich vor allem an Jenn gebunden fühlt. Zwar weist „Terror auf Stiles Island“ auch die einige oder andere verzeihliche Länge auf, aber Parker verfügt über einen so pointierten Schreibstil, trockenen Humor und fließenden Rhythmus, dass die Spannung auf einem hohen Niveau bleibt.

Lawrence Block (Hrsg.) – „Das Mädchen mit dem Fächer“

Montag, 5. November 2018

(Droemer, 352 S., HC)
Vor zwei Jahren veröffentlichte der US-amerikanische Krimi-Autor Lawrence Block mit „Nighthawks“ eine international erfolgreiche Sammlung mit Kurzgeschichten, die Bestseller-Autoren wie Lee Child, Michael Connelly, Stephen King, Jeffery Deaver, Joyce Carol Oates und Joe R. Lansdale zu Gemälden von Edward Hopper geschrieben haben. Eine Fortsetzung des bemerkenswerten Konzepts schien da nur folgerichtig. Allerdings schien ein Band mit Stories, die von Edward Hoppers Kunst inspiriert worden sind, genug, andere Künstler drängten sich dem Herausgeber nicht auf, also weitete Block das Konzept aus und ließ die eingeladenen Autoren ihre Geschichten zu einem Kunstwerk ihrer Wahl schreiben.
So begegnen dem Leser in „Das Mädchen mit dem Fächer“ zwar eine Vielzahl der Autoren wieder, die bereits in „Nighthawks“ vertreten gewesen sind, aber dafür eine breitere Palette nicht nur an Kunstrichtungen der Malerei, sondern auch die berühmten Skulpturen „Der Denker“ von Auguste Rodin und Michelangelos „David“. Dass zwei der siebzehn hier versammelten Stories bereits in anderen Kontexten bereits früher veröffentlicht wurden, dürfte gerade der deutschsprachigen Leserschaft nicht viel ausmachen, Hauptsache, sie passen ins Konzept!
Der Auftakt liest sich vielversprechend: Jill D. Block hat sich von Art Frahms „Sicherheitsregeln“ zu einer Story inspirieren lassen, in der die Ich-Erzählerin in einem Geschworenenprozess die Möglichkeit sieht, das Unrecht wiedergutzumachen, das ihrer besten Freundin Micheline widerfahren ist, als das kleine Mädchen aus dem Bett entführt, ermordet und in den See geworfen und erst nach drei Tagen dort herausgefischt worden war. Die Geschichte beginnt gerade an Fahrt aufzunehmen, als sie leider viel zu abrupt endet. Lee Child hat Renoirs „Vase mit Chrysanthemen“ als Ausgangspunkt für die Geschichte eines Mannes genommen, der nach einem knapp überlebten Herzanfall im Jahre 1928 auf eine Bekanntschaft zurückblickt, die er Ende 1919 gemacht hatte, kurz nachdem Renoir verstorben war. Für den reichen Sprössling eines Stahl-Tycoons aus Pittsburgh sollte er nach Paris reisen, um möglichst günstig noch verfügbare Renoir-Gemälde zu erstehen, wo er mit Lucien Mignon einen Künstler kennenlernte, der nicht nur mit Renoir befreundet war, sondern auch genauso malte.
Jeffery Deaver ließ sich für seinen Beitrag „Ein bedeutender Fund“ von den Höhlenmalereien von Lascaux zu einer Geschichte über Ehrgeiz und Missgunst unter Archäologen inspirieren, während Joe R. Lansdale auf Norman Rockwells „Der Haarschnitt“ basierend eine packende Story über den Überfall auf den Friseursalon von Charlie Richards und seiner hübschen Tochter Millie verfasst hat. Die Kunsthistorikerin Gail Levin schreibt in „Georgia O’Keeffes Blumen“ über den Versuch einer Journalistin, ein Interview mit O’Keeffe zu bekommen und sich ihr über eine feministische Perspektive zu nähern. Besonders gelungen ist vor allem Sarah Weinmans Geschichte „Die große Stadt“, in der eine junge Frau ein Portrait ihrer nackten Mutter Clothilde entdeckt und die Geschichte seiner Entstehung nachspürt.
„Die Portraits der Frau machten sie nervös. Sie übermittelten Eindrücke, von denen sie nicht sicher war, ob sie ihr gefielen. Eine scharfe Sicht auf die Welt. Ungebeten enthüllte Geheimnisse. Clothilde hatte das Gefühl, ihre Geheimnisse würden verraten werden, wenn die Frau sie malte.“ (S. 320) 
Aber auch die Geschichten, die Michael Connelly (zum rechten Innenflügel von Hieronymus Boschs „Der Garten der Lüste“), David Morrell (zu van Goghs „Zypressen“) und S. J. Rozan (zu Hokusais „Die große Welle von Kanagawa“) zur Sammlung beigesteuert haben, demonstrieren eindrucksvoll, wie die Wirkung einzelner Kunstwerke ganz eigenständige Geschichten hervorbringen können. Ich hoffe sehr, dass Lawrence Block mit diesem einzigartigen Konzept auch in Zukunft noch den einen oder anderen wunderbar hochwertig gestalteten Band mit auf Kunstwerken basierenden Erzählungen herausbringt.

