Karin Slaughter - (Grant County: 4) „Schattenblume“

Mittwoch, 16. Dezember 2009

(Wunderlich, 480 S., HC)
Gerade als die Kinderärztin und Gerichtsmedizinerin Sara Linton ihren Freund, Chief Jeffrey Tolliver, im Büro aufsucht, um ihre Beziehungsprobleme zu erörtern, und der junge Cop Brad Stephens eine Gruppe von Schulkindern durch die Räume des Polizeireviers von Heartsdale führt, stürmen zwei maskierte Gangster ins Revier, knallen den erstbesten Polizisten ab und nehmen die Kinder und alle anderen Personen als Geiseln.
Derweil versuchen Frank, der noch rechtzeitig flüchten konnte, und die gerade erst zum Polizeidienst zurückgekehrte Lena mit Hilfe des Georgia Bureau Of Investigation, die Geiselnahme zu einem unblutigen Ende zu führen und die Motive der Gangster zu ergründen. Die liegen nämlich in der mehr als zehn Jahre zurückliegenden Vergangenheit, als Jeffrey und Sara gerade erst ein Paar wurden und in Jeffreys Heimatstadt Sylacauga ein paar Tage Urlaub machen wollten. Doch der Aufenthalt wird von einigen Morden überschattet, in die Jeffreys bester Freund Robert verwickelt zu sein scheint …
Im vierten, wiederum extrem spannenden und wendungsreichen Abenteuer von Jeffrey Tolliver und Sara Linton erfährt der Leser endlich etwas über den schwierigen Beginn der problematischen Beziehung zwischen den beiden Protagonisten. Und dann verwundert es einen nicht mehr, dass die Ereignisse von 1991 noch immer wie ein dunkler Schatten über den beiden liegt …

Karin Slaughter - (Grant County: 2) „Vergiss mein nicht“

(Wunderlich, 508 S., HC)
Das Wiedersehen zwischen Jeffrey Tolliver, dem Polizeichef der Kleinstadt Heartsdale, und seiner Ex-Frau, der Kinderärztin und Pathologin Sara Linton, auf der Rollschuhbahn wird jäh unterbrochen, als Tolliver zu einem Einsatz direkt vor der Bahn gerufen wird. Dort droht die 13-jährige Jenny den sechzehnjährigen Herzensbrecher Mark Patterson zu erschießen. Bevor es dazu kommt, ist Tolliver gezwungen, das Mädchen niederzustrecken.
Derweil entdeckt Dr. Linton ein Neugeborenes auf der Toilette, auf der ihr zuvor Jenny begegnet war. Doch die Blutanalyse und Jennys Autopsie bringen Schreckliches zutage. Das Kind ist nicht von Jenny, deren Körper nicht nur von selbst zugefügten Schnittwunden übersät ist, sondern die auch brutal vergewaltigt und deren Vagina vor gut einem halben Jahr zugenäht worden ist. Niemand, nicht mal Jennys Mutter oder Sara selbst, die Jennys Ärztin gewesen ist, ahnten etwas von den schrecklichen Leiden des Mädchens. Doch auf der Suche nach Erklärungen tut sich die Polizei schwer. Erst als Tolliver seine alkoholabhängige Mutter im Krankenhaus von Sylacauga besucht und bei einem Treffen mit Highschool-Freunden auf einen Fremden trifft, der auf der Hand die gleiche Tätowierung wie Mark Patterson aufweist, wird das ganze Ausmaß des Dramas deutlich…
Schonungsloser und extrem spannender Kleinstadt-Thriller, der unverblümt die finstersten Abgründe der menschlichen Seele aufzeigt.

