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Paolo Coelho – „Hippie“

Donnerstag, 13. Dezember 2018

(Diogenes, 298 S., HC)
Seit seinem Welt-Bestseller „Der Alchemist“ zählt der brasilianische Schriftsteller Paulo Coelho zu den spirituellen Gurus seiner Zunft und bringt seinen Lesern in leicht verständlicher Sprache Weisheiten aus unterschiedlichen esoterischen Traditionen nahe. Mit seinem neuen Buch, das passend zum fünfzigjährigen Jubiläum des legendären Jahres 1968 erscheint, als die bekannte Mehrheitsgesellschaft mit ihren leistungsorientierten, konservativen Werten durch die Hippie-Bewegung aufgebrochen wurde und eine Gegenkultur entstand, die eine antiautoritäre und enthierarchisierte Weltordnung anstrebte, lässt Coelho seine eigene Geschichte Revue passieren.
Statt aber die autobiografische Variante der Ich-Perspektive zu wählen, entschied sich der Autor, „Hippie“ in der dritten Person zu erzählen, um auch den anderen Figuren, mit denen der junge Coelho damals zu tun hatte, eine eigene Stimme zu geben.
Im September 1970 galten der Piccadilly Circus in London und der Dam in Amsterdam als die hippesten Orte der Welt. Statt sich über die traditionellen Medien zu informieren und auszutauschen, gab es unter den Hippies eine sogenannten „Unsichtbare Zeitung“, eine Mund-zu-Mund-Informationskette, in der sich über anstehende Konzerte und angesagte Reiserouten unterhalten wurde. Dabei war Arthur Frommers „Europe On Five Dollars a Day“ ein unverzichtbarer Ratgeber. Um sich wie viele seiner Gleichgesinnten auf einen sogenannten Hippie-Trail begeben zu können, zieht es den dreiundzwanzigjährigen Paulo zunächst nach Amsterdam, von wo er sich für hundert Dollar in einem „Magic Bus“ über die Türkei, den Libanon, Iran, Irak, Afghanistan, Pakistan und Indien bis nach Kathmandu begeben würde. Als seine engste Reisegefährtin erweist sich die hübsche Holländerin Karla, der von einer Wahrsagerin prophezeit wurde, dass sie einen Begleiter finden würde.
Gemeinsam mit ihren Freunden Rahul, Ryan und Mirthe suchen sie nach spiritueller Erleuchtung. 
„Viele Gefühle bewegen das Herz des Menschen, wenn er beschließt, sich dem spirituellen Weg zuzuwenden. Es kann aus einem edlen Beweggrund sein wie etwa Glaube, Nächstenliebe oder Barmherzigkeit. Oder es kann nur aus einer Laune heraus geschehen, aus Angst vor dem Alleinsein, aus Neugier oder aus dem Wunsch heraus, geliebt zu werden. Letztlich spielt es keine Rolle, welches der ursprüngliche Beweggrund war. Der wahre spirituelle Weg ist stärker als die Gründe, die uns zu ihm geführt haben.“ (S. 129) 
Doch der Weg zum Glück jenseits konventioneller Konsumfreuden und kleinbürgerlicher Werte ist von etlichen Gefahren gesäumt. So muss der „Magic Bus“ wegen des Bürgerkriegs in Jordanien etwas länger Station in Istanbul machen als geplant, und Paolo wird das Angebot gemacht, als Drogenkurier einen guten Schnitt zu machen. Natürlich widersteht er der dämonischen Versuchung und wendet sich lieber den Derwischen in Istanbul zu …
„Hippie“ stellt fünfzig Jahre nach den gesellschaftlichen Umbrüchen von 1968 auch ein Prequel zu Coelhos schriftstellerischem Werk dar. Als sich der Autor damals auf den Hippie Trail begab, war zwar schon der Wunsch vorhanden, Schriftsteller zu werden, doch fehlte dem jungen Mann noch die Lebenserfahrung, um interessante Geschichten schreiben zu können. Vor allem im letzten Drittel des Buches, als Paulo in Istanbul der Derwisch-Tradition auf den Grund zu gehen versucht, geben sich die spirituellen Weisheiten ein munteres Stelldichein. Das wirkt oft sehr plakativ, als würden Sinnsuchende die Lehren von Rabindranath Tagore, Paulus von Tarsus, Rumi und Kabir in ihrer Essenz auf leicht verständliche Weise aneinandergereiht, so dass der Leser zumindest ein Gefühl dafür bekommt, wohin die eigene spirituelle Reise hinführen könnte. Auf jeden Fall gewährt „Hippie“ einen interessanten Einblick in einen Lebensabschnitt des Autors, der auch weniger schöne Ereignisse aus dem Jahre 1968 rekapituliert, der sein weiteres Leben und Schaffen prägen sollte.
Leseprobe Paolo Coelho - "Hippie"

