Der deutschstämmige Jake Roedel schließt sich im Alter von 19 Jahren der Bushwhacker-Truppe First Kansas Irregulars unter Führung von Black John Ambrose an, Rebellen, die im Jahr 1861 im Grenzland zwischen Missouri und Kansas auf Seiten der Konföderierten kämpfen und mit brutaler Gewalt gegen Unionstruppen und ihre Sympathisanten vorgehen.
Im Kreise seiner Kameraden Black John, Pitt Mackeson, Coleman Younger, Jack Bull Chiles, George Clyde und dessen treuen schwarzen Gefährten Holt wird Roedel immer wieder kritisch beäugt, doch als Roedel einen deutschen Jungen hinterrücks erschießt, der seinen am Baum aufgeknüpften Vater retten will, hat er sich den Respekt seiner Mitstreiter verdient, zumal er mit seiner Schönschrift dazu auserwählt war, Briefe für seine Kameraden zu verfassen.
In den blutigen Auseinandersetzungen mit den Föderalisten stirbt schließlich Roedels Kumpel Jack Bull Chiles, der mit Sue Lee gerade erst ein Kind gezeugt hat. Als Roedel nahegelegt wird, die Stelle seines toten Kameraden einzunehmen und Sue Lee zur Frau zu nehmen, beginnt er die zunehmend willkürlichen Gräueltaten der Rebellen zu hinterfragen.
„Viele Qualen fanden ohrenbetäubenden Ausdruck. Die Frauen klagten. Kinder schrien. Weit und breit war keine Armee in Sicht. Die Bürger gaben nicht mal einen Schuss ab, um sich zu wehren. Viele von ihnen standen auf den Straßen und gafften uns sprachlos an, als könnten sie nicht glauben, dass wir genau das waren, wonach wir aussahen.“ (S. 199)Nach seinem 1986 veröffentlichten Debüt „Under the Bright Lights“ (das 1994 unter dem Titel „Cajun Blues“ in deutscher Übersetzung erschien) legte der 1953 in Springfield, Missouri, geborene Schriftsteller Daniel Woodrell ein Jahr später mit „Woe to Live On“ an und präsentierte damit die literarische Vorlage für den Ang-Lee-Western „Ride With the Devil“ aus dem Jahre 1999, an dessen Drehbuchfassung der Autor ebenfalls mitwirkte. Gleich zu Beginn des nun durch den Liebeskind Verlag neu aufgelegten Titels beschreibt Woodrell, wie erbarmungslos brutal die Rebellen während des amerikanischen Bürgerkriegs unterwegs waren, wobei der junge Ich-Erzähler Jake Roedel recht nüchtern über das Aufknüpfen eines unbescholtenen Deutschen, der mit seiner Familie nach Utah unterwegs ist, und seinen eigenen Mord an dem zur Rettung seines Vaters eilenden Sohn berichtet. Schließlich ist Roedel eher per Zufall zu den Freischärlern gekommen und versucht, sich als einer der ihren zu etablieren. Doch je brutaler Black John und seine Gefolgsleute gegen die andere Seite vorgehen, desto mehr beginnt sich Roedel von dem zweckentfremdeten brutalen Vorgehen seiner Truppe zu distanzieren.
Woodrell beschreibt Jake Roedels Teilnahme an den entsetzlichen Massakern der Rebellen zunächst recht nüchtern, so dass es dem Leser gar nicht in den Sinn kommt, dessen Aktivitäten besonders verwerflich zu finden. So waren eben die Zeiten damals. Doch Woodrell lässt auch immer wieder trockenen Humor in die pointierten Dialoge und Beschreibungen einfließen, vor allem, als die kecke Sue Lee eine immer größere Rolle in Roedels Leben einzunehmen beginnt. Der zuweilen lakonische Ton lockert die Geschichte immer wieder auf, täuscht aber eben nicht darüber hinweg, dass Woodrell hier ein ganz düsteres Kapitel der US-amerikanischen Geschichte thematisiert. Die Geschehnisse aus der Sicht eines unbedarften 19-Jährigen zu schreiben, erweist sich als geschickter Schachzug, denn so erhält auch der Leser einen ganz unverfälschten persönlichen Blick auf die schrecklichen Ereignisse und muss sich nicht mit den möglichen Motivationen der Rebellen herumschlagen, die auch Roedel nicht so ganz begreifen kann.
Leseprobe Daniel Woodrell - "Zum Leben verdammt"
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen