Bentley Little – „Der Berater“

Sonntag, 10. August 2025

(Buchheim, 440 S., HC)
Seit seinem 1990 veröffentlichten, gleich mit dem Bram Stoker Award ausgezeichneten Debütroman „The Revelation“ hat sich der US-amerikanische Schriftsteller Bentley Little einen Namen im Horror-Genre machen können, allerdings ist nur ein Bruchteil der seither erschienenen Werke des produktiven Autors auch in deutscher Übersetzung erhältlich. Nachdem einige Romane wie „Böse“, „Verderben“, „Schemen“, „Furcht“, „Fieber“ und „Unheil“ bei Bastei Lübbe erschienen sind, hat sich in den letzten Jahren der Buchheim Verlag Littles jüngeren Schaffen gewidmet. Neben dem Frühwerk „Die Universität“ ist dort 2019 auch der Roman „Der Berater“ erschienen, der 2023 unter dem Originaltitel „The Consultant“ mit Christopher Waltz in der Hauptrolle als achtteilige Fernsehserie verfilmt werden sollte.
Craig Horne ist Abteilungsleiter für die Softwareentwicklung bei dem kriselnden Unternehmen CompWare und ist nicht wenig überrascht, dass an diesem Morgen bereits vor dem üblichen Arbeitsbeginn um 8 Uhr ein Manager-Meeting von CEO Matthews einberufen worden ist. Wahrscheinlich würde es um das neue Business-Paket OfficeManager gehen, dessen Verkaufszahlen weit hinter den Erwartungen zurückblieben. Matthews unterrichtet die Manager darüber, dass aus der geplanten Fusion mit Automated Interface nichts würde und eine externe Unternehmungsberatung damit beauftragt worden sei, die innere Ordnung bei CompWare wiederherzustellen. Doch die BFG mit ihrem omnipräsenten Geschäftsführer Regus Patoff ist mehr als nur daran interessiert, die Arbeitsabläufe zu optimieren und den Personalbestand zu konsolidieren. Obwohl die BFG Associates beste Referenzen aufweist, stellen sich ihre Methoden sehr schnell als überaus fragwürdig heraus. Patoff erwartet nicht nur, dass Mails rund um die Uhr abgerufen werden, sondern stattet sowohl Matthews als auch Craigs Familie unangenehme Hausbesuche ab. Spätestens als die ersten Kandidaten, die auf Patoffs Abschussliste stehen, bei mysteriösen Unfällen ums Leben kommen bzw. sich selbst töten, sind Craig und seine Frau Angie in höchstem Maße beunruhigt – zumal auch die Notfallambulanz, in der Angie arbeitet, von der BFG unter die Lupe genommen wird…
Bei der CompWare entwickelt sich eine ungesunde Atmosphäre der Paranoia…

„Die Kollegen verdächtigten sich gegenseitig und keiner wusste so recht, wer sich wem gegenüber verpflichtet fühlte und ob nicht vielleicht der eine oder andere den Maulwurf für die BFG spielte. Craig hatte keine Ahnung, ob dieses Gefühl des gegenseitigen Misstrauens absichtlich herbeigeführt worden war, aber es fühlte sich an, als wäre man in der Hitlerjugend gelandet. Die Angst, etwas Falsches zu sagen, war so groß, dass die meisten Mitarbeiter es bevorzugten, ihre Zeit allein in ihren Büros zu verbringen und zu arbeiten. Vielleicht war das der Zweck des Ganzen.“ 

Bentley Little ist dafür bekannt geworden, dass er seine Horror-Werke stets mit einer gesunden Prise Gesellschaftskritik würzt, und es fällt nicht schwer, die Geschäftspraktiken gewinnorientierter, börsennotierter Unternehmen im Zentrum seines Romans „Der Berater“ als übergeordnetes Thema zu identifizieren, das allerdings so grausam auf die Spitze getrieben wird, dass es ins Horror-Genre fällt. Dafür sorgen nicht nur das unmenschliche, nahezu diabolische Auftreten von Regus Patoff, sondern auch die unerklärlichen Veränderungen in dem mehrstöckigen Unternehmensgebäude und das grausame, oft sexistische Gebaren der Angestellten im Verlauf der vermeintlichen Optimierungsmaßnahmen. Leider schafft es der Autor dabei nicht, die übernatürlichen Elemente glaubwürdig darzustellen. Dazu fehlen ihm im Gegensatz zu Stephen King, Clive Barker oder Peter Straub auch einfach die sprachlichen Mittel. Wenigstens ist ihm die Charakterisierung der Mittelstandsfamilie Horne mit ihren Sorgen um Hypothekenzahlungen und Versicherungen so gut gelungen, dass sie ein gewisses Identifikationspotenzial besitzen. Doch das reicht nicht, um „Der Berater“ zu einem guten Genre-Roman zu machen.

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