Paolo Coelho – „Untreue“

Donnerstag, 23. Oktober 2014

(Diogenes, 315 S., HC)
Die 31-jährige Linda ist eine bekannte Journalistin einer angesehenen Tageszeitung in Genf, die glücklich verheiratet mit dem mehr als wohlhabenden Manager eines renommierten Investmentfonds ist, mit dem sie zwei Söhne hat, und trotzdem meint die ebenso begehrte wie beneidete Frau, dass jeder vor ihr liegende Tag ein Desaster wird. Das wird ihr besonders nach einem Interview mit einem Schriftsteller bewusst, dem es nicht darum geht, glücklich zu sein, sondern sein Leben voller Leidenschaft zu gestalten. Mit diesem Statement im Kopf beginnt Linda ihr Leben in Frage zu stellen. Hin- und hergerissen zwischen der Angst, ihr Leben bis zum Ende der Tage in völliger Gleichförmigkeit zu verbringen, und der Angst, dass sich von einem Augenblick zum anderen alles verändern könnte, quält sich Linda mit verschiedenen weiteren damit zusammenhängen Fragen, die sich um die Liebe und ihre Abwesenheit drehen und um die Sorge, dass sie ihre besten Jahre mit Routine vergeudet.
Als sie den ein Jahr jüngeren Politiker Jacob König interviewt, für den sie schon als Jugendliche geschwärmt hat, beginnt sie eine leidenschaftliche Affäre mit ihm, die auch ihr Eheleben zu bereichern scheint. Doch je mehr sich Linda auf den ebenfalls verheirateten Mann einlässt, desto mehr hinterfragt sie sich selbst und ihr Verhalten.
„Kann man lernen, den richtigen Mann zu lieben? Selbstverständlich. Dafür muss es einem allerdings gelingen, den falschen Mann zu vergessen, der, ohne um Erlaubnis zu bitten, in unser Leben getreten ist, weil er gerade vorbeikam, und nachher sagt, die Tür habe doch offen gestanden. Was wollte ich von Jacob? Ich wusste doch von Anfang an, dass unsere Beziehung zum Scheitern verurteilt war, obwohl ich mir nicht vorstellen konnte, dass sie auf so demütigende Weise enden könnte. Vielleicht wollte ich nur, was ich bekommen habe: Abenteuer, Lust und neue Lebensfreude. Oder hatte ich etwa mehr gewollt?“ (S.254) 
Wie bei dem brasilianischen Bestseller-Autor üblich, wird „Untreue“ nicht durch die Handlung dominiert. Stattdessen dient die Ausgangssituation einer erfolgreichen, jungen, attraktiven und wohlhabenden Frau dazu, den Leser einmal mehr dazu zu animieren, sich über wesentliche Aspekte seines eigenen Lebens Gedanken zu machen. Statt seine Leser zu emotionaler Anteilnahme an Lindas Schicksal zu animieren, lässt Coelho sein Publikum vor allem an Lindas Gedanken und Gefühlen teilhaben. Allerdings wirken diese inneren Monologe nicht immer schlüssig und stellen auch Lindas Verhalten immer wieder in Frage. Stattdessen wird der Leser den Eindruck nicht los, dass Coelho sich selbst mit seinen wohlwollenden, spirituell angehauchten Weisheiten in den Vordergrund rückt und dabei leider vergisst, eine interessante Geschichte zu erzählen.
Wenn der eine oder andere Leser zum Nachdenken über das wahre Glück und wie es zu erreichen und zu bewahren ist angeregt wird, hat Coelho sein Ziel sicher erreicht. Doch die Geschichte an sich ist nicht glaubwürdig und packend genug geschrieben, um auch Leser fesseln zu können, die nicht an einer spirituellen Entwicklung interessiert sind.
Leseprobe Paolo Coelho - "Untreue"

