(Insel, 507 S.,)
Joseph Mallord William Turner (1775-1851) gilt als berühmtester Maler England, stand aber stets in dem Ruf, sowohl „genialisch“ als auch „verrückt“ zu sein. Der in Oxford Geschichte studierte britische Autor James Wilson geht dem geheimnisvollen Leben William Turners in Form eines historischen Romans auf den Grund, verwebt die mühsam aus etlichen Biografien, Museen und vor Ort recherchierten Fakten in eine spannend zu lesende Geschichte, in der der begabte, aber wenig erfolgreiche Maler Walter Hartright von Lady Eastlake, der Gattin des National-Gallery-Direktors Charles Eastlake, einige Jahre nach dem Tod Turners gebeten wird, eine Biografie Turners zu schreiben, da der Journalist Walter Thornbury seinerseits an einer Biografie schreibt, die kein gutes Haar an dem großen Künstler lässt.
Zusammen mit seiner Schwägerin Marian Halcombe macht sich Hartwright auf die Suche nach Zeitgenossen und muss schnell feststellen, dass er ganz unterschiedliche Beschreibungen von Turners Wesen in Einklang miteinander bringen muss. Während manche ihn als großzügigen, warmherzigen Edelmann bezeichnen, verachten andere ihn als Geizhals und als Mann mit außergewöhnlichen sexuellen Vorlieben. Je mehr Hartwright in das Leben Turners eintaucht, umso deutlicher werden die Veränderungen in ihm selbst. Sein Wunsch, Turners Genie zu verstehen, führt fast zur zerstörerischen Selbstaufgabe... James Wilson hat mit dem in Brief- und Tagebuchform geschriebenen Roman ein authentisch wirkendes Portrait eines faszinierenden Künstlers geschaffen und zugleich ein stimmungsvolles historisches Abbild der fünfziger Jahre des 19. Jahrhunderts.
Mark Lindquist - „Carnival Desires“
Mittwoch, 29. April 2009
(German Publishing, 379 S., Pb.)
Etwas nachdenklich versammeln sich ein paar Freunde aus der Film- und Partyszene Hollywoods zu einer Silvester-Party, nachdem sich mit Tim ein Freund von ihnen scheinbar ohne besonderen Grund am Heiligabend eine Kugel in den Kopf geschossen hatte. Sie alle wollen mit besonderen Vorsätzen fürs nächste Jahr einem ähnlichen Schicksal entgehen oder vielleicht nur etwas mehr Sinn in ihrem Leben finden. Da ist der halbwegs erfolgreiche Drehbuchautor Bick, der mit nicht mal dreißig Jahren schon in den Ruhestand gehen will. Libby, die vor kurzem noch Sex mit Bick hatte, sehnt sich nach ihrer ersten richtigen Sprechrolle.
Joy, die fast so etwas wie eine Beziehung mit dem nun mausetoten Tim am Laufen hatte, hat nicht mal einen Vorsatz, will sich aber bemühen, im folgenden Jahr einen zu finden. Das Schauspielerpärchen Willie und Merri möchte endlich erwachsen werden, wobei Willie schon Probleme hat, die Finger von Alkohol und Drogen zu lassen. Und der erfolgreiche Jungregisseur Oscar ist auf der Suche nach einer Freundin, die finanziell unabhängige Mona nur einen Job … Mit seinem zweiten, 1990 veröffentlichten Roman nach „Sad Movies“ etablierte sich Mark Lindquist neben Breat Easton Ellis („American Psycho“) als Aushängeschild der postmodernen amerikanischen Literatur und hat etliche Drehbücher für Hollywood verfasst. Deshalb wirkt auch „Carnival Desires“ ungemein authentisch, beschreibt die einfachen Sehnsüchte der aufstrebenden, aber auch schon gescheiterten Twentysomethings mit viel Gefühl und Humor.
