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Jardine Libaire – „Uns gehört die Nacht“

Montag, 6. August 2018

(Diogenes, 457 S., Pb.)
Elise Perez ist froh, endlich dem Sozialwohnungskomplex in der South Bronx entkommen zu sein und in New Haven in der Wohnung von Robbie, der am South Central Community College Flugzeugtechnik studiert und nebenbei im Red Lobster kellnert, ein neues Zuhause gefunden zu haben. Elise, Anfang Zwanzig, halb Puerto-Ricanerin, halb Amerikanerin, findet einen Job in einer Zoohandlung und lernt nach drei Monaten im Januar 1986 ihre Nachbarn James und Matt kennen, die aus einer ganz anderen Welt stammen.
Während Elise ohne Vater und ohne Schulabschluss aufgewachsen ist, stammt James aus der schwerreichen Investmentbankerfamilie Hyde, Moore & Kent, seine Mutter Tory ist eine berühmte Schauspielerin. Trotzdem lädt James Elise zum Abendessen ein, lässt sich zum Abschied zu einem Blow Job verführen und ist ganz hin und weg von Elise. James‘ Familie ist von dem nicht standesgemäßen Umgang natürlich alles andere als begeistert, doch davon lässt sich der Yale-Student nicht irritieren. Stattdessen will er sogar sein Erbe ausschlagen, die Uni abbrechen und mit Elise zusammenziehen.
„Vielleicht sind Elise und Jamey ihr eigenes Volk, vielleicht gehören sie zu niemandem sonst, zu nichts Größerem als zueinander. Können wir so leben? Darüber denkt Elise nach, als sie sich müde die schwarzen Turnschuhe aufschnürt, an deren Sohlen Gold klebt.“ (S. 329) 
Doch über dem jungen Glück schwebt eine dunkle Bedrohung, die nicht nur von dem Groll des Hyde-Clans herrührt …
Nachdem die in New York geborene und in Austin, Texas, lebende Jardine Libaire Kurzgeschichten im New York Magazine, in der Los Angeles Review of Books und in Elle veröffentlicht hat, legt sie mit „Uns gehört die Nacht“ ihr Romandebüt vor, das passenderweise durch ein Zitat aus Shakespeares „Romeo und Julia“ eingeleitet wird. Ihre außergewöhnliche Liebesgeschichte, die aus einer Affäre entsteht und über anfängliche Neugier und wachsendem Interesse ganz kompromisslose Wege einschlägt, wirkt wie eine moderne Variante von Shakespeares Tragödie, und auch James und Elise scheint ein ähnliches Schicksal zu drohen wie ihren berühmten „Vorbildern“.
Der Autorin gelingt es erstaunlich gut, die ausgetretenen Pfade einer Liebesgeschichte zwischen zwei Menschen aus ganz unterschiedlichen gesellschaftlichen Kreisen zu umschiffen, indem sie vor allem mit wunderbaren Vergleichen und einer eigenen Sprache arbeitet, die den unterschiedlichen Gefühlen der Liebenden eine sehr individuelle Note verleiht – bis zum Shakespeare-würdigen Finale.
Leseprobe Jardine Libaire - "Uns gehört die Nacht"