Cody McFadyen – (Smoky Barrett: 4) „Ausgelöscht“

(Lübbe, 459 S., HC)
Smoky Barrett, Koordinatorin für das US-Bundesamt zur Analyse von Gewaltverbrechen beim FBI, verbringt mit ihrem Lebensgefährten Tommy gerade ein paar unbeschwerte Tage auf Hawaii, ehe sie in Los Angeles schnell wieder der brutale Alltag einholt. Vor dreieinhalb Jahren wurde Smoky Opfer eines abscheulichen Verbrechens, als der Psychopath Joseph Sands ihren Mann Matt zu Tode folterte, sie selbst vergewaltigte und verstümmelte und schließlich ihre Tochter Alexa als Schutzschild benutzte, als Smoky den Peiniger ihrer Familie erschoss.
Doch als wäre dieses Erlebnis nicht schon traumatisch genug gewesen, musste Smoky den Verlust ihrer besten Schulfreundin Annie King betrauern, deren Tochter Bonnie sie schließlich adoptierte. Zurück in L.A. nimmt Smoky als Trauzeugin an der Hochzeit ihrer Freundin und Kollegin Callie Thorne teil, als Smoky eine beunruhigende SMS mit der Botschaft „Ich bin ganz nah. Und ich habe ein Geschenk für Sie, Special Agent Barrett“ erhält. Wenig später fährt ein schwarzer Mustang vor und wirft eine halbnackte Frau auf den Asphalt. Wie die Ermittlungen ergeben, handelt es sich um die Polizistin Heather Hollister, die vor acht Jahren spurlos verschwunden ist und von ihrem Mann vor kurzem für tot erklärt wurde, worauf er ihre stattliche Lebensversicherung kassieren konnte. 
Wie Smokys Team herausfindet, wollte sich Heather vor ihrer Entführung scheiden lassen, so dass ihr Mann nach wie vor als Tatverdächtiger gilt – im Gegensatz zu Heathers Geliebtem Jeremy Abbott, der in derselben Nacht verschwand wie Heather. Mit dem damals ermittelnden Detective Daryl Burns versuchen Smoky & Co Heather zu befragen, doch leider kann sie sich an absolut nichts erinnern. Dafür geraten Smoky und ihr Team selbst unvermittelt ins Visier des Killers, der den meisten seiner Opfer durch Lobotomie jeglicher Erinnerungen und Persönlichkeit beraubt …
Mit Smoky Barrett hat der amerikanische Autor Cody McFadyen eine sympathische Heldin erschaffen, die dermaßen qualvolle Erfahrungen machen musste, an denen die meisten Menschen höchstwahrscheinlich zerbrochen wären. Doch angetrieben von dem starken Verlangen, anderen Menschen das Leben zu retten, zählt sie zu den besten Ermittlern beim FBI und kann sich hervorragend in die Psyche der grausamen Serientäter hineinversetzen.  
McFadyen schildert die schwierigen Ermittlungen auf extrem spannende Weise und vor allem psychologisch sehr eindringlich und einfühlsam, so dass der Leser nie Smokys aufwühlendes Seelenleben aus den Augen verliert. 
Wie seine Vorgänger ist „Ausgelöscht“ mit einer hypnotischen Sogkraft ausgestattet, bei dem das grausame Geschehen immer von interessanten wie beunruhigenden Emotionen und Gedanken unterfüttert wird. Diese Qualität macht den vierten Smoky-Barrett-Roman schon jetzt zu einem der absoluten Thriller-Highlights des Jahres!

Dan Brown - (Robert Langdon: 2) „Sakrileg“

Dienstag, 15. Dezember 2009

(Lübbe, 605 S., HC)
Nachdem Robert Langdon, Harvard-Professor für religiöse Symbolologie, in Dan Browns erstem Bestseller „Illuminati“ seinen erfolgreichen Einstand feiern durfte, schaffte es auch sein neues Abenteuer, „Sakrileg“, innerhalb kürzester Zeit auf Platz 1 der Bestsellerlisten. Schließlich versteht es der amerikanische Autor Dan Brown mit seinen Büchern perfekt, einige der interessantesten Aspekte aus der Kirchen- und Kunstgeschichte in packenden Thriller zu beleuchten. In „Sakrileg“ geht es dabei um nicht weniger als das Bemühen der katholischen Kirche und der ultrakonservativen Sekte Opus Dei, die Heilsgeschichte, wie sie in den vier Evangelien des Neuen Testaments geschrieben stehen, mit allen Mitteln als die einzige Wahrheit zu verteidigen.
Vor allem wird dabei die Prieuré de Sion, die 1099 gegründete Orden der Bruderschaft von Sion, bekämpft, die sich der Behütung des Heiligen Grals verschrieben hat, aber plant, zu einem bestimmten Zeitpunkt ihr mächtiges Geheimnis zu lüften. Als Langdon nach Paris zu einem Vortrag eingeladen wird, wird mit Jacques Saunière, dem Museumsdirektor des Louvre, der Großmeister des Ordens, ermordet aufgefunden. In den wenigen Minuten, die ihm noch blieben, bis er an der Bauchschusswunde sterben sollte, hinterließ er eine merkwürdige Nachricht. Zusammen mit Saunières Enkeltochter, der Kryptologin Sophie Neveux, macht sich der des Mordes an Saunière verdächtige Langdon auf eine aufregende Schnitzeljagd, bei der sie dem Geheimnis des Heiligen Grals gefährlich nahe kommen…
Sicherlich entsprechen einige von Dan Browns kunsthistorischen und religionsgeschichtlichen Deutungsversuchen nicht immer dem wissenschaftlichen Konsens, aber seine gewagten Thesen regen auf jeden Fall zum Nachdenken und Diskutieren an und sind vor allem in absolut spannende Thriller verpackt.

Minette Walters - „Der Außenseiter“

(Goldmann, 512 S., HC)
Als sich die beiden dreizehnjährigen Mädchen Cill und Lou eines Nachmittags im Mai des Jahres 1970 von drei halbstarken Jungs aus dem Ortszentrum von Highdown, Bournemouth, in den Colliton Park mitnehmen ließen, endete das kokette Spiel der Mädchen damit, dass Cill von den drei Jungen mehrmals vergewaltigt wurde, während die dünnbrüstige Lou verschont blieb. Mit der Freundschaft zwischen den beiden Mädchen war es dann vorbei.
Der Fall wurde der Polizei zwar bekannt, die Täter wurden aber nie gefasst, Cill verschwand daraufhin spurlos … Einen Monat später wird in Bournemouth die 57-jährige Grace Jeffries brutal ermordet in ihrer Wohnung aufgefunden. Verdächtigt wurde ihr geistig zurückgebliebener Enkel, der zwanzigjährige Howard Stamp, der bereits in der Schule auffällig gewesen ist und nach einer 36-stündigen Befragung durch die Polizei ein Geständnis ablegte und im August 1971 verurteilt wurde. Die lebenslange Haftstrafe hat Stamp aber nicht vollends verbüßt. Er nahm sich im Gefängnis das Leben. Als dem Anthropologen Dr. Jonathan Hughes dreißig Jahre später die Prozessakten in die Hände fallen, befasst er sich in seinem Buch „Kranke Seelen“ über Justizirrtümer und Fehlurteile auch mit dem Fall Howard Stamp. Die resolute Stadträtin George Gardener ist ebenfalls von der Unschuld Stamps enttäuscht und macht sich mit Hughes gemeinsam daran, den Fall neu aufzurollen. Interessant wird es, als die beiden herausfinden, dass das verschwundene Mädchen von damals, Cill Trevelyan, von der noch immer jede Spur fehlt, mit Howard Stamp und Grace Jeffries befreundet gewesen war. Als das ungleiche Ermittlerpaar eine Verbindung zwischen beiden Fällen herzustellen versucht, kommt es einer raffinierten Intrige auf die Spur … Extrem spannender und psychologisch packender Thriller der britischen Autorin.

