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Bill Beverly – „Dodgers“

Donnerstag, 29. November 2018

(Diogenes, 398 S., HC)
Der sechzehnjährige East zählt zu einer Truppe von Jungs im LA-Viertel The Boxes, die dafür sorgen sollen, dass die Deals, die in dem von ihnen bewachten Drogenhaus über die Bühne gehen, kein unbeabsichtigtes Aufsehen erregen. Doch eines Tages lassen sich die Jungs von einer Feuerwehrsirene und einer zum Himmel aufsteigenden Rauchsäule ablenken und merken zu spät, dass mehrere Polizeiwagen vor dem Haus aufkreuzen. Im anschließenden Schusswechsel kommt ein unbeteiligtes Mädchen, das sich einfach zur falschen Zeit am falschen Ort befand, ums Leben.
East kann zwar flüchten, hat aber kein Haus mehr, um das er sich kümmern kann, also auch keinen Job, doch sein Boss Fin hat einen neuen Auftrag für ihn: Zusammen mit seinem schießwütigen kleinen Bruder Ty, dem zwanzigjährigen Gamer Michael Wilson und dem siebzehnjährigen Aushilfslehrer Walter soll sich East auf den Weg quer durch die USA machen, um einen Richter zu töten. Doch auch dieses Vorhaben weist seine Tücken auf, bringt die Jungs in neue Schwierigkeiten, ermöglicht East aber in Ohio – ohne seine Kumpel und nur vorübergehend – einen Neuanfang. Dann holt ihn seine Vergangenheit wieder ein …
„Auf der Fahrt quer durchs Land hatten sie zueinandergefunden – ein Team. Eine Crew – stimmt’s? Jetzt waren sie vom Winde verweht. Sie hatten den Richtigen mit Kugeln durchsiebt – den Auftrag erledigt. Doch East fühlte sich einfach nur vollkommen fertig. Das war der Preis. Die Woche war eine Wunde, die zu betrachten er sich noch nicht traute. Und doch spürte er, dass sie blutete.“ (S. 281) 
Mit Bill Beverlys Debütroman „Dodgers“ hat der Diogenes-Verlag wieder einmal ein literarisches Juwel entdeckt. Der an der Trinity University in Washington, DC, US-amerikanische Literatur und Schreiben lehrende Beverly präsentiert hier eine ungewöhnliche Coming-of-Age-Geschichte, ein intensives Road Movie und ein eindringliches Gang-Drama, dessen einzelne Elemente nahtlos miteinander verschmelzen. Besonders viel Mühle hat sich der Autor mit der Charakterisierung der sensiblen Hauptfigur East gegeben, aber auch sein taffer Bruder Ty hinterlässt einen bleibenden Eindruck.
East entpuppt sich dabei als zuverlässiges Stehauf-Männchen, das für sein Alter ebenso zuverlässig für einen Drogengangster arbeitet wie später für einen schwerkranken Paintball-Arena-Betreiber, dessen Vertrauen er sich sehr schnell verdient. In einer Welt, die er nicht kennt und die East eher bedrohlich als freundlich erscheint, bietet ihm sein eigener moralischer Kompass die einzige Sicherheit. Obwohl er weiß, dass die hundert Dollar, die er täglich bei Perry verdient, zu wenig sind, beklagt er sich nicht, schläft in einem Bett aus Kartons, will seinem Chef bloß nicht zur Last fallen, sondern nur zuverlässig seine Arbeit verrichten.
Bill Beverley beweist ein wunderbares Gespür für seine jugendlichen Protagonisten, ihre Sprache und Gefühle. „Dodgers“ stellt für East ebenso wie für die Leser ein außergewöhnliches Abenteuer dar, bei dem die vertraute Welt des eigenen Viertels in Los Angeles plötzlich verlassen werden muss und ein Trip ins Unbekannte neue Herausforderungen bereithält.
Leseprobe Bill Beverly - "Dodgers"