Seit Harry Bosch seinen Job beim Los Angeles Police Department hingeschmissen hatte, hat er sich wie die meisten anderen ehemaliger Polizei-Kollegen routinemäßig eine Lizenz als Privatdetektiv zugelegt und ermittelt nun auf eigene Faust, aber ohne offiziellen Status. Dabei widmet er sich einem Fall, der ihn schon vor vier Jahren beschäftigt hat, aber nie abgeschlossen wurde. Damals wurde die 24-jährige Hollywood-Produktionsassistentin Angella Benton vor ihrem Apartmenthaus tot aufgefunden. Sie arbeitete für Alexander Taylors Firma Eidolon Productions, die zu jener Zeit einen Film produzierte, der wegen eines bewaffneten Überfalls ebenfalls für Schlagzeilen sorgte: Da der Regisseur des Films darauf bestand, mit echtem Geld beim Dreh zu arbeiten, ließ er sich von BankLA zwei Millionen Dollar bringen, doch bei der Übergabe erbeuteten Gangster das teilweise registrierte Geld.
Bosch war zu der Zeit wegen der Ermittlung im Fall der erwürgten Angella Benton am Tatort und konnte einen der Täter niederstrecken, das Geld blieb allerdings verschwunden – bis einer der registrierten Scheine bei einem mutmaßlichen Terrorverdächtigen sichergestellt wurde. Das rief die noch junge ,Rapid Response Enforcement and Counter Terrorism‘-Einheit auf den Plan, so dass der Polizei der Fall entzogen wurde.
Dabei mussten schon Bosch und seine beiden Kollegen von der Hollywood Division, Kiz Rider und Jerry Edgar, zuvor den Fall bereits an die Robbery-Homicide-Division abgeben. Kaum hatten Jack Dorsey und Lawton Cross den Fall übernommen, wurden sie bei einem Raubüberfall in einer Bar ins Visier genommen. Dorsey erlag noch am Tatort seinen Verletzungen, Cross ist seitdem querschnittsgelähmt an den Rollstuhl gefesselt und wird von seiner Frau gepflegt. Harry Bosch lässt vor allem das Bild der getöteten Produktionsassistentin mit ihrem entblößten Körper, dem absichtlich platzierten Sperma und der wie flehend wirkenden Geste ihrer Hände nicht los.
Eine weitere Spur seiner Ermittlungen führt zu der nach wie vor vermissten FBI-Agentin Martha Gessler, die ein Computer-Programm entwickelt hatte, um registrierte Geldscheine zu dokumentieren, bis sie in einem anderen Zusammenhang wieder auftauchten. Bosch muss sich zunächst auf die langsam zurückkehrenden Erinnerungen des damals ermittelnden Beamten Lawton Cross verlassen, da sowohl die Polizei als auch das FBI Bosch drängen, die Finger von der Sache zu lassen. Aber Bosch wäre nicht Bosch, wenn er sich durch solche Drohungen einschüchtern lassen würde. Schließlich kommt er auf einen Verdächtigen, den bislang niemand so recht auf dem Zettel hatte …
„Ich hatte das Gefühl, dass Bewegung in die Sache kam, und das machte mich ganz kribbelig, denn instinktiv wusste ich, dass ich der Lösung des Rätsels ganz dicht auf der Spur war. Ich hatte zwar nicht alle Antworten, aber aus Erfahrung wusste ich, sie würden sich irgendwann von selbst ergeben. Was ich allerdings hatte, war die Richtung. Es war mehr als vier Jahre her, dass ich auf Angella Bentons Leiche hinabgeblickt hatte, und endlich hatte ich einen richtigen Verdächtigen.“ (S. 329)
In seinem neuen Dasein als Privatdetektiv merkt Hieronymus „Harry“ Bosch sehr schnell, wie schwierig sich die Ermittlungen gestalten, wenn man bei Befragungen von Zeugen und Beamten anderer Dienststellen nicht mit seinem Abzeichen und Dienstausweis die entsprechende Befugnis bezeugen kann. Doch in seiner langjährigen Karriere als Detective beim LAPD hat Bosch eine Hartnäckigkeit entwickelt, die ihm auch bei dem noch unaufgeklärten Mord an einer jungen Filmproduktionsassistentin dienlich ist.
Zwar legt sich Bosch nicht nur mit seinen ehemaligen Kollegen beim LAPD, sondern vor allem mit dem FBI an, doch kommt er nach und nach verschiedenen Umständen auf die Spur, die den Mord an Angella Benton mit den Raubüberfällen am Set und in der Bar sowie dem Verschwinden der FBI-Agentin Marty Gessler in Verbindung bringen. Dabei gerät Bosch sogar ins Visier der Täter und kann am Ende von Glück sagen, dass er lebend aus seinem Haus in Hollywood gekommen ist.
Aber auch seine geschiedene Frau Eleonor, die mit offensichtlich großem Erfolg in Las Vegas professionell pokert, lässt Bosch nicht los.
Michael Connellys neunter Band um Harry Bosch zählt zu den besten der langlebigen Thriller-Reihe, die ebenso erfolgreich als Serie von Amazon produziert worden ist.
„Letzte Warnung“ enthält nämlich alles, was einen guten Cop-Thriller ausmacht, vor allem einen faszinierenden Fall, der immer weitere Komponenten und Querverweise auf andere Fälle aufweist, so dass sich ein komplexes Gerüst an Verwicklungen ergibt, die Bosch mit ebenso viel Geduld wie Hartnäckigkeit zu entwirren versteht. Dabei bringt Connelly gut zum Ausdruck, was die nach 9/11 auf den Weg gebrachten Antiterrormaßnahmen nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für andere Strafverfolgungsmaßnahmen für Folgen hat. Neben dem absolut packenden Plot mit vielschichtigen Wendungen bringt Connelly auch Boschs Privatleben gut zum Ausdruck, was sich zum einen in dessen Vorliebe für guten Jazz und seine nach wie vor tiefen Gefühle für seine Ex-Frau widerspiegelt.
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