Håkan Nesser - (Van Veeteren: 8) „Der Tote vom Strand“

Mittwoch, 17. Februar 2010

(btb, 352 S., HC)
In seiner schwedischen Heimat genießt Håkan Nesser schon längst einen Ruf als erstklassigen Schriftsteller, der sich hinter Henning Mankell keineswegs zu verstecken braucht. Auch hierzulande haben seine Romane um Kommissar Van Veeteren immer mehr an Popularität gewonnen. Schon die ersten beiden Kapitel seines neuen Romans demonstrieren, warum Nesser so geschätzt wird. Die einleitende Erklärung, dass einem jungen Mädchen der Schädel gespalten wurde, weil sie offensichtlich ihre Pläne geändert hatte, wird von einer kurzen Szene gefolgt, in der der Leser ein Stück weiter ins Geheimnis eingeweiht wird.
Die sechzehnjährige Winnie Maas trifft sich mit ihrem Freund am Strand, erzählt ihm von der Änderung ihrer Entscheidung, worauf dieser eine Idee hat. Szenenwechsel. Der achtzehnjährigen Mikaela soll an ihrem Geburtstag etwas mitgeteilt werden. Auch diesmal bleibt der Leser im Dunkeln. Schließlich soll die 32jährige Kommissarin Ewa Moreno an ihrem ersten Urlaubstag noch dem gerade gefassten Kleinverbrecher Lampe-Leermann ein Geständnis entlocken. Und schon sieht sie sich in einen äußerst mysteriösen Fall verwickelt, bei dem es nicht nur um die verschwundene Mikaela geht, die ihren Vater erstmals nach sechzehn Jahren in der psychiatrischen Anstalt besuchen wollte, sondern auch um zwei ungelöste Mordfälle. Die spannende Story gefällt auch durch den recht poetischen Stil, der das Buch zu einem echten Lesegenuss macht.

Henning Mankell - (Kurt Wallander: 8) „Die Brandmauer“

Dienstag, 16. Februar 2010

(Zsolnay, 576 S., HC)
Ähnlich wie Stephen King einst der Begeisterung für das Horror-Genre den Weg geebnet hat, ist es in den letzten Jahren vor allem dem schwedischen Autor Henning Mankell gelungen, ein breites Interesse an seiner liebenswerten Figur, den Polizeikommissar Kurt Wallander und seinen oft ungewöhnlich brutalen Fällen wachzurufen. Mittlerweile gesellen sich zu den oft gleichzeitig in den Bestsellerlisten befindlichen Krimis die dazu passenden Verfilmungen, wofür auch Mankells neuer Streich prädestiniert sein dürfte.
In „Die Brandmauer“ hat es der schwedische Spürhund gleich mit mehreren ungewöhnlichen Mordfällen zu tun: Ein penibler Mann wird bei einem Abendspaziergang vor einem Bankautomaten ermordet, seine Leiche aus der Pathologie gestohlen und wieder an den Tatort zurück befördert; zwei junge Mädchen überfallen einen Taxifahrer, töten ihn mit einem Küchenmesser und zeigen bei der Verhörung nicht die geringsten Schuldgefühle. Schließlich wird nach einem Stromausfall in ganz Schonen eine verkohlte Leiche in der Transformatorstation gefunden. Wallander kommt einem gewaltigen Computerverbrechen auf die Spur und erlebt dabei, wie sein zerrüttetes Privatleben ebenfalls in die Turbulenzen des schwierigen Falles hinein gezogen wird. Spannende Leseabende sind hier wie immer garantiert.

Henning Mankell - „Kennedys Hirn“

(Zsolnay, 400 S., HC)
Als die Archäologin Louise Cantor aus Griechenland zurückkehrt, um in Schweden einen Vortrag zu halten, will sie ihren 25-jährigen Sohn Henrik besuchen, findet ihn aber tot in seiner Stockholmer Wohnung vor. Doch an Selbstmord will sie trotz der Schlafmittelvergiftung nicht glauben, dazu war es in der Wohnung zu aufgeräumt, und Henrik schlief stets nackt und nicht im Schlafanzug, wie sie ihn vorfand. Für Louise beginnt eine Odyssee, die sie zunächst nach Australien führt, wo sie ihren untergetauchten Ex-Mann Aron sucht und findet.

