Über das Phänomen Pop-Musik ist schon viel geredet, geschrieben und diskutiert worden. Bei Wikipedia heißt es dazu einleitend: „Popmusik bezeichnet eine Musikform, die vorwiegend seit 1955 aus dem Rock ’n’ Roll, der Beatmusik und dem Folk entstand und von Musikgruppen aus dem angloamerikanischen Raum wie den Beatles fortgeführt und popularisiert wurde. Sie gilt seit den 1960er Jahren als international etablierte Variante afroamerikanischer Musik, die im Kontext jugendlicher Subkulturen entstand, elektroakustisch aufbereitet und massenmedial verbreitet wird.“ Dieser Musikform nähert sich der Münchner Karl Bruckmaier in seiner Abhandlung „The Story Of Pop“ auf sehr persönliche Weise. Schließlich moderiert Bruckmaier seit Ende der 70er Jahre verschiedene musikjournalistische Sendungen im Bayrischen Rundfunk, schreibt seit 1981 Pop-Kritiken für die Süddeutsche Zeitung und hat 1999 im C.H. Beck Verlag mit „Soundcheck. Die 101 wichtigsten Platten der Popgeschichte“ bereits seine Meilensteine der Popmusik zusammengetragen.
Mit „The Story Of Pop“ – 2014 im Hamburger Murmann Verlag erstmals veröffentlicht – liegt nun die vollständige Taschenbuchausgabe einer Aneinanderreihung von Anekdoten und Biografien vor, die keinesfalls eine reine Faktensammlung darstellt, sondern einen sehr eigenwilligen Streifzug durch die Popgeschichte. Dass er seine Zeitreise im beginnenden 11. Jahrhundert im Mittleren Osten bei Ziryab, dem Herrn über zehntausend Lieder, der aus Bagdad neue Klänge nach Europa brachte, beginnt und über das Verhältnis von Sklavenhaltern und Sklaven bis zu den „work songs“ führt, sorgt für einen recht sperrigen Beginn, der aber deutlich macht, dass Bruckmaier nicht an einer kontinuierlichen Aufarbeitung von Geschichte geht, sondern an der Erzählung prägnanter Wegpunkte. Interessant wird die „Story Of Pop“, als der Autor das neunte Kapitel mit New Orleans aufschlägt, wo im Jahr 1800 der Pop seinen Anfang nimmt. In diesem Schmelztiegel afroamerikanischer Kulturen und Religionen werden die Wurzeln gelegt für die spätere Erfindung des Grammophons und der damit einhergehenden Popularisierung von Musik.
Die Reise führt den Leser weiter zum Country und zur Notwendigkeit, dass Pop die Maschine braucht.
„Pop gewinnt eine sozialpsychologische Dimension. Das Grammophon wird zum Dechiffriergerät der Moderne. Was für die ältere Generation ‚krank, vulgär und außer Kontrolle geraten‘ scheint, macht für die immer zahlreicher werdenden jungen Männer Sinn, die sich hier um den Schalltrichter scharen, und zwar nicht, um wie ein Flapper mit Identitäten zu spielen, sondern um in bester Jungs-Tradition den ewigen Fragen nachzulauschen: Wer bin ich und wie komme ich an Mädchen ran? Oder um eine Band zu gründen.“ (S. 159)Was folgt, sind vor allem Geschichten von zumeist interessanten Einzelschicksalen, die nur den wenigsten Musikliebhabern bekannt sein dürften, vor allem in ihrer jeweiligen Bedeutung für die Popgeschichte. So stellt „The Story Of Pop“ ein höchst unterhaltsames, oft humorvolles, aber stets informatives Sammelsurium von Zitaten, Biografien und Episoden dar, das in seiner Gesamtschau durchaus vermittelt, wie Pop aus seinen afroamerikanischen Wurzeln zu einem Phänomen heranwuchs, das sich jugendliche Subkulturen angeeignet haben, bis es als Massenbewegung zu einem Markenzeichen für eine ganze Generation wurde.
Bruckmaier erweist sich in seinem Buch als fundierter Kenner der Materie, der sich zum Glück nicht darauf einlässt, Schlüsselszenen der Popgeschichte herunterzuleiern. Stattdessen macht er die Entwicklung von wegweisenden Musikstilen immer an einzelnen Personen fest, so dass sich das Buch immer wieder wie eine Sammlung außergewöhnlicher Biografien liest, wobei aber auch immer die gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen und kulturellen Befindlichkeiten berücksichtigt werden. Darin finden zwar auch die Rolling Stones, die Beatles, Bob Dylan, Elvis und Hip-Hop ihren Platz, aber wohl anders, als viele Leser das erwarten.
So gibt es viel Neues und Ungewöhnliches in „The Story Of Pop“ auch für jene zu entdecken, die sich bereits gut auszukennen meinen im Pop.
Leseprobe Karl Bruckmaier - "The Story Of Pop"
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