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Robert B. Parker – (Jesse Stone: 6) „Mord im Showbiz“

Dienstag, 16. April 2019

(Pendragon, 312 S., Tb.)
Im Park von Indian Hill, von dem man einen malerischen Blick über den Hafen von Paradise, Massachusetts, hat, wird die Leiche des prominenten Fernseh-Moderators Walton Weeks entdeckt. Offenbar wurde er erst erschossen, bevor seine Leiche an einem Baum aufgeknüpft worden ist. Wenig später wird in der Mülltonne hinter dem Restaurant von Daisy Dyke die Leiche von Weeks‘ Assistentin und Geliebten Carey Longley gefunden. Nach den Autopsieberichten sind beide Opfer mit derselben Waffe erschossen worden, die Frau war zudem mit Weeks‘ Kind schwanger gewesen.
Bei den Ermittlungen spielt nicht nur Weeks‘ Testament eine Rolle, sondern auch seine beiden Ex-Frauen und die gegenwärtige Mrs. Weeks, von der sich der Ermordete scheiden lassen wollte. Natürlich erregt der Fall nicht nur größtes Medieninteresse, auch der Gouverneur schaltet sich in die Polizeiarbeit ein. Um einen besseren Einblick in Weeks‘ Verhältnisse zu bekommen, reist Jesse Stone nach New York, um nicht nur Mrs. Weeks einen Besuch abzustatten, sondern auch Tom Nolan kennenzulernen, der bislang als Rechercheur für Weeks tätig gewesen ist und nun seine Fernsehshow übernehmen soll.
Während sich die Ermittlungen eher schleppend entwickeln, erfordert auch Jesses Ex-Frau Jenn erhöhte Aufmerksamkeit, denn sie behauptet, vergewaltigt worden zu sein und von einem Stalker belästigt zu werden. Jesse bittet seine aktuelle Geliebte Sunny Randall um Hilfe. Die Detektivin soll Jenn nicht nur vor einem weiteren Übergriff beschützen, sondern auch den mutmaßlichen Stalker identifizieren. Allerdings kommen Jesse zunehmend Zweifel, dass Jenn tatsächlich angetan wurde, was sie behauptete …
Seit Jesse Stone seinen Job bei der Mordkommission in Los Angeles an den Nagel hängen musste, weil er weder die Trennung von seiner Frau Jenn noch seine Alkoholsucht in den Griff bekam, hat er sich in der kleinen Küstenstadt Paradise einen so guten Ruf erarbeitet, dass er selbst bei Mordfällen nur selten die Unterstützung von der Bundespolizei anfordert, die ihm deren Chef Healy gerade in dem neuen Fall anbietet. Doch Jesse Stone hat schon seit jeher eine Abneigung gegen jede Art von Obrigkeit, und auch wenn er sich mit Healy glänzend versteht, nimmt er seine Hilfe tatsächlich nur dann in Anspruch, wenn auf die Ressourcen des Bundesstaates zurückgreifen muss. Wie unbekümmert Jesse mit der Politprominenz umgeht, beschreibt Parker vor allem in der Begegnung mit dem Gouverneur und seinem Stab sehr schön.
Davon abgesehen gehören die unterhaltsam kurzweiligen Dialoge mit der peppigen Molly Crane, die für Jesse die Öffentlichkeitsarbeit in diesem Fall übernimmt, und seinem ambitionierten Angestellten Suitcase Simpson ebenso zu den Höhepunkten von „Mord im Showbiz“ wie die ungewöhnliche Konstellation, die Jesse mit den derzeit wichtigsten Frauen in seinem Leben, Sandy und Jenn, bildet. Gerade die Gespräche zwischen den beiden attraktiven Frauen über ihr jeweiliges Verhältnis zu Jesse sind sehr einfühlsam gelungen, wohingegen sich der 2010 verstorbene Autor sonst recht wenig mit seinen Figuren auseinandersetzt.
Während zumindest noch Jesses berufliches und persönliches Umfeld an Kontur gewinnt, bleiben die mit dem gerade aktuellen Fall verbundenen Figuren recht eindimensional. Allerdings erheben die konstant nur knapp über 300 Seiten umfassenden Romane auch nie den Anspruch, besonders in die Tiefe gehen zu wollen. Stattdessen bietet auch „Mord im Showbiz“ kurzweilige Krimi-Unterhaltung mit einfühlsamen Beobachtungen aus Jesse Stone Privatleben.

Robert B. Parker – (Jesse Stone: 5) „Tod im Hafen“

(Pendragon, 328 S., Tb.)
Für Jesse Stone, Polizeichef in der Kleinstadt Paradise, Massachusetts, und seine Ex-Frau Jenn bietet die anstehende Rennwoche, zu der sich unzählige Yachten, Segel-Fans und Touristen einfinden, die Möglichkeit, ihre Beziehung neu zu festigen, denn Jenn hat sich im wahrsten Sinne des Wortes hochgeschlafen und ist bei ihrem Sender Channel 3 von der Wetterfee zur Reporterin aufgestiegen und darf nun über längere Zeit an einer einstündigen Story über die Rennwoche berichten. Besondere Medienaufmerksamkeit erhält das Event durch die im Hafen angeschwemmte Leiche einer jungen Frau, die als reiche Erbin Florence Horvarth aus Fort Lauderdale identifiziert wird.
Sie wird in Verbindung mit den beiden Yacht-Besitzern Harrison Darnell und Thomas Ralston gebracht, die mit ihren Booten ebenfalls an der Rennwoche in Paradise teilnehmen wollen, aber offensichtlich nur an endlosen Sex-Orgien interessiert sind. Auf einem Video, das Jesse Stone in die Hände fällt, ist die Tote zu sehen, wie sie von zwei Männern penetriert wird, doch sowohl die beiden Männer als auch die Besatzungsmitglieder wollen zu den Ermittlungen nichts beisteuern. Erst durch die engagierte Mithilfe von Kelly Cruz, einer Polizei-Kollegin aus Fort Lauderdale, vermag Jesse Stone allmählich die losen Fäden zusammenzuknüpfen …
Eine besondere Rolle in diesem Fall spielen offensichtlich sowohl die Eltern der Toten, die von sich aus den Kontakt zu Florence abgebrochen haben, als auch Florences jüngere Zwillingsschwestern Claudia und Corliss. Während Jesse versucht, den Mord an Florence aufzuklären, versucht er nach wie vor, die komplizierte Beziehung zu Jenn zu verstehen, wobei ihm die Gespräche mit seinem Psychiater diesmal etwas weiterbringen als zuvor. Vor allem versucht Jesse bei all den Affären, die er selbst immer wieder am Laufen hat, dahinterzukommen, was ihn an Jenn so anzieht.
„Ihr Parfüm lag noch immer in der Luft. Wenn sie geduscht und sich abgetrocknet hatte, pflegte sie etwas Parfüm in den Raum zu sprühen, um dann nackt durch die parfümierte Luft zu gehen. Er fragte sich, wie viele andere Männer davon wussten, und stellte sich vor, wie die Männer sie begafften – so wie er’s gerade selbst getan hatte.“ 
In seinem fünften von insgesamt neun Jesse-Stone-Bänden setzt Robert B. Parker noch mehr als zuvor auf die Sex-Komponente. Damit verbinden sich Jesse Stones aktueller Fall und seine privaten Themen zu einer umfassenden wie komplexen Einheit, in der es vor allem um Depersonalisierung geht, denn Darnell und Ralston betrachten ihre ständig wechselnden Sex-Partnerinnen als bloße Objekte, die ihren Reiz verlieren, sobald sie die Wünsche und Begierden der Männer befriedigt haben. Dieser Aspekt gewinnt interessanterweise auch in der Frage an Bedeutung, wie Jesse und Jenn ihre Beziehung zueinander definieren und welche Rolle dabei die anderen Männer und Frauen in ihrem jeweiligen Leben spielen. Robert B. Parker wechselt hier geschickt zwischen den Schauplätzen in Paradise und Fort Lauderdale, skizziert in wenigen, wenn auch klischeehaft erscheinenden Zügen das Leben der Reichen und Schönen, um dann wieder auf die ganz persönlichen Selbstbetrachtungen seines Protagonisten zurückzukommen.
Gewohnt spritzig sind all die Dialoge zwischen Jesse und seinen Kollegen Suitcase Simpson und Molly sowie dem Chef der Bundespolizei, Healy, ausgefallen, aber auch die Gespräche mit Kelly Cruz, Jenn, Dix und der nymphomanischen Staatsanwältin Rita Fiore aus Boston (die der geneigte Leser aus Parkers Spenser-Romanen wiedererkennen dürfte) sorgen für gute Laune in diesem gekonnt konstruierten Fall.

