James M. Cain - „Der Postbote klingelt immer zweimal“

Freitag, 21. September 2018

(Kampa, 190 S., HC)
Der mehrfach vorbestrafte Herumtreiber Frank Chambers landet in den 1930er Jahren während seiner Reise von Tijuana im Diner Twin Oaks Tavern, wo er sich ein ordentliches Mittagessen erschleicht. Der griechische Tankstellen- und Restaurantbesitzer Nick Papadakis bietet Frank daraufhin einen Job als Mechaniker an, doch erst als er Nicks attraktive Frau Cora erblickt, beschließt er zu bleiben. Cora findet ebenfalls Gefallen an dem Fremden und lässt sich auf eine Affäre mit Frank ein, als Nick zu Besorgungen aufbricht. Da Cora aber keine Möglichkeit sieht, wie sie aus dem Gefängnis ihrer Ehe ausbrechen kann, schmieden die beiden Frischverliebten einen Mordplan.
Selbst nach einem missglückten Versuch lassen Cora und Frank nicht von ihrem Vorhaben ab, unternehmen einen Ausflug mit dem bald volltrunkenen Nick, erschlagen ihn während der Rast an einer Böschung und lassen den Wagen mit der Leiche den Steilhang hinunterstürzen. Doch der angezeigte Unfall ruft nicht nur den Staatsanwalt auf den Plan, sondern auch die Versicherung, die alles daransetzt, die Lebensversicherung über zehntausend Dollar nicht an die Witwe auszahlen zu müssen. Der windige Verteidiger Katz wiederum heckt einen eigenen Plan aus, wie er die Frank und Cora aus der Angelegenheit herauspaukt …
„,Da Sie nun gegen die Frau aussagen, kann keine Macht auf Erden verhindern, dass umgekehrt die Frau gegen Sie aussagt. Das ist also der Stand der Dinge, als ich mich mit ihm zum Abendessen hinsetze. Er macht sich lustig über mich. Er bemitleidet mich. Er wettet um hundert Dollar mit mir. Und ich sitze die ganze Zeit mit einem Blatt da, mit dem ich ihn schlagen kann, wenn ich nur richtig spiele.‘“ (S. 120) 
Gleich mit seinem Debütroman „The Postman Always Rings Twice“ avancierte der amerikanische Journalist und Schriftsteller James M. Cain 1934 neben Dashiell Hammett und Raymond Chandler zu einem der Gründerväter des Roman noir. Zwar wurden von Cain auch spätere, weniger populäre Werke verfilmt (u.a. „Mildred Pierce“), aber Cains Debüt brachte es seit 1939 auf bislang sieben Leinwand-Adaptionen, die berühmteste von Bob Rafelson (1981) mit Jack Nicholson und Jessica Lange in den Hauptrollen.
In der Neuübersetzung von Alex Capus, der das Büchlein auch mit einem informativen Nachwort versehen hat,  ist aus dem bisherigen „Wenn der Postmann zweimal klingelt“ das wortwörtliche „Der Postbote klingelt immer zweimal“ geworden, wobei der Titel eher metaphorisch auf eine zweite Chance anspielt. Für die desillusionierten Antihelden der vorliegenden Geschichte besteht diese Chance in dem wiederholten Mordversuch an Coras Ehemann. Zwar setzen die beiden Ehebrecher den Plan im zweiten Versuch erfolgreich um, doch glücklich können sie nach diesem Mord aus Gier und Leidenschaft nicht werden.
Cain lässt seine Geschichte aus der Ich-Perspektive Frank Chambers erzählen und hält sich nicht groß mit gefühlsduseligen Beschreibungen auf. Auf nüchterne, schmucklose Art beschreibt Chambers sein Vagabundieren, das Ausschöpfen günstiger Möglichkeiten, ob beim Prellen der Zeche, beim Glücksspiel oder in der Liebe. Alles scheint erlaubt, solange es seinem eigenen Wohlbefinden, für wie flüchtig auch immer, dienlich ist. Wenn Frank etwas gefällt, nimmt er es sich ohne Rücksicht auf Verluste. Sex, Geld und Gewalt sind die Triebfedern in einem existentialistischen Stück, das in der Großen Depression angesiedelt ist und an keiner Stelle Sympathien für das Liebes- und Mörderpaar aufkommen lässt. Doch die flotte Action, die ungeschminkte Grausamkeit, der harte Sex, die Tricksereien zum Gerichtsprozess und die unerwarteten Wendungen machen „Der Postbote klingelt immer zweimal“ zu einem düsteren, aber eindringlichen Lesevergnügen.

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