Dan Brown - „Diabolus“

Montag, 14. Dezember 2009

(Lübbe, 524 S., HC)
Nach seinen beiden Geheimbund-Thrillern „Illuminati“ und „Sakrileg“, mit denen Dan Brown weltweit monatelang die obersten Plätze der Bestseller-Listen belegte, scheint dem Titel nach auch sein neuster Streich, „Diabolus“, im Milieu geheimnisvoller Bruderschaften zu spielen. Doch „Diabolus“ bezeichnet keine teuflische Sekte, sondern ein Codierungs-Programm, das selbst TRANSLTR, den Super-Computer der kryptographischen Abteilung des US-Geheimdienstes NSA, überfordert. Während dieser geheime Computer bislang innerhalb weniger Minuten jeden erdenklichen Code dechiffrieren und damit schon etliche Anschläge auf die Sicherheit der USA vereiteln konnte, rechnet TRANSLTR nun schon über 18 Stunden an „Diabolus“. Sein Erfinder, das ehemalige NSA-Genie Ensei Tankado, will diesen Code der Allgemeinheit zugänglich machen und so seinen verhassten ehemaligen Arbeitgeber bloßstellen. Bevor er den Entschlüsselungscode jedoch meistbietend verkaufen kann, wird er in Sevilla ermordet.
Die NSA schickt den Fremdsprachenspezialisten David Becker nach Sevilla, um Tankados Ring, auf dem der Code eingraviert ist, in die USA zurückzubringen, doch der Ring ist bereits durch viele Hände gegangen und scheint nicht mehr aufzufinden zu sein. Währenddessen versucht Susan Fletcher, Davids Verlobte und Chefin der kryptographischen Abteilung der NSA, den Mittelsmann ausfindig zu machen, der nach Tankados Tod die Verhandlungen über den Key führt. Dabei stößt sie bald auf eine entsetzliche Überraschung… Auch mit seinem neuen Werk gönnt Dan Brown seinen Lesern keine Atempause. „Diabolus“ ist ein rasanter, packender Thriller, den man ungern aus der Hand legt, bevor man die letzte Seite erreicht hat.

Jeffery Deaver – (Kathryn Dance: 2) „Allwissend“

Montag, 7. Dezember 2009

(Blanvalet, 543 S., HC)
Am Abend des 25. Juni entdeckt ein Streifenpolizist auf dem Highway 1 bei Monterey ein Kreuz am Straßenrand, wie zum Gedenken an einen tödlichen Autounfall – allerdings steht auf dem von roten Rosen umgebenen Kreuz kein Name, dafür aber das Datum des folgenden Tages. Tatsächlich entkommt am nächsten Abend Tammy Foster nur knapp dem Tode, als sie von ihrem Entführer in den Kofferraum eines Wagens gesperrt und das Auto am Strand stehengelassen wurde, wo der Kofferraum allmählich von der Flut überschwemmt wurde. Doch das Wasser stieg nicht so hoch, dass die beliebte Cheerleaderin von der Robert Louis Stevenson Highschool hätte ertrinken können.
Als Kathryn Dance, Kinesik-Expertin des California Bureau of Investigation, zusammen mit Detective Michael O’Neil vom Monterey County Sheriff’s Office die Ermittlungen aufnimmt, führt Tammys Laptop zu einem populären Blog namens „The Chilton Report – Die moralische Stimme Amerikas“, in dem sich Tammy abfällig über einen mutmaßlichen Unfallfahrer geäußert hat, der bereits zwei Mädchen auf dem Gewissen hat, die mit ihm im Auto gesessen haben. Nachdem auch andere User des Blogs über Travis Brigham hergezogen sind, befürchten Kathryn und ihre Kollegen weitere Racheakte von Tammys verleumdetem Mitschüler. Doch der taucht plötzlich mit der Pistole seines Vaters bewaffnet unter. Sorgen macht Kathryn aber auch die Anklage gegen ihre Mutter Edie, der vorgeworfen wird, in dem Krankenhaus, in dem sie arbeitet, einem schwerverletzten Patienten Sterbehilfe geleistet zu haben …
Nach „Die Menschenleserin“ legt Jeffery Deaver mit „Allwissend“ den zweiten Roman um seine neue Protagonistin Kathryn Dance vor, die Deavers Hauptermittler-Duo Lincoln Rhyme und Amelia Sachs bereits bei einem Fall ausgeholfen hatte. In „Allwissend“ ist sie aber nicht nur beratend tätig, sondern als leitende Ermittlerin bei einem Fall unterwegs, der sich mit den virtuellen Welten des Internets befasst, Mobbing-Attacken in Online-Foren, Spielsucht bei Online-Rollenspielen und den sozialen Auswirkungen der wachsenden Abhängigkeit Jugendlicher im virtuellen Raum. Deaver schildert die Problematik auch für Laien verständlich und wie gewohnt äußerst spannend mit vielen Wendungen bis zu einem überraschenden Schluss. Sicher nicht der beste Thriller aus Deavers Feder, aber mit Kathryn Dance hat der Bestseller-Autor eine faszinierende Figur geschaffen, die sich nahtlos in die Reihe von Patricia Cornwells Kay Scarpetta , Kathy Reichs Tempe Brennan, Karin Slaughters Sara Linton und James Pattersons Club der Ermittlerinnen einfügt. Interessanterweise gibt es den „Chilton Report“ tatsächlich, und Jefferys Deavers Schwester ist dessen Webmasterin …