Robert B. Parker – (Jesse Stone: 4) „Eiskalt“

(Pendragon, 312 S., Tb.)
Als sein Kollege Luther „Suitcase“ Simpson während seiner Nachtschicht die Leiche eines Joggers auffindet, ist dies für Polizeichef Jesse Stone erst der Anfang einer ungewöhnlichen Mordserie, bei der offensichtlich zwei Täter ihre offenbar zufällig ausgesuchten Opfer mit je einer Waffe Kaliber .22 aus nächster Nähe erschießen und dann unerkannt fliehen können. Als allerdings ein roter Saab an den Schauplätzen von zwei weiteren Morden entdeckt wird, führen Jesses Ermittlungen zu einem betuchten Pärchen, von dem Jesse sicher ist, dass es für die Serienmorde verantwortlich ist. Allerdings zeigen sich Anthony Lincoln und seine Frau Brianna so unbekümmert und hilfsbereit, dass sie mit Jesse zu spielen scheinen.
Während Jesse versucht, Beweise für seinen Verdacht zu finden, dass die Lincolns hinter den Morden stecken, hat er es außerdem mit der angezeigten Vergewaltigung der noch minderjährigen Candace Pennington zu tun, die aus Scham aber nicht gegen ihre drei Mitschüler aussagen will, die sie mit Fotos von der Tat erpressen. Zu allem Überfluss versucht Jesse nach seiner Versetzung vom LAPD nach Paradise, Massachusetts, nicht nur sein Alkoholproblem in den Griff zu bekommen, sondern auch die Beziehung zu seiner Ex-Frau Jenn, die ihre Schauspiel-Ambitionen aufgegeben und in Boston bei Channel 3 als Wetterfee angeheuert hat, um wieder näher bei Jesse sein zu können. Während Jesse und Jenn nicht voneinander loskommen, aber auch nicht miteinander leben können, vergnügen sich beide mit jeweils anderen Partnern, ohne dabei glücklich zu werden …
„Er wusste, dass er nicht so allein war, wie er sich im Moment fühlte. Da war Marcy, die anderen Cops, in gewisser Weise auch Jenn. Aber das war nur die Stimme der Vernunft, die ihn mit Argumenten fütterte. Tief im Innern war er allein. Niemand kannte ihn wirklich. Nicht einmal Jenn, auch wenn Jenn ziemlich nah dran war. Seine Cops waren für eine Kleinstadt durchaus brauchbare Leute, aber was sollten sie schon gegen einen Serienmörder ausrichten? Er war der Einzige, der einen Killer zur Strecke bringen konnte.“ 
Robert B. Parker (1932–2010) hat neben der berühmten Reihe um den Detektiv Spenser auch eine mittlerweile ebenso prominente Serie um Polizeichef Jesse Stone veröffentlicht, die mit Tom „Magnum“ Selleck in der Hauptrolle ebenso erfolgreich als Fernsehfilm-Reihe adaptiert worden ist. Der vierte Jesse-Stone-Fall „Eiskalt“ entpuppt sich aber von Beginn als bislang schwächster Band der Reihe, denn das kokett mit Jesse Stone spielende Hobby-Killer-Pärchen ist so oberflächlich skizziert, dass es nicht nur unfassbar unsympathisch, sondern vor allem auch unglaubwürdig wirkt. Interessanter scheint sich zunächst der Vergewaltigungs-Fall anzugehen, aber auch hier verpufft das Gerangel um die Bestrafung der Täter in einer unspektakulären Auflösung.
Und so fokussieren sich der Plot und das Interesse des Lesers zwangsläufig auf Jesse Stones privaten Probleme und Eskapaden. In dieser Hinsicht bringen die Gespräche mit seinem Psychiater Dix und natürlich seiner Ex-Frau Jenn etwas Licht ins Dunkel, aber irgendwie drehen sich Jenn und Jesse in ihrer gegenseitigen Abhängigkeit so sehr im Kreis, dass eine langfristig befriedigende Lösung kaum denkbar erscheint und uns das allmählich enervierende Geplänkel auch in den nächsten Jesse-Stone-Bänden begleiten wird. Von diesen Defiziten abgesehen unterhält aber auch „Eiskalt“ mit einer flüssigen Sprache und durchaus humorvollen Dialogen, die beweisen, dass sich Jesse Stone selbst nicht immer allzu ernst nimmt.

Wallace Stroby – (Crissa Stone: 4) „Der Teufel will mehr“

Samstag, 23. Februar 2019

(Pendragon, 316 S., Pb.)
Nach einem Jahr Pause juckt es der Berufsverbrecherin Crissa Stone in den Fingern. Durch ihren Vermittler Sladden in Kansas City erhält sie das Angebot, für den Kunstsammler Emile Cota einen LKW voll geplündeter Skulpturen aus dem Irak zu entführen, damit er diese an einen Interessenten verkaufen kann, bevor sie von Long Beach aus die längst organisierte Rückführung in den Irak antreten. Während Cotas rechte Hand Randall Hicks mit einigen seiner ehemaligen Kameraden bei den Marines für die Beschaffung der Waffen zuständig sind, soll sich Crissa um die Logistik kümmern.
Bevor Crissa sich entscheidet, besucht sie ihren 18 Jahre älteren Freund Wayne, der sie einst aus dem Kleinkriminellen-Milieu herausgeholt und in die richtige Richtung gebracht hat und nun in Texas eine 15-jährige Gefängnisstrafe wegen bewaffneten Raubs und krimineller Vereinigung absitzt. Bevor sie einen Job annimmt, holt sie sich regelmäßig das Okay von ihm, aber diesmal ist die Entscheidung schon vorher gefallen, was ihm Sorgen bereitet.
Crissa heuert sie ihren alten Kumpel Chance als Fahrer sowie die beiden Iren McBride und Keegan an, die Planung des Überfalls nimmt immer konkretere Formen an. Doch vor Ort ziehen Hicks und vor allem sein hitzköpfiger Kumpel Sandoval auf einmal ihr eigenes Ding durch und wollen möglichst wenige Zeugen und Teilhaber an der Beute zurücklassen …
„Sie sah zu Hicks, fragte sich, wie viel er ihm erzählt hatte. Er schaute geradeaus. Sie wollte hier raus, weit weg von den beiden. Und ihr wurde jetzt klar, wie dumm sie gewesen war. Sie hatte geglaubt, alles im Griff zu haben, jedes Detail, alles unter Kontrolle. Dann war alles vor ihren Augen aus den Fugen geraten.“ (S. 190) 
Bereits zum vierten (und vielleicht letzten?) Mal lässt der ehemalige Polizeireporter, Buch- und Filmkritiker Wallace Stroby seine ungewöhnliche Heldin Crissa Stone einen abenteuerlichen Coup aushecken. Nachdem sie schon eine illegale Pokerrunde geplündert, eine Lufthansa-Maschine ausgeräumt und einen Drogenboss um seine Beute gebracht hatte, lässt sie sich in „Der Teufel will mehr“ auf einen dubiosen Kunstsammler und seinen habgierigen Handlanger Hicks ein, mit dem sie sogar ihr Bett für eine Nacht teilt. Dass er und Sandoval aber auf eigene Rechnung den Coup abschließen wollen, überrascht die sonst übervorsichtige Crissa dann doch.
Stroby gelingt es wie in seinen drei vorangegangenen Crissa-Stone-Thrillern einmal mehr, ohne große Einführung schnell zur Sache zu kommen, Crissa und ihren Auftraggeber an einen Tisch zu bringen und die Einzelheiten akribisch zu planen. Dabei hält sich der Autor nicht mit feinen Charakterisierungen auf, sondern treibt den Plot vor allem durch authentisch wirkende, knackige Dialoge und entsprechende Action voran. Dass der Überfall auf den LKW nicht so läuft wie geplant, leitet die obligatorische Wende ein und damit den eigentlichen spannenden Teil, denn natürlich steuert das Drama auf ein Duell zwischen Hicks und Stone zu.
Alles in allem bietet „Der Teufel will mehr“ rasante Thriller-Kost mit einer sympathischen Protagonistin, die man trotz ihrer verbrecherischen Ader ins Herz schließt, weil sie sich um ihre Leute kümmert, um den inhaftierten Lover Wayne ebenso wie um ihre Mitstreiter, die sie ebenso wie sich selbst in den Schlamassel hineinmanövriert hat. Die Handlung verläuft bis zum Schluss in absolut vorhersehbaren Bahnen, dafür entschädigen die pointierten Dialoge und die lebendig geschilderte Action.

James Lee Burke – (Dave Robicheaux: 9) „Nacht über dem Bayou“

Samstag, 16. Februar 2019

(Pendragon, 464 S., Pb.)
Nach dem Mord an dem berühmten schwarzen Bürgerrechtler Ely Dixon dauerte es ganze 28 Jahre, bis Aaron Crown von einem Geschworenengericht schuldig gesprochen wurde und im Angola seine 40-jährige Haftstrafe verbüßt, nachdem er die Tat nicht geleugnet hatte. Doch nun verlangt er über seinen Anwalt, Detective Dave „Streak“ Robicheaux zu sprechen, nachdem ein Filmteam die Geschichte aufgegriffen hat und ein Justizirrtum aufzudecken versucht.
Gouverneurs-Anwärter Buford LaRose und seine Frau Karyn, mit der der Detective mal eine kurze Affäre unterhielt, weist Robicheaux darauf hin, dass er sich nicht allzu sehr für Crowns Geschichte erwärmen sollte, aber eine frühere Begebenheit, die er in Zusammenhang mit Crown und dessen Tochter erlebt hatte, lässt den Cop tatsächlich daran zweifeln, dass Crown ein kaltblütiger Mörder sein soll. Es sieht so aus, als bekäme Robicheaux dafür einen Posten bei der State Police angeboten, so wie er das Gespräch mit dem Mafia-Killer Mingo Bloomberg deutet.
Tatsächlich interessiert sich nicht nur das Filmteam für die Geschichte. Zunächst wird der Dokumentarfilmer Dwayne Parsons im French Quarter im Beisein einer Prostituierten im French Quarter ermordet, dann bekommt Robicheaux gezwitschert, dass zwei Klanmitglieder für den Mord an Dixon verantwortlich gewesen sein könnten, wobei einer womöglich bei der Highway Patrol gewesen war. Als auch der Filmregisseur Lonnie Felton und Jerry Joe brutal getötet werden, steckt Dave Robicheaux schon mitten im Sumpf aus politischer Korruption und Mafia-Machenschaften. Nachdem Crown aus dem Gefängnis fliehen konnte, treiben sich mit ihm und Mookie Zerrang gleich zwei unberechenbare Killer im Iberia Parish herum, die mit ihren Aktivitäten immer mehr in Robicheaux‘ familiäres Umfeld vordringen. Doch davon lassen sich der Cop und sein alter Kumpel Clete Purcel nicht beeindrucken und setzen vor allem Buford LaRose immer stärker zu.
„Als Polizist findet man sich damit ab, dass man aller Wahrscheinlichkeit nach eines Tages in eine Situation gerät, in der man einer bestimmten Sorte Mensch nicht wieder gutzumachenden Schaden zufügt. Sicher, sie sind für ihr Schicksal selbst verantwortlich, unbelehrbar trotz aller Vorhaltungen, Menschen, die im biblischen Sinn die Natter an ihrer Brust nähren. Dennoch führt kein Weg daran vorbei, dass man das ausführende Organ ist, dass man irgendwann in ihr Leben tritt wie einst der Scharfrichter auf dem Schafott und ihnen ein Los bereitet, das nicht gnädiger ist als jenes, für das im Mittelalter der Mann mit der Maske und dem Beil zuständig war.“ (S. 396) 
Wie in den meisten Romanen um den Vietnam-Veteranen, ehemaligen Cop beim New Orleans Police Department und trockenen Alkoholiker Dave Robicheaux taucht der zweifach mit dem Edgar Allan Poe Award ausgezeichnete James Lee Burke in „Nacht über dem Bayou“ wieder tief in das komplexe Geflecht aus mit Verbrechen überschatteten politischen Ambitionen und durchgeknallten Killern, die im Auftrag des Mobs auch im Iberia Parish ihren Geschäften nachgehen.
Von Beginn an macht der Ich-Erzähler Dave Robicheaux keinen Hehl daraus, was er von Buford LaRoses Vorgehen hält, der nächste Gouverneur von Louisiana zu werden, kann ihm aber nicht nachweisen, was LaRose konkret für Dreck am Stecken hat. Aber auch das Verhalten von Aaron Crown und dem schwarzen Riesen Mookie Zerrang, der eine Spur aus Toten hinterlässt, gibt Robicheaux Rätsel auf.
Burke erweist sich wieder als Meister der atmosphärisch dichten Beschreibung des Lebens, wie es sich im Frühherbst am Bayou zeigt, mit all dem Nebel über den Sümpfen, aus dem Wasser springenden Barschen und den überfluteten Zypressen, aber auch die lebendigen Dialoge und die familiären Szenen mit Robicheaux‘ Frau Bootsie, seiner fast erwachsenen Adoptivtochter Alafair und seinem Angestellten Batist unterstreichen die menschlichen Dimensionen in einem Roman, in dem es vor allem um die Aufklärung eines alten Verbrechens und das skrupellose Ausräumen von Hindernissen auf dem Weg zur Macht geht. Die Umstände, mit denen es Robicheaux hier zu tun hat, sind vertrackt genug, um die Spannung gleichbleibend hoch zu halten. Es ist zwar nicht der beste unter all den hochklassigen Romanen der Reihe, sorgt aber wie immer für ein kurzweiliges, sprachlich geschliffenes Krimivergnügen mit gut charakterisierten Figuren und einem gut durchdachten Plot.

