(Blessing, 791 S., HC)
Tom Wolfe zählt nicht unbedingt zu den produktivsten Schriftstellern. Der preisgekrönte Sachbuchautor erzielte 1987 mit seinem Romandebüt „Fegefeuer der Eitelkeiten“ gleich einen von Brian de Palma verfilmten Hit. Nun liegt mit „Ich bin Charlotte Simmons“ erst sein dritter Roman vor. Der aber hat es in sich. Auf fast 800 Seiten gewährt er tiefe Einblicke in das rege, absolut nicht standesgemäße Treiben auf einer amerikanischen Elite-Uni.
Die junge, überaus strebsame Charlotte Sometimes ist die erste aus dem 900-Seelen-Kaff Sparta in North Carolina, die ein Stipendium für die traditionsreiche Dupont University in Pennsylvania erhält. Doch schon beim Einzug in die Freshmen-Unterkunft wird Charlotte etwas mulmig zumute. Ihre Zimmergenossin Beverly spielt fraglos in einer ganz anderen Liga. Schon früh schleppt sie Jungen ab und schickt Charlotte ins „Sexil“. Dabei wurde ihr von der Resident Assistant Ashley doch gesagt, dass diese Art von „Heimzest“ allgemein ziemlich verpönt sei. Auch das strikte Alkoholverbot wird bei jeder Gelegenheit mühelos umgangen. Während sich die unbedarfte Charlotte in den Waschräumen der gemischten Unterkunft nur noch ekelt, fühlt sie sich bald ziemlich allein und wird so doch empfänglicher für die Annäherungsversuche drei ganz unterschiedlicher Männer. Da ist auf der einen Seite der fast schon berühmte Basketballstar Jojo, der es als einziger Weißer in die Startmannschaft des Teams geschafft hat, seine Aufsätze aber von seinem Tutoren Adam schreiben lassen muss, weil er einfach nichts in der Birne hat. Adam wiederum nähert sich Charlotte als einer der wenigen, wie er glaubt, Intellektuellen auf dem Campus, während Hoyt der allgemeine Mädchenschwarm ist, der schon darum wettet, die Frauen in sieben Minuten rumzukriegen … Tom Wolfe beschreibt seine Charaktere sehr präzise, ebenso das soziale Umfeld und die Gepflogenheiten von Sex, Drugs und Rap. Das ist höchst amüsant zu lesen und kann durchaus als treffendes Portrait der amerikanischen Jugendkultur gelten.
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