Etwas nachdenklich versammeln sich ein paar Freunde aus der Film- und Partyszene Hollywoods zu einer Silvester-Party, nachdem sich mit Tim ein Freund von ihnen scheinbar ohne besonderen Grund am Heiligabend eine Kugel in den Kopf geschossen hatte. Sie alle wollen mit besonderen Vorsätzen fürs nächste Jahr einem ähnlichen Schicksal entgehen oder vielleicht nur etwas mehr Sinn in ihrem Leben finden. Da ist der halbwegs erfolgreiche Drehbuchautor Bick, der mit nicht mal dreißig Jahren schon in den Ruhestand gehen will. Libby, die vor kurzem noch Sex mit Bick hatte, sehnt sich nach ihrer ersten richtigen Sprechrolle.
Joy, die fast so etwas wie eine Beziehung mit dem nun mausetoten Tim am Laufen hatte, hat nicht mal einen Vorsatz, will sich aber bemühen, im folgenden Jahr einen zu finden. Das Schauspielerpärchen Willie und Merri möchte endlich erwachsen werden, wobei Willie schon Probleme hat, die Finger von Alkohol und Drogen zu lassen. Und der erfolgreiche Jungregisseur Oscar ist auf der Suche nach einer Freundin, die finanziell unabhängige Mona nur einen Job … Mit seinem zweiten, 1990 veröffentlichten Roman nach „Sad Movies“ etablierte sich Mark Lindquist neben Breat Easton Ellis („American Psycho“) als Aushängeschild der postmodernen amerikanischen Literatur und hat etliche Drehbücher für Hollywood verfasst. Deshalb wirkt auch „Carnival Desires“ ungemein authentisch, beschreibt die einfachen Sehnsüchte der aufstrebenden, aber auch schon gescheiterten Twentysomethings mit viel Gefühl und Humor.
Uwe Schütte - „Basis-Diskothek Rock und Pop“
Montag, 27. April 2009
(Reclam, 231 S., Pb.)
In gewisser Hinsicht sind bestimmte Aspekte der Postmoderne, nämlich das weitgehend zufällige oder zumindest zufällig erscheinende stilistische Potpourri, in der heutigen Musikszene so ausgeprägt wie noch nie. In einer Zeit, in der Popmusik weit davon entfernt ist, eine Gegen- oder Protestkultur zum allgemeinen Kanon darzustellen, und nur noch als Spiegelbild einer vielfarbigen, vielschichtigen Gesellschaft fungiert, sind die Grenzen zwischen einzelnen Musikstilen wie Pop, Rock, Techno, Electro, Gothic, Dark Wave, Industrial, TripHop etc. kaum noch zu definieren.
Gerade deshalb erscheint es umso wichtiger, sich als interessierter Hörer auch mal auf die Schlüsselwerke der einst fest umrissenen Genres einzulassen - ein Unterfangen, zu dem Uwe Schütte in seiner 100 Alben umfassenden „Basis-Diskothek Rock und Pop“ erstaunlich geschickt und kenntnisreich den Leser zu animieren versucht. Natürlich erhebt der Autor keinen Anspruch auf Vollständigkeit, aber er bemüht sich, die wichtigsten Platten aus den Bereichen Rock’n’Roll, Folk, Country, Lo-Fi, Indie, Punk, New Wave, Grunge, Brit Pop, Heavy Metal, Psychedelia, Prog Rock, Glam Rock, Goth Rock, Soul, HipHop und TripHop vorzustellen. Klar, dass man immer mal wieder persönliche Lieblinge vermissen wird, aber der Gothic-Hörer wird sich zum Beispiel freuen, dass er hier Alben wie „Seventeen Seconds“ von The Cure, „The Sky’s Gone Out“ von Bauhaus, „Second Annual Report“ von Throbbing Gristle, „Closer“ von Joy Division oder „Halber Mensch“ von den Einstürzenden Neubauten finden wird. Aber auch ein Blick über den Tellerrand hinaus zu Meisterwerken von Massive Attack, Brian Eno, Echo & The Bunnymen, The Verve, Protishead, David Bowie, David Sylvian und viele andere lohnt sich, denn jedes Album wird sehr ausführlich besprochen. Äußerst lesenswert ist auch das abschließende Essay „Was ist und zu welchem Ende hören wir Popmusik?“ über die Bedeutung(sverlagerung in) der Popmusik sowie das lehrreiche Glossar mit musikalischer Stilkunde.