Robert B. Parker – (Jesse Stone: 3) „Die Tote in Paradise“

Montag, 24. Dezember 2018

(Pendragon, 310 S., Tb./eBook)
Seit Jesse Stone sowohl seinen Job bei der Mordkommission in Los Angeles als auch seine Ex-Frau Jenn dort zurückgelassen hat, übt er nun seinen Dienst als Polizeichef in der Kleinstadt Paradise aus, wo er drei Abende die Woche in der „Paradise Men’s Softball League“ spielt und irgendwie seine Beziehung zu Jenn neu definieren muss. Die Wetterfee ist ihm nämlich nach Paradise nachgezogen, weil sie ebenso wie Jesse feststellen musste, dass die beiden trotz Jesses Alkoholproblemen und Jenns Seitensprüngen nicht so recht miteinander, aber auch auf keinen Fall ohne einander können.
Doch während Jenn bereits eine Therapie macht, muss sich Jesse erst mit dem Gedanken anfreunden, sich professionelle Hilfe zu holen, denn er ist sein ganzes Leben entweder Baseball-Spieler oder Cop gewesen und zählt so definitiv nicht zur üblichen Klientel für Psychiater. Seine Aufmerksamkeit wird aber gerade auch durch einen besonders grausigen Leichenfund gebunden: Der Körper des Mädchens, das im nahegelegenen See gefunden wurde, ist so stark verwest, dass das Opfer nur anhand eines Ringes festgestellt werden kann. Offenbar handelt es sich um ein Mädchen, das als „Dorfmatratze“ bekannt war und von seinen Eltern längst verstoßen wurde.
Über eine Nonne in Boston, die sich um obdachlose Mädchen kümmert, erhält Stone eine erste brauchbare Spur. Die weiteren Ermittlungen führen nicht nur zum Bestseller-Autor Norman Shaw, sondern auch zu dem Gangster Gino Fish und seinem Handlanger Alan Garner.
 „Was für ein Motiv gab es, ein Mädchen wie Billie zu erschießen? Vielleicht war sie ja nur zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen? Aber mit dieser Theorie kam er nicht weiter. Es war plausibler, sich an ihre Promiskuität zu halten. Er nahm noch einen Schluck Scotch und Soda. Sex war das einzig mögliche Motiv, das sie in den Tod getrieben haben konnte.“ 
Mehr als den vorangegangenen beiden Fällen um den alkoholkranken Polizeichef Jesse Stone nimmt in „Die Tote in Paradise“ das Privatleben des charismatischen Protagonisten fast ebenso viel Raum ein wie der zu lösende Kriminalfall. Das liegt nicht nur an der sehr offenen Kommunikation, die er bei den regelmäßigen Zusammenkünften mit Jenn am Mittwochabend führt, sondern auch an Dix, der ihm von Jenn empfohlen wird und selbst unter Alkoholproblemen litt, bevor er beschloss, anderen bei der Bewältigung ihrer Sucht zu helfen. Und schließlich ist da noch die attraktive Schulleiterin Lilly Summers, mit der Jesse eine Affäre anfängt. Sie erhofft sich schließlich mehr als nur ein Abenteuer, bekommt durch Jesse aber deutlich zu verstehen, dass er seine Beziehung zu Jenn noch zu kitten hofft.
Die Aufklärung des Mordes an dem jungen Mädchen erweist sich dazu als extrem zeitraubend, weil sich einfach keine Beweise für die Zusammenhänge finden lassen, die Stone und sein Team herstellen. „Die Tote in Paradise“ ist als Krimi nicht so spannend wie die ersten beiden Jesse-Stone-Bände, weil sich die Ermittlungen und die Auflösung auf vorhersehbaren Bahnen bewegen. Doch dieser dritte Fall bringt uns die Figur des mit den süßen Versprechungen des Alkohols kämpfenden Protagonisten auf persönlicher Ebene sehr viel näher, wobei die komplexe Beziehung, die er mit seiner Ex-Frau führt, nicht unbedingt nachvollziehbar sein muss.
Dafür sind Parker die Beschreibungen der Verlockungen, denen Jesse Stone immer wieder zu erliegen droht, sehr glaubhaft gelungen.

Robert B. Parker – (Jesse Stone: 1) „Das dunkle Paradies“

Samstag, 10. November 2018

(Pendragon, 352 S., Tb./eBook)
Jesse Stone hat nicht nur mit einem Alkoholproblem zu kämpfen, sondern auch mit der Scheidung von seiner Frau Jenn(ifer), die zum Ankurbeln ihrer Karriere als Schauspielerin auch mal mit anderen Männern ins Bett geht. Um möglichst viel Abstand von beiden Ursachen seiner Sorgen zu gewinnen, kündigt Jesse seinen Job bei der Mordkommission in Los Angeles und übernimmt den Posten des Polizeichefs im 3000 Kilometer entfernten 25.000-Seelen-Kaff Paradise, wo der Stadtrat gerade seinen Vorgänger Tom Carson in die Wüste geschickt und der offenbar kein Problem damit hat, dass sein potentieller Nachfolger beim Vorstellungsgespräch angetrunken erschienen ist.
Doch die Kleinstadtidylle trügt, wie Jesse bald feststellen muss. Zunächst muss er den Muskelprotz Jo Jo Genest mit einem beherzten Tritt in die Weichteile zur Räson bringen, weil er die einstweilige Verfügung, die seine Ex-Frau Carole gegen ihn erwirkt hat, nicht ernst nimmt. Diese Demütigung scheint Jo Jo dem neuen Polizeichef dadurch zu vergelten, dass er nicht nur die Katze des Reviers tötet, sondern auch an anderer Stelle immer wieder für Ärger sorgt.
Was Jesse aber gar nicht schmeckt, sind die Einmischungen von Stadtrat Hasty Hathaway in seine Art, die Polizeigeschäfte zu führen. Hathaway hat nämlich überhaupt kein Interesse daran, dass Jesse hinter die Pläne der von ihm geführten Bürgermiliz kommt, die mit einem berüchtigten Mafioso an einem Waffengeschäft interessiert ist. Jesse muss sich nicht nur mit der Explosion eines Autos befassen, in dem sein Vorgänger ums Leben gekommen ist und die Staatspolizei auf den Plan ruft, sondern auch mit dem Mord an Tammy Portugal, bei dem Jo Jo für Jesse der Hauptverdächtige ist. Doch als er herausfindet, dass Jo Jo eine Affäre mit Hastys Frau Cissy unterhält, kommt Jesse den Vorfällen in Paradise endlich auf die Spur.
„Jesse schwieg einen Moment und streichelte sanft ihre Schulter. Endlich hatte er das Tier in der Falle, das er so lange gejagt hatte. Und er musste die bösartige, fauchende Bestie nun langsam aus dem Loch ziehen. Er wusste noch nicht, wie groß diese Bestie sein würde.“ (Pos. 7316) 
Mit seinem 1997 veröffentlichten Roman „Night Passage“ stellte Robert B. Parker, der mit seinen Spenser-Romanen seit den 1970ern zu den prominentesten Hardboiled-Autoren in der Tradition der Schwarzen Serie zählt, einen neuen charismatischen Typen vor: Der Mittdreißiger Jesse Stone verliert nicht viele Worte, unterhält ein sehr kompliziertes Verhältnis zu seiner Ex-Frau, die ihn nach wie vor zu lieben scheint, lässt sich auf eine Affäre mit der Staatsanwältin Abby Taylor ein und macht sich in der neuen Gemeinde nicht gerade beliebt. Er hat aber das Herz am rechten Fleck und sorgt auch mit unorthodoxen Mitteln für Gerechtigkeit, kämpft gegen Fremdenhass und Vorurteile an. „Das dunkle Paradies“ ist ein vielversprechender Auftakt einer Serie, die erfolgreich mit Tom Selleck in der Hauptrolle als Fernsehfilm-Serie adaptiert wurde und mit einem psychisch durchaus labilen, moralisch aber meist integren Helden überzeugt, der in seinem ersten Fall in Paradise ordentlich für Unruhe sorgt.