Paulo Coelho - „Schutzengel“

Dienstag, 12. April 2011

(Diogenes, 199 S., HC)
Als Paulo seinen Freund und Mentor J. zum Flughafen begleitet, macht dieser Paulo darauf aufmerksam, dass er bereits zwei Chancen vertan habe, seinen Traum zu leben. Da es schon immer sein Traum gewesen sei, vierzig Tage in einer Wüste zu verbringen, macht sich Paulo im September 1988 mit seiner Frau Chris auf den Weg in die Mojave-Wüste, wo J. jemanden kennt, der Paulo bei seiner Mission, das zu akzeptieren, was er liebt, helfen könne. Chris ist bei dieser Reise allerdings nicht wohl zumute, weil Paulo immer alles stehen und liegen lässt, um auf dem Weg der Magie weiterzukommen. Als sie nach einer anstrengenden Reise schließlich nach Borrego Springs gelangen, lernen sie Took kennen, einen jungen Bewahrer magischer Traditionen, mit dem sie zunächst über alles sprechen, nur nicht über die Engel, die Paulo zu finden hofft.
 Aber Paulo lernt etwas über die Walküren, die ihm helfen sollen, seinen Engel zu finden, über das ‚zweite Bewusstsein‘ und schließlich über das Channeling. Kompliziert wird es allerdings, als Paulo mit Vahalla eine attraktive Walküre kennenlernt, die die Eifersucht seiner Frau heraufbeschwört. Nun beginnt auch Chris mit ihrer magischen Suche und lernt, auch mit ihrem Engel zu sprechen.
„Alle Kinder sprachen mit ihrem Schutzengel – bis der berühmte Tag kam, an dem die Eltern bemerkten, dass das Kind mit Leuten sprach, die ‚es nicht gab‘. Das beunruhigte sie, sie gaben einem Zuviel an kindlicher Phantasie die Schuld daran, zogen Pädagogen und Psychologen zu Rate und kamen zu dem Schluss, dass das Kind schleunigst damit aufhören sollte.
Die Eltern betonten ihren Kindern gegenüber ständig, dass es diese unsichtbaren Freunde nicht wirklich gab – vielleicht wussten sie nicht mehr, dass sie selber auch einmal mit den Engeln gesprochen hatten. Oder vielleicht dachten sie, dass sie in einer Welt lebten, in der es keinen Platz für Engel gab. Enttäuscht kehrten die Engel dann zu Gott zurück, weil sie wussten, dass sie den Menschen ihre Gegenwart nicht aufdrängen durften.“ (S. 126 f.)
In der Chronologie von Paulo Coelhos Werk ist „Schutzengel“ unmittelbar nach seinem berühmt gewordenen „Der Alchimist“ entstanden. Dass es erst veröffentlicht wird, verwundert deshalb nicht, weil es vom Leser nicht nur eine gewisse Offenheit für magisch-religiöse Inhalte abverlangt, sondern weil „Schutzengel“ dermaßen esoterisch getränkt ist, dass es auch bei den weltoffensten Menschen viel Geduld und Nachsicht einfordert. Wenn auf jeder Seite fünfmal ein „Engel“ erwähnt wird, ödet das auf Dauer auch jene an, die an Engel glauben. Denn außer der Suche nach Paulos Engel in der Mojave-Wüste und all den theoretischen Überlegungen zum Thema bietet der knapp 200-seitige Band nicht viel. Wer der Engel-Thematik überhaupt nichts abgewinnen kann, sollte überhaupt die Finger von diesem esoterischen Selbstfindungsbrei lassen.
Lesen Sie im Buch "Schutzengel"

Paulo Coelho - „Der Dämon und Fräulein Prym“

Dienstag, 5. Mai 2009

(Diogenes, 208 S., HC)
Als Abschluss seiner Trilogie über Liebe, Tod und Macht, die mit „Am Ufer des Rio Piedra saß ich und weinte“ begann und mit „Veronika beschließt zu sterben“ fortgesetzt wurde, hat der südamerikanische Schriftsteller Paulo Coelho mit „Der Dämon und Fräulein Prym“ eine weitere Parabel über eine der großen Antriebskräfte des menschlichen Lebens geschrieben.
Eines Tages wird das in den Pyrenäen gelegene Dorf Bescos von einem geheimnisvollen Fremden heimgesucht, der in der jungen Barbedienung Chantal eine Unterstützung bei seinem Unternehmen sucht, herauszufinden, ob die Menschen eigentlich gut oder böse sind. Mit den elf Goldbarren, die der Fremde im Beisein der jungen Frau im Wald vergräbt, wären die 281 Dorfbewohner alle ihre Sorgen los und könnten ein neues Leben beginnen. Doch sind sie auch, wie es der Handel vorsieht, bereit, dafür einen Menschen umzubringen? Coelho versteht es in seiner neuen Fabel einmal mehr hervorragend, die Tugenden und Schwächen der menschlichen Seele unter außergewöhnlichen Bedingungen auf die Probe zu stellen und den Leser zutiefst nachdenklich zu stimmen.

