Richard Laymon - „Der Ripper“

Sonntag, 11. April 2010

(Heyne, 527 S., Tb.)
Der Abend des 8. November 1888 sollte das Leben des 15-jährigen Trevor Wellington Bentley für immer schlagartig verändern. An diesem Abend brachte seine Mutter den einmal mehr völlig betrunkenen Kriegskameraden ihres gefallenen Mannes nach Hause. Als Rolfe Barnes allerdings aus seinem Rum-Rausch erwachte, schlug er auf Trevors Mutter ein, doch gelang es den beiden Bentleys, Barnes zu überwältigen und zu knebeln. Trevor macht sich auf den Weg, Onkel Bill zu holen, der als Constabler sicher wissen würde, wie mit dem Trunkenbold zu verfahren sei. Allerdings absolviert dieser wegen Jack The Ripper gerade Doppelschichten. Auf dem Weg zum Polizeirevier macht Trevor allerdings eine unerfreuliche Bekanntschaft mit einem Freudenmädchen, die mit ihren beiden Gauner-Kollegen versucht, den Jungen auszurauben.
Auf der Flucht vor seinen Verfolgern versteckt sich Trevor in einem Zimmer unter einem Bett und wird so Zeuge, wie der berüchtigte Jack The Ripper sein nächstes Opfer abschlachtet. Als der Ripper nach seiner blutigen Tat wieder auf die Straße zurückkehrt, heftet sich Trevor an seine Fersen und kann so einer weiteren Prostituierten das Leben retten. Davon angetrieben, dem Ripper das Handwerk zu legen, verfolgt er den Mädchenmörder bis auf ein Schiff, mit dem er nach Amerika verschwinden will. Auf dem Weg dorthin hinterlässt Roderick Whittle alias Jack The Ripper eine Blutspur des Grauens, doch auch im fernen Amerika kann Trevor scheinbar nichts aufhalten, den Ripper aufzuspüren und der Gerechtigkeit Genüge zu tun … Dass die Identität von Jack The Ripper nie gelüftet wurde und das Morden in Londons Whitechapel-Viertel abrupt ein Ende genommen hatte, inspirierte den großen Horror-Autoren Richard Laymon zu der Idee, dass der Ripper schließlich doch enttarnt worden ist und London nach Übersee verlassen musste. Aus der Feder seines 15-jährigen Protagonisten erhält die spannende Story ihren ganz eigenen Reiz und bietet in typischer Laymon-Manier eine Vielzahl von dramaturgischen Höhepunkten.

Richard Laymon - „Der Regen“

Samstag, 10. April 2010

(Heyne, 446 S., Tb.)
Nachdem am Vortag im Footballstadion der Lincoln-Highschool in Bixby der 17-jährige schwarze Junge Maxwell Chidi an einem Torpfosten sein Leben lassen musste, sucht Officer Bob Hanson in der folgenden Nacht noch einmal den Tatort auf, wo ihm der Hausmeister Toby Barnes bald Gesellschaft leistet und ihm einen Tipp gibt, wo die Verantwortlichen für den brutalen Mord zu finden sein könnten. Doch dann verdunkelte ein plötzlicher schwarzer Regen die Nacht, und Barnes geht dem Polizisten ohne ersichtlichen Grund an die Gurgel, worauf dieser den Hausmeister mit vier Schüssen niederstreckt. Doch das ist erst der Anfang einer grausamen Nacht, in der jeder, der mit dem seltsam dunklen Regen in Berührung kommt, zu einem mordenden Zombie wird.
Unmittelbar betroffen ist auch das Polizeirevier in Bixby, wo der Diensthabende Patterson Besuch von seinem Kollegen Trevor Hudson bekommt, der sich eigentlich nur einen Ein-Dollar-Coupon für eine Pizza abholen will, um dann im O’Casey’s Maureen endlich nach einer Verabredung zu fragen. Doch dann kommen Francine und ihre Tochter Lisa ins Revier, um ihre Aussage zu machen. Lisa hat einen ganz konkreten Verdacht, wer ihren Freund Maxwell auf dem Gewissen hat: Buddy Gilbert. Ausgerechnet zu ihm ist Maureen unterwegs, um dort drei Pizzen abzuliefern. Als sie vom Regen überrascht wird, geht sie unvermittelt auf Buddy los, wird aber überwältigt und nackt ins Badezimmer geschlossen, wo sie Buddy hilflos ausgeliefert ist. Währenddessen muss Hudson seinen Kollegen Patterson über den Haufen schießen, als dieser einfach das Feuer auf das Revier eröffnet. Niemand scheint eine Ahnung zu haben, warum sich die Menschen plötzlich zu mörderischen Bestien verwandeln, doch nicht nur Trevor Hudson ist klar, dass ein Zusammenhang zwischen dem schwarzen Regen und dem Tod des schwarzen Jungen besteht …
Im Gegensatz zu Richard Laymons meisten Horror-Thrillern, wo die Menschen aus reiner Boshaftigkeit anderen Menschen Schaden zufügen, hat der Horror in „Der Regen“ übernatürlichen Ursprung. Diese Mischung aus „Dawn Of The Dead“ und Stephen Kings „Der Nebel“ ist wiederum sehr spannend mit gut gezeichneten Charakteren ausgefallen.