Robert B. Parker – (Jesse Stone: 2) „Terror auf Stiles Island“

Mittwoch, 7. November 2018

(Pendragon, 312 S., Tb./eBook)
Seit der ehemals beim Morddezernat in Los Angeles angestellte und sogar als einer der besten Polizisten ausgezeichnete Jesse Stone möglichst weit weg von seiner Ex-Frau Jenn und seinem Alkoholproblem nach Paradise in Massachusetts gezogen ist, um dort die Stelle des vom Stadtrat geschassten Polizeichefs zu übernehmen, hat sich seine Situation nicht unbedingt verbessert. Obwohl Jenn ihren Mann betrogen hat, um ihre Karriere als Schauspielerin in Gang zu bringen, kommt sie von Jesse nicht los und ist ihm nach Paradise nachgezogen, um als Wetterfee für einen lokalen Fernsehsender zu arbeiten.
Während Jesse mit einem Fall von Brandstiftung beschäftigt ist, bei der drei stadtbekannte Jugendliche das Haus eines schwulen Pärchens abgefackelt haben, plant der Gangster Jimmy Macklin mit seiner Freundin Faye und einem Team von Spezialisten einen raffinierten Coup auf dem exklusiven Boden von Stiles Island. Um die Gegebenheiten vor Ort abzuchecken, macht Jimmy unter dem Namen Harry Smith einen Termin mit der attraktiven Immobilienmaklerin Marcy Campbell aus, um angeblich die Möglichkeiten abzuwägen, in Wohneigentum zu investieren. Auch ein Besuch beim Polizeichef vom zuständigen Revier in Paradise gehört ebenso zu den Vorbereitungen wie das Auskundschaften möglicher Fluchtwege nach dem Überfall auf die örtliche Bank.
Während sich Jesse mit seiner zupackenden Art immer unbeliebter beim Stadtrat macht und die drei immer wieder straffälligen Jugendlichen diesmal nicht wie gewohnt davonkommen lassen will, sorgen seine mehr oder weniger lockeren Beziehungen zu seiner ihn immer noch liebenden Ex-Frau Jenn, zur Staatsanwältin Abby Taylor und schließlich auch zur Immobilienmaklerin für emotionale Turbulenzen, bei dem auch immer wieder der Alkohol eine Rolle spielt – ein Problem, das Jesse allerdings im Griff zu haben glaubt.
Doch mehr Kopfzerbrechen bereitet ihm das undurchsichtige Treiben von Macklin und seinen Gefährten auf der Insel, nachdem er in Erfahrung gebracht hat, mit welchen harten Kalibern er es da zu tun bekommt.
„Jess lehnte sich zurück und musste unwillkürlich an Wilson Cromartie denken, der lieber Crow genannt wurde. Und an James Macklin aus Dorchester, der erst vor Kurzem so demonstrativ mit ihm geflirtet hatte. Er starrte auf die Trümmer, die vom Meer ans Ufer gespült worden waren. Und er wusste, dass sich Macklin und Crow auf Stiles Island befanden – so klar, als könne er sie mit seinen eigenen Augen sehen. Wie er auf diese Erkenntnis reagieren sollte, war ihm allerdings noch nicht so recht klar.“ (Pos. 2845) 
Seit sich Robert B. Parker mit seiner 1973 begonnenen und auf 40 Romane angewachsene Reihe um den Privatdetektiv Spenser in die Tradition von Philip Marlowe, Sam Spade und Lew Archer begeben hatte, wurde er zum Aushängeschild des Hardboiled-Krimis und setzte den lakonischen Ton der Schwarzen Serie fort, über die er an der Universität Boston seine Dissertation geschrieben hatte. Darüber fiel 1997 mit dem Roman „Das dunkle Paradies“ der Startschuss für eine neue Reihe um den Polizeichef Jesse Stone, der nach der Scheidung von seiner Frau von Los Angeles ins beschauliche Paradise zog und dort für Recht und Ordnung sorgt.
Wie gewissenhaft er dabei vorgeht, demonstriert er in dem Nachfolgeband „Terror auf Stiles Island“ nicht nur anhand der drei Jugendlichen, die er geschickt gegeneinander ausspielt, um ihnen eine Lektion zu erteilen, sondern auch im schwerer wiegenden Raubüberfall, den der berüchtigte Jimmy Macklin und der Auftragskiller Crow auf Stiles Island planen. Etwas komplizierter erweisen sich einmal mehr allerdings die Frauengeschichten. Vor allem seine Beziehung zu Jenn gestaltet sich schwierig, weil die beiden ehemaligen Eheleute irgendwie nicht mit-, auf jeden Fall aber nicht ohne einander auskommen.
Parker lässt es in seinem zweiten Jesse-Stone-Roman recht gemächlich angehen, lässt sich viel Zeit, Jimmy Macklins kriminelle Planungen ebenso ausführlich zu schildern wie Jesses erotische Eskapaden, die aber nie darüber hinwegtäuschen können, dass er sich vor allem an Jenn gebunden fühlt. Zwar weist „Terror auf Stiles Island“ auch die einige oder andere verzeihliche Länge auf, aber Parker verfügt über einen so pointierten Schreibstil, trockenen Humor und fließenden Rhythmus, dass die Spannung auf einem hohen Niveau bleibt.

James Lee Burke – (Dave Robicheaux: 14) „Flucht nach Mexiko“

Sonntag, 14. Oktober 2018

(Pendragon, 478 S., Pb.)
Im Sommer 1958 schufteten Dave Robicheaux und sein Halbbruder Jimmie täglich zehn Stunden lang für eine Seismografen-Crew und verbrachten ihre freie Zeit auf Galveston Island. Als sie eines Abends zu weit nach draußen schwammen, wurden sie von einer mutigen jungen Frau namens Ida Durbin vor einem Hai gerettet. Jimmie verliebte sich in das außergewöhnliche Mädchen, musste aber feststellen, dass sie für den Zuhälter Lou Kale anschaffen ging. Um sie aus seinen Fängen zu befreien, plante er, mit ihr nach Mexiko durchzubrechen, doch auf einmal war sie verschwunden und tauchte nicht mehr auf.
Erst Jahrzehnte später, als Dave Robicheaux für das Sheriff’s Department in New Iberia arbeitet, beichtet ihm sein früherer rassistischer College-Bekannter Troy Bordelon auf dem Sterbebett, dass sich damals sein Onkel und ein paar Cops Ida geschnappt hätten. Der Fall lässt Dave nicht mehr los, auch wenn seine Aufmerksamkeit vor allem den sogenannten Baton-Rouge-Morden gilt. Der Killer hatte in den letzten sechs Monaten zwei schwarze Frauen entführt und ihre Leichen in den Sumpfgebieten entsorgt. Mit seinem Geständnis wirbelt Bordelon allerdings viel Staub auf: Da seine Familie kleine Gefälligkeiten für die Chalons im St. Mary Parish erledigt hatte und die Chalons wiederum in Geschäfte mit der Mafia verwickelt sind, sollen zwei korrupte Cops dafür sorgen, dass Bordelons Anschuldigungen keine weiteren Kreise ziehen.
Zusammen mit seinem besten Freund, dem Privatdetektiv Clete Purcel, stochert Robicheaux in der Geschichte der Chalons herum und bringt vor allem den Fernsehproduzenten Val Chalons gegen sich auf, den er schließlich windelweich prügelt.
„Ich wollte nicht glauben, dass ich ein Bote von Gewalt und Tod war, ein Mann, der in Totenstädten verweilte und den Gestank eines großen Friedhofs hinter sich herzog, wo immer er ging.
Aber ich teilte bereits die Überzeugung, dass die menschliche Persönlichkeit kein Geheimnis umgibt. Menschen sind, was sie tun. Meine eigene Vorgeschichte mochte ich gar nicht näher ansehen.“ (S. 157)
Je tiefer Robicheaux und Purcel in die familiären Strukturen der Chalons eintauchen, umso mehr häufen sich nicht nur Todesfälle, die dem Baton-Rouge-Mörder zugeschrieben werden, sondern immer näher an Robicheaux selbst heranreichen.
Mit Band 14 der gleichermaßen von der Kritik und den Lesern gefeierten Reihe um den charismatischen Vietnam-Veteran, mehr oder weniger trockenen Alkoholiker und Cop Dave Robicheaux liegt nun der elfte von insgesamt 21 Bänden in deutscher Übersetzung im Pendragon-Verlag vor. Wie gewohnt wird der von seinem starken Gerechtigkeitssinn angetriebene Robicheaux auch in „Flucht nach Mexiko“ nicht müde, mächtigen Leuten ans Bein zu pinkeln und ihre moralisch verwerflichen Aktivitäten aufzuspüren. Das bringt nicht nur ihn selbst, sondern auch seine resolute Chefin Helen immer wieder in Schwierigkeiten, weil er sich einfach nicht an die Regeln halten will und das Gesetz in die eigene Hand nimmt, gern auch mit Ausübung von Gewalt.
Die Moral hat Robicheaux allerdings ganz auf seiner Seite, denn in dem Morast aus Korruption, Mord, Drogen und Zuhälterei sehen sich Robicheaux und Purcel immer wieder gezwungen, mit den gleichen einschüchternden Methoden zu arbeiten, wie die Mächtigen ihre Besitzstände verteidigen. Bei all dieser Trostlosigkeit tut es aber auch gut zu lesen, dass der Witwer Robicheaux mit der unorthodoxen Nonne Molly wieder eine Frau an seine Seite bekommt und dass den übermächtig erscheinenden Bösen am Ende doch das Handwerk gelegt wird.
James Lee Burke erweist sich auch in seinem 14. Robicheaux-Krimi als wichtiger moralischer Wächter, der konsequent die Finger in die Wunden legt, die der Vietnam-Krieg, der Rassismus und der nie enden wollende Kampf gegen Drogenmissbrauch und Prostitution in der Seele Amerikas hinterlassen haben. Davon abgesehen bietet „Flucht nach Mexiko“ aber auch grandios komponierte Krimi-Unterhaltung, in denen sich die Suche nach Ida Durbin und die Aufklärung der Baton-Rouge-Morde geschickt ineinander verweben.

Robert B. Parker – (Spenser: 36) „Raues Wetter“

Donnerstag, 4. Oktober 2018

(Pendragon, 214 S., Tb.)
Durch ihre Ehen mit den wohlhabenden Männern Peter Van Meer und Harden Bradshaw hat sich Heidi Bradshaw in die bessere Gesellschaft eingeheiratet. Für die Hochzeitsfeier ihrer Tochter Adelaide auf Tashtego Island engagiert sie – über das normale Sicherheitspersonal hinaus - den Privatdetektiv Spenser zu ihrer persönlichen Unterstützung. Kaum haben sich Spenser und seine attraktive Lebensgefährtin Susan in ihrer exklusiven Suite eingerichtet, begegnen sie dem Killer Rugar, mit dem Spenser zuletzt in Marshport eine fast tödliche Konfrontation hatten.
Dass der stets in grau gekleidete Mann nicht zum Feiern gekommen ist, erfährt die prominente Hochzeitsgesellschaft kurz nach der Trauung, denn dann eröffnen Rugar und seine Männer das Feuer, erschießen den Priester und den Ehemann, bevor sie die Braut als Geisel nehmen. Spenser kann zum Glück fliehen und nimmt zusammen mit Captain Healy vom Morddezernat die Ermittlungen, die bis ins Jahr 1984 zurückreichen, als Heidi zur gleichen Zeit in Bukarest gewesen war wie Rugar …
„Ich war verärgert. Ich wusste absolut nichts, und je mehr ich herumschnüffelte, umso weniger wusste ich. Ich hatte keine Ahnung, was Heidi vorhatte. Ich war belogen worden. Das mochte ich nicht. Ich mochte den wachsenden Verdacht nicht, in einer bestimmten Funktion benutzt worden zu sein, ohne die geringste Ahnung, worum es dabei ging.“ (S. 70) 
Auch im 36. Band der bereits 1973 von Robert B. Parker begonnenen Serie um den ehemaligen Schwergewichts-Profiboxer und Ex-Cop Spenser ist der in Boston lebende und arbeitende Privatdetektiv weder um markige Sprüche noch hartnäckige Methoden verlegen, um seinen Auftrag ordentlich zu Ende zu führen. In diesem Fall geht es für Spenser allerdings eher um die Rückgewinnung seiner Ehre, nachdem er während der Hochzeitszeremonie nichts tun konnte, um Rugars Attentat zu verhindern.
Wie gewohnt kommt der 2010 verstorbene Parker in „Raues Wetter“ schnell zur Sache, wobei er Spenser und Susan gar nicht mehr groß einführt, sondern die Art ihrer Beziehung mit pointiert witzigen Dialogen und erotischen Episoden umreißt. Interessant wird der Plot durch die Aufklärung der Frage, was hinter der vordergründigen Entführung von Heidis offenbar psychisch labiler Tochter steckt und welche Rolle Spensers Auftraggeberin selbst dabei spielt.
Bis zur Aufklärung des Falles und einem denkwürdigen Wiedersehen mit Rugar gönnt Parker seinem Publikum keine Atempause. Zwischen coolen Sprüchen mit sexuellen Anspielungen und rauer Action erleben wir einen tatkräftigen Privatermittler in bester Tradition von Philip Marlowe, Sam Spade und Lew Archer. 
Leseprobe Robert B. Parker - "Raues Wetter"

