Als sein Kollege Luther „Suitcase“ Simpson während seiner Nachtschicht die Leiche eines Joggers auffindet, ist dies für Polizeichef Jesse Stone erst der Anfang einer ungewöhnlichen Mordserie, bei der offensichtlich zwei Täter ihre offenbar zufällig ausgesuchten Opfer mit je einer Waffe Kaliber .22 aus nächster Nähe erschießen und dann unerkannt fliehen können. Als allerdings ein roter Saab an den Schauplätzen von zwei weiteren Morden entdeckt wird, führen Jesses Ermittlungen zu einem betuchten Pärchen, von dem Jesse sicher ist, dass es für die Serienmorde verantwortlich ist. Allerdings zeigen sich Anthony Lincoln und seine Frau Brianna so unbekümmert und hilfsbereit, dass sie mit Jesse zu spielen scheinen.
Während Jesse versucht, Beweise für seinen Verdacht zu finden, dass die Lincolns hinter den Morden stecken, hat er es außerdem mit der angezeigten Vergewaltigung der noch minderjährigen Candace Pennington zu tun, die aus Scham aber nicht gegen ihre drei Mitschüler aussagen will, die sie mit Fotos von der Tat erpressen. Zu allem Überfluss versucht Jesse nach seiner Versetzung vom LAPD nach Paradise, Massachusetts, nicht nur sein Alkoholproblem in den Griff zu bekommen, sondern auch die Beziehung zu seiner Ex-Frau Jenn, die ihre Schauspiel-Ambitionen aufgegeben und in Boston bei Channel 3 als Wetterfee angeheuert hat, um wieder näher bei Jesse sein zu können. Während Jesse und Jenn nicht voneinander loskommen, aber auch nicht miteinander leben können, vergnügen sich beide mit jeweils anderen Partnern, ohne dabei glücklich zu werden …
„Er wusste, dass er nicht so allein war, wie er sich im Moment fühlte. Da war Marcy, die anderen Cops, in gewisser Weise auch Jenn. Aber das war nur die Stimme der Vernunft, die ihn mit Argumenten fütterte. Tief im Innern war er allein. Niemand kannte ihn wirklich. Nicht einmal Jenn, auch wenn Jenn ziemlich nah dran war. Seine Cops waren für eine Kleinstadt durchaus brauchbare Leute, aber was sollten sie schon gegen einen Serienmörder ausrichten? Er war der Einzige, der einen Killer zur Strecke bringen konnte.“Robert B. Parker (1932–2010) hat neben der berühmten Reihe um den Detektiv Spenser auch eine mittlerweile ebenso prominente Serie um Polizeichef Jesse Stone veröffentlicht, die mit Tom „Magnum“ Selleck in der Hauptrolle ebenso erfolgreich als Fernsehfilm-Reihe adaptiert worden ist. Der vierte Jesse-Stone-Fall „Eiskalt“ entpuppt sich aber von Beginn als bislang schwächster Band der Reihe, denn das kokett mit Jesse Stone spielende Hobby-Killer-Pärchen ist so oberflächlich skizziert, dass es nicht nur unfassbar unsympathisch, sondern vor allem auch unglaubwürdig wirkt. Interessanter scheint sich zunächst der Vergewaltigungs-Fall anzugehen, aber auch hier verpufft das Gerangel um die Bestrafung der Täter in einer unspektakulären Auflösung.
Und so fokussieren sich der Plot und das Interesse des Lesers zwangsläufig auf Jesse Stones privaten Probleme und Eskapaden. In dieser Hinsicht bringen die Gespräche mit seinem Psychiater Dix und natürlich seiner Ex-Frau Jenn etwas Licht ins Dunkel, aber irgendwie drehen sich Jenn und Jesse in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit so sehr im Kreis, dass eine langfristig befriedigende Lösung kaum denkbar erscheint und uns das allmählich enervierende Geplänkel auch in den nächsten Jesse-Stone-Bänden begleiten wird. Von diesen Defiziten abgesehen unterhält aber auch „Eiskalt“ mit einer flüssigen Sprache und durchaus humorvollen Dialogen, die beweisen, dass sich Jesse Stone selbst nicht immer allzu ernst nimmt.
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