In gewisser Hinsicht sind bestimmte Aspekte der Postmoderne, nämlich das weitgehend zufällige oder zumindest zufällig erscheinende stilistische Potpourri, in der heutigen Musikszene so ausgeprägt wie noch nie. In einer Zeit, in der Popmusik weit davon entfernt ist, eine Gegen- oder Protestkultur zum allgemeinen Kanon darzustellen, und nur noch als Spiegelbild einer vielfarbigen, vielschichtigen Gesellschaft fungiert, sind die Grenzen zwischen einzelnen Musikstilen wie Pop, Rock, Techno, Electro, Gothic, Dark Wave, Industrial, TripHop etc. kaum noch zu definieren.
Gerade deshalb erscheint es umso wichtiger, sich als interessierter Hörer auch mal auf die Schlüsselwerke der einst fest umrissenen Genres einzulassen - ein Unterfangen, zu dem Uwe Schütte in seiner 100 Alben umfassenden „Basis-Diskothek Rock und Pop“ erstaunlich geschickt und kenntnisreich den Leser zu animieren versucht. Natürlich erhebt der Autor keinen Anspruch auf Vollständigkeit, aber er bemüht sich, die wichtigsten Platten aus den Bereichen Rock’n’Roll, Folk, Country, Lo-Fi, Indie, Punk, New Wave, Grunge, Brit Pop, Heavy Metal, Psychedelia, Prog Rock, Glam Rock, Goth Rock, Soul, HipHop und TripHop vorzustellen. Klar, dass man immer mal wieder persönliche Lieblinge vermissen wird, aber der Gothic-Hörer wird sich zum Beispiel freuen, dass er hier Alben wie „Seventeen Seconds“ von The Cure, „The Sky’s Gone Out“ von Bauhaus, „Second Annual Report“ von Throbbing Gristle, „Closer“ von Joy Division oder „Halber Mensch“ von den Einstürzenden Neubauten finden wird. Aber auch ein Blick über den Tellerrand hinaus zu Meisterwerken von Massive Attack, Brian Eno, Echo & The Bunnymen, The Verve, Protishead, David Bowie, David Sylvian und viele andere lohnt sich, denn jedes Album wird sehr ausführlich besprochen. Äußerst lesenswert ist auch das abschließende Essay „Was ist und zu welchem Ende hören wir Popmusik?“ über die Bedeutung(sverlagerung in) der Popmusik sowie das lehrreiche Glossar mit musikalischer Stilkunde.
Roland Seim/Josef Spiegel (Hrsg.) - „Nur für Erwachsene – Rock- und Popmusik: zensiert, diskutiert, unterschlagen“
(Telos, 248 S., Pb.)
Die Geschichte der Zensur in der Rock- und Popmusik ist so alt wie die Geschichte der Rock- und Popmusik selbst. Schließlich entstand der Rock’n’Roll in den Fünfzigern mit dem Beginn der Jugendbewegungen, denen die Ablehnung des gesellschaftlichen Status quo, die Provokation und Rebellion in jeder Hinsicht von Anfang an auf den Fahnen geschrieben stand.