James Lee Burke – (Dave Robicheaux: 8) „Im Dunkel des Deltas“

Montag, 18. Juni 2018

(Pendragon, 505 S., Pb./Edel:eBooks, 378 S., eBook)
Nachdem sich Sonny Boy Marsallus mit der mächtigen Giacano-Familie in New Orleans angelegt hatte, verzog er sich in den Süden, wo er die US-amerikanischen Manöver in El Salvador und Guatemala aus erster Hand miterlebte. Als er nach New Orleans zurückkehrt, hat er noch eine Rechnung mit dem Bordellbetreiber Sweet Pea Chaisson zu begleichen und übergibt Detective Dave Robicheaux ein brisantes Notizbuch mit Anspielungen auf Waffenlager und Drogenschmuggler, hinter dem bald einige zwielichtige Typen her sind. In einer anderen Sache hat Robicheaux mit der Schwarzen Bertha Fontenot zu tun, die sich darüber beschwert, dass der Anwalt Moleen Bertrand hinter dem Land her ist, auf dem sie seit Jahrzehnten mit ihrer und fünf anderen Familien lebt. Und schließlich gesteht Roland Broussard, der wegen einer Geschwindigkeitsübertretung in dem Wagen von Sweet Peas Freundin Della Landry angehalten und festgenommen worden ist, dass er beobachtet hat, wie einige Männer Della in ihrem Haus ermordet haben.
Die Ermittlungen machen kaum Fortschritte, und Robicheaux legt sich öffentlich mit John Giacano an, was ihn selbst zur Zielscheibe der Killer macht. Als Robicheaux wegen seines ungebührlichen Verhaltens suspendiert wird und mit seinem alten Kumpel Cletus Purcel eine Zweigstelle von Purcels Detektei in Iberia aufmacht, spitzen sich die Ereignisse allmählich zu, tauchen immer weitere finstere Figuren auf und sorgen für weitere Tote …
„Was das Morden angeht, ist die Mafia unerreicht. Ihr Wissen und ihre Erfahrung reichen zurück bis in die Zeit der napoleonischen Kriege; das Ausmaß an Brutalität und physischer Gewalt, die sie an ihren Opfern auslassen, ist geradezu bizarr und übersteigt jedes normale Maß; die Urteilsquote ihrer Auftragskiller ist ein Witz.“ (S. 389) 
Im achten Buch der großartigen Reihe um den ehemaligen Detective der Mordkommission in New Orleans geht es ziemlich drunter und drüber. Das trifft nicht nur auf die Ereignisse zu, die von Grabschändungen, Landraub, mutmaßlich verborgenen Schätzen, gefährlichen Affären und Auftragsmorden reichen, sondern vor allem auch auf die unüberschaubare Palette an Figuren, die die ohnehin verwirrenden und am Ende nicht wirklich aufgeklärten Ereignisse ordentlich durcheinanderwirbeln.
Spannung kommt hier nur selten auf, weil sich die Erzählstränge immer wieder überschneiden und die losen Enden kaum aufgelöst werden. Aus Dave Robicheaux‘ persönlichen Umfeld wird in „Im Dunkel des Deltas“ ausnahmsweise wenig erzählt. Hier muss der Verweis auf den früheren Mann seiner Frau Bootsie genügen, der die Bücher für die Familie Giacano geführt hat und zur Hälfte an einer Automatenfirma von ihr beteiligt gewesen ist. Auch zu seiner Adoptivtochter Alafair und seinem schwarzen Angestellten Batist gibt es wenig Neues zu erfahren. Robicheaux selbst wirkt recht desorientiert und weiß sich oft nur mit Gewalt zu helfen, wobei sein sonst viel weniger zimperlicher Kumpel Cletus ihn immer wieder zur Räson bringen muss.
Was James Lee Burke nach wie vor hervorragend gelingt, sind seine Beschreibungen der Landschaft und des Milieus, in dem er sich auskennt wie kein zweiter zeitgenössischer Schriftsteller. Wenn er seinen Protagonisten über die Geschichte Louisianas, die Mafia, die Drogen- und Waffengeschäfte und den unsinnigen Vietnamkrieg sinnieren lässt, entschädigt dies auch diesmal für den schleppenden Spannungsaufbau und die verqueren Erzählstränge.
 Leseprobe James Lee Burke - "Im Dunkel des Deltas"

James Lee Burke – (Dave Robicheaux: 6) „Im Schatten der Mangroven“

Montag, 23. April 2018

(Pendragon, 542 S., Pb.)
Hollywood-Produzent Mike Goldberg produziert in New Iberia mit Star-Schauspieler Elrod Sykes einen Film und lässt die Geschäftsleute in der Gegend von einem Geldregen träumen. Dass auch der berüchtigte Mafioso Julie Balboni dabei seine Finger im Spiel hat, stört zunächst niemanden, doch dann muss Dave Robicheaux den Mord an der 19-jährigen Prostituierten Cherry LeBlanc aufklären, die offensichtlich zu einem ihr bekannten Mann ins Auto gestiegen ist und deren fürchterlich zugerichteter Körper im Wald aufgefunden ist. Von Balbonis Handlanger Cholo Manelli erfährt der Vietnam-Veteran, dass dieser sich mit Balboni über den Tod des Mädchens unterhalten hatte, während dieser behauptete, nichts darüber gehört oder gelesen zu haben.
Während seiner Ermittlungen wird Robicheaux aber auch noch an ein Erlebnis von vor 35 Jahren erinnert, als er in den Atchafalaya-Sümpfen Zeuge eines kaltblütigen Mordes an einem Schwarzen gewesen war. Allerdings konnte die Leiche nie gefunden, der Täter nicht gefasst werden. Ausgerechnet der alkoholsüchtige Sykes behauptet nun, die Überreste der Leiche entdeckt zu haben. Während Robicheaux einmal mehr mit den Dämonen seiner Vergangenheit konfrontiert wird, legt er sich mit einigen mächtigen Männern in Iberia Parish an und gerät so selbst ins Visier eines raffinierten Killers, der keine Skrupel hat, auch unbeteiligte Menschen zu opfern …
„Meine Erfahrungen mit Mitgliedern der Mafia und Soziopathen im Allgemeinen zeigten, dass sie ganz selbstverständlich und ohne Weiteres lügen. Sie lügen so überzeugend, weil sie es oft tun, auch wenn keinerlei Bedarf dazu besteht. Man könnte jetzt tief in die Kiste der forensischen Psychologie greifen, um zumindest ansatzweise zu verstehen, wie die Gedankenprozesse solcher Menschen ablaufen, aber genauso gut könnte man seinen Kopf in den Mikrowellenherd stecken, um tiefere Erkenntnisse über die Elektrizität zu gewinnen.“ (S. 58) 
In schöner Regelmäßigkeit beglückt uns der Bielefelder Pendragon-Verlag seit Jahren mit Neuauflagen und Erstausgaben der zurecht gefeierten Krimi-Serie um den charismatischen Südstaaten-Cop Dave Robicheaux, der nach seiner Rückkehr aus Vietnam dem Alkohol verfallen war und noch immer Probleme hat, sein Temperament zu zügeln, wenn er der Ungerechtigkeit und Gewalt in seiner Welt ohnmächtig gegenübersteht. Doch da er das Herz am rechten Fleck trägt und einen wunderbaren Ehemann für seine Jugendliebe Bootsie und Adoptivvater für Alafair abgibt, kann man dem Staatsdiener kaum böse sein. Auch in seinem sechsten Fall, der 2009 von Bertrand Tavernier mit Tommy Lee Jones und John Goodman unter dem Titel „In The Electric Mist – Mord in Louisiana“ verfilmt worden ist, schlägt Robicheaux immer wieder mal über die Stränge, schließlich entwickelt sich Julie Balboni, mit dem er aufgewachsen ist, mit seiner Filmproduktion zu einer echten Plage. Burke gelingt es meisterhaft, die komplexen Beziehungsgeflechte zwischen den Protagonisten seines Romans auf höchst stimmungsvolle Weise nachzuzeichnen, den Rassismus und das organisierte Verbrechen, Hollywood und das große Geld, Prostitution und Korruption in einen Plot zu gießen, in dem auch die FBI-Agentin Rosa Gomez eine wichtige Rolle spielt. Zusammen mit den unnachahmlichen Landschaftsbeschreibungen und dem trockenen Humor bietet „Im Schatten der Mangroven“ abgründige Krimi-Unterhaltung vom Feinsten.

