(Hoffmann und Campe, 384 S., HC)
Stephen King hatte seit Mitte der 1970er Jahre bereits so erfolgreiche und teilweise durch namhafte Regisseure wie Brian De Palma, Tobe Hooper, Stanley Kubrick und George A. Romero verfilmte Bestseller wie „Carrie“, „Brennen muss Salem“, „Shining“, „The Stand“, „Dead Zone – Das Attentat“, „Cujo“, „Schwarz“ und „Christine“ veröffentlicht, als 1983 mit „Pet Sematary“ sein wohl angsteinflößendstes Werk erschien – das mittlerweile zweimal verfilmt (davon einmal mit Fortsetzung) wurde und vor allem in Punk-Rock-Kreisen sehr inspirierend wirkte.
Als Louis Creed den Posten als Leiter der Krankenstation der University of Maine übernimmt, zieht er mit seiner Frau Rachel und den beiden Kindern, der fünfjährigen Ellie und dem zweijährigen Gage, an den Rand der Kleinstadt Ludlow, wo er sich sofort mit dem älteren Nachbarn Jud Crandall anfreundet. Dieser erzählt ihm nicht nur interessante Geschichten aus der Vergangenheit der Stadt, sondern weist ihn auch in das Geheimnis des Pfades ein, der von der Grenze des geräumigen Grundstücks, auf dem die Creeds jetzt leben, durch Grasland, Wälder und Felsen hinauf zu einem einst von den Micmac-Indianern angelegten Tierfriedhof führt. Eines Tages unternimmt Jud mit der ganzen Creed-Familie einen Ausflug dorthin, worauf Ellie sich sorgen macht, dass ihr Kater Church bald sterben könnte. Schließlich liegt ihr neues Zuhause dicht an der Route 15. Louis beschließt, den Kater zu kastrieren, worauf dieser weit träger und somit ungefährdeter wirkt. Louis hat sich gerade in der Krankenstation eingelebt, als ein Student eingeliefert wird, der beim Joggen von einem PKW erfasst und an einen Baum geschleudert wurde.
Für Victor Pascow kommt jede Hilfe zu spät, aber der Sterbende röchelt noch ein paar Worte, in denen er erwähnt, dass der Tierfriedhof nicht der richtige Friedhof sei, und schließlich: „Der Acker im Herzen eines Mannes ist steiniger, Louis. Ein Mann bestellt ihn … und lässt darauf wachsen, was er kann.“ In der Nacht darauf führt Pascow den schlafwandelnden (?) Louis zu dem Tierfriedhof, doch glaubt Louis am nächsten Tag, diese Episode nur geträumt zu haben. Churchs Kastrierung hat offensichtlich nicht zur Verlängerung seines Lebens beigetragen, denn wenig später wird tot in der Nähe der Straße aufgefunden. Jud führt Louis mit dem Kater zum Tierfriedhof und führt ihn noch ein Stück weiter, wo Louis den Kadaver vergräbt. Am nächsten Morgen taucht Church im Haus der Creeds wieder auf. Außer Louis hat aus der Familie auch niemand etwas von dem Begräbnis mitbekommen, da Louis‘ Familie zu Rachels Eltern geflogen ist. Nach ihrer Rückkehr beklagt sich zwar vor allem Ellie über den widerlichen Gestank des Katers, aber sonst bemerkt außer Louis kaum die Veränderung, die in dem Tier vorgegangen ist.
Dazu zählt vor allem die grausame Art, mit der Church nun seine Opfer zerlegt. Doch mit Church ist erst der Anfang einer Kette von schrecklichen Ereignissen in Gang gekommen, an denen Jud mit seinen Erzählungen von der Geschichte des Friedhofs nicht ganz unschuldig ist …
„Die Laster waren an allem schuld. Diese verdammten Laster. Aber das stimmte nicht. Er spürte, wie der Tierfriedhof an ihm zerrte – und etwas, das dahinter lag. Seine Stimme, die einst eine Art verführerisches Wiegenlied gewesen war, eine Stimme, die Trost in Aussicht stellte und eine verträumte Art von Macht, klang jetzt tiefer und verhängnisvoll – hart und bedrohlich. Halt dich da raus. Aber er wollte sich nicht heraushalten. Dafür reichte seine Verantwortung zu weit zurück.“ (S. 295)
Es ist überliefert, dass Stephen King selbst so abgestoßen von seiner Geschichte gewesen sei, dass er meinte, damit eine persönliche Grenze überschritten zu haben. Tatsächlich geht einem die Story eines ganz gewöhnlichen Familienvaters, der den Tod des geliebten Haustiers und vor allem seiner Liebsten nicht auf sich beruhen lassen kann. Statt die gewöhnlichen Phase der Trauer zu durchlaufen, fordert er das Schicksal heraus, lässt sich durch die besorgniserregenden Geschichten seines Nachbarn animieren, die Toten eben nicht in Ruhe zu lassen, sondern alles zu unternehmen, sie wieder ins Leben zurückzuführen – wofür er einen schrecklichen Preis bezahlen muss.
Insofern liefert Stephen King eine höchst moralische Geschichte ab, die davor warnt, den natürlichen Kreislauf von Leben und Tod auf „magische“ Weise zu manipulieren. Was dabei herauskommt, wenn man die Toten nicht ruhen lässt, muss Louis Creed auf furchtbare Art am eigenen Leib feststellen. Dabei drückt die sehr geradlinig mit einem sehr überschaubaren Ensemble inszenierte Geschichte nur die Verzweiflung aus, die der Tod eines geliebten Wesens, sei es Mensch oder Tier, bei den Hinterbliebenen auslöst. Die einzelnen Stationen beschreibt King so minutiös, dass sein Publikum kaum vermeiden kann, sowohl die körperlichen Strapazen als auch die seelischen Nöte seines Protagonisten nachzuempfinden. Die Spannung bleibt dabei allerdings etwas auf der Strecke, da die Ereignisse allzu vorhersehbar sind. Doch das Grauen hat sich da längst schon in die Knochen geschlichen und lässt sich so schnell nicht ablegen.
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