Richard Laymon - „Der Keller“

Freitag, 9. April 2010

(Heyne, 1231 S., Tb.)
Die Zahl von über 1000 Seiten deutet es bereits an: Was für Stephen King die siebenteilige Saga vom Dunklen Turm gewesen ist, war für Richard Laymon das dreiteilige Epos um das „Haus der Schreckens“, so der Titel des 1980 erschienenen Debüts „The Cellar“ von Richard Laymon, in der deutschen Übersetzung, die 1991 erstmals bei Goldmann veröffentlicht worden ist. Mit „Der Keller“ sind nun auch die beiden Folgeromane „The Beast House“ aus dem Jahre 1986 und „The Midnight Tour“ aus dem Jahre 1998 erstmals in deutscher Sprache erhältlich.
 Auf seiner Streife meldet Dan Jenson dem Polizeirevier einen Einbrecher im „Horrorhaus“ . Dort versucht ein Vater seinem Sohn auf dem Dachboden davon zu überzeugen, dass es keine Monster gibt. Als Jenson einen Schrei aus dem Haus vernimmt, packt er seine Schrotflinte und stürmt das Haus, wo er sofort ein tierisches Grunzen und reißende Geräusche hört. Kaum hat er gesehen, wie die Kreatur mit der weißen, aufgequollenen Gesichtshaut die Zähne aus dem Nacken des Jungen löst, wird er auch schon von der Bestie erledigt. Derweil erfährt Donna Hayes, dass ihr Mann Roy aus dem Gefängnis entlassen wurde, und verlässt mit ihrer zwölfjährigen Tochter Sandy Santa Monica ohne bestimmtes Ziel. Kaum haben sie Bodega Bay verlassen, kommen sie allerdings im Nebel von der Straße ab. Schließlich landen sie mit der Hilfe des geistig etwas zurückgebliebenen Axel im 400-Seelen-Kaff Malcasa Point, dessen einzige Attraktion dieses viktorianische Horrorhaus ohne Fenster ist. Sandy kann es gar nicht erwarten, eine Führung durch das Horrorhaus mitzumachen. Wie sie am nächsten Tag bei der Führung durch die Hausbesitzerin Maggie Kutch erfahren, ist das Haus 1931 für Besucher zugänglich gemacht worden, nachdem ihr Mann und ihre drei Kinder dort umgekommen sind. Allerdings hat sich dort bereits 28 Jahre zuvor ein grausames Verbrechen ereignet. Und die Bestie holt sich auch heute noch ein Opfer nach dem anderen … Währenddessen hat Roy bereits Sandys Wohnung aufgesucht und geht auf der Jagd nach ihr sprichwörtlich über Leichen. Und er braucht nicht lange, Sandys Spur bis nach Malcasa Point zurückzuverfolgen …
Richard Laymon ist es mit seiner Spukhaus-Saga hervorragend gelungen, blutigen Horror mit spannendem Psycho-Thrill zu verbinden. Bis zum Schluss darf sich der auf den Nägel kauenden Leser fragen, wer oder was wirklich für das Grauen im Horrorhaus verantwortlich ist …