Wallace Stroby – (Crissa Stone: 3) „Fast ein guter Plan“

Montag, 5. Februar 2018

(Pendragon, 316 S., Pb.)
Crissa Stone ist zwar eine professionelle Berufsverbrecherin, aber eine mit dem Herz am rechten Fleck, weshalb sie auch nur die bösen Jungs bestiehlt und keine rechtschaffenden Leute. Nachdem sie bereits eine illegale Pokerrunde erleichtert und die Beute aus einem großen Lufthansaraub an sich genommen hat, wird sie nun für einen an sich simplen Coup engagiert. Zusammen mit ihrem alten Kumpel Charlie Glass, Larry Black und Charlies Cousin Cordell King will Crissa in Detroit in die Übergabe von gut einer halben Million Drogengeld eingreifen, die über den Kofferraum eines unscheinbaren Altwagens abgewickelt wird.
Trotz einiger Bedenken willigt Crissa in den Plan ein, der Coup geht tatsächlich reibungslos über die Bühne, erst bei der Aufteilung der Beute erlebt sie eine böse Überraschung: Cordell taucht plötzlich mit einem Partner auf, nimmt die Crew unter Beschuss. Crissa kann mit Larry gerade noch türmen, aber in einem nahegelegenen Lagerhaus stirbt Larry an seinen Schussverletzungen. Loyal wie Crissa nun mal veranlagt ist, bringt sie ihren eigenen Anteil in Sicherheit und macht sich mit Larrys Anteil auf den Weg in den Süden, wo Larrys Frau Claudette und seine sechsjährige Tochter Haley lebt.
Da sich Larrys Frau jedoch auf einen Drogenhändler eingelassen hat, will Crissa sichergehen, dass Larrys Geld auch in gute Hände gerät, und verbringt Zeit mit Haley. Währenddessen hat der bestohlene Drogenboss Marquis allerdings den Ex-Cop Burke angeheuert, das gestohlene Geld wiederzubeschaffen. Ebenso effektiv wie skrupellos räumt Burke hinter den Geldräubern auf und kommt Crissa immer dichter auf die Fersen …
„Du musst morgen weg, dachte Crissa. Gib das Auto zurück, nimm den Zug nach Norden. Je länger du bleibst, desto schwerer wird es für euch beide, euch voneinander zu verabschieden. Mit der Zeit und mit etwas Glück könnte Haley vergessen, was geschehen war und hier ein neues Leben anfangen. Aber sie fühlte keinen Drang, zurückzugehen. Niemand wartete auf sie, auch keine Pflicht.“ (S. 264) 
Wie Übersetzer Alf Mayer in seinem Nachwort zu dem dritten Crissa-Stone-Abenteuer noch einmal erwähnt, ist dem amerikanischen Schriftsteller Wallace Stroby die Idee zu Crissa Stone gekommen, als er Ali MacGraw in der Verfilmung von Jim Thompsons „The Getaway“ sah, die 1972 allerdings neben Steve McQueen eine sehr passive Rolle gespielt hatte.
Mit Crissa Stone hat er nicht nur eine aktivere, sondern auch eine ebenso taffe wie gutherzige Protagonistin geschaffen, die sich durch ihren gut funktionierenden moralischen Kompass immer wieder in Bedrängnis bringt. Stroby erweist sich auch in „Fast ein guter Plan“ als äußerst ökonomischer Erzähler, der Crissa gleich in ihrem neuen Abenteuer präsentiert, mitten in ihrem neuen Team bei der Überwachung der Rostlaube, in der die Drogenhändler ihr Geld zwischenparken. Statt die übrigen Figuren eingehend zu charakterisieren, setzt Stroby auch im dritten Crissa-Stone-Band auf effektiv gestraffte Handlungsstränge und lebendige Dialoge, die den Plot wie eine Filmhandlung vor den Augen des Lesers ablaufen lassen.
Einzig Crissas Widersacher Burke erfährt eine detailliertere Beschreibung, wobei auch hier seine gnadenlose Effektivität für sich selbst spricht. Natürlich läuft alles auf einen Showdown zwischen Crissa und Burke hinaus, natürlich behält Crissa am Ende die Überhand, aber bei aller Vorhersehbarkeit bietet der Plot einfach coole Action, unterhaltsame Dialoge und genügend Verweise auf Crissas eigene verkorkste Geschichte, dass der Leser gar nicht abwarten kann, wie es mit ihr und ihrem weiterhin im Gefängnis ausharrenden Geliebten weitergeht. 
Leseprobe Wallace Stroby - "Fast ein guter Plan"

James Lee Burke – (Dave Robicheaux: 5) „Weißes Leuchten“

Sonntag, 19. November 2017

(Pendragon, 502 S., Pb.)
Als sich eine großkalibrige Kugel ins Wohnzimmer des wohlhabenden Weldon Sonnier verirrt, sucht ihn Detective Dave Robicheaux vom Sheriff’s Department von Iberia Parish auf. Merkwürdigerweise hat seine Frau den Vorfall gemeldet, nicht Weldon selbst, der sich beim Gespräch mit Robicheaux auch äußerst wortkarg gibt und die Sache herunterzuspielen versucht. Weldon Sonnier ist als Ölbohrer zu Geld gekommen, nachdem er für Air America geflogen ist, eine Fluglinie, die die CIA in Vietnam betrieben hatte.
Angeblich hat er für die Renovierung der alten Familienvilla am Rande des Bezirks am Bayou Teche zweihunderttausend Dollar ausgegeben. Sein Bruder Lyle, mit dem Robicheaux in Vietnam gedient hat, macht mittlerweile als Fernsehprediger Karriere, mit seiner Schwester Drew war der Cop eine Zeitlang liiert, und sein Schwager Bobby Earl hat eine Vergangenheit mit dem Ku Klux Klan.
Die Ermittlungen gewinnen an Schärfe, als einer von Robicheaux‘ neuen Kollegen bei einem weiteren Besuch auf Sonniers Grundstück geradezu hingerichtet wird. Robicheaux stößt auf die Namen von Eddie Raintree und Jewel Fluck, die offensichtlich nicht nur eine Verbindung zur Aryan Brotherhood, sondern auch zur Mafia haben.
Zusammen mit seinem alten Kumpel und Ex-Kollegen Cletus Purcel, der sich als Privatdetektiv in New Orleans niedergelassen hat und selbst für einen Mafioso gearbeitet hat, macht sich Robicheaux auf die Suche nach den Männern, die offensichtlich eine Rechnung mit Weldon Sonnier offenhaben. Dabei begegnet er nicht nur Demagogen, offensichtlichen Gangstern und Männern, die so weit oben in der Hierarchie stehen, dass ihnen nichts und niemand etwas anhaben kann, sondern auch Schwarzen, die noch immer unter der Diskriminierung zu leiden haben, aber auch Weißen, die es nicht schaffen, etwas aus ihrem Leben zu machen.
„Warum stimmte mich dieser Haufen von Pennern und Trinkern so morbide? Weil sie meine ständige Gewissheit noch verstärkten, dass mich nur ein Glas von ihrem Schicksal trennte – Verzweiflung, das langsame Absterben der Seele, Wahnsinn, Tod -, und dies vor Augen geführt zu bekommen, versetzte mir einen ziemlichen Stich.“ (S. 375) 
Den Männern auf die Spur zu kommen, die für den Überfall auf Weldon Sonniers Haus verantwortlich gewesen sind und offensichtlich ihr Geld auch mit Blut eintreiben, fällt Robicheaux nicht leicht, denn nicht nur Weldon gibt sich recht mundfaul. Schließlich weiß jeder im Bayou, wie die Mafia mit Verrätern umgeht.
Unterstützung erhält der gewissenhafte Cop wieder einmal von seinem alten Freund Cletus, der selbst eine herbe Abreibung einstecken muss, aber weit weniger als Robicheaux Skrupel hat, bei Befragungen auch mal die harte Gangart einzulegen. Neben diesem verzwickten Fall hat es Robicheaux auch mit Bootsies Krankheit Lupus zu tun, die ihr das Bindegewebe zersetzt und deren Behandlung sich als extrem schwierig erweist.
Im fünften Band von James Lee Burkes zurecht gefeierter Reihe um den Vietnamkriegsveteranen und Ex-Alkoholiker Dave Robicheaux begegnen dem Leser vertraute Themen wie Rassendiskriminierung, die Mafia und Korruption, dazu gesellen sich Inzest und Kindesmisshandlung. All das vereint Burke mit seinen fein beobachteten Beschreibungen der südstaatlichen Architektur und Landschaft, vor allem aber auch der Menschen, die sich oft leider auch von Geldgier, Sex, Drogen, Gewalt und Macht verleiten lassen.
An sich liest sich „Weißes Leuchten“ wie fast jeder andere Roman aus der Robicheaux-Reihe, indem er die vertrauten Missstände von Korruption, Diskriminierung und Bigotterie aufgreift und die darin eingebettete Kriminalhandlung mit äußerst atmosphärischen Beschreibungen von Louisiana abrundet.
Der Roman stellt kein gekröntes Highlight der Reihe dar, bietet aber gewohnt erstklassige Krimiunterhaltung und Milieubeschreibung.
 Leseprobe James Lee Burke - "Weißes Leuchten"

James Lee Burke – (Dave Robicheaux: 4) „Flamingo“

Freitag, 25. August 2017

(Pendragon, 476 S, Pb./Edel:eBooks, 348 S., eBook)
Zusammen mit seinem Kollegen, dem Kriminalbeamten Lester Benoit, ist Dave Robicheaux dafür zuständig, die beiden zum Tode verurteilten Mörder Tee Beau Latilais und Jimmie Lee Boggs in den Todestrakt des Staatsgefängnisses von Louisiana zu überführen. Doch bei dem Zwischenhalt an einer Tankstelle gelingt den beiden Gefangenen nicht nur die Flucht, sie töten auch Benoit und lassen Robicheaux angeschossen zurück.
Während bei Tee Beau durchaus Zweifel an seiner Schuld angebracht sind, hat Robicheaux auch ein sehr persönliches Interesse, Boggs in seine Hände zu kriegen. Um an ihn ranzukommen, lässt er sich sogar darauf ein, als Undercover-Agent für die DEA zu arbeiten. Sein Kontaktmann Minos Dautrieve streut das Gerücht, dass Robicheaux gefeuert worden ist, weil er Dreck am Stecken hat, und versorgt den Undercover-Agenten mit 50.000 Dollar, mit denen er das Interesse von Tony Cardo wecken soll. Dort soll Boggs nämlich auch auf der Gehaltsliste stehen.
Zwar kann Robicheaux recht schnell das Vertrauen des Gangsterbosses gewinnen, der wie er selbst auch mit einem Trauma aus Vietnam zurückgekehrt ist, doch seinen alten Kumpel vom Morddezernat in New Orleans, Cletus Purcel, als Rückendeckung mit ins Boot zu holen, gestaltet sich schwieriger.
Während Robicheaux allmählich in Cardos inneren Kreis vordringen kann, trifft er mit Bootsie auch seine erste Liebe wieder.
„Die Einsamkeit und die Jahre hatten mir zugesetzt, und obwohl ich mehr als ein halbes Jahrhundert auf dem Buckel hatte, war ich zu dem Schluss gekommen, dass ich zu den Menschen gehörte, die nie mit Sicherheit wissen würden, wer sie wirklich waren. Hinter all den Gedanken, die ich über mich selbst machte, würde immer ein Fragezeichen stehen – meine einzige Identität lag in dem Abbild meiner selbst, das ich in den Augen anderer sah.“ (S. 91) 
Mit seinem vierten Dave-Robicheaux-Roman „Flamingo“ hat der aus Louisana stammende Autor James Lee Burke einmal mehr ein atmosphärisch stimmiges Meisterwerk geschaffen, das weit mehr bietet als einen Kriminalfall, sondern auch tief in die Seele des amerikanischen Südens taucht, traumatische Erinnerungen an den verheerenden Krieg in Vietnam aufleben lässt und präzise die moralischen Konflikte beschreibt, mit denen sich Robicheaux auseinandersetzen muss.
Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen, je mehr Robicheaux Zeit mit Cardo und seinem behinderten Sohn verbringt, aber auch der Neuanfang der Beziehung zwischen Dave und Bootsie ist einfühlsam geschildert.
„Flamingo“ bietet eine packende Story, eine tolle Atmosphäre, interessante, vielschichtige Figuren und ein fesselndes Finale.
Leseprobe James Lee Burke - "Flamingo"