Ethan Hawke - „Aschermittwoch“

Samstag, 5. Dezember 2009

(Kiepenheuer & Witsch, 317 S., HC)
Jimmy Heartsock sieht eigentlich wie der geborene Verlierer aus. Das wird ihm selbst sehr deutlich, als er im Auftrag seines Lieutenants einer Frau beibringen muss, dass ihrem Mann bei einer Schießerei der Kopf weggeschossen wurde. Total vollgekifft leiert Jimmy den offiziellen Text ohne jegliche Anteilnahme runter. Schwerer wiegt für ihn allerdings der Umstand, dass er ohne triftigen Grund mit seiner Freundin Christy Schluss gemacht hatte. Dabei war sie das Beste, was ihm in seinem armseligen Leben passiert ist.
Christy macht sich daraufhin schwanger mit dem Greyhound-Bus nach Texas zu ihrer Familie. Jimmy fährt ihr hinterher und macht ihr einen Heiratsantrag, den Christy sogar annimmt. Abwechselnd aus der Perspektive von Jimmy und Christy erzählt, wird der Leser Zeuge einer ganz besonderen Odyssee, die das junge Paar nicht nur durch Manhattan, Cincinatti und New Orleans bis nach Houston führt, sondern auch durch die schwierigen Familienverhältnisse, in denen die beiden aufgewachsen sind, durch die problematische Vergangenheit, durch all ihre Ängste und Hoffnungen, Träume und Enttäuschungen. Der bekannte Schauspieler Ethan Hawke („Große Erwartungen“, „Gattaca“, „Schnee der auf Zedern fällt“) erzählt in seinem zweiten Roman mit viel Humor und großem Einfühlungsvermögen eine hinreißende Liebesgeschichte zweier junger Menschen, die sich erst einmal selbst finden müssen, um den Mut für ein gemeinsames Leben aufbringen zu können.

Jeffery Deaver - (Lincoln Rhyme: 6) „Das Teufelsspiel“

Freitag, 4. Dezember 2009

(Blanvalet, 511 S., HC)
Als die sechzehnjährige Geneva Settle in der Bibliothek des Museums für afroamerikanische Kultur und Geschichte in Midtown Manhattan über einem Artikel über die Verfolgung ihres Verwandten Charles Singleton aus dem Jahre 1868 sitzt, wundert sie sich über verdächtige Geräusche. Doch der ihr auflauernde Täter drischt mit seinem Baseballschläger nur auf eine verkleidete Puppe ein, Geneva nutzt das Täuschungsmanöver zur Flucht. Als Amelia Sachs und der vom Hals abwärts gelähmte Kriminalist Lincoln Rhyme von dem Fall erfahren, geht man noch von einer versuchten Vergewaltigung aus, doch die am Tatort gefundene Tarotkarte „Der Gehängte“ lässt auf ein anderes Motiv schließen.
Während der Spurensicherung wird auch der Bibliothekar erschossen. Den Ermittlern wird schnell klar, dass es sich um einen Auftragskiller handelt, der einfach keine Spuren hinterlässt, aber Geneva auch unter Polizeischutz nach wie vor auszuschalten versucht und dabei auch unschuldige Opfer bewusst in Kauf nimmt. Doch je näher die Polizei dem Killer auch auf die Spur kommt, desto mehr wird das tatsächliche Motiv unklar. Erst der an einem späteren Tatort gefundene Diamantenstaub bringt die Ermittler auf die richtige Spur. Doch bis zur Ergreifung des geschickten Täters müssen noch etliche Hinweise verfolgt werden … Gewohnt wendungsreicher, extrem spannender Psychothriller, der zum Ende hin vielleicht etwas übertrieben viele Haken schlägt.

