(Diogenes, 460 S., Pb.)
Mit seiner Reihe um die in Ungnade gefallenen Geheimdienst-Agenten,
die vom Regent’s Park ins sogenannte Slough House abgeschoben worden
sind, hat der britische Autor Mick Herron schnell eine äußerst beliebte
Nische im Genre des Spionage-Thrillers gefunden, da er jenseits von Blockbuster-affiner
Action à la James Bond und Jason Bourne vor allem auf den trockenen britischen
Humor setzt, der mittlerweile mit dem Titel „Slow Horses“ auch als
Streaming-Serie auf Apple+ für Furore sorgt. Mit „Bad Actors“ ist nun
schon der achte Band erschienen.
Doktor Sophie de Greer ist mit einem Schweizer Pass
ausgestattet und als sogenannte „Superforecasterin“ unentbehrlich geworden in
der Downing Street Nr. 10, wo Anthony Sparrow als gut vernetzter Politikberater
die Strippen zieht, für die der (namentlich nicht genannte) Premierminister die
Lorbeeren einheimsen darf. Dass de Greer seit drei Tagen spurlos verschwunden
zu sein scheint, sorgt für Unruhe im politischen Machtzentrum, denn die junge
Dame weiß ziemlich genau vorauszusagen, was für eine Stimmung im Lande
gegenüber bestimmten politischen Entscheidungen vorherrscht. Sparrow setzt Oliver
Nash auf den Fall an, der als Vorsitzender des Aufsichtskomitees über den
Geheimdienst Ihrer Majestät, herausfinden soll, ob de Greer womöglich dem
berüchtigten, wenn auch absolut inoffiziellen Waterproof-Protokoll zum Opfer gefallen
sein könnte, bei dem unliebsame Personen – „Bad Actors“ nicht wie normale
Kriminelle behandelt wurden, sondern im Gewahrsam des Geheimdienstes auf
Nimmerwiedersehen in osteuropäischen Gefängnissen verschwanden. Nash nimmt
daraufhin Kontakt zu Claude Whelan auf, der als geschasster Ex-Chef des MI5 ein
besonderes Interesse daran hat, seine Nachfolgerin und Intimfeindin Diana
Taverner hängen zu sehen. Nach einem Treffen in ihrem Büro bekommt er einen
USB-Stick mit den Telefondaten der verschwundenen Beraterin ausgehändigt,
woraus ersichtlich wird, dass de Greers letzter Anruf direkt zu Jackson Lamb führte.
Der ist nach wie vor damit beschäftigt, seine Slow Horses Catherine
Standish, Roddy Ho, Louisa Guy, Ashley Khan und Lech Wycinski mit seinen Fürzen
zu traktieren, während Shirley Dander in einem teuren Sanatorium ihre
Suchtprobleme in den Griff zu bekommen versucht. Als Taverners Amtskollege aus
Russland, Rasnokow, überraschend bei einem offiziellen Empfang auftaucht und das
San, in dem Shirley untergebracht ist, zu einer Action-Hochburg avanciert,
zeigt vor allem der alte Hase Jackson Lamb, was in ihm steckt…
„Wer auch immer Sophie de Greer war, sie bewegte sich in der Welt der Schimpansenpolitik, in der immer der fieseste Affe das Sagen hatte. Anthony Sparrow war, trotz seines Aussehens, derzeit King Kong, was de Greer zur hilflosen weißen Frau machte. Wenn sie Verbindungen zum Kreml hatte, wusste Sparrow entweder nichts davon, oder er wusste es und würde es keinesfalls zulassen, dass sich jemand näher damit beschäftigte. Wahrscheinlich würde er sich sogar auf die Brust trommeln und mit Fäkalien um sich werfen. Aber so war das Leben in Slough House: Man ergriff jede Gelegenheit für etwas Ablenkung und ließ sich unter keinen Umständen davon abhalten.“ (S. 201)
Mick Herrons Einfallsreichtum lässt auch im achten
Abenteuer seiner Slow Horses nicht nach. Geschickt lässt er im
Großbritannien der Post-Brexit-Katastrophe vor dem Hintergrund der Spannungen
zwischen Europa und Russland eine zunächst harmlos anmutende Suche nach einer
verschwundenen Frau aus dem Mitarbeiterstab des Premierministers zu einer
wilden Agentenhatz ausarten, bei der Shirley Dander ihre Aggressionen und
Nahkampfkünste ebenso ausspielen darf wie Jackson Lamb seine widerlichen Angewohnheiten,
sich vor Publikum überall zu kratzen, Kette zu rauchen, zu furzen, zu rülpsen
und sich über das Essen anderer Leute herzumachen. Doch wieder einmal trügt der
Schein, und der Leiter von Slough House erweist sich vor allem im
Duett/Duell mit Diana „Lady Di“ Tavener als blitzgescheiter Agentenführer. Bis
zur Auflösung des ganzen Schlamassels bekommt die Leserschaft wie gewohnt
pointiert witzige Dialoge, interessante Nebenplots und wilde Action geboten,
dass es eine Freude vor allem für Fans der Romanreihe ist, denn die einzelnen
Figuren werden nicht mehr in Gänze ausführlich vorgestellt. Wer knifflige
Agenten-Plots mit etwas Action und ganz viel britischem Humor sucht, wird auch
mit dem achten Jackson-Lamb-Band bestens bedient.

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