Kjell Ola Dahl - „Schaufenstermord“

Montag, 15. Februar 2010

(Ehrenwirth, 508 S.)
Nach den beiden gefeierten schwedischen Krimi-Autoren Henning Mankell und Hakan Nesser ist der Norweger Kjell Ola Dahl der nächste große Wurf aus skandinavischen Gefilden, der die Leser mit skurrilen Morden und pfiffigen wie kauzigen Kommissaren erfrischt. Nach seinem Erstling „Sommernachtstod“ schickt Ola Dahl seine beiden Kommissare Gunnarstranda und Frank Frolich erneut auf Tätersuche in Oslo.
Der siebzigjährige Antiquitäten-Händler Reidar Folke Jespersen wird eines Morgens nackt im Schaufenster seines Geschäfts leblos aufgefunden, sorgfältig auf einem Stuhl drapiert und mit mysteriösen Schriftzeichen versehen. Schon bald entdecken die beiden liebenswürdigen Kommissare eine Vielzahl von Verdächtigen mit Motiven. Da ist einmal seine attraktive Frau Ingrid, die ein Verhältnis mit einem ihrer ehemaligen Tanzschüler hat, dem Reidar auf die Spur gekommen ist. Oder Reidars jüngere Brüder Arvid und Emmanuel, denen er beim Verkauf des Geschäfts ins Gehege gekommen ist. Oder Jonny Stokmo, ein ehemaliger Mitarbeiter, den der alte Mann fristlos entlassen hatte. Und was hat es mit der geheimnisvollen, schönen Frau auf sich, die der Ermordete kurz vor seinem Tod empfangen hatte? Gunnarstranda und Frolich kommen der Lösung des Falls aber erst auf die Spur, als sie tiefer in die Vergangenheit des Opfers tauchen. Ola Dahl hat einen fesselnden, vielschichtigen Krimi mit äußerst sympathischen Kommissaren geschrieben und braucht sich gewiss nicht hinter Mankell und Nesser zu verstecken.

Kjell Ola Dahl - „Lügenmeer“

(Ehrenwirth, 350 S., HC)
Allein die ansprechende wie einheitliche Covergestaltung (wie man sie ähnlich auch vom Kollegen Henning Mankell her kennt) verführt bei den Büchern des norwegischen Krimi-Autors Kjell Ola Dahl schon zum Kauf. Aber auch in literarischer Hinsicht bieten die Romane von Dahl stets spannendes Lesevergnügen. So wie Mankell seinen Kommissar Kurt Wallander und Håkan Nesser seinen Van Veeteren in der skandinavischen Krimi-Szene etabliert haben, ermittelt das ungleiche Gespann Gunnarstranda und Frølich nun schon zum dritten Mal.
Als die engagierte Journalistin Lise Fagernes vom „Verdens Gang“ in einem Osloer Parkhaus die Leiche einer jungen Frau entdeckt, deutet zunächst alles auf Selbstmord durch eine Überdosis Heroin hin. Bei der von Gunnarstranda eigenmächtig angeordneten Obduktion stellt sich jedoch heraus, dass Kristine Ramm aber zuvor mit Äther betäubt worden ist. Wenig später verschwindet auch ihr Freund, der aus Kenia stammende Stuart Takeyo, der dann aber im Laufe der Ermittlungen in Kenia gesichtet wird. Unabhängig voneinander machen sich Fagernes und Frølich auf die Reise nach Kenia, um Takeyo wegen des Mordes an Kristine Ramm zu befragen. Währenddessen stößt Gunnarstranda daheim in Oslo bei seinen Zeugenbefragungen auf ein schwer zu entwirrendes Lügengeflecht. Sicher scheint nur zu sein, dass der Mord an der jungen Frau und das Verschwinden von Takeyo mit einem Pharmakonzern zu tun hat, der mit einem – längst verbotenen – Heilmittel gegen AIDS viel Geld zu machen versucht. Spannende Katz-und-Maus-Hatz mit vielen Wendungen.

Walter Moers - „Rumo & Die Wunder im Dunkeln“

(Piper, 698 S., HC)
Wer bislang das Vergnügen gehabt hat, mit Käpt’n Blaubär und seinen Gefährten das wundersame Land Zamonien erkunden zu dürfen, wird sich freuen, dass es mit „Rumo & Die Wunder im Dunkeln“ endlich ein neues Abenteuer zu erleben gilt. Der kleine Wolpertingwelpe Rumo soll einmal der größte Held Zamoniens werden, aber davon weiß er natürlich noch nichts.
Zu Beginn seiner Geschichte ist er nur der auf einem kleinen Bauernhof von Fhernhachenzwergen verwöhnte Welpe, dessen Leben sich in dem Moment ändert, als er zwischen all den Gerüchen des ländlichen Lebens eines Morgens einen silbernen Faden riecht. Mit diesem Duft ist eine seltsame Unruhe und unbestimmte Sehnsucht verbunden. Doch bevor er sich auf die Witterung machen kann, wird er von einem Teufelsfelszyklopen in einen Sack gesteckt und auf den Teufelsfelsen verschleppt wird. In der Grotte der Gefangenen wird der junge Welpe erwachsen und stark. Mit der Haifischmade Smeik fasst er einen abenteuerlichen Fluchtplan und kann von dem teuflischen Felsen fliehen. Seinen silbernen Faden scheint Rumo in Wolperting in der schönen Rala gefunden zu haben, doch es gibt noch viele Kämpfe zu fechten, kuriose Wesen kennen zu lernen und Furcht erregende Abenteuer zu bestehen. Irgendwo zwischen Tolkien, Terry Pratchett und Michael Ende hat Walter Moers eine ganz eigene Welt kreiert, die vor witzigen und fantasiereichen Wesen und Abenteuern nur so sprüht. Willkommen in Zamonien!