James Lee Burke – (Dave Robicheaux: 3) „Schmierige Geschäfte (Black Cherry Blues)“

Mittwoch, 10. Mai 2017

(Pendragon, 480 S., Pb.)
Dave Robicheaux hat gerade eine Nacht in Baton Rouge und Träume von seiner ermordeten Frau Annie hinter sich, als er in einem Café seinen alten Kumpel Dixie Lee Pugh wiedertrifft, mit dem er 1956 an der Southwestern University of Louisiana das Zimmer geteilt hatte und der später Karriere als weißer Bluessänger machen sollte.
Nach einem Gefängnisaufenthalt hat Dixie auf Verpachtungen umgesattelt. Kaum ist Dave nach Hause in New Iberia zurückgekehrt, bittet Dixie um ein Treffen. Dabei erzählt er Dave von seinem Klienten Star Drilling, die ein Problem mit einem Landschaftsschutzgebiet und dem Reservat der Schwarzfußindianer haben. Dass Star Drilling auch die Firma ist, in deren Auftrag Daves Vater auf einer Bohrinsel zu Tode gekommen ist, lässt Dave etwas weiter nachforschen.
Als ehemaliger Lieutenant bei der Mordkommission in New Orleans lässt er alte Verbindungen spielen und stößt auf den Drogenfahnder Nygurski, der es auf Sally Dio abgesehen hat, für den nicht nur Dixie arbeitet, sondern auch Daves alter Kumpel Cletus.
Besonders Dios Handlanger Daltron Vidrine und Harry Mapes gelangen ins Visier von Daves Ermittlungen, der sich mit dem Tod eines Mädchens und zwei verschwundenen Indianers konfrontiert sieht. Doch dann wird seine Ziehtochter Alafair bedroht, und als Dave Vidrine und Mapes auf den Zahn zu fühlen beginnt, ist er der erste Tatverdächtige, der sich für den Mord an Vidrine verantworten muss. Dave Robicheaux lässt sich allerdings so schnell nicht einschüchtern und fordert Sally Dio heraus und sinnt dabei immer wieder über das Leben, das Leid und den Tod nach.
„Manchmal, wenn ich allein bin, besonders nachts, wenn es dunkel ist und ich anfange, über das unerträgliche Leid zu grübeln, das die meisten Menschen vor dem Tod erdulden müssen, bitte ich Gott, ihre Schmerzen rückwirkend zu lindern, ihnen seelischen und körperlichen Beistand zu leisten, ihre Sinne zu betäuben und die flammende Angst zu besänftigen, die ihnen im letzten Moment in den Augen steht.“ (S. 299)
In seinem dritten Abenteuer gerät der ehemalige Cop und Ex-Alkoholiker Dave Robicheaux wieder eher durch Zufall in eine schwierige Situation. Weil er sich seinen Problemen stellt und sie nicht einfach wie früher im Alkohol ersäuft, hat er es erneut mit skrupellosen Gangstern zu tun – mit dem Unterschied, dass sein Kumpel Cletus diesmal in den Diensten der Bösen steht.
James Lee Burke hat mit Dave Robicheaux einfach einen starken Charakter geschaffen, der nicht nur die Schrecken des Vietnamkrieges überwunden hat, sondern auch seine Alkoholsucht und den gewaltsamen Tod seiner Frau Annie. Auch wenn sie anfangs auf gegenüberliegenden Seiten stehen, ist es interessant zu sehen, wie sich Dave und Cletus, deren Wege sich nach ihrer gemeinsamen Zeit beim Morddezernat in New Orleans getrennt haben, wieder annähern, auch wenn der Weg bis dahin ebenso holprig wie blutig ist.
„Schmierige Geschäfte“ wartet mit einer Vielzahl interessanter Figuren, brutaler Action und coolen Dialogen auf, die dem raffinierten Plot die richtige Würze verleihen. Dazu beschreibt Burke das Leben in Louisiana wie kein Zweiter.
Leseprobe James Lee Burke -"Black Cherry Blues" (eBook-Ausgabe von Edel: eBooks)

Robert B. Parker – (Spenser: 39) „Spenser und der Cree-Indianer“

Dienstag, 2. Mai 2017

(Pendragon, 206 S., Tb.)
Der schwergewichtige Schauspieler Jeremy Franklin „Jumbo“ Nelson ist ein Kotzbrocken, wie er im Buche steht. Als er verdächtigt wird, die zwanzigjährige Dawn Lapota in seinem Bostoner Hotelzimmer bei experimentellen Sexspielchen erwürgt zu haben, setzt Polizeichef Martin Quirk den Privatdetektiv Spenser auf den Fall an, der wiederum von der Anwältin des Filmstudios bezahlt wird.
Laut Jumbos Aussage hat sich das Mädchen selbst erwürgt, als er selbst – voll mit Koks und Alkohol - die Toilette aufsuchen musste. Da sich außer ihm nur sein Bodyguard, der Cree-Indianer Zebulon „Z.“ Sixkill, zur Tatzeit in der Nähe befand, erhofft sich Spenser, von ihm den Tathergang geschildert zu bekommen. Er trainiert mit dem kräftig gebauten, aber untrainierten Indianer und gewinnt allmählich sein Vertrauen.
Wenig später machen Spenser und Sixkill die Bekanntschaft von zwei Männern, die die Investitionen, die die Mafia offensichtlich in Jumbos Filmgeschäfte getätigt hat, zu schützen. Um ihrem Ansinnen Nachdruck zu verleihen, schicken sie einen kompromisslosen Killer nach Boston. Davon sind weder Spenser noch seine Freundin Susan besonders begeistert, aber beide wissen, dass Spenser nicht der wäre, der er ist, wenn er vor drohender Gefahr kuschen würde …
Der 2010 verstorbene Robert B. Parker, der ganz offiziell in die Fußstapfen des großen Raymond Chandler treten durfte, hat 1973 mit „Die Schnauze voll Gerechtigkeit“ (aka „Das gestohlene Manuskript“) die Bühne für einen charismatischen Protagonisten namens Spenser geschaffen, der nicht nur auf eine Karriere als ehemaliger Schwergewichts-Profiboxer zurückblicken kann, sondern auch kurz bei der Polizei tätig gewesen ist. Mit „Spenser und der Cree-Indianer“ erscheint nun posthum der bereits 39. Band der erfolgreichen Reihe, die sogar als Vorlage für die beiden Fernsehserien „Spenser“ und „Hawk“ diente.
Wie üblich hält sich Parker nicht lang mit einer Einführung auf, sondern konfrontiert seinen Helden gleich mit dem prominenten Fall eines unter Mordverdacht stehenden Schauspielers, auf den die Mafia ein besonderes Auge hat. An seiner Seite entwickelt sich Jumbos ehemaliger Bodyguard Sixkill zu einem interessanten Sparringspartner nicht nur beim Training, sondern auch in den spritzigen Dialogen, die auch das Verhältnis zwischen Spenser und seiner langjährigen Freundin Susan Silverman prägen. Dazu gibt es kleine Einblicke in das Filmgeschäft und kursive Abschnitte, in denen mit vereinzelten Flashbacks der persönliche Hintergrund des Indianers aufgearbeitet wird.
Alles in allem bietet „Spenser und der Cree-Indianer“ einen rasanten Plot, bei dem weder handfeste Action noch packende Spannung und knackige Dialoge zu kurz kommen, faszinierende Figuren und auch ein wenig Gefühl:
„Ich saß da und dachte an Susan und mich und an unsere gemeinsame Zeit, was ich gerne tat. Ich hatte immer das Gefühl, es wäre völlig ausreichend, einfach mit ihr zusammen zu sein, und dass alles andere, gut oder schlecht, nur Hintergrundrauschen war.“ (S. 33)

Wallace Stroby – (Crissa Stone: 2) „Geld ist nicht genug“

Sonntag, 12. März 2017

(Pendragon, 336 S., Pb.)
1978 machten sechs Mafiosi richtig Kasse, als sie in das Lufthansa Cargo-Terminal am JFK-Flughafen marschierten und mit mindestens acht Millionen, nicht nachzuverfolgenden Dollar und Juwelen wieder herauskamen. Offensichtlich wurde einiges von dem Geld an die Bosse abgegeben, aber eine Menge blieb für die Mannschaft übrig. Allerdings wurden die Leute gierig. Jimmy „der Gent“ Burke, der das Ding durchzog, hatte immer einen Anteil an seinen Boss, Joey Dio, abdrücken müssen. Schon wenige Tage nach dem Job legten Jimmy und Joey die Beteiligten um, allein Benny Roth konnte rechtzeitig im Zeugenschutzprogramm untertauchen.
Nachdem nun aber auch Joey gestorben und das Geld von damals immer noch nicht aufgetaucht ist, macht sich nun Danny Taliferro mit ein paar Handlangern auf die Suche nach den verschwundenen Millionen und hat wenig Mühe, Benny ausfindig zu machen.
Zwar kann der mittlerweile 62-Jährige mit seiner viel jüngeren Freundin Marta gerade noch so fliehen, aber die nächste, sicherlich tödliche Konfrontation wird nicht lange auf sich warten lassen. Durch seinen alten Kumpel Jimmy lernt er die taffe Bankräuberin Crissa Stone kennen, Benny führt sie zum Anwesen von Joey Dios Geliebte, bei der er die Millionen im Safe vermutet, den Joey eigens im Keller einbauen ließ, doch bevor Benny und Crissa die Lage sondiert haben, sitzen ihnen schon wieder Taliferro und seine Jungs im Nacken …
„Sie war irritiert, wütend. Wieder etwas, das ihr weggenommen wurde. Zuerst der Schlamassel in South Carolina, dann Cavanaugh, jetzt das. Eine lange Kette von Pech. Ereignisse, die sie vorwärtstrieben, als wenn sie keine Kontrolle über sie hätte, keine Wahl, ihr Schicksal schon entschieden. Alles rutschte ihr weg, bevor sie es in Ordnung bringen konnte. Alles war auf dem Weg zur Hölle.“ (S. 172) 
Nach „Kalter Schuss ins Herz“ veröffentlicht der Bielefelder Pendragon-Verlag mit „Geld ist nicht genug“ den zweiten Roman um die charismatische Bankräuberin Crissa Stone, mit der der ehemalige Polizeireporter Wallace Stroby eine außergewöhnliche Figur geschaffen hat.
Stroby führt seine Protagonistin bei einem ihrer ganz speziellen Fähigkeiten ein, und das daraus resultierende Desaster macht deutlich, dass in Crissas Leben einiges im Argen liegt, ihr Lover Wayne sitzt noch im Gefängnis, ihre Tochter Maddie lebt bei einer Verwandten. Um mit Wayne und Maddie ein neues Leben anzufangen, braucht sie das gewisse Startkapital. Der Deal, den ihr Benny anbietet, klingt allzu verlockend, doch wenn die Mafia im Spiel ist, sind oft tödliche Komplikationen vorprogrammiert.  
Stroby beweist ein feines Händchen bei der Charakterisierung seiner Figuren, die er in einem äußerst realen Setting agieren lässt. Doch während Martin Scorsese aus dem spektakulären Lufthansa-Raub in seinem grandiosen Gangster-Epos „GoodFellas“ thematisierte, formt Stroby aus dem wahren Fall einen temporeichen Hardboiled-Thriller, der ohne Umschweife und unnötige Nebenhandlungen eine fesselnde Jagd nach den verschwundenen Millionen inszeniert.
Leseprobe Wallace Stroby - "Geld ist nicht genug"

