Frances Fyfield - „Rabenbrut“

Dienstag, 22. Dezember 2009

(Hoffmann und Campe, 319 S., HC)
Richard Beaumont, pensionierter Immobilienmakler, genießt seine Freizeit am liebsten mit zwei Dingen, dem Beobachten von Vögeln und dem Malen. Häufig verschlägt es ihn an die steilen Klippen an der Küste von Dover, wo er beiden Leidenschaften gleichzeitig frönen kann. Eines Tages rauscht der Körper einer Frau von weiter oben an ihm vorbei in die Tiefe und schlug fast unbekleidet im Geröll an der See auf. Fasziniert von seinem neuen „Modell“, nimmt Beaumont Zeichnblock und Stift zur Hand und beginnt die Leiche zu zeichnen. Als er bei seinem Tun ertappt wird, kann sich Beaumont an nichts erinnern, wird aber schnell von jedem Verdacht freigesprochen. Zuhause in London verewigt der Maler seine Skizze in Öl, doch wenig später wird das Bild von Steven, dem Bruder der Beaumont-Nachbarin Sarah Fortune, entwendet, die wiederum eigene Nachforschungen über die Herkunft der unbekannten Toten anstellt.
Je näher sie der Wahrheit kommt, umso verwickelter werden die persönlichen Beziehungen zwischen Beaumonts hübscher Ehefrau Lilian und Sarahs Bruder sowie Sarah, ihrem Geliebten Richard Beaumont und dessen neuen Freund, den Gerichtsmediziner John Armstrong … Ungewöhnlicher Krimi mit vielen psychologischen Raffinessen.

Kenneth J. Harvey - „Die Stadt, die das Atmen vergaß“

Freitag, 18. Dezember 2009

(Blessing, 576 S., HC)
Nach der Trennung von seiner Frau Kim verbringt Joseph Blackwood mit seiner Tochter Robin drei Wochen Ferien im pittoresken Fischerdörfchen Bareneed. Doch die Idylle trügt, denn seltsame Dinge geschehen in dem Ort, dessen Bewohner einst vom Kabeljaufischen gelebt haben, aber nach dem Fischfangverbot nun ein spürbar tristes Dasein fristen. Ehemalige Fischer werden von plötzlichen Atembeschwerden erfasst und sterben ohne sichtliche organische Ursachen. Im Meer tauchen nicht nur mysteriöse Wesen wie ein roter Seeskorpion und ein Albinohai auf, sondern auch Jahrzehnte alte Leichen.
Während das Militär bereits eine Seuchengefahr wittert und Bareneed absperrt, erfahren die Einwohner die Veränderungen am eigenen Leib. Josephs Onkel Doug sieht plötzlich eine Meerjungfrau im Wasser, Robin entdeckt im Haus der Nachbarin Claudia deren seit anderthalb Jahren vermisste Tochter Jessica, die Robin in das Reich der Toten verführen will, und Joseph verspürt seltsam aggressive sexuelle Neigungen seiner Frau und der attraktiven Claudia gegenüber … Spannend und virtuos geschrieben, entwickelt der Roman von Beginn an eine unheimliche Atmosphäre und steuert geradewegs auf ein bedrohliches Finale zu.

Liza Marklund - „Prime Time“

(Hoffmann und Campe, 416 S.)
Während Marklunds männliche Kollegen Hakan Nesser und Henning Mankell ihre Kommissare Van Veeteren und Wallander im Kampf gegen das Verbrechen in Schweden ins Rennen schicken, hat Marklund mit der Journalistin Annika Bengtzon längst ihre eigene Heldin geschaffen. In ihrem vierten Abenteuer hat Bengtzon nicht nur um ihre Beziehung mit Thomas zu kämpfen, nachdem sie kurzfristig ihren geplanten Familienurlaub absagen musste, sondern auch einen heiklen Auftrag zu erledigen.
Nach Abschluss der Dreharbeiten zur TV-Serie „Das Sommerschloss“ auf Schloss Yxtaholm wurde nämlich die prominente Moderatorin Michelle Carlsson im Ü-Wagen erschossen aufgefunden. Durch ihre Freundin Anne Snapphane, die bei TV-Plus arbeitet, gelangt Annika ans Set und kann einige der dreizehn bei der Produktion anwesenden Verdächtigen interviewen. Sie bekommt schnell heraus, dass fast jeder von ihnen ein triftiges Motiv für einen Mord an dem Fernsehstar hatte, auch ihre Freundin Anne, die scharf auf den Job der Ermordeten gewesen ist, oder Michelles Manager Sebastian Follin, der kurz zuvor von Michelle gefeuert worden war. Nach einigen Recherchen stößt Annika auf ein Band, das zufällig noch während der Mordnacht im Ü-Wagen mitlief und Aufschluss über den Mord geben könnte. Liza Marklund, die vor ihrer Karriere als Schriftstellerin selbst als Journalistin gearbeitet hatte, liefert mit ihrem vierten Bengtzon-Roman einen interessanten Einblick in die schwedische Medienwelt, einen spannenden Krimi und eine vielschichtige Hauptfigur.

