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Moritz Netenjakob – „Der beste Papa der Welt“

Montag, 1. September 2025

(Kiepenheuer & Witsch, 368 S., Pb.)
Als Gagschreiber und Drehbuchautor für Fernsehformate wie „Hurra Deutschland“, „Die Wochenshow“, „Ladykracher“, Anke“,Stromberg“ und „Switch“ hat der Kölner Moritz Netenjakob hinlänglich sein komödiantisches Talent unter Beweis gestellt. Seit 2009 versucht er sich auch erfolgreich als Romanautor. Nach „Macho Man“ und „Der Boss“ setzt Netenjakob die Geschichte seines Protagonisten Daniel Hagenberger nun mit „Der beste Papa der Welt“ fort.
Der Autor Daniel Hagenberger erhält von der Cheflektorin des Grabosch Verlags das einmalige Angebot, als Ghostwriter die Biografie des ehemaligen Bond-Bösewichts und Frauenschwarms Rudolf Prinz zu schreiben. Allerdings bleibt ihm nicht viel Zeit, denn das Buch soll bereits in einem halben Jahr zu Prinz‘ siebzigsten Geburtstag erscheinen. Während Daniel ganz aus dem Häuschen ist, an der Biografie seines Jugendidols mitzuwirken, ist seine türkische Frau Aylin alles andere als begeistert, hält sie Prinz doch für einen unsympathischen Macho. Das Projekt birgt aber auch in vielerlei Hinsicht weitere Probleme. So hat Prinz‘ ebenfalls türkische Ehefrau als seine Agentin alle Hände voll zu tun zu verhindern, dass ihr Mann von einem Fettnäpfchen ins nächste tritt, was vor allem seine frauenfeindlichen Witze betreffen, und darüber hinaus herunterzuspielen, dass Rudolfs Enkelin Helena mittlerweile mehr verdient als er selbst. Die Arbeit an dem Buch verläuft dagegen eher schleppend. Und nach Prinz‘ beherzter Zusage zur Markus-Lanz-Show bricht auch schon der nächste Shitstorm über die Testosteronschleuder hinein, und Daniel weicht als vorgeblicher Fitnesstrainer/Finanzberater nicht mehr von Prinz‘ Seite. Und als wäre die Aufregung um die Prinz-Biografie nicht schon genug, muss sich Daniel auch noch der Ehre gewachsen zeigen, für seine sechsjährige Tochter Lara „der beste Papa der Welt“ zu sein, wie das Motto der Kaffeetasse verlauten lässt, die sie ihm im vergangenen Jahr zu Weihnachten geschenkt hat – denn es fällt ihm unendlich schwer, seiner Tochter etwas abzuschlagen, und bei jedem Rückschlag, den sie erleidet, fährt er mit ihr ins Phantasialand. Darunter leidet auch Daniels Beziehung mit Aylin…

„Ich bin verwirrt. Bin ich Aylin nicht mehr männlich genug? Ich war sicher, diese Frage für alle Zeiten geklärt zu haben: Aylin verabscheut Machismo in jedweder Form, und ihre erotischen Fantasien haben mit Schriftstellern, Zen-Mönchen und Osteopathen zu tun – und nicht mit Bauarbeitern, Wrestlern oder Markus Söder. Aber Gefühle verändern sich. Vor drei Jahren empfand ich es noch als Verrat an der Literaturgeschichte, Phantasie mit F zu schreiben. Und jetzt fühlt sich Ph falsch an…“

„Der beste Papa der Welt“ ist zwar ein schöner, wie der Autor selbst sagt, von Christoph Maria Herbst auch live erprobter Buchtitel, hat aber recht wenig mit dem Plot zu tun. Bereits das erste Kapitel mit dem Gespräch zwischen der Cheflektorin und dem als Ich-Erzähler auftretenden Protagonisten weist den Weg zu einer Geschichte, die mehr mit dem Verständnis des Rollenbildes von Mann und Frau zu tun hat als mit dem Selbstbild als Vater. Rudolf Prinz ist der eigentliche (Anti-)Held in diesem Buch, vereint er doch all die Klischees des alten weißen Mannes, des berühmten Frauenschwarms, der sich gar keine große Mühe gibt, seine Vorstellung von der Rolle der Frauen in seinem Leben zu revidieren. Das sorgt für ebensolche Schmunzler wie die Auseinandersetzungen zwischen den Kulturen, insbesondere der deutschen und der türkischen, aber Netenjakob macht auch deutlich, dass auch die Türken Ressentiments gegen Ausländer haben – vor allem gegen die Griechen.
Der Autor bemüht hier viele Themen, die er auf leichtfüßige und selbstironische Weise miteinander verbindet. Das zündet nicht immer und wartet mit einer Menge – leicht bemühter – Klischees auf, auf der anderen Seite wirken die Figuren und manche Situationen durchaus authentisch.
„Der beste Papa der Welt“ macht dabei vor allem auf humorvolle Weise deutlich, wie sehr sich das Frauenbild bzw. das Selbstverständnis der Frauen in den letzten dreißig Jahren geändert hat, wie auch die Männer mit wachsender Verantwortung in der Erziehung ihrer Kinder zu kämpfen haben und wie im Zuge dieser Entwicklungen sich auch die Fernsehformate und Medienberichterstattung verändert haben. Doch vor allem bietet Netenjakobs neuer Roman leichte, nie langweilige Unterhaltung mit einigen sehr treffenden Beobachtungen zum heutigen, durchaus auch verstörenden Zeitgeist.