Joe R. Lansdale – (Hap & Leonard: 10) „Bissige Biester“

Donnerstag, 1. November 2018

(Golkonda, 269 S., Pb.)
Kaum ist Hap Collins halbwegs davon genesen, zweimal niedergestochen worden zu sein, sitzt er auch schon wieder im Büro von Brett Sawyer Investigations, der Detektei seiner Freundin Brett, während sein schwarzer schwuler Partner Leonard in Houston bei einem Online-Sex-Date verweilt. Eigentlich wollte Louise Elton, die ältere schwarze Dame von gegenüber Leonard damit beauftragen, ihrem Verdacht nachzugehen, dass ihr Sohn ermordet worden ist – von Polizisten in Camp Rapture.
Erste Anlaufstelle soll Timpson Weed sein, der den Mord beobachtet haben soll. Wie Hap erfährt, hat die Sache ihren Anfang genommen, als Louises Tochter Charm, nachdem sie mit ihrer Kamera am entlegenen Sägewerk gewesen war, ohne ersichtlichen Grund von Officer Coldpoint festgenommen und erniedrigt worden ist. Als die Polizistin Manuela Martinez das junge Mädchen aus dieser misslichen Lage befreit hat, wurde Martinez vom Dienst suspendiert, Charm aber weiterhin von Coldpoint verfolgt. Charms älterer Bruder Jamar begann, die Stalking-Aktivitäten des Cops zu filmen, doch nachdem er festgenommen worden war, fand man ihn in den Projects tot auf. Hap und der aus Houston zurückgekehrte Leonard treffen sich mit dem Zeugen in einer Bar, wo Timpson ihnen von drei Cops berichtet, die Jamar vor der Kneipe mit Schlagstöcken bearbeitet hatten. Und von Martinez erfahren die beiden Ermittler, dass Coldpoint im stillgelegten Sägewerk illegale Hundekämpfe und Boxkämpfe organisiert.
Doch als sich Hap und Leonard mit Coldpoint und seinem Handlanger Sheerpoint auseinanderzusetzen beginnen, wird erst Timpson ermordet, dann bringen sich auch Hap und Leonard in die Schusslinie der korrupten Cops.
„Ich hatte schon mehrmals Schlimmeres erlebt als diese beiden Kleinganoven, aber nun erdrückte mich nicht nur dieser Brocken, sondern eine ganze Lawine aus allem, was ich jemals getan hatte und nicht hätte tun sollen.
Ich fragte mich, wie Leonard wohl damit umging. Die Antwort war mir klar. Er kam damit klar. Und wenn nicht, dann würde er mich das womöglich niemals wissen lassen, so eng wir auch befreundet waren. Manche Brücken überschritt er noch nicht mal mit mir gemeinsam. Bislang jedenfalls nicht.“ (S. 216) 
Seit Joe R. Lansdale 1990 mit „Wilder Winter“ die Serie um den republikanischen schwarzen schwulen Vietnam-Veteranen Leonard Pine und den weißen Kriegsdienstverweigerer Hap Collins ins Leben gerufen hat, sind nicht nur mittlerweile neun weitere Romane, sondern verschiedene Kurzgeschichten erschienen und zwei Staffeln als Fernsehserie von Sundance TV mit James Purefoy und Michael Kenneth Williams in den Hauptrollen produziert worden.
Auch der zehnte Roman um Hap & Leonard ist nicht nur wegen des zwar voraussehbaren, aber nichtsdestotrotz packenden Plots lesenswert, sondern natürlich auch wegen des kumpelhaft harten, doch herzlich humorvollen Umgangs der beiden Freunde miteinander. Gerade in den pointierten Dialogen erweist sich die erzählerische Meisterschaft des amerikanischen Schriftstellers, der sich zum Glück nicht auf ein Genre festlegen lässt und sowohl im Horror- als auch Krimi- und Thriller-Genre deutlich seine Spuren hinterlassen hat. Zu den Höhepunkten von „Bissige Biester“ zählt vor allem der Kampf, den Hap und Leonard glaubhaft miteinander ausfechten müssen, um Zeit bis zum Eintreffen der Kavallerie zu gewinnen, aber auch die herzenswarme Art, wie sich die beiden Freunde um die Erfüllung des zunehmend gefährlicheren Auftrags annehmen und dabei ohne Rücksicht auf ihr eigenes Wohlbefinden der Gerechtigkeit zu ihrem Sieg verhelfen wollen.
Das gelingt ihnen auch diesmal mit ihrem unvergleichlichen Humor!