Michael Ridpath - „Fatal Error“

Donnerstag, 17. Dezember 2009

(Hoffmann und Campe, 448 S., HC)
Im Jahre 1999 gründen der ehemalige Wirtschaftsprüfer David und sein charismatischer Freund Guy Jourdan ein erfolgversprechendes Start-up-Unternehmen. Doch ihrer Fußball-Website ninetyminutes.com gehen nach fünf Monaten die finanziellen Reserven aus. Einzig Guys vermögender Vater Tony, der gleichzeitig Vorstandsvorsitzender des Unternehmens ist, kann die Firma noch retten, indem er die Zustimmung für einen Deal mit einer Risikokapitalfirma gibt, was allerdings seinen Aktienanteil erheblich schmälern würde.
Tony lässt seinen Sohn allerdings im Regen stehen. Wenige Stunden später wird Tony auf der Straße tödlich von einem Auto erfasst. In Rückblenden wird deutlich, dass es ungewöhnliche Todesfälle im Jourdan-Clan schon früher gegeben hatte. David erinnert sich dabei vor allem an einen Ferienaufenthalt an der Côte d’Azur im Jahre 1987, als Tony seinem Sohn die Freundin ausspannte und Tonys Frau Dominique sich rächte, indem sie David verführte. Dieser Machtkampf zwischen Vater und Sohn, aber auch die problematische Freundschaft zwischen Guy und David hinterließ seine Spuren bis in die Gegenwart hinein... Spannender Thriller, der erst in den Rückblenden offenbart, auf welchem Pulverfass sich Tony, Guy und David seit dem Sommer von 1987 befunden haben.

Matthew Pearl - „Der Dante Club“

(Hoffmann und Campe, 480 S., HC)
Ein grausamer Mord erschüttert Boston im Jahr 1865. Der ehrenwerte Oberrichter Artemus Prescott Healey wird von seiner Haushälterin nackt und von Maden, Würmern und Fliegen angefressen im Garten aufgefunden, wobei er während des vier Tage andauernden Todeskampfes miterleben musste, wie ihn die exotischen Insekten von innen her auffraßen. Wenig später findet man den antikatholischen unitaristischen Reverend Elisha Talbot ähnlich bizarr ermordet vor: Kopfüber in einem Loch des Kellerdurchgangs seiner Kirche aufgeknüpft, wurden seine Füße in Brand gesteckt, bis der Geistliche einem Herzinfarkt erlag.
Während die Polizei bei ihren Ermittlungen weitgehend im Dunkeln tappt, ahnt nur ein elitärer Zirkel um den Dichter Henry Wadworth Longfellow die Hintergründe der Verbrechen. Zusammen mit dem Verleger J.T. Fields, dem Dichter James Russell Lowell und dem Arzt und Autor Dr. Oliver Wendell Holmes gehört er zum Dante Club, der sich zum Ziel gesetzt hat, Dantes „Göttliche Komödie“ dem amerikanischen Publikum zugänglich zu machen. Nur der Dante Club erkennt, dass die Morde auf Dantes Schilderungen bestimmter Höllenqualen beruhen. Um nicht selbst der Verbrechen verdächtigt zu werden, machen sich die Übersetzer von Dantes Werk selbst auf die Suche nach dem Mörder... Matthew Pearl hat die wahren Probleme bei der Einführung Dantes durch den Dante Club in Amerika zu einem höchst spannenden Krimi verwoben, der stark an die Suche nach Jack The Ripper erinnert und ein wohliges Schaudern hervorruft.

