Ray Bradbury – „Die Mechanismen der Freude“

Montag, 25. August 2025

(Diogenes, 318 S., Tb.)
Ray Bradbury zählt neben Richard Matheson und Robert Bloch zu den großen Fantasy- und Horror-Erzählern vor allem der 1960er Jahre und lieferte die (teilweise berühmten) literarischen Vorlagen zu François Truffauts „Fahrenheit 451“ (1966), Jack Smights „Die Mars-Chroniken“ (1980) und Jack Claytons „Das Böse kommt auf leisen Sohlen“ (1983). Unter Kennern ist Bradbury allerdings für seine Vielzahl an thematisch breit angelegten Kurzgeschichten bekannt, die in unzähligen Sammelbänden erschienen sind, nachdem sie erstmals in Magazinen wie „Playboy“, „Saturday Evening Post“ und vor allem dem „Magazine of Fantasy and Science Fiction“ veröffentlicht wurden. Eine Zusammenstellung von 21 Geschichten, die Bradbury zwischen 1949 und 1964 für ebendiese Magazine geliefert hat, bietet „Die Mechanismen der Freude“.
In der eröffnenden Titelgeschichte erfahren die beiden irischen Priester Brian und Kelly von ihrem italienischen Kollegen Vittorini, dass Papst Pius XII. sich vor den Delegierten des Internationalen Astronautischen Kongresses wohlwollend zur Eroberung des Weltraums durch den Menschen geäußert habe, damit dieser eine neue Beziehung zu Gott und seinem Universum finden könne, und darüber hinaus auch noch eine Enzyklika über due Raumfahrt verfasst habe. Gemeinsam beobachten sie den Start einer bemannten Rakete von Cape Canaveral – mit durchaus gemischten Gefühlen…
„Ich warte“ thematisiert die Landung einer Raumfahrtmission auf dem Mars, wobei die Astronauten auf einen Brunnen stoßen, der als Seelenbrunnen bezeichnet wird und in dem ehemals Wesen aus Fleisch und Blut warten und warten…
„Tyrannus Rex“ erzählt die Geschichte einer Filmproduktion mit ungewöhnlichen Miniaturen, die John Terwilliger für einen Stop-Motion-Film mit Dinosauriern kreiert hat.
„Der Trommlerjunge von Shiloh“ beleuchtet eine ungewöhnliche Episode aus dem amerikanischen Bürgerkrieg, während „Jungens! Züchtet Riesenpilze in eurem Keller!“ eine Variante außerirdischer Invasion präsentiert. „Die illustrierte Frau“ und „Die Beste aller möglichen Welten“ beschreiben auf unterschiedliche Weise die Faszination, die Frauen auf das männliche Geschlecht ausüben, „Vielleicht gehen wir fort“ beleuchtet die Perspektive der Indianer bei der Ankunft der europäischen Eroberer.
„Ein Wunder von seltener Kunst“ erzählt die Geschichte zweier Abenteurer, deren Glück stets von einem Dritten getrübt wird, der nur darauf aus ist, ihnen den Ertrag ihrer Entdeckung abzuluchsen.
Zu den schönsten Geschichten zählt „Der Bettler auf der O’Connell-Brücke“ über ein Paar, das in einem Dubliner Hotel residiert und unterschiedliche Erfahrungen mit Bettlern in der Stadt macht:

„Wer macht sich schon die Mühe, sich über die Bettler von Dublin den Kopf zu zerbrechen, zu schauen, zu sehen, zu wissen, zu verstehen? Doch die äußere Schale des Auges sieht, und die innere Schale des Gehirns registriert, und man selbst, gefangen zwischen diesen beiden, ignoriert den kostbaren Dienst, den diese beiden Hälften eines klaren Verstandes dir anbieten. So kümmerte ich mich und kümmerte ich mich nicht um Bettler. Abwechselnd wich ich ihnen aus oder ging ihnen entgegen.“ (S. 226)

Ray Bradbury beweist mit den hier versammelten Geschichten einmal mehr nicht nur seine grenzenlos anmutende Vorstellungskraft, die bis in den Weltraum, ferne Vergangenheit und geträumte Zukunft reicht, sondern vor allem sein vor poetischer Eindringlichkeit strotzendes Sprachvermögen, mit dem er jede Figur und jede Geschichte zu etwas Besonderem macht.  

 

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