Walter Moers - „Schamlos“

(Eichborn, 144 S., HC)
Seit über zehn Jahren belustigt und schockiert das Kleine Arschloch auf herrlich anarchistische Weise sein Publikum. Mit „Schamlos“ wird dem rotzfrechen Bengel ohne Schamgefühl und moralische Werte nun ein außergewöhnliches Denkmal gesetzt.
In unzähligen Comic-Strips und –Büchern und sogar einem Kinofilm ist der pubertäre Anarchist zu einem echten Star avanciert, der zwar auch die Sittenwächter auf den Plan rief, aber mit seinem unbekümmerten, hemmungslosen Charakter insgeheim unsere unterdrückten Fantasien zum Ausdruck bringt.
Die vorliegende Retrospektive bietet weniger die vielleicht zu erwartende „Best of“-Sammlung aus den mittlerweile zahlreichen „Kleines Arschloch“-Bänden. Zwar sind so einige Strips vertreten, auch der allererste, der bezeichnenderweise in einem Porno-Shop spielt, aber vor allem finden sich hier interessante Anekdoten, z.B. Walter Moers' Erinnerungen daran, wie er diese Figur erfunden hat, Faksimiles des Tagebuchs, in das das Kleine Arschloch seine unglaublichen Erlebnisse und Gedanken niederschreibt, Skurriles aus dem Merchandise-Bereich, Ausflüge in die Welt des Kleinen Arschlochs und die Kunst, letztlich auch sowohl überschäumende wie zerschmetternde Fanbriefe mit entsprechenden Antworten, unveröffentlichte Tagebuchnotizen und Zeichnungen, alles schön mit Kommentaren des Autors versehen, und als Gimmick gibt’s die „Kleine Arschloch“-Maske obendrein dazu. Statt einer lieblosen Zusammenstellung bekannten Materials bietet „Schamlos“ also durchaus neue und höchst vergnügliche Einblicke in die Welt des pubertierenden, pickligen, bebrillten Arschlochs.

Walter Moers - „Die Stadt der Träumenden Bücher“

(Piper, 464 S., HC)
Bereits mit Käpt’n Blaubär und dem Kleinen Arschloch hat uns Walter Moers zwei nicht mehr aus der deutschen Populärkultur wegzudenkende Kultfiguren geschenkt. Seit seinem Romandebüt „Die 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär“ hat sich Moers allerdings auch als ebenso fantasiebegabter Märchenerzähler erwiesen, der mit dem wunderbaren Zamonien eine ähnlich schillernde Fantasy-Welt erschuf wie Terry Pratchett mit seiner Scheibenwelt oder Neil Gaiman mit seinem Sandman-Universum. In seinem neuen Zamonien-Epos „Die Stadt der Träumenden Bücher“ gelangt der junge Lindwurmfeste-Bewohner Hildegunst von Mythenmetz in den Besitz eines mysteriösen Manuskripts, das ihm sein Dichtpate Danzelot von Silbendrechsler vermacht hat.
So macht sich der junge Dichter mit dem Manuskript auf nach Buchhaim, der legendären Stadt der Träumenden Bücher, in deren unterirdischen Labyrinthen allerlei antiquarische Schätze versteckt sind. Mythenmetz erwirbt in einem Antiquariat den abenteuerlichen Reiseführer „Die Katakomben von Buchhaim“ des legendären, seit fünf Jahren verschollenen Bücherjägers Colophonius Regenschein und macht sich so mit den Geheimnissen vor allem der Untenwelt vertraut, in der raffinierte, raffgierige und brutale Bücherjäger auf der Jagd nach den Schätzen der Goldenen Liste sind, seltenen Büchern wie „Das Blutige Buch“, „Die Dämonenflüche des Nokimo Norken“ oder das „Handbuch der gefährlichen Gesten“. Mythenmetz begegnet während seiner Suche nach dem Autor des geheimnisvollen Manuskripts so etlichen kuriosen Gestalten und hat natürlich unzählige Abenteuer zu bestehen, da sich bald herumspricht, von welch großer literarischer Qualität sein Manuskript ist… Walter Moers hat sich mit diesem literarischen Manifest und schillernden Märchen voller skurriler Figuren und unaussprechlicher Namen einmal mehr selbst übertroffen. Das nächste Zamonien-Abenteuer wird bereits mit Spannung erwartet.

