(Kiepenheuer & Witsch, 368 S., Pb.)
Als Gagschreiber und Drehbuchautor für Fernsehformate wie „Hurra
Deutschland“, „Die Wochenshow“, „Ladykracher“, „Anke“,
„Stromberg“ und „Switch“ hat der Kölner Moritz Netenjakob
hinlänglich sein komödiantisches Talent unter Beweis gestellt. Seit 2009 versucht
er sich auch erfolgreich als Romanautor. Nach „Macho Man“ und „Der
Boss“ setzt Netenjakob die Geschichte seines Protagonisten Daniel
Hagenberger nun mit „Der beste Papa der Welt“ fort.
Der Autor Daniel Hagenberger erhält von der Cheflektorin des
Grabosch Verlags das einmalige Angebot, als Ghostwriter die Biografie des ehemaligen
Bond-Bösewichts und Frauenschwarms Rudolf Prinz zu schreiben. Allerdings bleibt
ihm nicht viel Zeit, denn das Buch soll bereits in einem halben Jahr zu Prinz‘
siebzigsten Geburtstag erscheinen. Während Daniel ganz aus dem Häuschen ist, an
der Biografie seines Jugendidols mitzuwirken, ist seine türkische Frau Aylin alles
andere als begeistert, hält sie Prinz doch für einen unsympathischen Macho. Das
Projekt birgt aber auch in vielerlei Hinsicht weitere Probleme. So hat Prinz‘
ebenfalls türkische Ehefrau als seine Agentin alle Hände voll zu tun zu
verhindern, dass ihr Mann von einem Fettnäpfchen ins nächste tritt, was vor
allem seine frauenfeindlichen Witze betreffen, und darüber hinaus herunterzuspielen,
dass Rudolfs Enkelin Helena mittlerweile mehr verdient als er selbst. Die
Arbeit an dem Buch verläuft dagegen eher schleppend. Und nach Prinz‘ beherzter
Zusage zur Markus-Lanz-Show bricht auch schon der nächste Shitstorm über die Testosteronschleuder
hinein, und Daniel weicht als vorgeblicher Fitnesstrainer/Finanzberater nicht
mehr von Prinz‘ Seite. Und als wäre die Aufregung um die Prinz-Biografie nicht
schon genug, muss sich Daniel auch noch der Ehre gewachsen zeigen, für seine
sechsjährige Tochter Lara „der beste Papa der Welt“ zu sein, wie das Motto der
Kaffeetasse verlauten lässt, die sie ihm im vergangenen Jahr zu Weihnachten
geschenkt hat – denn es fällt ihm unendlich schwer, seiner Tochter etwas abzuschlagen,
und bei jedem Rückschlag, den sie erleidet, fährt er mit ihr ins Phantasialand.
Darunter leidet auch Daniels Beziehung mit Aylin…
„Ich bin verwirrt. Bin ich Aylin nicht mehr männlich genug? Ich war sicher, diese Frage für alle Zeiten geklärt zu haben: Aylin verabscheut Machismo in jedweder Form, und ihre erotischen Fantasien haben mit Schriftstellern, Zen-Mönchen und Osteopathen zu tun – und nicht mit Bauarbeitern, Wrestlern oder Markus Söder. Aber Gefühle verändern sich. Vor drei Jahren empfand ich es noch als Verrat an der Literaturgeschichte, Phantasie mit F zu schreiben. Und jetzt fühlt sich Ph falsch an…“
„Der beste Papa der Welt“ ist zwar ein schöner, wie
der Autor selbst sagt, von Christoph Maria Herbst auch live erprobter Buchtitel,
hat aber recht wenig mit dem Plot zu tun. Bereits das erste Kapitel mit dem
Gespräch zwischen der Cheflektorin und dem als Ich-Erzähler auftretenden Protagonisten
weist den Weg zu einer Geschichte, die mehr mit dem Verständnis des
Rollenbildes von Mann und Frau zu tun hat als mit dem Selbstbild als Vater. Rudolf
Prinz ist der eigentliche (Anti-)Held in diesem Buch, vereint er doch all die
Klischees des alten weißen Mannes, des berühmten Frauenschwarms, der sich gar
keine große Mühe gibt, seine Vorstellung von der Rolle der Frauen in seinem
Leben zu revidieren. Das sorgt für ebensolche Schmunzler wie die Auseinandersetzungen
zwischen den Kulturen, insbesondere der deutschen und der türkischen, aber Netenjakob
macht auch deutlich, dass auch die Türken Ressentiments gegen Ausländer haben –
vor allem gegen die Griechen.
Der Autor bemüht hier viele Themen, die er auf leichtfüßige
und selbstironische Weise miteinander verbindet. Das zündet nicht immer und wartet
mit einer Menge – leicht bemühter – Klischees auf, auf der anderen Seite wirken
die Figuren und manche Situationen durchaus authentisch.
„Der beste Papa der Welt“ macht dabei vor allem auf
humorvolle Weise deutlich, wie sehr sich das Frauenbild bzw. das Selbstverständnis
der Frauen in den letzten dreißig Jahren geändert hat, wie auch die Männer mit
wachsender Verantwortung in der Erziehung ihrer Kinder zu kämpfen haben und wie
im Zuge dieser Entwicklungen sich auch die Fernsehformate und Medienberichterstattung
verändert haben. Doch vor allem bietet Netenjakobs neuer Roman leichte,
nie langweilige Unterhaltung mit einigen sehr treffenden Beobachtungen zum
heutigen, durchaus auch verstörenden Zeitgeist.
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