(Buchheim, 440 S., HC)
Seit seinem 1990 veröffentlichten, gleich mit dem Bram
Stoker Award ausgezeichneten Debütroman „The Revelation“ hat sich
der US-amerikanische Schriftsteller Bentley Little einen Namen im Horror-Genre
machen können, allerdings ist nur ein Bruchteil der seither erschienenen Werke
des produktiven Autors auch in deutscher Übersetzung erhältlich. Nachdem einige
Romane wie „Böse“, „Verderben“, „Schemen“, „Furcht“, „Fieber“ und „Unheil“
bei Bastei Lübbe erschienen sind, hat sich in den letzten Jahren der Buchheim
Verlag Littles jüngeren Schaffen gewidmet. Neben dem Frühwerk „Die
Universität“ ist dort 2019 auch der Roman „Der Berater“ erschienen, der
2023 unter dem Originaltitel „The Consultant“ mit Christopher Waltz
in der Hauptrolle als achtteilige Fernsehserie verfilmt werden sollte.
Craig Horne ist Abteilungsleiter für die Softwareentwicklung
bei dem kriselnden Unternehmen CompWare und ist nicht wenig überrascht, dass an
diesem Morgen bereits vor dem üblichen Arbeitsbeginn um 8 Uhr ein Manager-Meeting
von CEO Matthews einberufen worden ist. Wahrscheinlich würde es um das neue
Business-Paket OfficeManager gehen, dessen Verkaufszahlen weit hinter
den Erwartungen zurückblieben. Matthews unterrichtet die Manager darüber, dass
aus der geplanten Fusion mit Automated Interface nichts würde und eine externe
Unternehmungsberatung damit beauftragt worden sei, die innere Ordnung bei
CompWare wiederherzustellen. Doch die BFG mit ihrem omnipräsenten
Geschäftsführer Regus Patoff ist mehr als nur daran interessiert, die
Arbeitsabläufe zu optimieren und den Personalbestand zu konsolidieren. Obwohl
die BFG Associates beste Referenzen aufweist, stellen sich ihre Methoden sehr
schnell als überaus fragwürdig heraus. Patoff erwartet nicht nur, dass Mails
rund um die Uhr abgerufen werden, sondern stattet sowohl Matthews als auch
Craigs Familie unangenehme Hausbesuche ab. Spätestens als die ersten
Kandidaten, die auf Patoffs Abschussliste stehen, bei mysteriösen Unfällen ums
Leben kommen bzw. sich selbst töten, sind Craig und seine Frau Angie in
höchstem Maße beunruhigt – zumal auch die Notfallambulanz, in der Angie
arbeitet, von der BFG unter die Lupe genommen wird…
Bei der CompWare entwickelt sich eine ungesunde Atmosphäre
der Paranoia…
„Die Kollegen verdächtigten sich gegenseitig und keiner wusste so recht, wer sich wem gegenüber verpflichtet fühlte und ob nicht vielleicht der eine oder andere den Maulwurf für die BFG spielte. Craig hatte keine Ahnung, ob dieses Gefühl des gegenseitigen Misstrauens absichtlich herbeigeführt worden war, aber es fühlte sich an, als wäre man in der Hitlerjugend gelandet. Die Angst, etwas Falsches zu sagen, war so groß, dass die meisten Mitarbeiter es bevorzugten, ihre Zeit allein in ihren Büros zu verbringen und zu arbeiten. Vielleicht war das der Zweck des Ganzen.“
Bentley Little ist dafür bekannt geworden, dass er
seine Horror-Werke stets mit einer gesunden Prise Gesellschaftskritik würzt,
und es fällt nicht schwer, die Geschäftspraktiken gewinnorientierter, börsennotierter
Unternehmen im Zentrum seines Romans „Der Berater“ als übergeordnetes
Thema zu identifizieren, das allerdings so grausam auf die Spitze getrieben
wird, dass es ins Horror-Genre fällt. Dafür sorgen nicht nur das unmenschliche,
nahezu diabolische Auftreten von Regus Patoff, sondern auch die unerklärlichen
Veränderungen in dem mehrstöckigen Unternehmensgebäude und das grausame, oft
sexistische Gebaren der Angestellten im Verlauf der vermeintlichen Optimierungsmaßnahmen.
Leider schafft es der Autor dabei nicht, die übernatürlichen Elemente
glaubwürdig darzustellen. Dazu fehlen ihm im Gegensatz zu Stephen King,
Clive Barker oder Peter Straub auch einfach die sprachlichen Mittel.
Wenigstens ist ihm die Charakterisierung der Mittelstandsfamilie Horne mit
ihren Sorgen um Hypothekenzahlungen und Versicherungen so gut gelungen, dass
sie ein gewisses Identifikationspotenzial besitzen. Doch das reicht nicht, um „Der
Berater“ zu einem guten Genre-Roman zu machen.
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