Jussi Adler-Olsen – (Carl Mørck 1) „Erbarmen“

Freitag, 26. November 2010

(dtv, 424 S., Pb.)
Nachdem der Kripobeamte Carl Mørck nach einer Schießerei noch immer nicht verwunden hat, dass ein Kollege tödlich verletzt wurde und Hardy ab dem Hals abwärts gelähmt im Krankenhaus liegt, nimmt er nur zu gern das Angebot seines Chefs Marcus Jacobsen an, das neue Dezernat „Q“ zu leiten, das sich mit alten ungelösten Fällen befassen soll. Das bedeutet zwar die räumliche Versetzung in den fensterlosen Keller, doch hier hat der Sonderermittler alle Freiheiten und mit dem syrischen Asylanten Hafez el Assad einen Assistenten, der sich nicht nur um die technischen Angelegenheiten in den abgeschiedenen Räumlichkeiten kümmert und mit seinem Charme so einige Gefälligkeiten von den Sekretärinnen der Dienststelle einfordern kann, sondern sich auch als intelligenter Beobachter und Ermittler erweist. Er stößt seinen Chef auf den Fall der Politikerin Merete Lynggaard, die vor fünf Jahren nach dem Aufenthalt auf einer Fähre spurlos verschwunden und mittlerweile für tot erklärt worden ist.
Mørck braucht nicht lange, um festzustellen, dass die Ermittlungen seines Kollegen Bak damals äußerst schlampig durchgeführt worden sind. Zusammen mit dem eifrigen Assad macht Mørck Meretes autistischen Bruder Uffe ausfindig und ermittelt auch in dem politischen Umfeld der Vermissten. Als wichtige Spur erweist sich der Besuch bei einem Fotografen, der Merete wie ein Paparazzi verfolgt und überall fotografiert hat. So stoßen sie auf ein einst einflussreiches dänisches Industrieunternehmen und eine offene Rechnung, die offensichtlich jemand begleichen will. Noch ahnen Mørck und Assad nicht, dass ihnen die Zeit davonläuft, denn Merete wird seit Jahren von ihren Entführern in einem dunklen Raum gefangen gehalten. Ihr Todesdatum steht längst fest …
Was „Erbarmen“ so spannend macht, sind die zwei so unterschiedlichen, über mehrere Jahre hinweg parallel verlaufenden Handlungsstränge – hier die posttraumatische Bewältigung eines gescheiterten Polizeieinsatzes und der Aufbau einer neuen Ermittlungsbehörde; dort die Entführung und Folterung einer attraktiven, aber unnahbaren Politikerin. Gespannt wartet der Leser auf die Zusammenführung dieser zunächst losen Enden. Erfrischend ist vor allem das außergewöhnliche Ermittlerduo. Der obrigkeitsmüde Mørck wird aus dem ihm zugeteilten Assistenten Assad nicht richtig schlau, aber wie gut die beiden letztlich zusammenarbeiten, ist schon manchmal recht erheiternd wie effektiv. Das Motiv für die Tat wirkt allerdings nicht recht schlüssig, doch davon abgesehen bietet dieser dänische Thriller vielschichtige Spannung!

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