Robert B. Parker – (Jesse Stone: 1) „Das dunkle Paradies“

Samstag, 10. November 2018

(Pendragon, 352 S., Tb./eBook)
Jesse Stone hat nicht nur mit einem Alkoholproblem zu kämpfen, sondern auch mit der Scheidung von seiner Frau Jenn(ifer), die zum Ankurbeln ihrer Karriere als Schauspielerin auch mal mit anderen Männern ins Bett geht. Um möglichst viel Abstand von beiden Ursachen seiner Sorgen zu gewinnen, kündigt Jesse seinen Job bei der Mordkommission in Los Angeles und übernimmt den Posten des Polizeichefs im 3000 Kilometer entfernten 25.000-Seelen-Kaff Paradise, wo der Stadtrat gerade seinen Vorgänger Tom Carson in die Wüste geschickt und der offenbar kein Problem damit hat, dass sein potentieller Nachfolger beim Vorstellungsgespräch angetrunken erschienen ist.
Doch die Kleinstadtidylle trügt, wie Jesse bald feststellen muss. Zunächst muss er den Muskelprotz Jo Jo Genest mit einem beherzten Tritt in die Weichteile zur Räson bringen, weil er die einstweilige Verfügung, die seine Ex-Frau Carole gegen ihn erwirkt hat, nicht ernst nimmt. Diese Demütigung scheint Jo Jo dem neuen Polizeichef dadurch zu vergelten, dass er nicht nur die Katze des Reviers tötet, sondern auch an anderer Stelle immer wieder für Ärger sorgt.
Was Jesse aber gar nicht schmeckt, sind die Einmischungen von Stadtrat Hasty Hathaway in seine Art, die Polizeigeschäfte zu führen. Hathaway hat nämlich überhaupt kein Interesse daran, dass Jesse hinter die Pläne der von ihm geführten Bürgermiliz kommt, die mit einem berüchtigten Mafioso an einem Waffengeschäft interessiert ist. Jesse muss sich nicht nur mit der Explosion eines Autos befassen, in dem sein Vorgänger ums Leben gekommen ist und die Staatspolizei auf den Plan ruft, sondern auch mit dem Mord an Tammy Portugal, bei dem Jo Jo für Jesse der Hauptverdächtige ist. Doch als er herausfindet, dass Jo Jo eine Affäre mit Hastys Frau Cissy unterhält, kommt Jesse den Vorfällen in Paradise endlich auf die Spur.
„Jesse schwieg einen Moment und streichelte sanft ihre Schulter. Endlich hatte er das Tier in der Falle, das er so lange gejagt hatte. Und er musste die bösartige, fauchende Bestie nun langsam aus dem Loch ziehen. Er wusste noch nicht, wie groß diese Bestie sein würde.“ (Pos. 7316) 
Mit seinem 1997 veröffentlichten Roman „Night Passage“ stellte Robert B. Parker, der mit seinen Spenser-Romanen seit den 1970ern zu den prominentesten Hardboiled-Autoren in der Tradition der Schwarzen Serie zählt, einen neuen charismatischen Typen vor: Der Mittdreißiger Jesse Stone verliert nicht viele Worte, unterhält ein sehr kompliziertes Verhältnis zu seiner Ex-Frau, die ihn nach wie vor zu lieben scheint, lässt sich auf eine Affäre mit der Staatsanwältin Abby Taylor ein und macht sich in der neuen Gemeinde nicht gerade beliebt. Er hat aber das Herz am rechten Fleck und sorgt auch mit unorthodoxen Mitteln für Gerechtigkeit, kämpft gegen Fremdenhass und Vorurteile an. „Das dunkle Paradies“ ist ein vielversprechender Auftakt einer Serie, die erfolgreich mit Tom Selleck in der Hauptrolle als Fernsehfilm-Serie adaptiert wurde und mit einem psychisch durchaus labilen, moralisch aber meist integren Helden überzeugt, der in seinem ersten Fall in Paradise ordentlich für Unruhe sorgt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen