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James Lee Burke – (Dave Robicheaux: 1) „Neonregen“

Mittwoch, 17. August 2016

(Pendragon, 420 S., Pb. - Edel:eBooks, 294 S., eBook)
Lieutenant Dave Robicheaux vom New Orleans Police Department sucht im Staatsgefängnis von Angola den Killer Johnny Massina auf, der dort im kleinen Hochsicherheitstrakt die letzten drei Stunden seines Lebens verbringt, weil dieser wie bei den Anonymen Alkoholikern seine Fehler vor Gott und anderen alle seine Fehler eingestehen will. Bei der Auflistung all seiner Verbrechen betont er nicht nur, dass er nicht – wie alle angenommen haben - das Mädchen aus Hotelfenster geworfen hat, sondern warnt Robicheaux auch vor den Kolumbianern, die den Cop kaltmachen wollen.
Streak – so wird Robicheaux wegen der weißen Strähne in seinem Haar genannt – schenkt dieser Warnung zunächst nicht viel Beachtung, schließlich sind er und sein Partner Cletus Purcel noch mit der Leiche eines jungen schwarzen Mädchens beschäftigt, das Robicheaux beim Angeln aus dem Bayou Lafourche gefischt hat.
Während der Leichenbeschauer vom Sprengel Cataouatche Tod durch Ertrinken festgestellt hat und der Sheriff keine Autopsie verlangt hat, geht Robicheaux anhand der Einstichwunden an ihren Armen von Mord aus. Doch kaum gehen Robicheaux und Purcel dem Hinweis aus der Todeszelle nach, bekommt Streak nächtlichen Besuch von drei Männern, die dem Cop in der Badewanne ordentlich zusetzen. Die Spur führt zu Julio Segura, der offensichtlich sein Geld aus dem Drogenhandel in Waffengeschäfte investiert. Das ruft wiederum die CIA auf den Plan. Doch die Ermittlungen entwickeln sich ganz anders als vorschriftsmäßig und lassen vor allem Robicheaux’ Partner über die Stränge schlagen.
„Manchmal hatte es den Anschein, als ob die Besten von uns immer mehr den Leuten ähnelten, die wir am meisten verabscheuten. Und wenn ein guter Polizist einmal ins Unglück stürzte, war er meist gar nicht mehr in der Lage, zurückzublicken und den genauen Augenblick zu bestimmen, wo er falsch abgebogen und in einer Einbahnstraße gelandet war.“ (S. 222)
1987 veröffentlichte James Lee Burke mit „The Neon Rain“ seinen ersten Band um den ehemaligen Vietnam-Veteran und Ex-Alkoholiker Dave Robicheaux, der mittlerweile zu einer echten Kultfigur der amerikanischen Krimiliteratur geworden ist und endlich auch hierzulande wiederentdeckt wird, nachdem die in den 90er Jahren bei Goldmann und Ullstein erschienenen deutschen Ausgaben längst vergriffen sind.
Während Edel:eBooks den Backkatalog wenigstens im eBook-Format wiederveröffentlicht hat, macht sich nun der Pendragon Verlag daran, die Robicheaux-Titel wieder als Hardcopy auf den deutschen Markt zu bringen.
Nach „Mississippi Jam“, dem siebten und bislang auf Deutsch noch gar nicht erhältlichen Robicheaux-Band, veröffentlicht Pendragon mit „Neonregen“ nun den ersten Band in einer leicht verbesserten Neuübersetzung durch Hans H. Harbort und ergänzt die Neuausgabe durch ein Vorwort des Autors, in dem er erzählt, wie das Buch zunächst von 111 Verlagen abgelehnt worden war, ehe es seinen internationalen Siegeszug begann und den Auftakt einer Trilogie bildete, die lose auf Miltons „Paradise Lost“ basiert. Das ebenfalls neu hinzugefügte Nachwort von Alf Mayer wirft einen Blick auf die späte Karriere des US-amerikanischen Autors.
Bereits mit „Neonregen“ erweist sich Burke als grandioser Erzähler, der seine Figuren mit allen Ecken und Kanten versieht und sie eben nicht in eindeutige Kategorien steckt. So haben die vermeintlich guten Cops in „Neonregen“ ebenso ihre ganz dunklen Seiten wie die Ganoven ihre menschlichen Züge präsentieren.
Es sind schließlich das Miteinander, die pointierten Dialoge, die handfesten, oft brutalen Auseinandersetzungen und die raffinierten Wendungen, die „Neonregen“ so lesenswert machen. Dabei beschwört Burke eine dramatisch dichte Atmosphäre herauf, die einfach unnachahmlich bleibt.
 Leseprobe James Lee Burke - "Neonregen"

Robert B. Parker – (Jesse Stone: 9) „Doppeltes Spiel“

Donnerstag, 4. August 2016

(Pendragon, 304 S., Tb.)
Als Suitcase Simpson mit seinem Partner Arthur Angstrom eines Morgens im Osten von Paradise seinen Streifendienst absolviert, entdeckt er im Kofferraum eines verdächtig weit auf die Straße hinausragenden Cadillac die Leiche von Petrov Ognowski, dem eine .22er Kugel im Schädel steckt. Wie Chief Jesse Stone und seine Crew bald herausfinden, gehörte der Tote zur Gang von Reggie Galen, dessen Anwesen sich gleich neben dem von Knocko Moynihan liegt, die sich einst in Boston das Revier geteilt hatten und nun nebeneinander wohnen, weil sie die eineiigen Zwillinge Rebecca und Robbie geheiratet haben.
Kaum hat Jesse Stone die beiden vermeintlichen Ex-Gangster aufgesucht, wird auch Knocko Moynihan tot aufgefunden, und Jesse Stone wird das Gefühl nicht los, dass die beiden attraktiven Zwillingsschwestern etwas mit den Morden zu tun haben.
Derweil wird die Privatdetektivin Sunny Randall damit beauftragt, die achtzehnjährige Cheryl DeMarco aus den Fängen einer religiösen Gruppe namens Bund der Erneuerung zu befreien, wobei die die Unterstützung von Jesse anfordert. Dabei kommen sie sich wieder näher, haben aber immer noch nicht mit ihren Ex-Partnern abgeschlossen.
„Er hatte ein Alkoholproblem, das ihn in Los Angeles den Job gekostet hatte. Und er lebte in den Ruinen einer gescheiterten Ehe. Sie war sich ziemlich sicher, dass er den Alkohol in den Griff bekommen konnte. Jedenfalls hatte es mehrere Situationen gegeben, in denen er seine Entschlossenheit demonstriert hatte.
Und was seine Beziehung zu Jenn anging … Offensichtlich war das wirklich Schnee von gestern.“ (S. 240)
Da Robert B. Parker 2010, als er „Doppeltes Spiel“ veröffentlicht hatte, verstorben ist, bildet der Roman leider schon das Ende seiner überaus erfolgreichen, mit Tom Selleck in der Hauptrolle auch ebenso ansprechend verfilmten Jesse-Stone-Reihe.
Zum Abschluss kämpft der Chief von Paradise erneut an mehreren Fronten, muss sich mit (ehemaligen?) Gangstern aus Boston und ihren verführungswilligen Frauen herumschlagen, den rachsüchtigen Vater des ersten Todesopfers in Schach halten, den Praktiken einer religiösen Gruppe auf den Grund gehen und sich schließlich darüber klar werden, wie er die Beziehung zu Sunny gestalten soll.
Parker bildet die Handlung überwiegend in knackiger Dialogform ab, so dass sich das Drehbuch zum Roman fast von selbst zu schreiben scheint. Nur gelegentlich werden die Dialoge von kurzen, schnörkellosen inneren Einsichten von Jesse und Sunny sowie gelegentlich nötigen Beschreibungen der Szenen aufgelockert. Parker-Fans freuen sich über das Wiedersehen mit Sunny Randall, der Parker eine eigene Serie gewidmet hat, und mit Susan Silverman, die wir aus der Spenser-Reihe kennen.
„Doppeltes Spiel“ überzeugt durch eine klare, prägnante Sprache, einen trockenen Humor und sympathische Figuren, die für reichlich Aufregung in einem extrem kurzweiligen Roman sorgen. 
 Leseprobe Robert B. Parker "Doppeltes Spiel"

