Joe R. Lansdale – „More Better Deals“

Sonntag, 7. Juli 2024

(Festa, 288 S., HC) 
In einem Aufsatz für Franz Rottensteiners Literaturzeitschrift für Science Fiction und Phantastik bezeichnete der österreichische Schriftsteller Andreas Gruber die Werke seine US-amerikanischen Kollegen Joe R. Lansdales als „Synthese aus ironischer Gesellschaftskritik und Splatterpunk“. Diese einzigartige Mischung prägte nicht nur die berühmten Romane um Hap & Leonard, sondern seit Anfang der 1980er Jahre auch Romane wie „Akt der Liebe“, „Ein feiner dunkler Riss“, „Gauklersommer“ und „Das Dickicht“, die hierzulande bei prominenten Verlagen wie Heyne, DuMont und Suhrkamp erschienen. Mittlerweile werden Lansdales Romane nur noch sporadisch ins Deutsche übertragen und dann auch nur vor allem auf harten Horror spezialisierten Verlag Festa veröffentlicht. Dass Lansdale längst nicht mehr zu den Größen des Genres zählt, beweist „More Better Deals“ aus dem Jahr 2020. 
Ed Edwards ist ein mit allen Wassern gewaschener Gebrauchtwagenverkäufer, der Kilometerzähler so weit wie gerade noch realistisch zurückdreht, Reifen mit Schuhcreme einschmiert, um sie neuer aussehen zu lassen, und die Käufer so lange beschwatzt, dass sie vergessen, das kaum lesbare Kleingedruckte ebenso wenig wahrzunehmen wie die überall angebrachten Schilder, dass alle Deals endgültig seien. Verlässt ein verkaufter Wagen das Gelände, haben Ed und sein fettleibiger Chef Dave damit nichts mehr am Hut. Allerdings muss er manchmal auch angezahlte Autos zurückholen, wenn die weiteren Raten ausgeblieben sind, so wie bei der attraktiven Drive-In-Kino- und Tierfriedhof-Betreiberin Nancy und ihrem gewalttätigen Mann Frank. 
Der ist als Lexikonverkäufer zum Glück kaum zu Hause, also packt Ed die Gelegenheit beim Schopf und lässt sich auf eine heiße Affäre mit der Mittzwanzigerin ein. Da Nancy ebenso wie Ed von einem besseren Leben träumt und nicht länger unter der alkoholinduzierten Gewalt ihres Mannes leiden will, macht sie ihrem Liebhaber ein Angebot, das er nicht ablehnen kann, denn bei Franks Tod winkt die Versicherungspolice in Höhe von 10.000 Dollar. Ed plant, mit einem Teil des Geldes seiner 19-jährigen Schwester Melinda eine College-Ausbildung zu ermöglichen und seiner alkoholsüchtigen Mutter zu beweisen, dass nicht nur sein Bruder es etwas zu gebracht hat. 
Seit sie sich mit einem Schwarzen eingelassen hat, der ihre Kinder mit dem Makel der Gemischtrassigkeit befleckte, führt sie ein unglückseliges Leben, dem Ed gerne eine positive Wendung verleihen möchte. Nancy und Ed hecken also einen Plan aus, Frank ins Jenseits zu befördern. Das erweist sich zwar als überraschend schwierig, doch dieser Teil des Plans geht zumindest noch auf. Dass die Versicherung sich allerdings bei den verräterischen Umständen von Franks Tod weigert, die Vertragssumme auszuzahlen, und auch noch Nancys Cousin Walter Verdacht schöpft, dass Nancy und Ed gemeinsame Sache gemacht haben, müssen sie noch einen Schritt weitergehen. 
„Tatsächlich fing ich an, bei dem Gedanken daran, eine gewisse Aufregung zu empfinden. Auch etwas Angst, ja, aber nicht so wie in Korea. Dies war gewöhnliche Angst. Hier aber ging es eigentlich darum, clever zu sein. Das war nicht viel anders, als Leuten einen Gebrauchtwagen aufzuschwatzen, den sie weder wollten noch brauchten, sie denken zu lassen, er sei genau das Richtige für sie. Hier ging es darum, etwas vorzugaukeln, das in Wirklichkeit ganz anders war. Ein emotionaler Taschenspielertrick.“ (S. 87) 
Nicht nur das Thema der Rassendiskriminierung ist in Lansdales „Hap & Leonard“-Romanen, aber auch in seinen anderen großartigen Südstaaten-Thrillern schon weitaus differenzierter ausgearbeitet worden, auch bei der Ausarbeitung der Figuren hat Lansdale in diesem recht kurzen Roman mächtig geschlampt, stellen sie doch nichts weiter als White-Trash-Klischees dar, die von einem besseren Leben träumen, das sich aber nur durch halbwegs lukrative Verbrechen verwirklichen lässt. 
Zunächst entfaltet der Autor ein recht vertrautes Szenario, bei dem ein gelangweilter Gebrauchtwagenhändler einer gerissenen Femme fatale auf den Leim zu gehen scheint. Nach einigen mehr oder weniger sinnvoll erscheinenden Wendungen verpufft die Geschichte am Ende ohne großen Knalleffekt. Dabei ist nicht mal der plakative Schreibstil von Lansdale auch nur annähernd mit dem seiner früheren Glanzzeiten zu vergleichen. Viel eher wirkt „More Better Deals“ so, als hätte Lansdale ein aus gutem Grund unvollendetes Manuskript von Richard Laymon recht lustlos finalisiert. Es bleibt zu hoffen, dass Festa bei der Auswahl weiterer Lansdale-Werke etwas mehr Qualitätsbewusstsein beweist. 

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