M. Joseph Severn, ein vom TechnoCore künstlich geschaffener Cybrid, wird von Meina Gladstone, der Präsidentin der Hegemonie, nach Esperance auf Tau Ceti Center eingeladen, um an der wohl wichtigsten Party im Netz teilzunehmen, die den offiziellen Beginn des Krieges zwischen der Hegemonie und den Ousters feiert. Innerhalb der illustren Runde, zu denen neben der Präsidentin auch der Verteidigungsminister, zwei Stabschefs von FORCE, vier Senatoren und die Projektion des TechnoCor-Ratgebers Albedo zählen, soll Severn die Perspektive des Künstlers einbringen. Er ist nämlich ein Cybrid von John Keats‘ besten Freund Joseph Severn, der ihn in Rom bis zu seinem frühen Tod durch Schwindsucht pflegte. Indem er in der Lage ist, die Träume seines vorangegangenen Cybriden John Keats zu träumen, dessen Implantat die Privatdetektivin Brawne Lamia in sich trägt, kann er die Pilger ausspionieren, die sich auf dem Weg nach Hyperion befinden.
Mit seiner Ansicht, dass es töricht wäre, die Stabilität der Hegemonie, die seit ihrer Gründung vor siebenhundert Jahren an keinem Krieg teilgenommen hat, durch den geplanten Schlag gegen die Ousters auf die Probe zu stellen, erntet Severn allerdings fast ausschließlich Spott und Unverständnis. Allein Gladstones engster Vertrauter Leigh Hunt ist an Severns Gedanken interessiert. Severn berichtet der Präsidentin, dass alle Pilger - außer vielleicht der verschwundene Tempelritter Het Masteen – noch am Leben seien, auch wenn Pater Hoyt durch das Tragen der Kruziform große Schmerzen erleidet, der Dichter Martin Silenus ständig betrunken ist, weil er seine an der Merlin Krankheit leidende und dadurch umgekehrt alternde Tochter Rachel dem Shrike opfern soll, und Oberst Kassad von der Suche nach der geheimnisvollen Frau namens Moneta besessen ist, und der Konsul damit klarkommen muss, dass er durch sein geheimes Treffen mit den Ousters die Hegemonie verraten hat, indem er dafür sorgte, dass die Zeitgräber geöffnet wurden. Aber ebenso wie der Konsul folgt auch Meina Gladstone ihren eigenen geheimen Plänen.
„Gladstone dachte zum hunderttausendsten Mal, dass es noch Zeit war, alles aufzuhalten. Im derzeitigen Zustand war der totale Krieg nicht unvermeidlich. Die Ousters hatten noch nicht auf eine Weise zurückgeschlagen, die die Hegemonie nicht außer Acht lassen konnte. Das Shrike war nicht frei. Noch nicht. Wenn sie hundert Milliarden Leben retten wollte, musste sie nur in den Senat zurückkehren, drei Jahrzehnte Täuschung und Doppelspiel enthüllen, ihre Ängste und Unsicherheit bloßlegen …“ (S. 189f.)
Mit „Hyperion“, dem 1989 veröffentlichten, nach einem Gedicht von John Keats benannten, mit einem Hugo Award und einem Locus Award ausgezeichneten Science-Fiction-Roman, feierte der US-amerikanische Bestseller-Autor Dan Simmons („Göttin des Todes“, „Terror“) sein anspruchsvolles Debüt als Science-Fiction-Autor. Ein Jahr später ließ er mit „The Fall of Hyperion“ ein imponierendes Finale folgen, das sich in der Struktur gänzlich von dem ersten Roman unterscheidet.
Während in „Hyperion“ die sieben Pilger im Fokus standen, indem jeder Teilnehmer der Fahrt nach Hyperion zum Tempel des Shrike seine Lebensgeschichte erzählte, lässt Simmons in „Das Ende von Hyperion“ den Blick in die ganze Welt der Hegemonie schweifen, wechselt die Perspektiven zwischen der Präsidentin und M. Joseph Severn auf der einen Seite, verfolgt durch die Träume des Künstler-Cybriden aber auch die Pilger auf ihrer Reise nach Hyperion.
Ähnlich wie im ersten Teil des insgesamt über 1200-seitigen Epos bringt Simmons religiöse, philosophische, politische und literarische Themen in die Handlung einfließen, beschreibt unzählige Welten und Formen von Menschen, aber auch so viele Figuren, dass der Fluss der Handlung und die Spannungsdramaturgie immer wieder ins Stocken geraten und durch unnötig erscheinende Nebenhandlungen ausgebremst werden.
Trotz der komplexen Struktur und der gelegentlichen Längen ist „Das Ende von Hyperion“ eine spannende Space Opera geworden, die den Blick auch darauf wirft, wie Menschen durch den Fortschritt der Technologie versklavt werden können. Insofern ist die „Hyperion“-Saga heute so aktuell wie nie zuvor.
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