Richard Laymon - „Nacht“

Dienstag, 6. April 2010

(Heyne, 527 S., Tb.)
Die 26-jährige Alice lebt in einer kleinen Wohnung über der Garage im Haus ihrer besten Freundin Serena. Serena ist nicht nur hübsch und intelligent, sondern hat auch noch einen charmanten, wohlhabenden Ehemann und zwei kleine Kinder, mit denen sie in einem schönen Haus am Waldrand lebt. Alice macht keinen Hehl daraus, dass ihre Gene es nicht so gut mit ihr gemeint haben und das Produkt von Versagern ist, die aber das Beste aus ihrer Situation zu machen versucht. Als Serena und Charlie für eine Woche mit den Kindern in den Urlaub fährt, besteht sie darauf, dass Alice in ihrem Haus wohnt. Kaum ist die Familie am frühen Nachmittag losgefahren, macht es sich Alice mit einer Bloody Mary am Swimming Pool bequem.
Aus Angst vor dem, was in der Dunkelheit auf sie lauern könnte, kehrt Alice stets früh in ihre Wohnung zurück, doch an diesem Abend vergisst sie die Zeit und schaut sich noch einige Filme im Fernsehen an. Als sie nach Mitternacht im Kimono bekleidet zur Garage rübergehen will, bemerkt sie allerdings eine nur mit Shorts bekleidete Gestalt im Wald. Schnell zieht sich Alice ins Haus zurück und beobachtet, wie der Fremde sich am Pool auszieht und ins Wasser gleitet. Alice bemerkt er erst, als das Telefon klingelt und ein Tony sich meldet, den Alice bittet, die Polizei zu benachrichtigen. Doch der unheimliche Besucher verschwindet wieder im Wald. Vorsichtshalber bewaffnet sich Alice mit einem Säbel und will gerade aus der Tür treten, da steht im Dunkeln ein Mann, dem sie kurzerhand den Schädel spaltet. Um den nackten Fremden handelt es sich allerdings nicht. Offensichtlich hatte sich Tony Sorgen um Alice gemacht und wollte sie mit der Waffe in der Hosentasche beschützen. Und nun liegt er tot auf dem Rasen ihrer besten Freundin. Um die Leiche zu entsorgen, zerteilt sie den Körper in handliche Stücke, verfrachtet diese in den Kofferraum seines Autos und fährt den Wagen zu seiner Wohnung zurück, doch damit fangen Alices Probleme erst richtig an … Wie so oft ist die Ausgangssituation in den Psycho-Schockern von Richard Laymon „außergewöhnlich“. Aber er schildert die Personen und Situationen so authentisch, dass man ihm logische Ungereimtheiten gerne verzeiht, weil er es wie kaum ein anderer Autor versteht, das Grauen, das Menschen anderen Menschen antun, drastisch und fast körperlich spürbar zu schildern.

Richard Laymon - „Die Jagd“

(Heyne, 527 S., Tb.)
Nichtsahnend verbringt die 16-jährige Jody eine Nacht bei ihrer besten Freundin Evelyn. Doch mitten im Schlaf werden die beiden Mädchen von einem Geräusch im Haus. Gerade als Evelyn die Zimmertür öffnet, um nachzusehen, wird ihr ein Speer in den Bauch gestoßen. Zunächst geschockt, wie ihre Freundin ihr Leben lassen musste, entdeckt Jody, dass der kahlköpfige Killer sie offensichtlich nicht entdeckt hat, während er Evelyn nun auf seinem Speer aufgespießt durch das Haus trägt. Geduckt macht sich Jody auf die Suche nach weiteren Überlebenden und entdeckt Evelyns 12-jährigen Bruder Andy. Gemeinsam setzen sie zwar einen der Eindringlinge außer Gefecht und können das Haus verlassen, machen so die Killer allerdings auf sich aufmerksam, die nun alles daran setzen, die Zeugen ihrer Verbrechen auszuschalten. Simon hätte Jody fast erwischt, war aber zu sehr von der Tatsache abgelenkt, dass sein Opfer kein Höschen unter dem Nachthemd anhatte, als das Mädchen über die Mauer kletterte.
Inspiriert von einem Splatterroman, in dem sogenannte Krulls wie die Wilden im Wald herumrannten, Leute töteten, folterten, vergewaltigten, fraßen und ihre Haut als Kleidung trugen, haben sich nämlich auch Tom, Simon, Chuck und Mitch aufgemacht, in fremde Häuser einzubrechen, ihre Bewohner abzuschlachten und die Tatorte schließlich niederzubrennen. Doch in Jody und Andy haben die Halbstarken überraschend clevere Gegner gefunden, die sich ihrer Haut zu wehren wissen … „Endless Night“, so der Originaltitel des 1993 veröffentlichten Romans, ist ein Paradebeispiel für Richard Laymons Kunst, Spannung bis zum Siedepunkt aufzubauen. Während er die Flucht von Jody und Andy aus der Sicht des Erzählers schildert, werden abwechselnd die Erlebnisse der Jäger in Simons locker-schnoddrigen Tagebuchstil eingeflochten, was dem Buch eine ganz eigene Dynamik verleiht.