Jeffery Deaver - (Lincoln Rhyme: 7) „Der gehetzte Uhrmacher“

Donnerstag, 3. Dezember 2009

(Blanvalet, 512 S., HC)
Nicht zuletzt durch die kongeniale Verfilmung ihres ersten gemeinsamen Falls „Der Knochenjäger“ mit Denzel Washington als körperlich schwerstbehindertes Ermittler-Genie Lincoln Rhyme und Angelina Jolie als taffe Spuren-Expertin Amelia Sachs ist das Duo auch einer breiten Leserschaft bekannt geworden. In ihrem mittlerweile siebten Fall haben es die beiden mit einem raffinierten Killer zu tun, der sich selbst der „Uhrmacher“ nennt und an den ersten beiden Tatorten an einem Pier und in einer dunklen Seitengasse am Broadway jeweils ein Gedicht und eine Uhr zurückgelassen hat.
Als der Verkäufer der Uhren endlich ausfindig gemacht werden kann, müssen Rhyme und Sachs feststellen, dass der Uhrmacher gleich zehn Exemplare dieser außergewöhnlichen Uhr bestellt hat – doch wo liegt die Verbindung zwischen den Opfern? Zum Glück bekommt das geniale Ermittler-Duo tatkräftige Unterstützung von dem engagierten Neuling Pulaski und Kathryn Dance, einer Spezialistin für Körpersprache. Die Ermittlungen werden aber durch Sachs’ Entdeckung gestört, dass ihr Vater offensichtlich ein korrupter Polizist gewesen ist, weshalb auch sie unter polizeilicher Beobachtung steht, zumal sie vor kurzem noch mit einem Gangster liiert gewesen ist. Doch der Uhrmacher sucht unerbittlich ein Opfer nach dem nächsten auf und verdeckt dabei gekonnt die Spuren zu seinem eigentlichen Ansinnen … Deavers Thriller zählen zu recht zu den besten, die das Genre hervorbringt. Auch „Der gehetzte Uhrmacher“ bietet wieder atemlose Spannung bis zur letzten Seite!

Jeffery Deaver - (Lincoln Rhyme: 5) „Der faule Henker

Mittwoch, 2. Dezember 2009

(Blanvalet, 480 S., HC)
In einer New Yorker Musikschule stirbt ein junges Mädchen qualvoll durch eine Strangulation, bei der ihre Hände auf dem Rücken gefesselt und ihre Füße mit einem Strick um den Hals verknüpft sind. Obwohl zwei Polizeibeamtinnen den mutmaßlichen Täter in einem Raum ohne Fluchtmöglichkeiten ausmachen können, verschwindet dieser spurlos. Als Amelia Sachs, die gerade ihre Prüfung zum Detective Sergeant abgelegt hat, den Tatort nach Spuren absucht, fallen ihr nicht nur die um exakt 8 Uhr zertrümmerte Armbanduhr des Opfers, sondern auch einige merkwürdige Utensilien auf, die üblichem Zaubereibedarf entstammen. Genau vier Stunden später wird ein Maskenbildner in seiner Wohnung auf einem Tisch zersägt aufgefunden. Diesmal schaffte es der Täter, zwei Schlösser innerhalb kürzester Zeit zu knacken.
Auch diesmal verweist der Mord auf einen typischen Illusionistentrick. Lincoln Rhyme, der querschnittsgelähmte Ermittler, den wir mit Amelia bereits in der Roman-Verfilmung „Der Knochenjäger“ kennen lernen durften, engagiert die junge Zauberkünstlerin Kara zur Unterstützung bei den Ermittlungen. Tatsächlich kann mit ihrer Hilfe der dritte geplante Mord an einer Anwältin am Ufer des Hudson River gerade noch vereitelt werden. Es beginnt ein spannendes Katz- und Mausspiel, bei dem der bald als Erick A. Weir identifizierte Tatverdächtige immer wieder dem Zugriff der Polizei entkommt und sich immer neue Verkleidungen und Tricks ausdenkt. Schließlich scheint auch die Spur zu seinem eigentlich Motiv immer neue Wege einzuschlagen... Raffinierter, gut recherchierter Psycho-Thriller, bei dem Rhyme und Sachs all ihr Können aufbieten müssen, um dem gerissenen Illusionisten auf die Spur zu kommen.

Jeffery Deaver - (Lincoln Rhyme: 4) „Das Gesicht des Drachen“

Dienstag, 1. Dezember 2009

(Blanvalet, 475 S.,HC)
Genau wie sein Bestseller-Kollege John Grisham ist auch Jeffery Deaver Rechtsanwalt gewesen, bevor er sich ganz der Schreiberei widmete. Spätestens die Verfilmung seines Romans „Die Assistentin“ von Phillip Noyce als „Der Knochenjäger“ mit Denzel Washington in der Rolle des fast vollständig gelähmten Kriminalistik-Genies Lincoln Rhyme und Angelina Jolie als seine Spurensicherungsexpertin Amelia Sachs machte Deaver einem größeren Publikum bekannt.
Mit „Das Gesicht der Drachen“ veröffentlicht er bereits den vierten Roman um das brillante Ermittlerpaar, das auch zum Liebespaar wurde. Diesmal ist Rhyme als Berater für das FBI tätig, die einem gesuchten chinesischen Menschenschmuggler auf der Spur ist, der wegen seiner Fähigkeit, stets unentdeckt zu bleiben, nur als der „Geist“ bezeichnet wird. Rhyme gelingt es zwar, den Anlaufpunkt des Schiffes „Fuzhou Dragon“ im New Yorker Hafen zu ermitteln, doch rechnet er nicht damit, dass der Geist das Schiff in die Luft sprengt und entkommt. Mit brutaler Entschlossenheit macht sich der Geist auf die Suche nach den überlebenden Flüchtlingen. Rhyme und Sachs bleibt nicht viel Zeit, denn nach und nach spürt der Geist seine Opfer auf... Deaver beschreibt mit kriminalistischem Feingefühl und psychologischem Tiefsinn eine aussichtslos erscheinende Suche, bei der Rhyme und Sachs auch private Sorgen zu bewältigen haben.

