Die 1960er Jahre waren ein turbulentes wie wegweisendes Jahrzehnt. Ein halbes Jahrhundert später sind der Vietnamkrieg, die Studentenunruhen, die Morde an John F. Kennedy und Martin Luther King, die Kuba-Krise und die Bürgerrechtsbewegung der USA nach wie vor immer wieder Thema in gesellschaftspolitischen Diskursen. Warum gerade das Jahr 1967 aus diesem bewegenden Jahrzehnt so heraussticht, macht der renommierte Musikjournalist Ernst Hofacker („Rolling Stone“, „Musikexpress“) in seinem kurzweilig zu lesenden, fachkundig recherchierten und klug geschriebenen Buch „1967 – Als Pop unsere Welt für immer veränderte“ ebenso ausführlich wie kontextuell deutlich.
Natürlich gehört das legendäre Monterey International Pop Festival ebenso zu den Eckpunkten in Hofackers kulturhistorischen Rückblick wie die Karriere der Beatles, die 1967 ihr gefeiertes Meisterwerk „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ veröffentlichten, der Rolling Stones, Bob Dylan und Jimi Hendrix.
Es war das Jahr, in dem laut Branchenmagazin „Billboard“ erstmals mehr LPs als Singles verkauft wurden, die Beatles mit ihrem programmatischen Hit „All you need is Love“ den sprichwörtlichen „Summer of Love“ einläuteten und die erste Ausgabe des „Rolling Stone“-Magazins erschien. Der Autor beschreibt eindrücklich, wie eine zunehmend kritische Studentengeneration heranwuchs, die sich von staubtrockenen gesellschaftlichen Normen zu emanzipieren begann und auf eine revolutionäre Umgestaltung der Machtverhältnisse hinarbeitete. Bei dem Monterey-Festival, das unter dem Motto „Music, Love & Flowers“ stand, erlebten die 50000 bis 90000 Zuschauer nicht nur Stars wie Otis Redding, Jimi Hendrix, Janis Joplin, The Who und Ravi Shankar, sondern auch einen Paradigmenwechsel.
„Es ebnete einer neuen musikalischen Sprache den Weg in den Mainstream und forcierte damit den ganz gewöhnlichen Professionalisierungsprozess einer Subkultur, ihrer Strukturen und Akteure. Dass diese Subkultur fortan mit schicken Verkaufslabels versehen und zur tragenden Säule eines umsatzstarken Marktsegments entwickelt wurde, war ebenso wenig zu vermeiden wie die damit einhergehende allmähliche Verwässerung ihrer Inhalte.“ (S. 79)In der Folge setzt sich Hofacker besonders mit der Rolle der Schwarzen Musik und Künstlern wie dem erwähnten Otis Redding, James Brown und Aretha Franklin auseinander, geht dem Mythos von „Big Pink“ nach, jenem legendären Haus, in dessen Keller Bob Dylan und The Band das Fundament für das legten, was als Alternative Country und Americana Einzug in die Musikgeschichte halten sollte.
Ausführlich werden die besonderen Beiträge von The Velvet Underground, Jimi Hendrix und The Beatles zur Musikkultur jener Zeit gewürdigt, die wechselseitige Inspiration zwischen Beach-Boys-Mastermind Brian Wilson und den Beatles, bevor auch die bis dato von der Beat Generation kaum berührte Bundesrepublik auf die Einflüsse aus den USA und London reagierte.
Die künstlich arrangierte Gruppe Monks nimmt laut Hofacker eine Schlüsselstellung ein und wird als Wegbereiter für den Krautrock ebenso wie für den Industrial, Punk und Indie-Rock gepriesen. Das Magical Mystery Year 1967 wird abschließend ausführlich in den kulturhistorischen Kontext gestellt, als Aufbäumen einer ganzen Generation gegen das Establishment, auch wenn ab 1968 die zuvor von dort ausgebrochenen Menschen wieder in die Mitte der Gesellschaft zurückgeführt wurden.
All das beschreibt Hofacker mit fundierten Hintergrundverweisen und geradezu leidenschaftlich in seiner Liebe zur Musik und ihren Schöpfern, wobei jede musikalische Neuerung in ihren gesellschaftspolitischen Kontext gestellt wird, ob es sich um die Pop-Art bei Andy Warhol und seinen Einfluss als Mentor auf die Velvet Underground oder den Bauhaus-Stil auf die deutsche Band Monks handelt.
Viele schöne Fotos und ein ausführliches Literaturverzeichnis runden diesen schmuck gestalteten Hochglanzband wunderbar ab.
Leseprobe Ernst Hofacker - "1967 - Als Pop unsere Welt für immer veränderte"
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