Michael Connelly – (Harry Bosch: 12) „Echo Park“

Samstag, 12. Februar 2022

(Heyne, 464 S., HC) 
Michael Connellys Serie um den ambitionierten Cop Hieronymus „Harry“ Bosch ist eine unvergleichliche Erfolgsgeschichte. Bereits mit seinem Debütroman „Schwarzes Echo“ (1992) heimste der ehemalige Polizeireporter den renommierten Edgar Allan Poe Award für das Beste Erstlingswerk ein, der Nachfolgeroman „Schwarzes Eis“ erhielt den Maltese Falcon Award – und so heimste Connelly über die Jahre etliche weitere Preise wie den Nero Wolfe Award, Prix Mystère de la critique, Anthony Award und Shamus Award ein. 2006 erschien mit „Echo Park“ der bereits 12. Roman um Harry Bosch, dem Amazon bereits eine ähnlich erfolgreiche Serie („Bosch“) gewidmet hat. 
1993 war Harry Bosch mit seinem damaligen Partner Jerry Edgar mit einem Fall beschäftigt, der Bosch auch noch dreizehn Jahre später in seiner Funktion als Detective in der Abteilung „Offen – Ungelöst“ des Los Angeles Police Department beschäftigt. Damals wurden im Kofferraum eines Autos in der Garage einer seit Wochen leerstehenden Wohnung im High Tower die ordentlich zusammengelegten Kleider der jungen Marie Gesto gefunden, die seit zehn Tagen vermisst wurde. Bis heute fehlt von ihr jede Spur. 
Damals hatte sich Bosch auf Anthony Garland, den Sohn des Ölmagnaten Thomas Rex „T. Rex“ Garland, als Täter eingeschossen, doch konnte Bosch weder die Leiche des Mädchens ausfindig machen noch beweisen, dass Garland damit etwas zu tun gehabt haben könnte. Bosch hat sich gerade mal wieder die Akte vorgenommen, als diese vom Staatsanwalt Rick O’Shea und dem Beamten Freddy Olivas angefordert wird, der die Ermittlungen im aufsehenerregenden Fall Raynard Waits leitet. Da ihm wegen eines Doppelmordes die Todesstrafe droht, hat er mit der Staatsanwaltschaft einen Deal ausgehandelt: Waits würde sich zu neun weiteren Morden bekennen, die ihm nicht zur Last gelegt werden – darunter den an Marie Gesto -, und dafür „nur“ lebenslänglich in Haft gehen. Um den Deal abzuschließen, soll Waits die Beamten dorthin führen, wo er Marie Gesto begraben hat. In Begleitung von Staatsanwalt O’Shea, der gerade für das Amt des Bezirksstaatsanwalts kandidiert, Detective Olivas, Bosch, dessen Partnerin Kiz Rider sowie seinem Anwalt Maurice Swann führt Waits die Truppe in ein Waldstück. Doch die Aktion endet in einem Fiasko. Waits kann Olivas die Waffe entwenden, erschießt ihn und trifft auch Boschs Partnerin in den Hals, bevor er fliehen kann. Zusammen mit der FBI-Agentin Rachel Walling, mit der Bosch schon früher eine kurze Affäre unterhielt, macht sich Bosch auf die Suche nach Waits. 
Dabei wird er auch von dem Umstand angetrieben, dass in den Akten zum Fall Gesto ein Vermerk aufgetaucht ist, dass Waits damals versucht hatte, die Beamten zu kontaktieren, doch wurde dem Hinweis nicht nachgegangen. Doch irgendwie wird Bosch das Gefühl nicht los, dass O’Shea mehr mit der Sache zu tun hat, als er zuzugeben bereit ist … 
„O’Shea befand sich mitten in einem erbittert geführten Wahlkampf, und Geld war der Treibstoff, der eine Wahlkampfmaschinerie am Laufen hielt. Es war nicht auszuschließen, dass er in aller Stille Kontakt mit T. Rex aufgenommen hatte, worauf eine Abmachung getroffen und ein Plan in die Tat umgesetzt worden war. O’Shea erhält das Geld, das er benötigt, um die Wahl zu gewinnen, Olivas wird zum Chefermittler von O’Sheas Behörde ernannt, Waits nimmt Gesto auf seine Kappe, und Garland jun. ist endgültig aus dem Schneider.“ (S. 299) 
Mit „Echo Park“ ist Connelly einmal mehr ein fesselnder Thriller gelungen, der auf mehreren Ebenen gut funktioniert. In erster Linie geht es Bosch natürlich um die Lösung des Falles Marie Gesto, der ihn seit dreizehn Jahren beschäftigt. Schließlich ist er mit ihren Eltern immer in Kontakt geblieben, um sie darüber zu informieren, dass er am Ball bleibt. Die Aussicht, dass ein Serienmörder, dem die Todesstrafe droht, gleich mehrere zusätzliche Morde gesteht und Bosch die Möglichkeit eröffnet, den Fall Gesto endlich abzuschließen, bringt eine ganz neue Dynamik ins Geschehen, wobei politische Ränkeschmiede und natürlich viel Geld ebenso eine Rolle spielen wie Boschs Gefühlsleben, denn die neu entfachte Affäre mit Rachel Walling bringt einmal mehr Aspekte von Boschs Persönlichkeit zum Vorschein, die ihm immer wieder Probleme in seinem Liebesleben bescheren. 
Connelly versteht es, seine vielschichtige Story mit gleichbleibend steigender Spannung zu erzählen und dabei immer wieder Einblicke in die Polizeiarbeit zu gewähren sowie Bosch als Ermittler mit Herzblut zu präsentieren, mit dem man sich als Leser gern identifiziert. Interessanterweise sind Waits und Bosch im selben Pflegeheim aufgewachsen, wo Waits das Bild von zwei Hunden erwähnt, bei denen man sich entscheiden muss, welchen man füttert. Offenbar hat sich Waits für den falschen Hund entschieden, doch auch Bosch muss sich am Ende fragen, ob er mit seiner kompromisslosen Art nicht manchmal auf der falschen Seite des Gesetzes steht. 

 

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