Mit ihm gemeinsam versucht sie die Bedeutung der Unterlagen zu ergründen, die sie in Henriks Kleiderschrank zum Verschwinden von John F. Kennedys Hirn nach dessen Obduktion gefunden hat. Die Spur führt die beiden nach Barcelona, wo Henrik eine Wohnung unterhielt, dann verschwindet Aron spurlos, Louise zieht es nach Maputo in Mosambik. Da Henrik HIV-positiv war, vermutet Louise, hier die Ursache für Henriks Tod zu finden. Je mehr sie bei Henriks Freunden und Freundinnen nachfragt, umso mehr lernt sie, dass sie ihren Sohn nicht wirklich gekannt hat. Sie selbst muss aber erst einmal das Leben in Afrika und die Mentalität der armen und kranken Menschen verstehen und stößt schließlich auf ein namenloses Asyl für AIDS-Kranke …
Mankell hat, nachdem er mit den Kommissar-Wallander-Romanen abgeschlossen hat, einen packenden Roman geschrieben, der als Krimi getarnt vor allem die sozialen Probleme in Afrika beschreibt und damit auch das Versagen der Industrienationen anprangert.

 

 

Henning Mankell - „Vor dem Frost“

(Zsolnay, 544 S., HC)
Eigentlich hatte der schwedische Bestseller-Autor Henning Mankell den langjährigen Protagonisten seiner Kriminalromane, den kauzigen Kommissar Kurt Wallander, schon halbwegs „beerdigt“: nach seinem achten Fall, „Die Brandmauer“, sollte das Kapitel Kurt Wallander eigentlich abgeschlossen sein. Mankells letzter Krimi, „Die Rückkehr des Tanzlehrers“, führte bereits einen neuen Kommissar ein, den 37-jährigen Ermittler Stefan Lindman. Mit „Vor dem Frost“ schließt sich der Kreis. Kurt Wallanders Tochter Linda, die ihrem Vater am Ende von „Die Brandmauer“ erklärte, selbst Polizistin werden zu wollen, kommt nach ihrer Ausbildung als Polizeianwärterin ans Polizeipräsidium von Ystad.
Noch bevor sie ihren Dienst dort antritt, verschwindet ihre Freundin Anna, die ihr gerade noch erzählt hatte, ihren lange verschwundenen Vater in Malmö gesehen zu haben. Als Linda in Annas Wohnung nach Spuren sucht, entdeckt sie Annas Tagebuch und darin den Namen der Kulturgeographin Birgitta Medberg, deren Vespa Linda daraufhin in einem Busch versteckt auffindet. Ein Suchtrupp findet schließlich den Kopf und die in Gebetshaltung abgehackten Hände der Frau. Zu allem Überfluss fallen brennende Schwäne vom Himmel, werden eine Tierhandlung und ein Kalb in Brand gesetzt. Dass Linda auf eigene Faust ermittelt, behagt ihrem Vater dabei ebenso wenig wie die Tatsache, dass sie sich in Stefan Lindman verliebt, der aus Boras nach Ystad gekommen ist. Auf gewohnt packende und realitätsnahe Weise schildert Mankell vor dem Hintergrund eines weltweit vorhandenen religiösen Fanatismus einen komplizierten Mordfall und eine nicht minder einfache Vater-Tochter-Beziehung.

 

Henning Mankell - (Kurt Wallander: 9) „Wallanders erster Fall“

(Zsolnay, 477 S., HC)
Dem Wunsch unzähliger Leser folgend, die die Vorgeschichte des zur Zeit wohl populärsten literarischen Kommissars, Kurt Wallander, in Erfahrung bringen wollten, bevor er als bereits gestandener Kriminalist erstmals mit „Mörder ohne Gesicht“ das Licht der Öffentlichkeit erblickte, hat der schwedische Autor Henning Mankell alle Geschichten zusammengetragen, die er in den letzten Jahren immer mal wieder sporadisch über Wallanders frühen Jahre verfasst hatte.
„Wallanders erster Fall“ ist also nur der Beginn von insgesamt fünf mehr oder weniger kniffligen Fällen, die hier versammelt sind. In der eröffnenden Titelgeschichte begegnet uns Wallander als junger Polizist von 21 Jahren, der kurz davor stand, seine Freundin Mona zu heiraten, und wir lernen den bereits kauzigen Vater kennen, zu dem Wallander offensichtlich schon immer ein schwieriges Verhältnis hatte. Eines Abends wird Wallander in seiner Wohnung von einem Knall aufgeschreckt. 
Wie sich herausstellt, ist in der Nachbarswohnung der pensionierte Seemann Artur Halen erschossen worden. Während der Ermittlungen macht Wallander durch sein kriminalistisches Geschick auf sich aufmerksam, handelt aber auch unvorsichtig, was er fast mit dem Leben hätte bezahlen müssen. Die andere längere, interessante Geschichte ist „Die Pyramide“, in der Wallander den Absturz eines nicht registrierten Flugzeugs und den Tod zweier alter Frauen untersucht, die ein Handarbeitsgeschäft leiteten, offensichtlich aber auch etwas mit den Drogentransporten des Flugzeugs zu tun hatten.

