Als Philippe Djian in seiner französischen Heimat zwischen 2005 und 2008 seine literarische, sechs Bände umfassende Soap „Doggy Bag“ veröffentlichte, bestand seine erklärte Absicht darin, passionierte Serien-Junkies, die kein oder kaum ein Buch in die Band nehmen, zum Lesen zu animieren. Schließlich sei er der Überzeugung, dass man das menschliche Innenleben mit Worten viel besser beschreiben könne als mit Bildern.
Ob dieses Ansinnen Erfolg hatte, darf arg bezweifelt werden, der Versuch bleibt indessen mehr als löblich. Für Djian-Fans, die mit Romanen wie „Betty Blue – 37,2° am Morgen“, „Erogene Zone“ und „Verraten und verkauft“ groß geworden sind, bietet die sechsteilige Soap in Romanform viel Bekanntes, doch geht der Geschichte bereits im dritten Band allmählich die Luft aus.
Die beiden Brüder David und Marc Sollens waren jeweils Anfang zwanzig, als sie sich in die schöne Édith verliebt und mit ihr geschlafen haben, doch für Édith erwies sich dieses Arrangement als nicht besonders tragbar, weshalb sie damals mit einem Gelegenheits-Lover das Weite suchte. Nach zwanzig Jahren kehrte Édith nun zurück – mit ihrer zwanzigjährigen Tochter Sonia im Schlepptau, von der sowohl Marc als auch David der Vater sein könnte.
Die Brüder haben mittlerweile das Autohaus ihres Vaters Victor übernommen, der sich enthusiastisch seiner gerade erst entdeckten Enkelin annimmt, aber ein schwieriges Verhältnis sowohl zu seinen beiden Söhnen als auch zu seiner Frau Irène unterhält. Die hatte während der Hochzeit ihres Sohnes David mit der 35-jährigen Krankenschwester Josianne nichts besseres zu tun, als mit einem Tischler in dessen Lieferwagen zu schlafen und anschließend von ihm entführt und misshandelt zu werden.
Der dritte Band beginnt mit der fieberhaften Suche nach Irène, und ausgerechnet ihr betrogener Ehemann Victor hat eine Eingebung, wo sie zu finden sei.
Nach Irènes Rettung sind die Dinge allerdings alles andere als im Lot. Die Gemeinde hat mit den schwerwiegenden Folgen einer Überschwemmung zu kämpfen, die auch das Autohaus der Sollens-Brüder in Mitleidenschaft gezogen hat. David, der Josianne vor allem geheiratet hat, weil sie ihm glaubhaft vermittelte, dass sie schwanger sei, muss herausfinden, ob er seine Frau auch aus anderen Gründen geehelicht hat, wohingegen Édith, die nun mit Marc zusammengezogen ist, unter dessen Sexbesessenheit zu leiden beginnt. Schließlich hat die Redakteurin der Zeitschrift „City“ bereits einen Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik hinter sich…
„Sie traf nach Einbruch der Dunkelheit bei sich zu Hause ein. Marc lag schon im Bett und schlief. Sie setzte sich auf die Bettkante und holte ihm, ohne ihn zu wecken, einen runter – eine Schachtel Kleenex in Reichweite. Dann legte sie sich im Halbdunkel neben ihn. Dank dieser List hatte sie gute Chancen, eine ruhige Nacht zu verbringen – theoretisch würde sich vor Tagesanbruch nichts mehr abspielen. Sie wollte nur still neben ihm liegen bleiben und im Dunkeln an die Decke starren.“ (S. 156)
Nachdem die ersten beiden „Doggy Bag“-Bände voller Action, Sex und Verwirrungen angesichts der überraschenden Rückkehr von Marcs und Davids früherer Geliebten waren, hat sich die Aufregung im dritten Band etwas gelegt. Die Beziehungen zwischen den Protagonisten sind zwar weiterhin problematisch, doch haben sich mittlerweile einige feste Bindungen ergeben.
Für Aufregung sorgt vor allem die Überschwemmung und Marcs auch von den Medien ausgeschlachtetes Heldentum, nachdem er ein Mädchen vor dem Ertrinken gerettet hatte. Sprachlich bewegt sich „Doggy Bag – Drei“ nach wie vor auf hohem Niveau, aber der Plot hat viel von seiner Faszination verloren und zieht sich durch eine markante Geschwätzigkeit gerade in den Dialogen ganz schön in die Länge. Immerhin endet das Buch wieder mit einem Paukenschlag.
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