(Heyne, 528 S., HC)
Da Amos Decker, verwitweter und nach wie vor alleinstehender Special Agent beim FBI, nicht weiß, wie er den von seinem Chef Bogart verordneten Zwangsurlaub von seinem Dienst in der Sondereinheit in Washington verbringen soll, nimmt er die Einladung seiner Partnerin Alex Jamison an und begleitet sie zu ihrer Schwester Amber nach Baronville ins nördliche Pennsylvania. Dort feiert Alex‘ Nichte Zoe ihren sechsten Geburtstag. Amber und Zoe sind erst vor kurzem in die einst blühende Bergbaustadt gezogen, die ihren Namen den Barons verdankt, die in der Stadt etliche Minen und Fabriken gegründet haben. Doch von dem alten Glanz ist nicht mehr viel übrig geblieben. Die Minen und Fabriken sind geschlossen, etliche Häuser stehen nach ihrer Zwangsversteigerung leer. Amber und Zoe sind erst vor kurzem in die Stadt gezogen, weil Ambers Mann einen gut bezahlten Job als Manager im neuen Logistikzentrum bekommen hat.
Kurz nach seiner Ankunft im Haus der Mitchells bemerkt Decker im Nachbarhaus ein seltsames Flackern und geht mitten im aufziehenden Sturm dem Ursprung nach. Schließlich entdeckt er einen Kurzschluss als Ursache der merkwürdigen Lichtblitze, die auslösende Flüssigkeit, die mit freiliegenden Leitungen in Berührung gekommen ist, entpuppt sich allerdings als Blut. Doch Decker und die ihm nachgeeilte Jamison entdecken noch mehr, ein Mann hängt von der Decke, doch weist er keine äußeren Verletzungen auf. Bei der weiteren Durchsuchung des Hauses entdeckt Decker im Keller eine weitere Leiche, einen Mann im Keller – in Polizeiuniform.
Als die örtliche Polizei eingeschaltet wird, wollen die Detectives Marty Green und Donna Lassiter nichts von einer Unterstützung durch das FBI wissen, doch Decker lässt sich in seinem Urlaub nicht davon abbringen, auf eigene Faust zu ermitteln. Als ein weiterer Doppelmord an verdeckt ermittelnden DEA-Agenten entdeckt wird, übernimmt die DEA die Ermittlungen, wobei die leitende Agentin Kemper aber die Beteiligung der beiden FBI-Agenten duldet. Decker nimmt sich die drei einzigen Nachbarn in der Nähe des Tatorts vor und erfährt, dass mit dem mittlerweile verarmten John Baron nur noch ein Nachfahre des Baron-Clans in der Stadt lebt. Obwohl er in der Befragung verneint, auch nur eine der getöteten Personen zu kennen, finden Decker & Co. bald heraus, dass dem nicht so ist. Baronville scheint fest in der Hand eines boomenden Handels mit Opiaten zu sein, die Bewohner einen immensen Hass gegen den in der Stadt verbliebenen John Baron zu verspüren.
Decker glaubt jedoch nicht, dass Baron für die Morde verantwortlich ist, die ihm offensichtlich in die Schuhe geschoben werden sollen, doch bei seinen Ermittlungen bringt er sich selbst in die Schusslinie der skrupellosen Drogenhändler …
„Ging es hier nur um Drogen? Viele Menschen waren wegen Drogen gestorben. Und allen Berichten zufolge befand sich Baronville in den Klauen derselben Opioid-Krise, die auch andere Teile des Landes terrorisierte. Anscheinend waren er und Jamison mittendrin gelandet.“ (S. 228)
Seit Lee Child mit seinem charismatischen Ex-Militärpolizei-Ermittler Jack Reacher den Prototyp des einzelgängerischen Super-Ermittlers etabliert hat, sind auch Bestseller-Autor David Baldacci einige interessante Figuren in den Sinn gekommen, die er in verschiedenen Reihen zum Zuge kommen lässt. Ein besonderes Highlight stellt dabei die Serie um den „Memory Man“ Amos Decker dar, einem 1,95 Meter großen Hünen, der seit einer schweren Kopfverletzung beim Football über ein fotografisches Gedächtnis verfügt und zudem bestimmte Farben mit Zahlen, Orten, Gegenständen oder Emotionen verbinden kann. Vor allem sein fotografisches Gedächtnis kommt Decker auch in „Downfall“ zugute. Ähnlich wie Lee Child seinen Protagonisten immer wieder an abgelegenen Orten ungewöhnliche Fälle lösen lässt, schickt auch Baldacci hier Decker an einen an sich unscheinbaren, eher heruntergekommenen Ort, wo sich gleich mehrere untypische Todesfälle ereignen. Der Autor inszeniert dabei einen raffiniert und dich gewobenen Plot, der nicht nur DEA, FBI und örtliche Polizei – mit den üblichen Vorbehalten gegenüber der jeweils anderen Behörden - gemeinsam ermitteln lässt, sondern auch ein typisches Bild amerikanischer Städte zeichnet, die einst von dem Zustrom an Arbeitern zu den neu gegründeten Fabriken profitiert haben und dann durch den Niedergang der Industrie und die Bankenkrise von Leerstand, Armut und Drogenabhängigkeit heimgesucht wurden.
Vor diesem Hintergrund bietet „Downfall“ einen hochkomplexen Kriminalfall mit ebenso vielen Opfern und Tätern, und nach und nach ist es natürlich vor allem Decker, der die nach und nach freigelegten Puzzleteile zu einem ebenso stimmigen wie verstörenden Gesamtbild zusammenfügt. Neben dem durchweg fesselnden Kriminalfall räumt Baldacci seinem außergewöhnlichen Ermittler aber auch einige persönliche Momente ein, denn eine weitere Kopfverletzung während seiner Zeit in Baronville lässt ihn nun auch empathischer für das Schicksal seiner Mitmenschen werden.
So präsentiert sich „Downfall“ als perfekter Thriller, den man nicht mehr aus der Hand legen mag!
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