Simon Beckett – (David Hunter: 3) „Leichenblässe“

Samstag, 15. November 2025

(Wunderlich, 416 S., HC)
Als Simon Beckett 2006 mit „Die Chemie des Todes“ den ersten Fall um den forensischen Anthropologen David Hunter präsentierte, sorgte schon die schlichte Cover-Gestaltung für Aufsehen, aber ein wenig sorgfältig konstruierte Thriller-Spannung gehörte natürlich auch dazu, um einen regelrechten Hype um den Roman zu entfesseln. Nach „Kalte Asche“ (2007) folgte 2009 mit „Leichenblässe“ bereits der dritte Band, doch allmählich machten sich erste Abnutzungserscheinungen bemerkbar.
Der forensische Anthropologe David Hunter leidet noch unter den – durch eine Narbe auch sichtbaren - Nachwirkungen eines Angriffs durch eine Serienmörderin, so dass sein alter Mentor Tom Lieberman es für eine gute Idee hielt, Hunter nach Knoxville, Tennessee, einzuladen, um mit ihm in der schlicht als „Body Farm“ bekannten Anthropology Research Facility zu arbeiten. Kaum hat er seinen alten Freund begrüßt, wird er auch schon in einen aktuellen Fall einbezogen – sehr zum Ärger des leitenden Ermittlers Dan Gardner vom Tennessee Bureau of Investigation (TBI). In einer Ferienhütte in den Smoky Mountains entdecken die Agenten eine durch die künstliche Aufheizung stark verweste Leiche eines Mannes, der an einen Tisch gefesselt worden ist. Der als Berater hinzugezogene Psychologe Alex Irving stellt dazu die Theorie um einen sexuell motivierten Serientäter auf, doch für Gardners Mitarbeiterin Diane Jacobsen greift diese Erklärung zu kurz. Einen Hinweis zur Identifizierung des Täters könnte eine in der Hütte gefundene Filmdose mit einem klar erkennbaren Fingerabdruck liefern. Während das Opfer im Leichenschauhaus mit Hilfe von Kyle Webster, einem Assistenten des Rechtsmediziners Dr. Hicks, und Toms Studentin Summer untersucht wird, stellt sich heraus, dass die Fingerabdrücke von Willis Dexter stammen, der jedoch bereits vor sechs Monaten bei einem Autounfall starb. Bei der Exhumierung von Dexters Leiche auf dem Steeple Hill Cemetery verhält sich der Friedhofsbesitzer Eliot York so auffällig, dass er nach weiteren Morden in Verdacht gerät und dann spurlos verschwindet, ebenso wie Alex Irving. Schließlich geraten die am Fall arbeitenden Forensiker immer mehr ins Visier des gerissenen Täters…
Auch wenn man die beiden vorangegangenen Bände nicht gelesen hat, erleichtert Beckett seinem Publikum den Einstieg, indem er seinen Protagonisten David Hunter ausführlich Revue darüber passieren lässt, warum er die Reise von London nach Tennessee angetreten hat. 
Ebenso breit dargelegt werden die verschiedenen Prozesse, die bei der Verwesung eines Körpers in Gang gesetzt werden, und im Verlauf der Handlung darf der Ich-Erzähler immer wieder mit seinem profunden Wissen und aufmerksamer Beobachtungsgabe glänzen. Was den Plot reizvoll macht, sind die vom Täter interessant zur Schau gestellten Leichen und die verwirrenden Hinweise, die zu anderen Opfern führen als denen, mit denen Gardner, Lieberman, Jacobson und Hunter momentan zu tun haben. So hangeln sich die Beteiligten und die Leser an neuen Leichen und ihren Obduktionen entlang, immer mal wieder durchbrochen von den kursiv eingeschobenen Gedanken des Täters. 
Das lässt sich alles flüssig lesen, denn Beckett verwendet eine einfache Sprache, präzise Dialoge und leider auch simpel gestrickte Figuren, die nahezu alle Klischees abdecken, die im Thriller-Genre zu finden sind, den egozentrischen, zwischen Talk-Shows und unzähligen Flirts pendelnden Psychiater, den grimmigen Leiter der Ermittlungen und die leicht verunsicherte Assistentin, für die der gute Hunter allerdings etwas übrighat. Fans von James Patterson werden mit seinem britischen Pendant angenehm, aber nicht besonders originell unterhalten. Der Erfolg gibt Simon Beckett nun mal Recht…

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