James Lee Burke – (Dave Robicheaux: 7) „Mississippi Jam“

Montag, 21. März 2016

(Pendragon, 590 S., Pb.)
Nachdem Anfang 1942 Nazi-U-Boote an der Mündung des Mississippi auf Tanker gelauert hatten, entdeckte Dave Robicheaux während seiner Collegezeit bei einem Tauchgang zufällig eines dieser U-Boote, das durch einen Zerstörer der US-Navy beschossen worden war. Als er vor einigen Jahren dem mehrfachen Drugstore-Besitzer und Demokraten Hippo Bimstine von seinem damaligen Fund erzählte, bot dieser Robicheaux einen Finderlohn von zehntausend Dollar, wenn er das Wrack orten könnte, damit Bimstine daraus ein Casino als Touristenattraktion machen kann.
Doch Bimstine ist nicht der einzige Interessent für das U-Boot. Während es Bimstine nur um das Geschäft zu gehen scheint, hat ein Mann namens Buchalter offensichtlich ganz andere Motive und lässt es auch an Gewalt nicht mangeln, um sein Ziel zu erreichen. Obwohl Robicheaux als Cop beim Iberia Parish Sheriff’s Department zunächst alles andere als begeistert ist, diesen Job anzunehmen, lässt er sich auf den Deal ein, um seinem Freund und Angestellten Batist Perry vor dem Knast zu bewahren.
Auch Robicheaux‘ alter Kumpel Clete Purcel bringt sich wieder in Schwierigkeiten, als er erst einen Mann aus Calucci’s Bar durchs Fenster wirft und den korrupten Cop Nate Baxter gegen sich aufbringt. Dabei hat er nur seine Freundin Martina aus Schwierigkeiten mit den beiden Mafia-Brüdern Max und Bobo zu befreien versucht. Purcel gilt auch als Verdächtiger in Fällen, bei denen jemand das Gesetz in die eigenen Hände genommen hat und u.a. einige Schwarze aus den Sozialbausiedlungen über die Klinge springen ließ.
Schließlich hat auch der irische, schwer an Krebs erkrankte Gangster Tommy „Bobalouba“ Lonighan seine Finger im Streit um das U-Boot, und auch der geheimnisvolle Reverend Oswald Flat taucht zur selben Zeit wie Will Buchalter auf, der Robicheaux’s Frau Bootsie so schwer einschüchtert, dass sie wieder ein Alkoholproblem bekommt. Nun kann Robicheaux an nichts anderes mehr denken, als Buchalter in die Finger zu kriegen und kurzen Prozess mit ihm zu machen …
„Buchalter gehörte zu der Sorte Mensch, die ihr Leben darauf verwenden, Kontrolle und Macht über andere auszuüben. Wie der selbstsüchtige Akademiker, der es genießt, ein Geheimwissen zu besitzen, weil es ihm das Gefühl gibt, anderen überlegen zu sein, oder wie der Pseudojournalist, der sich zu diesem Beruf hingezogen fühlt, weil er so Zugang zu einer Welt der Macht und des Reichtums erhält, die er insgeheim fürchtet und neidet, reduziert ein Sammler wie Buchalter die Schönheit von Schmetterlingen auf Insekten, die auf ein Spannbrett genagelt sind, gleichsam eine tägliche Mahnung, dass alle Schöpfung stets der Willkür seiner mordenden Hand ausgeliefert ist.“ (S. 220)
„Mississippi Jam“ ist unter den frühen Dave-Robicheaux-Krimis der einzige Band, der bislang nicht in deutscher Sprache erhältlich gewesen ist. Der Bielefelder Pendragon-Verlag hat im vergangenen Jahr mit „Sturm über New Orleans“ einen neuen Band der berühmten Reihe veröffentlicht und angekündigt, zukünftig weitere Robicheaux-Krimis herauszubringen.
In „Mississippi Jam“ hat es der ehemalige Großstadt-Cop und Ex-Alkoholiker Robicheaux nicht nur mit der Mafia in New Orleans zu tun, sondern vor allem mit rassistisch motivierten Morden, in die Robicheaux und seine engsten Vertrauten zunehmend mit hineingezogen werden.
Vor allem mit dem schwer fassbaren, extrem widerlichen Buchalter hat der Autor eine Symbolfigur für das verkorkste Gedankengut faschistischer Gruppierungen erschaffen, die sich gerade im Süden der USA breitgemacht haben. Ähnlich wie sein temperamentvoller Kumpel Purcel begreift auch Robicheaux bald am eigenen Leib, dass Buchalter mit der gängigen Strafverfolgungspraxis nicht beizukommen ist.
James Lee Burke beschreibt das Szenario auf gewohnt atmosphärisch dichte Weise, kreiert ausgefeilt charakterisierte Figuren, brilliert mit geschliffenen Dialogen und steuert die Geschichte auf ein spannendes Finale zu, das einen vielschichtigen Roman zu einem starken Abschluss bringt.
Leseprobe James Lee Burke - "Mississippi Jam"