Klar, dass die elterlichen Hüter über Gesetz und Moral von Beginn an mit allen Mitteln nicht nur Frisuren, Tanzstile und Kleidung der jugendlichen Rebellen zu diskreditieren versuchten, sondern auch die Musik und ihre Darstellungsformen. Darum geht es in dem zur gleichnamigen Ausstellung veröffentlichten Buch/Katalog „Nur für Erwachsene – Rock und Popmusik: zensiert, diskutiert, unterschlagen“. Die darin verbreitete These, dass in der Zeit von 1955 bis heute ein kontinuierlicher Wertewandel stattgefunden hat, der sich gerade in der Rock- und Popmusik nachweisen lässt, wenn auch nicht in der linearen Form, wie die zunehmende Liberalisierung verlaufen ist, wird mit Essays, einem großen Bildteil und einem ausführlichen Glossar zu dokumentieren versucht. Die einführenden Aufsätze auf den ersten fünfzig Seiten machen am Beispiel von Elvis Presley den Beginn der Zensurbemühungen der Obrigkeit deutlich und setzen sich mit exemplarischen Beispielen aus dem Heavy Metal, aus der Rockmusik mit faschistischen Symbolen und Gedanken, Tanzverboten in Amerika in Bezug auf die Technoszene und explizit den deutschen Befindlichkeiten auseinander, ehe der Abbildungsteil – oftmals in der Gegenüberstellung vom Originalentwurf und zensiertem Cover – auf zensorische Maßnahmen hinsichtlich Sex, Frauenfeindlichkeit, Verletzung von Moral, Sitte und Anstand, Gewaltdarstellung und –verherrlichung sowie Political Incorrectness konkretes Anschauungsmaterial liefert. Dabei wird tatsächlich deutlich, wie eng die Zensurmotivationen vom jeweiligen Zeitgeist, Tagesgeschehen und der Sensibilisierung der Öffentlichkeit abhängt. Der lexikalische Teil informiert abschließend über die „Verfehlungen“ verschiedener Acts wie u.a. auch The Cure, natürlich Marilyn Manson und Rammstein und die „üblichen Verdächtigen“ wie Rolling Stones, George Michael, Madonna, Kiss und Nina Hagen.
Die Geschichte der Zensur in der Rock- und Popmusik ist so alt wie die Geschichte der Rock- und Popmusik selbst. Schließlich entstand der Rock’n’Roll in den Fünfzigern mit dem Beginn der Jugendbewegungen, denen die Ablehnung des gesellschaftlichen Status quo, die Provokation und Rebellion in jeder Hinsicht von Anfang an auf den Fahnen geschrieben stand.
Klar, dass die elterlichen Hüter über Gesetz und Moral von Beginn an mit allen Mitteln nicht nur Frisuren, Tanzstile und Kleidung der jugendlichen Rebellen zu diskreditieren versuchten, sondern auch die Musik und ihre Darstellungsformen. Darum geht es in dem zur gleichnamigen Ausstellung veröffentlichten Buch/Katalog „Nur für Erwachsene – Rock und Popmusik: zensiert, diskutiert, unterschlagen“. Die darin verbreitete These, dass in der Zeit von 1955 bis heute ein kontinuierlicher Wertewandel stattgefunden hat, der sich gerade in der Rock- und Popmusik nachweisen lässt, wenn auch nicht in der linearen Form, wie die zunehmende Liberalisierung verlaufen ist, wird mit Essays, einem großen Bildteil und einem ausführlichen Glossar zu dokumentieren versucht. Die einführenden Aufsätze auf den ersten fünfzig Seiten machen am Beispiel von Elvis Presley den Beginn der Zensurbemühungen der Obrigkeit deutlich und setzen sich mit exemplarischen Beispielen aus dem Heavy Metal, aus der Rockmusik mit faschistischen Symbolen und Gedanken, Tanzverboten in Amerika in Bezug auf die Technoszene und explizit den deutschen Befindlichkeiten auseinander, ehe der Abbildungsteil – oftmals in der Gegenüberstellung vom Originalentwurf und zensiertem Cover – auf zensorische Maßnahmen hinsichtlich Sex, Frauenfeindlichkeit, Verletzung von Moral, Sitte und Anstand, Gewaltdarstellung und –verherrlichung sowie Political Incorrectness konkretes Anschauungsmaterial liefert. Dabei wird tatsächlich deutlich, wie eng die Zensurmotivationen vom jeweiligen Zeitgeist, Tagesgeschehen und der Sensibilisierung der Öffentlichkeit abhängt. Der lexikalische Teil informiert abschließend über die „Verfehlungen“ verschiedener Acts wie u.a. auch The Cure, natürlich Marilyn Manson und Rammstein und die „üblichen Verdächtigen“ wie Rolling Stones, George Michael, Madonna, Kiss und Nina Hagen.