Tom Wolfe - „Ich bin Charlotte Simmons“

Freitag, 27. November 2009

(Blessing, 791 S., HC)
Tom Wolfe zählt nicht unbedingt zu den produktivsten Schriftstellern. Der preisgekrönte Sachbuchautor erzielte 1987 mit seinem Romandebüt „Fegefeuer der Eitelkeiten“ gleich einen von Brian de Palma verfilmten Hit. Nun liegt mit „Ich bin Charlotte Simmons“ erst sein dritter Roman vor. Der aber hat es in sich. Auf fast 800 Seiten gewährt er tiefe Einblicke in das rege, absolut nicht standesgemäße Treiben auf einer amerikanischen Elite-Uni.
Die junge, überaus strebsame Charlotte Sometimes ist die erste aus dem 900-Seelen-Kaff Sparta in North Carolina, die ein Stipendium für die traditionsreiche Dupont University in Pennsylvania erhält. Doch schon beim Einzug in die Freshmen-Unterkunft wird Charlotte etwas mulmig zumute. Ihre Zimmergenossin Beverly spielt fraglos in einer ganz anderen Liga. Schon früh schleppt sie Jungen ab und schickt Charlotte ins „Sexil“. Dabei wurde ihr von der Resident Assistant Ashley doch gesagt, dass diese Art von „Heimzest“ allgemein ziemlich verpönt sei. Auch das strikte Alkoholverbot wird bei jeder Gelegenheit mühelos umgangen. Während sich die unbedarfte Charlotte in den Waschräumen der gemischten Unterkunft nur noch ekelt, fühlt sie sich bald ziemlich allein und wird so doch empfänglicher für die Annäherungsversuche drei ganz unterschiedlicher Männer. Da ist auf der einen Seite der fast schon berühmte Basketballstar Jojo, der es als einziger Weißer in die Startmannschaft des Teams geschafft hat, seine Aufsätze aber von seinem Tutoren Adam schreiben lassen muss, weil er einfach nichts in der Birne hat. Adam wiederum nähert sich Charlotte als einer der wenigen, wie er glaubt, Intellektuellen auf dem Campus, während Hoyt der allgemeine Mädchenschwarm ist, der schon darum wettet, die Frauen in sieben Minuten rumzukriegen … Tom Wolfe beschreibt seine Charaktere sehr präzise, ebenso das soziale Umfeld und die Gepflogenheiten von Sex, Drugs und Rap. Das ist höchst amüsant zu lesen und kann durchaus als treffendes Portrait der amerikanischen Jugendkultur gelten.

David Schickler - „Fette Klunker“

(Blessing, 288 S., HC)
Dass der Verbrecherbande Floyd, Roger und Henry auf dem Weg zu einem Auftrag, den sie für ihren Boss Honey Pobrinkis ein Bussard in die Windschutzscheibe kracht, mutet schon wie ein schlechtes Omen an. Tatsächlich läuft die geplante Aktion, Honeys Diamantenhändler Charles Chalk wieder die so genannten „Planeten“, eine Reihe von sieben perfekt in Form der sieben 1790 bekannten Planeten geschliffenen Diamanten, abzunehmen, die er Honey geklaut hatte. Als Roger sich an Charles’ heiße Braut Helena heranmacht, schlägt Henry erst Roger zusammen und geht dann selbst mit dem Diamantenkoffer stiften. Auf seiner Flucht macht der 32-jährige Gauner die Bekanntschaft der abgedrehten Grace McGlone, die im Alter von 14 Jahren die Orgasmen ihrer zwei Jahre älteren Freundin überwachen musste und dann wenig später selbst von Reverend Bertram Block in seinem Wohnwagen entjungfert wurde.
Während Honey sich selbst mit seinen Männern an Henrys Fersen, verfolgt Grace ihre ganz eigenen Pläne. Noch an dem Tag, an dem sie Henry kennen lernt, suchen die beiden einen Priester auf, der die beiden traut, damit Henry die gottesfürchtige Grace endlich vögeln kann. Sie nimmt Henry das Versprechen ab, dass sie sowohl Reverend Block als auch Graces Jugendfreund Stewart aufsuchen, doch vorher kommt es bereits zur Konfrontation mit den Pobrinkis-Jungs… Schickler ist mit „Fette Klunker“ ein rasanter Road-Movie-Roman voller skurriler Typen, erfrischendem Humor, netter Prügel-Action und natürlich viel Sex gelungen.

Cees Nooteboom - „Paradies verloren“

Donnerstag, 26. November 2009

(Suhrkamp, 159 S., HC)
Eingerahmt in zwei Zitate aus John Miltons „Verlornes Paradies“ (womit schon mal ein Bezug zum Titel hergestellt wäre), erzählt der niederländische Erfolgsschriftsteller Cees Nooteboom in seinem neuen Roman die Geschichte von Alma, die mit ihrer langjährigen Freundin Almut in Brasilien lebt, wohin ihre beiden Väter nach dem Krieg ausgewandert sind.
Als Alma eines Abends in einem schlimmeren Viertel von Sao Paulo vergewaltigt wird, unternehmen die beiden Freundinnen eine Reise in das Land ihrer Kindheitsträume, Australien, wo sich Alma in einen Aborigines-Künstler verliebt und durch ihn in die Geheimnisse der Traumzeit eingeführt wird. Schließlich reisen die beiden Frauen nach Perth, wo Alma an einem Angel Project teilnimmt, sich als Engel verkleidet und an einem bestimmten Ort darauf wartet, von den Besuchern entdeckt zu werden. Vor allem der holländische Literaturkritiker Erik Zondag, der in Perth Abstand zu seinen Alltagsproblemen zu gewinnen sucht, ist von der Engelsgestalt besonders angetan und bringt so auch Alma ins Leben zurück … Wundervoll poetischer Roman über die Macht der Phantasie und die Magie der Engel.