Robert B. Parker – (Jesse Stone: 8) „Verfolgt in Paradise“

Freitag, 18. März 2016

(Pendragon, 320 S., Tb.)
Polizeichef Jesse Stone ist gerade über einem Hochglanzfoto in Gedanken an seine Exfrau Jenn vertieft, als Molly Crane in sein Büro kommt und ihm von einem Vorfall in der Mittelschule berichtet, wo sich die Schulleiterin Betsy Ingersoll unsittlich einigen Mädchen genähert haben soll, indem sie vor einer Tanzveranstaltung der 8. Klasse überprüfen wollte, was für Höschen die Mädchen unter den Röcken trugen. Außerdem bekommt es Stone mit einer Familie zu tun, die regelmäßig Swinger-Partys bei sich zuhause veranstaltet, die allerdings auch von Missy und ihrem achtjährigen Bruder beobachtet werden.
Und schließlich treibt ein Spanner sein Unwesen, der es in der Kleinstadt Paradise vor allem auf ungefähr vierzigjährige, gut aussehende Frauen abgesehen hat und sich bald nicht mehr damit begnügt, die Frauen aus der Ferne zu betrachten, sondern in ihre Häuser einbricht, sie zwingt, sich auszuziehen, und schließlich Fotos von den Frauen macht.
Als „Nachtfalke“ gibt sich der Mann in Bekennerbriefen bei Jesse Stone zu erkennen. Während Stone mit seinen Kollegen alles daran setzt, den Spanner zu fassen, vermisst er nach wie vor seine Exfrau, die sich gerade mit einem Fernsehproduzenten eingelassen hat, der ihr eine eigene Show in New York angeboten hat.
„Er konnte keine Ansprüche auf Jenn anmelden. Sie waren geschieden. Er schlief mit anderen Frauen, sie mit anderen Männern. Gut, Jenn hatte damit angefangen, als sie noch verheiratet waren. Jesse nahm einen Schluck. Aber die Uhr hatte sich unerbittlich weitergedreht. Es war, als habe er einen Teufelskreis betreten, aus dem es kein Entrinnen mehr gab.“ (S. 105) 
Robert B. Parker (1932 – 2010) hat mit Jesse Stone eine überaus charismatische Figur geschaffen, einen ehemaligen Mordermittler aus Los Angeles, der durch übermäßigen Alkoholzuspruch seinen Job und seine Frau verlor und nun das kleine Polizeirevier in Paradise, Massachusetts, leitet.
Der Plot im achten und vorletzten Band seiner Jesse-Stone-Reihe, die von Michael Brandman und Reed Farrel Coleman fortgeführt wurde, ist knackig und ohne große Einführung angelegt, das Katz-und-Maus-Spiel zwischen den Cops und dem Nachtfalken spannungsreich aufgeladen.
Vor allem die spritzigen Dialoge machen „Verfolgt in Paradise“ zu einem faszinierenden und kurzweiligen Lesevergnügen.
Leseprobe Robert B. Parker - "Verfolgt in Paradise"