Mark Lindquist - „Sad Movies“
Sonntag, 26. April 2009
(German Publishing, 198 S., Pb.)
Neben Bret Easton Ellis zählte der in Seattle geborene Mark Lindquist in den 80ern und 90ern zu den interessantesten Newcomern in der amerikanischen Literaturszene. Auch sein 1987 veröffentlichter Roman „Sad Movies“ rechnet wunderbar mit dem hedonistischen Yuppie-Kult ab, schwelgt dabei vor allem in den Alkohol-, Drogen- und Sex-Exzessen der Zeit.
Zeke könnte es eigentlich richtig gut gehen. Er arbeitet in der Werbeabteilung der Filmgesellschaft Big Gun, die aber nur billig produzierten Schrott auf den Markt bringt, zu dem Zeke irgendwie keine richtigen Slogans mehr einfallen wollen. Mit Becky hat er eine wunderhübsche Schauspielerin als Freundin, dennoch schläft er sich durch alle Betten, die sich ihm anbieten. Becky will daraufhin ausziehen, doch die beiden kommen nicht wirklich voneinander los. Richtig chaotisch wird es aber, als Zekes alter Schulfreund Y.J. auftaucht, dessen Hund Blackie entführt wird und mit allen Mitteln zurückerobert werden will. Y.J. hat sogar Verständnis für Zekes Selbstmordabsichten und bietet ihm an, es ihm gleichzutun, wenn Zeke sein Vorhaben tatsächlich durchzieht… „Sad Movies“ ist ein turbulentes, abgedrehtes und witziges Stück über die Schwierigkeit, in den für alles offenen 80ern seinen Weg ins Erwachsenendasein zu finden.
Neben Bret Easton Ellis zählte der in Seattle geborene Mark Lindquist in den 80ern und 90ern zu den interessantesten Newcomern in der amerikanischen Literaturszene. Auch sein 1987 veröffentlichter Roman „Sad Movies“ rechnet wunderbar mit dem hedonistischen Yuppie-Kult ab, schwelgt dabei vor allem in den Alkohol-, Drogen- und Sex-Exzessen der Zeit.
Zeke könnte es eigentlich richtig gut gehen. Er arbeitet in der Werbeabteilung der Filmgesellschaft Big Gun, die aber nur billig produzierten Schrott auf den Markt bringt, zu dem Zeke irgendwie keine richtigen Slogans mehr einfallen wollen. Mit Becky hat er eine wunderhübsche Schauspielerin als Freundin, dennoch schläft er sich durch alle Betten, die sich ihm anbieten. Becky will daraufhin ausziehen, doch die beiden kommen nicht wirklich voneinander los. Richtig chaotisch wird es aber, als Zekes alter Schulfreund Y.J. auftaucht, dessen Hund Blackie entführt wird und mit allen Mitteln zurückerobert werden will. Y.J. hat sogar Verständnis für Zekes Selbstmordabsichten und bietet ihm an, es ihm gleichzutun, wenn Zeke sein Vorhaben tatsächlich durchzieht… „Sad Movies“ ist ein turbulentes, abgedrehtes und witziges Stück über die Schwierigkeit, in den für alles offenen 80ern seinen Weg ins Erwachsenendasein zu finden.
Annie Proulx - „Mitten in Amerika“
Samstag, 25. April 2009
(Luchterhand, 512 S., HC)
Die 68jährige Amerikanerin Annie Proulx hat erst Ende der 80er Jahre begonnen, ihre Werke zu veröffentlichen, schuf aber mit dem von Lasse Halmström ebenfalls erfolgreich verfilmten „Schiffsmeldungen“ gleich eine literarische Sensation und wurde mittlerweile mit allen wichtigen amerikanischen Literaturpreisen ausgezeichnet. In ihrem neuen Roman erzählt sie auf gewohnt unterhaltsame, episodenhafte und komische Art und Weise die Geschichte des jungen Amerikaners Bob Dollar, der selbst fünf Jahre nach seinem Hochschul-Diplom noch nicht so recht die Richtung zu bestimmen vermag, das sein Leben nehmen soll.