Asko Sahlberg - “Die Stimme der Dunkelheit”

Mittwoch, 25. November 2009

(Luchterhand, 256 S., HC)
Der namenlose Ich-Erzähler in Asko Sahlbergs prämierten Debütroman hat sich scheinbar ganz aus der realen Welt verabschiedet. Nachdem er das geerbte Anzeigenblättchen in seiner schwedischen Heimat verkauft und seine Frau Ursula verlassen hatte, wanderte er nach Finnland aus, um dort seine Ersparnisse langsam aufzubrauchen und gelegentlich für einen finnischen Bauunternehmer zu jobben, nur um ab und zu mal was zu tun zu haben.
Er schläft tagsüber, um mit dem Leben der anderen so wenig wie möglich in Berührung zu kommen. Und obwohl er die Anonymität in einer Großstadt gesucht hat, wo ihn niemand kennt, kann er sich doch nicht ganz dem Leben entziehen. Er macht die Bekanntschaft seiner arbeitslosen Nachbarin Karin, einer Dänin, die sich von einem reichen Schweden aushalten lässt und das sexuelle Abenteuer sucht. Und er lernt auch die verzweifelte Anna kennen, die unfreiwillig ihre finnische Heimat verlassen musste und sich aufgrund der Verständigungsprobleme so einsam in Finnland fühlt. Wider Erwarten kümmert er sich um die beiden Frauen, empfindet Sehnsüchte und Anteilnahme und findet letztlich doch seinen Platz im urbanen Treiben der Stadt, die für ihn anfangs nicht mehr als eine Mülldeponie war. Sahlberg schildert eindringlich Empfindungen von Einsamkeit und Mitgefühl und drückt stimmungsvoll das großstädtische Seelenleben unserer Zeit aus.

David R. MacDonald - „Die Straße nach Cape Breton“

(S. Fischer, 352 S., HC)
Nach einigen Autodiebstählen wird Innis Corbett nach Kanada ausgewiesen, obwohl er dort nur die ersten drei Jahre seines Lebens verbracht hatte. Ohne Geld in der Tasche macht er sich auf den Weg zu seinem Onkel Starr, der in einem verschlafenen Nest in den Wäldern von Cape Breton eine kleine Fernsehreparaturwerkstatt unterhält. Schon auf der Reise per Anhalter klaut Innes junge Föhren-Pflanzen, um sie in den Wäldern zum Schutz seiner geplanten Marihuana-Plantage anzubauen.
Es dauert nicht lange, da wird Innis schon wieder auffällig. Ohne rechte Motivation sägt er eine ausgewachsene Föhre in der Nähe seines neuen Zuhauses ab und wird dabei von einem Mann namens Finlay gestellt, der ihn mit zu sich nach Hause nimmt. Um den Schaden wieder gut zu machen, wird er von Finlays hellsichtigen Vater Dan Rory für einige Jobs eingeplant. Kein Problem für Innes, solange er nach wie vor Zeit findet, sich um seinen großen Traum zu kümmern, den Anbau seiner Marihuana-Plantage. Die Beziehung zu seinem Onkel Starr gestaltet sich indes schwierig. Ohnehin nicht besonders erfreut über die Zwangseinquartierung, wird das familiäre Verhältnis auch noch durch die Claire, einer attraktiven Frau Ende Dreißig, aus dem Gleichgewicht gebracht. Die aufkommenden Verdächtigungen und Rivalitäten zwischen den beiden Männern steuern letztlich auf einen gefährlichen Höhepunkt zu. MacDonald zeichnet seine Figuren psychologisch sehr eindringlich und beschreibt ihre Träume, Ängste und Leidenschaften vor dem Hintergrund einer ebenso geheimnisvollen Landschaft.

Carl-Johan Vallgren - „Geschichte einer ungeheuerlichen Liebe“

(Insel, 377 S., HC)
Der Titel des neuen Romans des schwedischen Autors Vallgren, der viele Jahre in Berlin gelebt hat, macht neugierig. Was kann an einer Liebe „ungeheuerlich“ sein? Das Rätsel wird schnell gelüftet: Als Doktor Götz in einer unbarmherzigen Winternacht des Jahres 1813 ins prominenteste Bordell Königsberg gerufen wird, soll er gleich zwei Frauen entbinden. Das eine unglückliche Mädchen liegt seit vierzig Stunden in den Wehen und bringt eine Missgeburt zur Welt, ehe sie - erschöpft von der schwierigen Geburt – stirbt: einen verkrüppelten Jungen mit einem riesigen Kopf ohne Ohren und Gehörsinn, verstümmelten Armen und Händen, eigentlich zu einem frühen Tode bestimmt, doch wie durch ein Wunder bleibt das hässliche Kind, Hercule Barfuss mit Namen, am Leben.

