Robin Sloan – „Der zauberhafte Sauerteig der Lois Clary“

Sonntag, 18. November 2018

(Blessing, 272 S., HC)
Lois Clark ist als Tochter eines Datenbankprogrammiers seit ihrer Kindheit im Umgang mit Computern vertraut, hat während ihrer Zeit am College Praktika bei einer Firma absolviert, die Software für die Motorensteuerung eines Elektroautos konzipierte, und konnte dort nach ihrem Abschluss arbeiten. In Ferndale, zwei Städte von ihrer Heimatstadt Michigan entfernt, kaufte sie ein Haus, bis sie von einer General Dexterity in San Francisco abgeworben wird, wo Roboterarme für Labore und Fabriken designt werden.
Die Arbeit macht ihr Spaß, doch schon der hauseigene Makler prophezeite Lois, dass sie nicht viel Zeit in der neuen Wohnung im Richmond District verbringen werde. Tatsächlich fühlt sich Lois schon nach wenigen Wochen nicht mehr fit, beklagt sich über Zustände katatonischer Regeneration, fehlende soziale Kontakte und strähniges Haar. Als sie jedoch eine Bestellung bei Clement Street Suppe und Sauerteig aufgibt, nimmt ihr Leben eine erstaunliche Wendung. Vor allem das Stück Sauerteigbrot, das zur Double Spicy gereicht wird, hat es ihr angetan.
Doch kaum ist Lois wieder kräftiger geworden und auf Kurs gekommen, müssen die Mazg-Brüder Beoreg und Chaiman ihr Take-Away aufgeben, hinterlassen ihrer besten Esserin aber ihren außergewöhnlichen Sauerteig-Ansatz, aus dem Lois fortan ihr eigenes Brot fertigt. Das kommt bei den ersten Testessern so gut an, dass sich Lois so richtig in die Produktion der Brote hineinsteigert, ihren Job aufgibt und fortan mit viel Liebe ihren Sauerteig-Ansatz pflegt, bis sie die Chance wittert, Teil der renommierten Marrow Fair zu werden, einem exklusiven Food-Markt, wo Tschernobyl-Honig, algorithmisch optimierte Bagels und Tortillas aus Heuschreckenmehl mit Kohl feilgeboten werden, der unter pinkfarbenem Licht gewachsen war.
 „Laut Horace war ich angekommen. Im Herzstück. Im Sanctum Sanctorum. Die stillen Angestellten hier – die gerade schnippelten, säuberten, schabten, vorbereiteten, planten, alle in Einheitskitteln – würden irgendwann ihre eigenen Restaurants eröffnen, Kochsendungen moderieren, Kochbuchbestseller schreiben. Ich war bis an die Wiege der California Cuisine vorgedrungen.“ (S. 159) 
Mit seinem 2014 auch hierzulande veröffentlichten Romandebüt „Die sonderbare Buchhandlung des Mr. Penumbra“ hat sich der amerikanische Autor Robin Sloan vor allem in die Herzen der Bücherliebhaber geschrieben. Mit seinem neuen Werk trägt ihn die Leidenschaft aus den Buchhandlungen in die Welt der Food-Nerds, verbindet wieder einmal Tradition mit moderner Technologie, nur will sich diesmal nicht so recht die Begeisterung einstellen, die Mr. Penumbra mit seiner durchgängig geöffneten Buchhandlung hervorrufen konnte.
Das liegt nicht nur daran, dass die Protagonistin Lois zwar sympathisch rüberkommt, aber kaum als Identifikationsfigur taugt. Ihre Vergangenheit als ehrgeizige Tochter eines Programmierers, die bei ihrem neuen hochbezahlten Job in San Francisco unter die Räder zu kommen droht, wirkt einfach langweilig, während die Wandlung zu einer ambitionierten Sauerteigbrot-Bäckerin zwar eine an sich interessante Wendung darstellt, aber dann kaum weiter entwickelt wird, außer dass sie die Herausforderung annimmt, mit ihrer Backkunst Teil einer abgehobenen Food-Nerd-Elite zu werden. Die einzelnen Figuren bleiben dabei sehr blass, weil Sloan seinen Fokus mehr auf die produktionstechnischen Einzelheiten legt, die wiederum so abstrakt sind, dass der Erzählfluss darunter leidet. Zwar versucht der Autor dieses Manko durch die Erfindung einiger absurder Food-Kreationen auszugleichen, doch letztlich ist die Handlung allzu vorhersehbar und die Figuren zu eindimensional, um sich für die Geschichte begeistern zu können.
Leseprobe Robin Sloan - "Der zauberhafte Sauerteig der Lois Clary"

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