Nach Gelegenheitsjobs in der Lebensmittelbranche und als Lagerist in einer Glühbirnenfabrik verdingt er sich schließlich bei Global Pork Rind. Als Scout soll er im ehemaligen „Wilden Westen“, in den Panhandles, dem weitläufigen Gebiet, das Texas und Oklahoma miteinander vereint, nach geeigneten Grundstücken für neue Schweinemastbetriebe Ausschau halten, dabei aber sehr diskret vorgehen und sich zunächst einmal das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen, ohne die wahre Absicht seines Aufenthalts zu enthüllen. Er findet in dem kleinen texanischen Ort Wooleybucket Unterschlupf in einer Arbeiterbaracke und bekommt schnell nicht nur von der Farmbesitzerin LaVon einige interessante Geschichten über Land und Leute zu hören. Nach drei Monaten Aufenthalt ist aber noch lange kein Geschäftsabschluss in Sicht, was Bobs Chef Ribeye Cluke zunehmend verärgert. Dafür erfährt Bob in den Geschichten von Tornados, Hahnenkämpfen, Windrädern, Zaunbauern und Affären, dass der Niedergang der Prärie maßgeblich mit den Schweinefarmen zusammenhängt, für die er eigentlich neues Land gewinnen soll. Annie Proulx erzählt von einer fast märchenhaften Welt, die wir so kaum mit dem heutigen Amerika verbinden würden, und das tut sie auf geistreiche, detailgetreue und fast liebevolle Weise.
Die 68jährige Amerikanerin Annie Proulx hat erst Ende der 80er Jahre begonnen, ihre Werke zu veröffentlichen, schuf aber mit dem von Lasse Halmström ebenfalls erfolgreich verfilmten „Schiffsmeldungen“ gleich eine literarische Sensation und wurde mittlerweile mit allen wichtigen amerikanischen Literaturpreisen ausgezeichnet. In ihrem neuen Roman erzählt sie auf gewohnt unterhaltsame, episodenhafte und komische Art und Weise die Geschichte des jungen Amerikaners Bob Dollar, der selbst fünf Jahre nach seinem Hochschul-Diplom noch nicht so recht die Richtung zu bestimmen vermag, das sein Leben nehmen soll.
Nach Gelegenheitsjobs in der Lebensmittelbranche und als Lagerist in einer Glühbirnenfabrik verdingt er sich schließlich bei Global Pork Rind. Als Scout soll er im ehemaligen „Wilden Westen“, in den Panhandles, dem weitläufigen Gebiet, das Texas und Oklahoma miteinander vereint, nach geeigneten Grundstücken für neue Schweinemastbetriebe Ausschau halten, dabei aber sehr diskret vorgehen und sich zunächst einmal das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen, ohne die wahre Absicht seines Aufenthalts zu enthüllen. Er findet in dem kleinen texanischen Ort Wooleybucket Unterschlupf in einer Arbeiterbaracke und bekommt schnell nicht nur von der Farmbesitzerin LaVon einige interessante Geschichten über Land und Leute zu hören. Nach drei Monaten Aufenthalt ist aber noch lange kein Geschäftsabschluss in Sicht, was Bobs Chef Ribeye Cluke zunehmend verärgert. Dafür erfährt Bob in den Geschichten von Tornados, Hahnenkämpfen, Windrädern, Zaunbauern und Affären, dass der Niedergang der Prärie maßgeblich mit den Schweinefarmen zusammenhängt, für die er eigentlich neues Land gewinnen soll. Annie Proulx erzählt von einer fast märchenhaften Welt, die wir so kaum mit dem heutigen Amerika verbinden würden, und das tut sie auf geistreiche, detailgetreue und fast liebevolle Weise.