Paulo Coelho - „Elf Minuten“

(Diogenes, 288 S., HC)
Die junge brasilianische Stoffverkäuferin Maria, deren Herz nach den ersten unglücklichen Verliebtheiten seit ihrem elften Lebensjahr gebrochen ist, träumt von einem anderen Leben, von Erfolg und Wohlstand und einem Mann, mit dem sie zusammen mit ihren beiden Kindern in einem Haus am Meer wohnt. Als sie das Angebot bekommt, in Genf in einem Nachtclub zu arbeiten, ergreift sie die Gelegenheit und sieht ihre Träume schon bald in Erfüllung gehen. Tatsächlich übt Maria den Job im „Copacabana“ ohne jede Scham bald sehr schnell professionell aus und erntet den Neid ihrer Kolleginnen, empfindet aber selbst nicht die geringste Lust dabei. Als sie vor einem Café von dem bekannten Maler Ralf Hart angesprochen wird, der in ihr ein „Licht“ sieht und sie unbedingt portraitieren möchte, verliert sie schließlich doch ihr Herz – ausgerechnet an einen Mann, der überhaupt kein Interesse am Sex zu haben scheint.
Und dann ist da noch ein englischer Plattenboss, der Maria in die Geheimnisse von Lust und Schmerz einführt. Irritiert davon, wie sie dabei das erste Mal wirklich von einem Mann befriedigt wird, lernt sie dabei die profunden Geheimnisse der Alchemie der Liebe. Einmal mehr versteht es der brasilianische Bestsellerautor, eine märchenhafte Geschichte voller Gleichnisse und elementarer Lebensweisheiten zu erzählen, um nicht nur das Herz des Lesers zu berühren, sondern ihm auch einen wirkungsvollen Spiegel seiner eigenen Ängste und Sehnsüchte vorzuhalten.

Paulo Coelho - „Der Zahir“

(Diogenes, 342 S., HC)
Was die Romane und Geschichten des brasilianischen Schriftstellers Paulo Coelho stets ausgezeichnet und berühmt gemacht hat, ist Coelhos Fähigkeit, die spirituellen Erlebnisse seines eigenen Lebens auf gleichnishafte und doch konkrete Weise so zu beschreiben, dass der Leser stets sein eigenes Leben, sein Verhältnis zu Glück und Liebe und Zufriedenheit und Sex und Geld und Macht in Frage stellt. Coelho wirkt wie der letzte Überlebende einer nahezu ausgestorbenen Tradition von Übermittlung wesentlicher Erkenntnisse, so wie es die Druiden und Schamanen früher in ihren Erzählungen und Ritualen von Generation zu Generation weitergegeben haben.
Mit „Der Zahir“ setzt der Bestseller-Autor diese schöne Tradition eindrucksvoll fort. Basierend auf der islamischen Vorstellung, dass ein Zahir etwas ist, das – sind wir ihm erst einmal begegnet – unsere Gedanken vollkommen ausfüllt und nicht mehr loslässt. Die dreißigjährige Kriegsreporterin Esther verlässt den Ich-Erzähler, einen erfolgreichen Schriftsteller, der sich fragt, wie es soweit kommen konnte. Auf der Suche nach ihr begegnet er Mikhail, der Esther in Kasachstan kennen und lieben lernte und den verzweifelten Schriftsteller in ein armenisches Restaurant führt, in dem die Leute ihre eigenen Geschichten von Liebe und Nicht-Liebe erzählen. Sie folgen damit der Tradition der Akyn, die als Nomaden in Kasachstan ihre erinnerten Geschichten weitergeben, Geschichten von Menschen, die die Welt durchwandern, die Steppe betrachten und sich von der Energie der Liebe berühren lassen. Diesen Weg geht auch der Schriftsteller und lernt auf seiner Reise seine Vergangenheit zu verstehen und den Punkt zu entdecken, an dem er Esther verloren hat. „Der Zahir“ ist wieder ein meisterhafter Roman über eine ganz besondere Pilgerreise, die die Macht besitzt, auch den Leser zu verändern.