Richard Laymon - „Das Treffen“

Montag, 5. April 2010

(Heyne, 542 S., Tb.)
Einmal im Jahr treffen sich fünf junge Frauen für einen Ausflug, den eines der Mädchen vorher geplant hat. Dieses Jahr entführt Helen ihre Freundinnen Finley, Abilene, Cora und Vivian in das entlegene Sporthotel Totem Pole Lodge, das vor zwölf Jahren geschlossen wurde. Wie immer hat Finley ihre Kamera dabei, um das alljährliche Abenteuer für die Nachwelt festzuhalten. Sie war es auch, die Abilene noch auf der Belmore Universität die Angst vor dem Duschen genommen hatte, nachdem sie dort im Dunklen sexuell belästigt worden war. Seitdem musste ihre Zimmergenossin Helen sie immer in die Dusche begleiten, bis eines Nachts Finley mit Gorillamaske und Videokamera in der Dusche auftauchte, als Helen, Abilene, Cora und Vivian dort gerade versammelt waren und Finley schließlich außer Gefecht setzten. Sie sollte 200 Dollar von einem Typen namens Darryl bekommen, wenn sie die Schönheit Vivian nackt unter der Dusche filmen würde. Doch die Mädchen drehten den Spieß um, erleichterten Darryl und seine Freunde um 500 Dollar und ließen sein Zimmer mit einem verbrannten Teppich zurück …
Und nun lassen sich die Mädels im überraschend sauberen Sporthotel gutgehen, räkeln sich in der Thermalquelle, bis sie im Gang das Gesicht eines wild aussehenden Unbekannten entdecken. Die Mädchen reagieren zwar verschreckt, lassen sich aber nicht ihren Spaß verderben und erzählen sich alte Geschichten aus dem Universitätsleben. Als sie aber herauszufinden versuchen, was damals wirklich im Sporthotel passiert ist, stellen sie sehr bald fest, dass es doch nicht so unbewohnt ist, wie es zunächst schien …
„Blood Games“ aus dem Jahre 1992 ist nicht nur wiederum ein sehr spannender Roman des 2001 verstorbenen Horror-Autors Richard Laymon, sondern auch ein schönes Beispiel für dessen Kunst, äußerst lebendige Dialoge zu kreieren, die den Leser direkt ins Geschehen hineinziehen. Und natürlich mangelt es auch „Das Treffen“ nicht an schlüpfrigen Details …

Richard Laymon - „Das Spiel“

(Heyne, 494 S., Tb.)
Die junge Bibliothekarin Jane Kerry findet eines Tages einen geheimnisvollen, mit ihrem Namen beschrifteten Umschlag auf ihrem Stuhl am Schalter, der nicht nur 50 Dollar enthält, sondern auch die Aufforderung, den Anweisungen des MOG (Meister des Spiels) zu folgen, was sie nicht bereuen würde. Da Jane schrecklich schüchtern ist und über kein nennenswertes Privatleben verfügt, lässt sie sich auf das Spiel ein. Als sie nach dem Buch „Schau heimwärts, Engel“ sucht, das in dem kurzen Brief erwähnt wird, begegnet sie Brace Paxton, der Zeuge davon wird, wie Jane aus dem besagten Buch eine weiteren Umschlag findet – diesmal mit einer 100-Dollarnote und der Aufforderung, um Mitternacht einen Ausritt zu machen. Brace hat bereits eine Idee, was es mit diesem Ausritt für eine Bewandtnis haben könnte und fährt mit Jane der Statue von Crazy Horse auf dem Campus, nachdem sich die beiden in Ezras Café etwas näher kennengelernt haben.
Tatsächlich finden die beiden besagte Statue in einer Lagerhalle auf dem Campus und Jane entdeckt nach einer kleinen Kletterpartie auch einen weiteren Umschlag. 200 Dollar sind diesmal die Belohnung. „Den nächsten Schatz hält ein Brückentroll im Park versteckt“, verspricht der Master of Games. Bei Jane zuhause überlegen die beiden, wie sie am nächsten Tag vorgehen sollen. Nachdem sich Brace verabschiedet und Jane eine Dusche genossen hat, findet sie den nächsten Brief in der Tasche ihres Morgenmantels, in der der MOG darauf besteht, das Spiel nur zu zweit mit Janes zu spielen und Brace aus der Sache herauszuhalten. Als sie sich tatsächlich im Park auf die Suche nach dem nächsten Brief macht, bemerkt sie zwei Männer, die ihr zuvorgekommen sind und sich die vierhundert Dollar teilen. Jane kann die beiden Männer mit einem Trick aber überwältigen und den Brief und das Geld an sich bringen. Zusammen mit Brace versucht sie die nächste Botschaft zu entschlüsseln. Mittlerweile gibt es für Jane schon längst kein Zurück mehr, doch wo führt sie das Spiel letztlich hin?
Kurz vor seinem Tod veröffentlichte Richard Laymon 2001 mit „In The Dark“ einen seiner packendsten Thriller. Gespickt mit „netten“ Ideen und der spannenden Frage, wer der geheimnisvolle MOG wohl sein mag und welche Rolle Brace möglicherweise bei dem Spiel übernimmt, bietet der Thriller eine rasante Schnitzeljagd und Tour de force!