Joachim Lottmann - „Die Jugend von heute“
(Kiepenheuer & Witsch, 319 S., Pb)
Mit seinem letzten Roman „Mai, Juni, Juli“ hat der 48-jährige Publizist Joachim Lottmann (u.a. Jungle World, die tageszeitung, de:bug, Neues Deutschland) einen Roman über die ausgehenden 80er veröffentlicht, nun begibt er sich als Ich-erzählender Onkel Jolo ins beginnende 21. Jahrhundert und will noch mal ganz jugendlich sein, genießt das nur offensichtlich sehr lockere Beisammensein mit seinem Neffen Elias, dem er unbedingt die erste Freundin besorgen möchte, dessen Freund Lukas und vor allem mit all den unglaublich hübschen, jungen Frauen, zwischen denen man sich irgendwie gar nicht entscheiden kann und die deshalb von den unbeschwerten Jugendlichen entsprechend wahllos ausgetauscht werden.
Zunächst will Jolo erst einmal weg aus Berlin, der Stadt der Jugend, in der er aber seit dreieinhalb Jahren keine Geliebte gehabt hat, in der er 16 Stunden am Tag schlafen musste, um „dieses Leben ohne Liebe“ überhaupt auszuhalten. Elias kommt extra aus Köln, um ihn von diesem Vorhaben abzubringen. Dabei behilflich soll ihm die neue Superdroge Samsunit sein, die angeblich ohne Nebenwirkungen antidepressiv, angstlösend, euphorisierend und sexuell stimulierend wirkt. Jolo hält sich von Samsunit fern, doch später wird der Leser Zeuge, welchen Sexhöllentrip die Kombination aus Viagra und Lexatonil verursacht. Letztlich zieht es ihn doch von Berlin weg, mal nach Köln, mal nach München und auch nach Wien, doch so richtig glücklich will er nirgends werden. Stattdessen wundert er sich über die irgendwie ziellose, krampfhaft Spaß haben wollende, unentschlossene Jugend. Das liest sich recht amüsant und bringt stellenweise „die Jugend von heute“ ganz treffend auf den Punkt, verpufft aber ebenso schnell wie das Leben der beschriebenen Jugendlichen.
Mit seinem letzten Roman „Mai, Juni, Juli“ hat der 48-jährige Publizist Joachim Lottmann (u.a. Jungle World, die tageszeitung, de:bug, Neues Deutschland) einen Roman über die ausgehenden 80er veröffentlicht, nun begibt er sich als Ich-erzählender Onkel Jolo ins beginnende 21. Jahrhundert und will noch mal ganz jugendlich sein, genießt das nur offensichtlich sehr lockere Beisammensein mit seinem Neffen Elias, dem er unbedingt die erste Freundin besorgen möchte, dessen Freund Lukas und vor allem mit all den unglaublich hübschen, jungen Frauen, zwischen denen man sich irgendwie gar nicht entscheiden kann und die deshalb von den unbeschwerten Jugendlichen entsprechend wahllos ausgetauscht werden.
Zunächst will Jolo erst einmal weg aus Berlin, der Stadt der Jugend, in der er aber seit dreieinhalb Jahren keine Geliebte gehabt hat, in der er 16 Stunden am Tag schlafen musste, um „dieses Leben ohne Liebe“ überhaupt auszuhalten. Elias kommt extra aus Köln, um ihn von diesem Vorhaben abzubringen. Dabei behilflich soll ihm die neue Superdroge Samsunit sein, die angeblich ohne Nebenwirkungen antidepressiv, angstlösend, euphorisierend und sexuell stimulierend wirkt. Jolo hält sich von Samsunit fern, doch später wird der Leser Zeuge, welchen Sexhöllentrip die Kombination aus Viagra und Lexatonil verursacht. Letztlich zieht es ihn doch von Berlin weg, mal nach Köln, mal nach München und auch nach Wien, doch so richtig glücklich will er nirgends werden. Stattdessen wundert er sich über die irgendwie ziellose, krampfhaft Spaß haben wollende, unentschlossene Jugend. Das liest sich recht amüsant und bringt stellenweise „die Jugend von heute“ ganz treffend auf den Punkt, verpufft aber ebenso schnell wie das Leben der beschriebenen Jugendlichen.
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