Mick Herron – (Jackson Lamb: 8) „Bad Actors“

Samstag, 13. Dezember 2025

(Diogenes, 460 S., Pb.)
Mit seiner Reihe um die in Ungnade gefallenen Geheimdienst-Agenten, die vom Regent’s Park ins sogenannte Slough House abgeschoben worden sind, hat der britische Autor Mick Herron schnell eine äußerst beliebte Nische im Genre des Spionage-Thrillers gefunden, da er jenseits von Blockbuster-affiner Action à la James Bond und Jason Bourne vor allem auf den trockenen britischen Humor setzt, der mittlerweile mit dem Titel „Slow Horses“ auch als Streaming-Serie auf Apple+ für Furore sorgt. Mit „Bad Actors“ ist nun schon der achte Band erschienen.
Doktor Sophie de Greer ist mit einem Schweizer Pass ausgestattet und als sogenannte „Superforecasterin“ unentbehrlich geworden in der Downing Street Nr. 10, wo Anthony Sparrow als gut vernetzter Politikberater die Strippen zieht, für die der (namentlich nicht genannte) Premierminister die Lorbeeren einheimsen darf. Dass de Greer seit drei Tagen spurlos verschwunden zu sein scheint, sorgt für Unruhe im politischen Machtzentrum, denn die junge Dame weiß ziemlich genau vorauszusagen, was für eine Stimmung im Lande gegenüber bestimmten politischen Entscheidungen vorherrscht. Sparrow setzt Oliver Nash auf den Fall an, der als Vorsitzender des Aufsichtskomitees über den Geheimdienst Ihrer Majestät, herausfinden soll, ob de Greer womöglich dem berüchtigten, wenn auch absolut inoffiziellen Waterproof-Protokoll zum Opfer gefallen sein könnte, bei dem unliebsame Personen – „Bad Actors“ nicht wie normale Kriminelle behandelt wurden, sondern im Gewahrsam des Geheimdienstes auf Nimmerwiedersehen in osteuropäischen Gefängnissen verschwanden. Nash nimmt daraufhin Kontakt zu Claude Whelan auf, der als geschasster Ex-Chef des MI5 ein besonderes Interesse daran hat, seine Nachfolgerin und Intimfeindin Diana Taverner hängen zu sehen. Nach einem Treffen in ihrem Büro bekommt er einen USB-Stick mit den Telefondaten der verschwundenen Beraterin ausgehändigt, woraus ersichtlich wird, dass de Greers letzter Anruf direkt zu Jackson Lamb führte. Der ist nach wie vor damit beschäftigt, seine Slow Horses Catherine Standish, Roddy Ho, Louisa Guy, Ashley Khan und Lech Wycinski mit seinen Fürzen zu traktieren, während Shirley Dander in einem teuren Sanatorium ihre Suchtprobleme in den Griff zu bekommen versucht. Als Taverners Amtskollege aus Russland, Rasnokow, überraschend bei einem offiziellen Empfang auftaucht und das San, in dem Shirley untergebracht ist, zu einer Action-Hochburg avanciert, zeigt vor allem der alte Hase Jackson Lamb, was in ihm steckt…

„Wer auch immer Sophie de Greer war, sie bewegte sich in der Welt der Schimpansenpolitik, in der immer der fieseste Affe das Sagen hatte. Anthony Sparrow war, trotz seines Aussehens, derzeit King Kong, was de Greer zur hilflosen weißen Frau machte. Wenn sie Verbindungen zum Kreml hatte, wusste Sparrow entweder nichts davon, oder er wusste es und würde es keinesfalls zulassen, dass sich jemand näher damit beschäftigte. Wahrscheinlich würde er sich sogar auf die Brust trommeln und mit Fäkalien um sich werfen. Aber so war das Leben in Slough House: Man ergriff jede Gelegenheit für etwas Ablenkung und ließ sich unter keinen Umständen davon abhalten.“ (S. 201)

Mick Herrons Einfallsreichtum lässt auch im achten Abenteuer seiner Slow Horses nicht nach. Geschickt lässt er im Großbritannien der Post-Brexit-Katastrophe vor dem Hintergrund der Spannungen zwischen Europa und Russland eine zunächst harmlos anmutende Suche nach einer verschwundenen Frau aus dem Mitarbeiterstab des Premierministers zu einer wilden Agentenhatz ausarten, bei der Shirley Dander ihre Aggressionen und Nahkampfkünste ebenso ausspielen darf wie Jackson Lamb seine widerlichen Angewohnheiten, sich vor Publikum überall zu kratzen, Kette zu rauchen, zu furzen, zu rülpsen und sich über das Essen anderer Leute herzumachen. Doch wieder einmal trügt der Schein, und der Leiter von Slough House erweist sich vor allem im Duett/Duell mit Diana „Lady Di“ Tavener als blitzgescheiter Agentenführer. Bis zur Auflösung des ganzen Schlamassels bekommt die Leserschaft wie gewohnt pointiert witzige Dialoge, interessante Nebenplots und wilde Action geboten, dass es eine Freude vor allem für Fans der Romanreihe ist, denn die einzelnen Figuren werden nicht mehr in Gänze ausführlich vorgestellt. Wer knifflige Agenten-Plots mit etwas Action und ganz viel britischem Humor sucht, wird auch mit dem achten Jackson-Lamb-Band bestens bedient.

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