James Lee Burke – (Dave Robicheaux: 13) „Straße der Gewalt“

Montag, 6. Februar 2017

(Pendragon, 520 S., Pb.)
In der Woche nach Labor Day versucht Dave Robicheaux, Detective der Mordkommission beim Iberia Parish Sheriff’s Department, den Mann zu finden, der vor drei Monaten seinen langjährigen Freund, den nicht ganz unbescholtenen Priester Jimmie Dolan, brutal zusammengeschlagen hat. Die erste Spur führt zu Gunner Ardoin, einem Crystal vertickenden Kleinganoven und Darsteller in einigen Pornos von Fat Sammy Figorelli, doch eine Bundesbeamte namens Clotile Arceneaux macht Robicheaux auf den Blues-Musiker Junior Crudup aufmerksam, der in den 1950er Jahren im Angola-Staatsgefängnis verschwunden ist. Doch bis er durch einen Mitgefangenen über Crudups unrühmlicher Geschichte in Kenntnis gesetzt wird, macht sich weiterhin Gewalt in den Straßen des ansonsten so ruhigen New Iberia breit.
Zunächst wird die minderjährige Tochter von Dr. Parks bei einem Autounfall getötet, nachdem ihr verbotenerweise in einem Daiquiri-Laden von Castille LeJeune Alkohol verkauft worden war. Dann wird der Pächter des besagten Ladens erschossen, die schlampig entsorgte Tatwaffe führt zu einem von LeJeunes Angestellten, Will Guillot.
Und schließlich wird ein Mafioso namens Frank Dellacroce ermordet, für den der Clan Robicheaux verantwortlich macht und der zwei skrupellose Killer auf ihn ansetzt. Unklar ist, wie Merchie und seine Frau Theo Flannigan ins Bild passen, ebenso der berüchtigte IRA-Killer Max Coll.
„Ich hatte meinen Arbeitsplatz mit der Bereitschaft verlassen, Merchie den Tag zu versauen, und nun hatte ich es geschafft, ihn in meinem Kopf mit seinem Schwiegervater in Verbindung zu bringen und den Grausamkeiten der Rassendiskriminierung von Louisianas Vergangenheit. Wo lag meine Motivation? Einfache Antwort: Ich musste nicht darüber nachdenken, dass ich Frank Dellacroce absichtlich in Max Colls Visier bugsiert hatte.“ (S. 211) 
Auch wenn Robicheaux immer wieder von seiner Chefin Helen zur Vorsicht angehalten wird, bringt er sich mit seinem alten Kumpel, dem mittlerweile in New Orleans als Privatermittler tätigen Clete Purcel, immer wieder in teils lebensbedrohliche Schwierigkeiten und bringt einmal die Reichen und Mächtigen so gegen sich auf, dass er das Ziel seiner Ermittlungen aus den Augen zu verlieren droht … Nachdem Robicheaux seine letzte Frau Bootsie beim Brand seines Hauses verloren hat und seine Adoptivtochter Alafair aufs College geht, ist er in seinem 13. Fall ziemlich auf sich allein gestellt, doch Frauen spielen nach wie vor eine nicht unbedeutende Rolle in „Straße der Gewalt“.
Als ehemalige Geliebte, wütend-trauernde Witwen oder taffe Cops sorgen sie immer wieder für dramaturgisch auflockernde Akzente. Charakteristisch ist aber vor allem die Gewalt, die wie zäher Schleim an Robicheaux und seinem Kumpel Clete zu kleben scheint und deren Spur die beiden durch die ganze Handlung ziehen.
Mit Rückblicken auf die Zeit in Vietnam und die Beziehung zwischen dem schwarzen Musiker Crudup und seiner weißen Gönnerin Andrea LeJeune wird der Plot ebenso aufgelockert wie durch die diversen Killer, deren Auftraggeber lange im Dunklen bleiben.
James Lee Burke gelingt es einmal mehr, den charismatischen Vietnam-Veteran, Anonymen Alkoholiker und Detective Dave Robicheaux durch eine undurchsichtige Handlung zu bugsieren und dabei jede Menge Prügel und deftige Sprüche einzuflechten. Das ist zwar alles allzu vertraut, aber da auch die Nebenfiguren interessant gezeichnet sind, die Story kaum Zeit zum Durchatmen lässt und die Landschaft wieder sehr eindringlich geschildert ist, vermag auch „Straße der Gewalt“ von der ersten bis zur letzten Seite zu fesseln.

James Lee Burke – (Dave Robicheaux: 2) „Blut in den Bayous“

Sonntag, 23. Oktober 2016

(Pendragon, 456 S., Pb./Edel:eBooks, 309 S., eBook)
Nachdem Dave Robicheaux seine Polizistenkarriere in New Orleans an den Nagel gehängt hat, verkauft er im Bayou südlich von New Iberia Fischköder und verleiht Boote, doch die Lust auf die Jagd nach Verbrechern ist ihm noch nicht vergangen. Als er und seine Frau Annie zum Krabbenfischen mit ihrem Boot zwischen den Pecan und Marsh Islands unterwegs sind, stürzt ein zweimotoriges Flugzeug in den Fluss. Robicheaux kann nur ein kleines Mädchen retten, alle anderen Insassen sind bei dem Unfall ums Leben gekommen.
Wie sich später herausstellt, war einer der Passagiere Johnny Dartez, der als Drogenkurier für Bubba Rocque tätig gewesen ist. Allerdings ist seine Leiche wenig später verschwunden und taucht in den offiziellen Berichten nicht auf. Robicheaux vermutet, dass die Einwanderungsbehörde ihre Finger in der Sache hat. Kaum nimmt der Ex-Cop eigene Ermittlungen auf, bekommt er Besuch von einem weiteren Typen, der mit Bubba Rocque Geschäfte macht, Eddie Keats, und einem Haitianer namens Toot, der Robicheaux ordentlich zusetzt. Doch eines Tages gehen Bubbas Schurken zu weit, und Robicheaux kehrt in den Polizeidienst zurück.
„Ich hatte von der Polizei in New Orleans meinen Abschied genommen, ich, der von Bourbonduft umhauchte edle Ritter, der von sich behauptet hatte, er könne die Heuchelei der Politiker und die enthemmte, brutale Hässlichkeit des Polizeidienstes in einer Großstadt nicht länger ertragen. Doch die schlichte Wahrheit war, dass ich Spaß daran hatte, dass mich mein Wissen um die Unzulänglichkeit der Menschen in einen gehobenen Zustand versetzte, dass ich die Langeweile und Berechenbarkeit der normalen Welt genauso verachtete, wie mein unheimlicher alkoholischer Stoffwechsel den Adrenalinstoß der Gefahr liebte … (S. 224f.) 
Zwar ist Robicheaux bei seinen weiteren Ermittlungen nun an die offiziellen Vorschriften gebunden, doch seine Gefühle gegenüber den mutmaßlichen Mördern lassen sich davon kaum beeinflussen. Immer wieder muss er sein wildes Temperament zügeln, um sich nicht zu dummen Provokationen hinreißen zu lassen …
Mit seinem zweiten Band um Dave Robicheaux, den ehemaligen Kripobeamtem und Ex-Alkoholiker aus New Orleans, hat James Lee Burke bereits seine Meisterschaft als Autor stimmungsvoller Kriminalliteratur untermauert. Sein Protagonist Dave Robicheaux ist ein charismatischer Antiheld, der in seinem Alltag immer wieder mit seinen eigenen tief in ihm sitzenden Dämonen zu kämpfen hat und bei seinem Bemühen, für Gerechtigkeit zu sorgen, gern die Grenzen des Gesetzes zu seinen Gunsten auslotet. Das sorgt ebenso für regelmäßige Gewissensbisse, Komplikationen mit den Frauen, mit denen er zu tun hat, und Zurechtweisungen durch Vorgesetzte und Gauner, die dem eigensinnigen Cop auch mal die Stirn bieten.
„Mississippi Delta“ wurde 1996 von Phil Joanou mit Alec Baldwin, Eric Roberts, Mary Stuart Masterson und Kelly Lynch in den Hauptrollen verfilmt und machte Hollywood auf einen bemerkenswerten Autor aufmerksam, der bis heute immer wieder mal Vorlagen für starke Südstaaten-Thriller bietet (zuletzt „In The Electric Mist“ mit Tommy Lee Jones).
Die Romanvorlage fasziniert mit ambivalent angelegten Figuren, einem emotional aufgeladenen Plot und einem furiosen Finale, das Lust auf die nächsten Robicheaux-Fälle macht.
Nachdem der zweite Robicheaux-Band lange Zeit vergriffen und in letzter Zeit nur als eBook unter dem Titel „Mississippi Delta – Blut in den Bayous“ erhältlich gewesen war, hat der Pendragon-Verlag in seinem ehrenwerten Engagement, die Reihe wieder in gedruckter Form wiederzuveröffentlichen, auch „Blut in den Bayous“ leicht überarbeitet und mit einem Nachwort zur Verfilmung ergänzt.
Leseprobe James Lee Burke - "Mississippi Delta - Blut in den Bayous"