Colin Harrison - „Havana Room“

(Hoffmann und Campe, 448 S., HC)
Bill Wyeth gehört eindeutig zu den Typen auf der Überholspur des Lebens. Als erfolgreicher Anwalt in einer bekannten New Yorker Kanzlei lässt er es sich auf der Sonnenseite des Lebens mit seiner Frau und seinem geliebten Sohn Timothy gut gehen. Bis Timothy seinen achten Geburtstag feiert, Bill aber erst nachts nach Hause kommt und versehentlich für den Tod eines der dort übernachtenden Kinder verantwortlich wird. Bill fällt daraufhin in ein tiefes Loch, wird von seiner Frau verlassen und aus der Firma geschmissen.
Er sucht sich eine Bruchbude in den schlimmeren, anonymeren Gegenden der Stadt und treibt ziellos durch sein verpfuschtes Leben. Regelmäßig kehrt er aber in ein schickes Steakhaus ein, wo die Reichen und Berühmten der Stadt einkehren, wo er Tag für Tag Tisch 17 im hinteren Teil des Ladens besetzt, die Leute beobachtet, vor allem aber von der schönen, selbstbewussten Geschäftsführerin Allison fasziniert ist, mit der er bald ins Gespräch kommt. Sie vermittelt ihm einen zwielichtigen Immobilien-Deal, der unbedingt bis Mitternacht abgeschlossen werden muss. Dafür würde er Zugang zum mysteriösen „Havan Room“ bekommen, das zu unregelmäßigen Zeiten von einer erlesenen Auswahl an Leuten frequentiert wird. Bill lässt sich auf den Deal ein, obwohl er das Gefühl nicht loswird, dass sein Mandant, der imponierende Jay Rainey, dabei übers Ohr gehauen wird. Damit beginnt Bills Ärger aber erst richtig, denn noch in derselben Nacht muss er sogar mit anpacken, um die gefrorene Leiche eines von Jays Arbeitern vom gerade verkauften Grundstück zu entsorgen… Als stilsicherer Erzähler führt Colin Harrison den Leser auf eine rasante Achterbahnfahrt eines Albtraums, der für Bill Wyeth kein Ende zu nehmen scheint. Der etwas an Tom Wolfes Bestseller „Fegefeuer der Eitelkeiten“ erinnernde Roman liest sich witzig, spannend und äußerst schnell.

Patricia Cornwell - (Kay Scarpetta: 12) „Die Dämonen ruhen nicht“

(Hoffmann und Campe, 463 S., HC)
Nachdem die von vielen Kollegen fast heldenhaft verehrte Gerichtsmedizinerin Dr. Kay Scarpetta in Virginia ihren Job losgeworden ist, hat sie sich in Florida als private Beraterin selbstständig gemacht und versucht so, auch Abstand von den traumatischen Erlebnissen der jüngeren Vergangenheit zu gewinnen, vom Tod ihres Liebhabers Benton Wesley, der einst als FBI-Profiler eine echte Koryphäe gewesen ist, und von Jean-Baptiste Chandonnes Mordanschlag auf ihre Person. Doch der Tod von Benton Wesley war nur vorgetäuscht. Unter Mithilfe von Scarpettas Nichte, der ebenfalls aus dem polizeilichen Dienst ausgetretenen Lucy Farinelli, und Scarpettas geschätzten Freund Pete Marino ist Wesley offiziell und auch für Scarpetta bei einem Brand ums Leben gekommen.
Tatsächlich fristet er nun als Tom Haviland ein anonymes, extrem einsames Leben, hat aber noch eine Rechnung zu begleichen… Während Scarpetta an der National Forensic Academy den abschließenden Kurs des Jahrgangs 2003 betreut, hat ein Serienmörder in Baton Rouge, Louisiana, bereits zehn Frauen in den vergangenen vierzehn Monaten entführt und gefoltert.
Sie spricht Nic Robillard, eine der Lehrgangsteilnehmerinnen, auf den Fall an, da diese aus Baton Rouge stammt, und versucht durch sie, nähere Informationen über den Fall zu bekommen. Sie ahnt nicht, dass Jean-Baptiste Chandonnes Bruder Jay Tally hinter den Entführungen der Frauen steckt, die eine verblüffende Ähnlichkeit mit Kay Scarpetta aufweisen. Chandonne, der im Todestrakt des Gefängnisses von Polunsky in Texas sitzt, verspricht Scarpetta Hinweise auf den Fall, wenn sie ihm einen Gefallen tut: sie persönlich soll ihm die Todesspritze geben…
Faszinierender Psycho-Thriller mit interessanten, gut gezeichneten Charakteren und überraschenden Handlungsverläufen!