 

Helene Tursten - „Tod im Pfarrhaus“

(btb, 352 S., HC)
Jacob Schyttelius, ein junger Lehrer, wird in dem Ferienhaus seiner Eltern von Kommissar Sven Andersson und seiner Kollegin Irene Huss erschossen aufgefunden, nachdem sie vom Rektor der Schule über dessen Verschwinden informiert wurden. Merkwürdig ist das mit dem Blut des Toten auf dem Computerbildschirm gezeichnete, von einem Kreis umrandete Pentagramm. Als die beiden Göteburger Kommissare seinen Eltern, das Pfarrer-Ehepaar Sten und Elsa Schyttelius, die Nachricht über den Tod ihres Sohnes überbringen wollen, werden auch sie erschossen in ihren Betten aufgefunden.
Im Arbeitszimmer des Pfarrers findet sich wiederum das bekannte Pentagramm in Blut auf dem PC-Monitor. Eine Untersuchung der Computer ergibt, dass alle Daten von der Festplatte gelöscht worden sind. Hängen die Morde mit den satanistischen Aktionen in der Gemeinde zusammen, denen der Pfarrer intensiv auf die Spur zu kommen versuchte? Oder spielt sich hier eine Familientragödie ab? Irene Huss macht sich auf den Weg nach London, wo Jacobs Schwester, die Computer-Spezialistin Rebecka Schyttelius, lebt und momentan wegen schwerer Depressionen behandelt wird. Während ihre Kollegen in Schweden mit dem Satanisten-Verdacht nicht weiterkommen, glaubt Irene, dass Rebecka und ihr Umfeld in London tiefer in den Fall verstrickt sind als angenommen. Spannender Schweden-Krimi in bester Tradition von Henning Mankell und Hakan Nesser.

Kjell Ola Dahl - „Sommernachtstod“

Montag, 15. Februar 2010

(Ehrenwirth, 480 S., HC)
Der Erfolg von Henning Mankells Krimis um Kommissar Kurt Wallander beschert mittlerweile auch weiteren Krimi-Autoren aus dem skandinavischen Raum hierzulande eine erhöhte Aufmerksamkeit. Mit einem kniffligem Fall hat es zum Beispiel auch der norwegische Kriminalhauptkommissar Gunnarstranda in „Sommernachtstod“ zu tun. Zunächst wird die attraktive Reisebüroangestellte Katrine am Samstagnachmittag kurz vor Feierabend im Geschäft von einem heruntergekommenen älteren Mann körperlich angegriffen, dann fühlt sich ihr eifersüchtiger Freund Ole von ihr betrogen, und auf der Party von Björn und Annabeth Gerhardsen bedrängt sie auch noch der Gastgeber.
Nachdem sich die Party-Gesellschaft allmählich aufgelöst und Katrines Freund mit anderen Gästen noch auf den Weg in die Stadt gemacht hat, lässt sich Katrine von Henning abholen, einem Freund, mit dem sie hin und wieder auch mal intim geworden ist – so auch diese Nacht. Als Katrine am nächsten Tag erdrosselt und nackt aufgefunden wird, macht sich nicht nur Henning durch seine unstimmige Aussage verdächtig, auch ihr Freund Ole verschweigt zunächst, dass er mit einer anderen Frau in der besagten Nacht zusammen war. Kompliziert wird die Geschichte, als auch Henning in der Wohnung seines Bruders tot aufgefunden wird. Selbstmord? Gunnarstranda und sein Kollege Frank Frölich dringen immer tiefer in ein weit verzweigtes Labyrinth aus Lügen, Affären und Intrigen. Raffinierter Krimi mit überraschenden Wendungen und kauzigen Kommissaren.