Michael Connelly – (Harry Bosch: 19) „Die Verlorene“

Freitag, 7. September 2018

(Droemer, 444 S., HC)
Seit Harry Bosch das LAPD verklagt hatte, weil es ihn seiner Meinung nach unrechtmäßig aus der Einheit für kalte Fälle entlassen hatte, arbeitet er in Teilzeit in der Reserveeinheit des San Fernando Police Department, wo er sich gerade mit dem Screen-Cutter-Fall befasst, einem Serientäter, der nach einem bestimmten Schema in die Wohnung von jungen Frauen eindringt, sie vergewaltigt und schließlich tötet.
Nebenbei bietet Bosch seine Dienste allerdings auch als Privatermittler an. Als er von dem milliardenschweren Unternehmer Whitney Vance damit beauftragt wird, einen möglichen Erben für sein Vermögen ausfindig zu machen, wird Bosch schnell fündig: Aus der Verbindung mit einer jungen Mexikanerin, die der junge Vance als Student kennengelernt hat und die sich mittlerweile erhängt hat, ist ein Junge namens Dominick hervorgegangen, der von einer Familie in Oxnard adoptiert worden ist.
Doch als Bosch seinen Auftraggeber über seine Fortschritte informieren will, erfährt er, dass der alte Mann plötzlich verstorben ist. Bosch glaubt allerdings nicht an einen natürlichen Tod. Offenbar versuchen die mächtigen Teilhaber des Vance-Imperiums, mit allen Mitteln ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen. Damit befindet sich auch der mögliche Erbe des Vance-Vermögens in Lebensgefahr. Zusammen mit seinem Halbbruder Mickey Haller versucht Bosch, den letzten Willen des Verstorbenen durchzusetzen.
„Er hielt hier ein Dokument in den Händen, das mehrere Milliarden Dollar wert war, ein Dokument, das die weitere Entwicklung eines riesigen Unternehmens und einer Industrie verändern konnte, nicht zu reden vom Leben und der Familie einer nichts ahnenden Frau, die vor sechsundvierzig Jahren geboren worden war und ihren Vater nie kennengelernt hatte.
Vorausgesetzt, sie lebte noch und Bosch konnte sie ausfindig machen.“ (S. 228) 
Egal, in welcher Funktion Harry Bosch ermittelt, ob nun beim LAPD oder als Teilzeit-Reservist für das SFPD – immer wieder hat er einen schweren Stand bei seinen Vorgesetzten, aber eben auch den richtigen Riecher bei den ihm anvertrauten Fällen. In seinem 19. Fall steht zunächst sein privater Auftrag für den schon sehr gebrechlich wirkenden Milliardär Whitney Vance im Vordergrund, der als junger Mann auf Druck seiner Familie seine große Liebe verlassen musste und nie erfahren sollte, ob aus der kurzen Liaison eventuell ein Nachkomme hervorgegangen ist. Akribisch beschreibt Connelly die Spurensuche, die Harry Bosch über verschiedene Ämter, Heime und natürlich die Instrumente führt, die ihm als (Reserve-)Polizist zur Verfügung stehen. Spannend wird es allerdings erst mit dem Tod von Boschs Auftraggeber auf der einen Seite, mit dem Verschwinden seiner SFPD-Kollegin Bella Lourdes beim Screen-Cutter-Fall auf der anderen Seite.  
Connelly schreibt wie gewohnt flott, wechselt geschickt zwischen den beiden Fällen hin und her und hält so die Spannung gekonnt aufrecht. Besonders sympathisch ist natürlich die erneute Zusammenarbeit mit dem Lincoln Lawyer, Boschs Halbbruder Mickey Haller, während die Kontakte mit seiner Tochter Maddie sehr kurz ausfallen.
Am Ende bietet „Die Verlorene“ souverän, aber eben auch konventionell strukturierte und spannungsreiche Thriller-Kost mit einem charismatischen Ermittler, den man einfach mögen muss.
Leseprobe Michael Connelly - "Die Verlorene"

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