Walter Moers - „Wilde Reise durch die Nacht“

(Eichborn, 208 S., HC)
Mit seinen ersten beiden Romanen „Die 13 1/2 Leben des Käpt’n Blaubär“ und „Ensel und Krete“ hat sich der Comic-Zeichner Walter Moers („Das kleine Arschloch“) sogleich in die Herzen von Märchen- und Fantasy-Fans geschrieben. Für seine neue Geschichte hat er sich eine ganz besondere Idee ausgedacht: Auf der Grundlage von 21 Kupferstichen von Gustave Doré, dem erfolgreichsten Illustrator des 19. Jahrhunderts, erzählt Moers die Geschichte des zwölfjährigen Gustave Doré, der eines Nachts als Kapitän bei einem verheerenden Siamesischen Zwillingstornado sein Schiff verliert und selbst fast zu Tode kommt.
Doch in letzter Minute lässt er sich auf ein Spiel mit dem Sensenmann ein, um seine Seele zu retten. Allerdings muss er sechs kaum zu bewältigende Aufgaben lösen und u.a. eine schöne Jungfrau aus den Klauen eines Drachen befreien, die Namen von drei Riesen erraten und dem Tod einen Zahn vom Schrecklichsten Aller Ungeheuer bringen. Moers schildert diese „wilde Reise durch die Nacht“ mit unglaublicher Fantasie, wie sie auf ähnliche Weise Comic-Autor Neil Gaiman mit seinen Romanen „Niemalsland“ und „Sternwanderer“ dokumentiert hat.

Lemony Snicket - Eine Reihe betrüblicher Ereignisse: "Der schreckliche Anfang (1)“ + „Das Haus der Schlangen (2)“ + „Der Seufzersee (3)“

Sonntag, 7. Februar 2010

(Manhattan, je ca. 180 S., HC)
Bereits die Tatsache, dass Lemony Snicket (das Pseudonym für den 34-jährigen Autor Daniel Handler) mit seiner bislang elf Bände umfassenden „Reihe betrüblicher Ereignisse“ erstmals die „Harry Potter“-Romane von der Spitze der Bestsellerliste der Kinderbücher der „New York Times“ verdrängen konnte, mag verdeutlichen, dass es neben dem allgegenwärtigen Potter-Fieber auch weitere interessante Kindergeschichten zu erzählen gibt. Im Zuge der auf den ersten drei Bänden basierenden, äußerst gelungenen Verfilmung von „Lemony Snicket“ mit dem wandlungsfähigen Jim Carrey in der Hauptrolle veröffentlicht der Manhattan-Verlag die schöne Kinderbuchreihe (an denen wie bei Harry Potter auch jung gebliebene Erwachsene ihre Freude haben werden) in handlicher, sehr schöner gebundener Ausführung.
In „Der schreckliche Anfang“ werden die drei Baudelaire-Kinder, die erfinderische Violet (14), der Büchernarr Klaus (12) und die kleine, mit vier scharfen Zähnen ausgestattete Sunny (4), eines Tages an der Kahlen Küste von Mr. Poe aufgesucht, der ihnen die schreckliche Mitteilung überbringen muss, dass sie ihre Eltern beim Brand ihres Hauses verloren haben. In ihrem Testament haben die geliebten Eltern bestimmt, dass die drei Waisen von ihrem Verwandten, Graf Olaf, adoptiert werden. Sehr schnell erfahren sie, dass Graf Olaf mit seiner unheimlichen Theatergruppe alles versucht, an das große Vermögen der Kinder zu kommen. Durch eine Heirat mit Violet könnte zum Beispiel Graf Olaf sofort über das Geld verfügen. Gelingt es den Kindern, den perfiden Plan des Bösewichts zu erkennen und zu durchkreuzen?
Nachdem sich Graf Olaf als unwürdiger Ziehvater erwiesen hat, kommen die Kinder zu Onkel Monty in „Das Haus der Schlangen“. Er plant gerade eine Expedition nach Peru und hat mit Stefano einen neuen Assistenten eingestellt, der sich – zum Schrecken der Kinder – als Graf Olaf entpuppt. Doch als Onkel Monty dem Schurken auf die Schliche kommt, ist es für ihn schon zu spät… Schließlich kommen die Waisen zu Tante Josephine, deren Haus gefährlich wacklig über dem „Seufzersee“ schwebt. Sie verlor ihren Mann Ike durch die blutrünstigen Seufzerseesauger und lebt in ständiger Angst vor weiteren Unglücken. Natürlich taucht einmal mehr Graf Olaf in Verkleidung auf und treibt die Familie in ein weiteres gefährliches Abenteuer… Trotz all der betrüblichen Ereignisse fesselt diese Reihe auch durch ihren feinen Humor und die sehr gefühlvolle Schilderung des Schicksals der Baudelaire-Waisen, die sich nie unterkriegen lassen.