James Lee Burke – (Dave Robicheaux: 16) „Sturm über New Orleans“

Dienstag, 20. Oktober 2015

(Pendragon, 576 S., Pb.)
Der in New Orleans als Polizist arbeitende Vietnam-Veteran und trockener Alkoholiker Dave Robicheaux hat bereits 1957 erlebt, wie Hurrikan Audrey über die Küste von Louisiana hereingebrochen war, und 1964 befand er sich im Auge von Hilda, die den Wasserturm von Delcambre aufs Rathaus stürzen ließ. Aber was Katrina mit seiner Stadt anrichtet, übersteigt jedes Grauen, das er bisher in seinem bewegten Leben erfahren musste. In diesem Chaos hat Robicheaux die Vergewaltigung an der 15-jährigen Thelma Baylor aufzuklären. Die Annahme, dass die Tat von den beiden Melancon-Brüdern und Andre Rochon begangen worden ist, scheint sich während der polizeilichen Ermittlungen zu verfestigen. Doch bevor die drei Kleinkriminellen dem Gesetz überführt werden können, rauben sie das Haus des schweren Ganoven Sidney Kovlick aus, der dafür bekannt ist, nicht gerade zimperlich mit den Leuten umzugehen, die ihm in die Suppe spucken.
Schließlich gibt Thelmas Vater, der Versicherungsvertreter Otis Baylor, zwei Schüsse auf die Verdächtigen ab, als sie gerade versuchen, ihr Diebesgut auf seinem Grundstück zu verstecken. Doch niemand will diesen Vorfall bezeugen, schon gar nicht Thelma.
Zu allem Überfluss hat Robicheaux noch die ehrgeizige FBI-Agentin Betsy Mossbacher an den Fersen und muss den verschwundenen Priester Jude LeBlanc auffinden, der zuletzt dabei gesehen wurde, wie er mit einer Axt ein Loch in das Dach einer Kirche schlug, um die darin eingesperrten Menschen zu befreien. Dazu kommen Blutdiamanten, al-Qaida und Falschgeld ins Spiel – und ein unheimlich wirkender Typ namens Ronald Bledsoe, aus dessen Poren das pure Böse zu strömen scheint.
„Angeblich sind wir eine christliche Gesellschaft oder zumindest eine, die von Christen begründet wurde. Unserem selbstgestrickten Mythos zufolge verehren wir Jesus, Mutter Teresa und den heiligen Franz von Assisi. Aber ich glaube, in Wahrheit sieht es anders aus. Wenn wir uns gemeinsam bedroht fühlen oder verletzt sind, wollen wir die Gebrüder Earp samt Doc Holliday holen, und wir wollen, dass die üblen Kerle abgeknallt, umgelegt, kaltgemacht und mit Bulldozern untergepflügt werden.“ (S. 377) 
James Lee Burke, einer der ganz Großen und Beständigen der Kriminalliteratur, der seit einigen Jahren in Deutschland nicht mehr veröffentlicht und erst durch den Heyne- und nun auch durch den Pendragon-Verlag wiederentdeckt worden ist, äußert bereits in seinem Gruß an seine deutschen Leser, dass „Sturm über New Orleans“ sein wütendstes Buch ist.
Indem er seinen beliebten wie sperrigen Protagonisten Dave Robicheaux diverse Fälle in dem von Hurrikan Katrina zerstörten New Orleans bearbeiten lässt, legt er in seiner präzise geschliffenen Prosa auch deutlich noch einmal den Finger in eine nach wie vor schwärende Wunde. Burke lässt in dem epischen Roman, der das Elend, das die keineswegs überraschende Naturkatastrophe über die Bevölkerung in New Orleans gebracht hat, keinen Zweifel daran, dass die Regierung für dieses unvorstellbare Ausmaß des Grauens verantwortlich gewesen ist, dass sich weiterhin die Wohlhabenden schadlos am Wiederaufbau halten werden.
In die eindringliche Schilderung der bedrückenden Atmosphäre der Verwüstung webt Burke eine vielschichtige Handlung, die er mit ganz unterschiedlichen Figuren bevölkert, die sich wiederum nur selten in schablonenhafte Kategorien einordnen lassen. Selbst die ehrenhaftesten Typen werden von schlimmen Träumen und Gelüsten geplagt. Burke, der selbst in Louisiana an der Ostküste aufgewachsen ist, versteht es, mit seinem gleichbleibend bedachten Erzählfluss die niederschmetternde Atmosphäre der Stadt, die Robicheaux‘ Freund Clete Purcel gern als „die Große Schmuddlige“ bezeichnet, in filmreifer Qualität abzubilden und dabei auch den mehr oder weniger latenten Rassismus ebenso zu thematisieren wie die Bösartigkeit unter den Menschen, die sich auch unter den Besten von uns einzunisten droht.
Dass der Pendragon Verlag ankündigt, in den kommenden Jahren weitere Robicheaux-Krimis des mehrfach mit dem Deutschen Krimi Preis ausgezeichneten Autors zu veröffentlichen, zählt wohl zu den schönsten Versprechen, die dieses Jahr in der literarischen Landschaft zu vernehmen gewesen sind.
Leseprobe James Lee Burke - "Sturm über New Orleans"