Das zweite Kind wird ohne Komplikationen geboren, ein hübsches, groß gewachsenes Mädchen, das auf den Namen Henriette Vogel getauft wird. Die beiden Kinder wachsen gemeinsam auf und lieben sich inniglich. Im Alter von zehn Jahren soll Henriette versteigert werden, nachdem eine Frau des Etablissements bestialisch zugerichtet wurde und die Kunden abschreckt. Die Wege der beiden Kinder trennen sich. Hercule entwickelt unglaubliche Fähigkeiten, lernt mit seinen Füßen Orgel zu spielen und kann vor allem Gedanken anderer Leute lesen. Das macht ihm vor allem in den Augen der Kirche verdächtig. Nach einem Aufenthalt im Irrenhaus kommt Hercule in die Obhut des liebenswürdigen Mönchs Julian Schuster, kann sich dann aus den Fängen der wiederbelebten Inquisition befreien und verdingt sich bei dem Wanderzirkus unter dem Direktor Barnaby Wilson, einem kleinwüchsigen Zyklopen, der wie Hercule die Gabe des Gedankenlesens beherrscht. Von ihm lernt Hercule die Ideen der frühen Sozialisten und die Schätze der romantischen Literatur und Kunst. Das Ziel seiner aufregenden Reise bleibt aber Henriette. Fest davon überzeugt, dass auch sie ihn sucht, hält allein der Gedanke an die Liebe zu ihr, ihn am Leben... Eine bewegende wie turbulente Liebesgeschichte in historisch unruhigen Zeiten!

José Carlos Somoza - „Die dreizehnte Dame“

Samstag, 21. November 2009

(Claassen, 496 S., HC)
Als der arbeitslose Literaturdozent Salomón Rulfo jede Nacht von dem gleichen Albtraum heimgesucht wird, in dem er Zeuge von drei bestialischen Morden in einer Villa wird, vertraut er sich einem Arzt an, der Rulfo sogar begleitet, als die von ihm geträumte Villa in den Nachrichten als Schauplatz eben genau des Verbrechens erwähnt wird, das Rulfo in seinen Albträumen heimsucht. Als er später das Haus noch einmal aufsucht, trifft auf die junge Prostituierte Raquel, deren Träume sie ebenfalls zu dem Haus geführt haben. Bei der gemeinsamen Durchsuchung des Hauses fällt Rulfo auf, dass die ermordete Hausbesitzerin Lidia Garetti ebenso wie er selbst die Dichtkunst liebt.
So richtig mysteriös wird es aber, als Rulfo seinen alten Literatur-Professor César Sauceda aufsucht, dem er einen Zettel zeigt, den er in dem Haus gefunden hat und auf dem ein Vers aus Dantes „Inferno“ geschrieben steht. Sauceda erzählt darauf erschrocken die Geschichte von seinem Großvater, der diesen Zettel geschrieben hat – und von einem Essay, das nachzuweisen versucht hat, dass eine Sekte von dreizehn Damen als Musen Dichter wie Petrarca, Shakespeare, Hölderlin, Milton, Keats, Blake und Borges inspiriert haben sollen, die dreizehnte Dame aber nie erwähnt werden durfte. Mit immer gefährlicheren, geheimnisvolleren Ereignissen konfrontiert, begreift Rulfo, dass er unbedingt die dreizehnte Dame finden muss, um nicht weniger als die Welt zu retten… Wunderbar poetischer Roman um die Macht der Sprache, dazu ebenso geheimnisvoll und spannend!

Patrick Redmond - „Der Musterknabe“

Freitag, 20. November 2009

(C. Bertelsmann, 448 S., HC)
Als der siebzehnjährigen Anna Sidney 1945 in der Londoner Provinz Hepton von ihrem Arzt eröffnet wird, dass sie schwanger sei, kommt eine Abtreibung für sie nicht in Frage. Fest davon überzeugt, dass der Vater des Kindes nach dem Krieg wie versprochen zu ihr zurückkehrt, gewährt ihrem nach dem Schauspieler Ronald Colman benannten Sohn Ronnie all ihre Liebe, auch wenn sie bei der Familie ihrer Verwandten Stan und Vera nicht viel zu lachen hat und Ronnie auch von den Kindern als Bastard bezeichnet wird.
Natürlich wird Annas Hoffnung auf die Rückkehr ihres Geliebten enttäuscht. Um sich und ihren Sohn zu ernähren, nimmt sie einen Job im entfernten Kendleton als Gesellschafterin an und heiratet schließlich den verunstalteten Charles Pembroke, um endlich wieder ihren geliebten Ronnie zu sich holen zu können. Der hübsche wie gescheite Junge hat schon bei seiner Pflegefamilie nichts zwischen sich und seiner Mutter kommen lassen. Nun lernt er mit Susie ein Mädchen kennen, das früh ihren geliebten Vater verlor und von ihrem brutalen Stiefvater Albert missbraucht wurde. Für sie ist ihre Schwester Jennifer das Objekt all der Fürsorge, die sie selbst nie erfahren hat. Sie und Ronnie entdecken eine Seelenverwandtschaft, in der vor allem Ronnie vollkommen aufgeht, die für Susie aber bald zu eng wird. Aber Ronnie hat auch schon früher der Gerechtigkeit mit Gewalt nachgeholfen… Patrick Redmond beschreibt das Böse auf sehr anschauliche, psychologisch fundierte Weise, doch baut sich die Spannung leider nur schleppend auf und leidet etwas unter dem wenig inspirierten Erzählstil.