Die Sozialarbeiterin Anne-Line Svendsen hat schon so einige schlechte Entscheidungen in ihrem Leben getroffen, auch in beruflicher Hinsicht. Da sie bei Männern stets die falsche Wahl getroffen hat, lebt sie als übergewichtiger Single in Kopenhagen und übt ihren Job zunehmend mit Widerwillen aus. Bei Sozial-Schmarotzern wie Michelle Hansen, Denise F. Zimmermann und Jazmine Jørgensen, die nicht bereit sind, für ihren Lebensunterhalt etwas zu tun und sich immer dreistere Tricks einfallen lassen, um das System zu hintergehen, dreht sich ihr der Magen um.
Nachdem ihr bei einer Routineuntersuchung Brustkrebs diagnostiziert wurde, scheint Anneli, wie sich selbst gern nennt, nichts mehr zu verlieren zu haben, und schmiedet einen perfiden Plan, die drei durch gemeinsames Schicksal geschmiedete Freundinnen, mit geklauten Autos zu überfahren. Auf der anderen Seite beschließen die drei jungen Frau, sich ebenfalls ihrer ätzenden Sachbearbeiterin zu entledigen …
Währenddessen steht Vizepolizeikommissar Carl Mørck unter besonderem Druck. Scheinbar sind unerklärlich niedrige Aufklärungsquoten des Sonderdezernats Q zum Polizeipräsidenten gelangt, so dass das im Keller untergebrachte Dezernat für ungelöste alte Fälle davorsteht, aufgelöst oder zumindest personell reduziert zu werden. Da erhält Mørck einen Anruf seines ehemaligen, mittlerweile pensionierten Kollegen Marcus Jacobsen, der einen Zusammenhang zwischen dem jüngsten Mord an der 67-jährigen Rigmor Zimmermann und einem ganz ähnlichen Fall erkennt, als vor zwölf Jahren die Lehrerin Stephanie Gundersen unter ähnlichen Umständen ums Leben kam. Interessanterweise war die Zimmermann die direkte Nachbarin von Rose Knudsen, der psychisch angeschlagenen, aber sehr geschätzten Kollegin in Mørcks kleinen Team. Als der vermeintliche Unfalltod ihres herrschsüchtigen und sadistischen Vaters wieder aufgerollt wird, geht es Rose so schlecht, dass sie sich das Leben nehmen will …
„Er seufzte. Ein unerträglicher Gedanke, dass diese Frau, die sie alle so gut zu kennen glaubten, mit so zerstörerischen, alles überschatteten Gefühlen zu kämpfen hatte. Gefühlen, die sie nur durch harsches Auftreten in den Griff zu bekommen glaubte.Seit 2007 begeistert der dänische Schriftsteller Jussi Adler-Olsen die internationale Krimileserschaft mit seiner Reihe um Carl Mørck und dem von ihm geleiteten Sonderdezernat Q – allerdings in unterschiedlicher Qualität. Dass der siebte Band „Selfies“ leider der bislang unausgereifteste ist, liegt nicht nur an dem ambitionierten, aber missglückten Unterfangen, gleich fünf Mordfälle auf unterschiedlichen Ebenen aufzuklären, sondern gleich zu Anfang an der wenig überzeugenden und sehr klischeehaften Einführung der drei Unterschicht-Schlampen mit den dafür typischen Namen Michelle, Denise und Jazmine.
Und trotz all der Düsternis in ihrem Innern hatte sie immer noch die Kraft gefunden, ihn, Carl, zu trösten, wenn er selbst niedergeschlagen war.“ (S. 191f.)
Wie die drei jungen Frauen zu Freundinnen werden und ebenso wie ihre Sachbearbeiterin gegenseitig Mordgelüste entwickeln, hat Adler-Olsen sehr oberflächlich inszeniert. Der Fokus auf diese unglaubwürdige Konstellation führt leider dazu, dass die anderen vom Sonderdezernat Q – teilweise in Zusammenarbeit mit der regulären Mordkommission aus dem zweiten Stock – bearbeiteten Fälle nur angerissen werden.
Vor allem das plötzliche Verschwinden von Rose und die Beschäftigung mit ihrem im Stahlwerk umgekommenen Vater erhält so nicht die Aufmerksamkeit, die die sympathische Rose mit ihren massiven psychischen Problemen verdient hätte. Zu allem Überfluss müssen sich Carl Mørck und Co. auch noch mit dem übereifrigen Fernsehteam von Station 3 herumplagen.
So bleiben nicht nur die übrigen Mitstreiter des Dezernats Q eher blass, sondern finden die einzelnen Fälle eher im Galopp ihre Auflösung.
Adler-Olsen würde sich in Zukunft sich selbst und seinen Lesern wie Kritikern sicher einen Gefallen tun, wenn er sich mehr auf seine sympathischen Ermittler des Sonderdezernats und auf weniger als eine Handvoll Fälle konzentrieren würde, um so mehr erzählerische Tiefe und Spannung zu erzeugen.
Leseprobe Jussi Adler-Olsen - "Selfies"
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