(Diogenes, 346 S., Tb.)
In seiner langjährigen Karriere als Schriftsteller und Drehbuchautor hat sich Robert Bloch (1917-1994) geschickt zwischen Horror, Krimi und Science Fiction bewegt, doch sein Name ist und bleibt vor allem mit der Vorlage für Alfred Hitchcocks Meisterwerk „Psycho“ (1960) verbunden. Mit „Lori“ (1989), einem seiner letzten Romane, akzentuiert er den klassischen Krimi-Plot mit Horror-Elementen, wie sie gerade durch die nachfolgende Generation von Horror-Schriftstellern wie Stephen King, Peter Straub, Ramsey Campbell, Dean Koontz, Whitley Strieber und James Herbert populär geworden ist.
Mit der Urkunde über ihren erfolgreichen Studienabschluss und dem Verlobungsring ihres Freundes Russ Carter im Gepäck macht sich Lori Holmes mit Russ auf den Weg zum Haus ihrer Eltern, die nicht zur Abschlussfeier kommen konnten, da Loris Mutter durch ihre schwere Krankheit an den Rollstuhl gefesselt ist. Doch als Lori ihr altes Zuhause erreicht, findet sie es bis auf die Grundmauern abgebrannt vor. Dr. Justin, der Hausarzt ihrer im Feuer getöteten Eltern, verschreibt Lori nicht nur Beruhigungsmittel, sondern verweist sie auf einen Psychiater namens Dr. Leverett.
Während Russ seinem journalistischen Instinkt folgt und nach den Ursachen des Brandes forscht, erhält Lori einen Anruf von dem Medium Nadia Hope, die in einem Traum von dem Brand erfahren und dazu eine männliche Stimme gehört habe, die Nadia davon überzeugte, dass mehr hinter dem Unglück stehe, als es den Anschein habe. Die gemeinsame Untersuchung des Tatorts führt nichts zutage, doch als Nadia noch einmal allein zu den Trümmern zurückkehrt, entdeckt sie in einem Versteck eine verschlossene Kiste, die sie Lori vor die Tür stellt. Wenig später stirbt Nadia bei dem Absturz mit ihrem Auto einen Abhang hinunter.
In der Kiste finden Lori und Russ ein Bryant-College-Abschlussjahrbuch aus dem Jahr 1968, in dem Lori mit dem Foto von Priscilla Fairmount entdeckt, die ihr verblüffend ähnlich sieht. Während Russ für einen Auftrag seiner Zeitung nach Mexiko muss, begibt sich Lori bei Dr. Leverett in Therapie und versucht durch Ben Rupert, den Anwalt ihrer Eltern, den Nachlass zu regeln. Doch als auch Rupert tot aufgefunden wird, beginnt sich die Polizei immer mehr für Lori zu interessieren, die nachts von fürchterlichen Träumen heimgesucht wird…
„Knochige Finger kratzten über ihre Schultern, dann gruben sie sich tief ein und drehten sie herum, bis sie dem, was kein Gesicht mehr war, ins Antlitz sah. Diese kahle und fleischlose Schreckgestalt trug eine bewegliche Maske aus winzigen Wesen – Wesen, die die leeren Augenhöhlen umschwärmten, über die Nasenscheidewand huschten und über die lippenlose zackige Zahnreihe. Aber auch Schädel können grinsen, und dieser grinste jetzt.“ (S. 110)
Robert Bloch, der neben ganz unterschiedlichen Romanen wie „Das Regime der Psychos“, „Cthulhus Rückkehr“, „Du verdammtes Hollywood“, „Der Ripper“ und „Dr. Jekylls Erbe“ auch die Drehbücher zu Filmen wie „Das Kabinett des Dr. Caligari“, „Totentanz der Vampire“, „Der Foltergarten des Dr. Diabolo“ und „Die Toten sterben nicht“ verfasste, begnügt sich bei „Lori“ nicht allein mit der kriminalistischen Aufklärung eines Feuers, bei dem die junge Protagonistin ihr Elternhaus und ihre Eltern verlor, sondern bringt früh ein sensitives Medium ins Spiel, das allerdings auch kurze Zeit danach unter merkwürdigen Umständen zu Tode kommt.
Bloch verwendet viel Mühe darauf, sowohl die medialen Fähigkeiten von Nadia Hope zu erläutern als auch Loris Therapie bei Dr. Leverett mit den üblichen psychoanalytischen Termini zu unterfüttern, was dem Roman eine gewisse wissenschaftliche Erdung verleihen soll. Doch hier ist viel Schall und Rauch im Spiel, denn im weiteren Verlauf der komplexen Handlung kommen immer neue Figuren und Zusammenhänge ins Spiel, die sich auf ganz natürliche Weise und Motive zurückführen lassen. Allerdings baut der Autor bis zum Schluss immer wieder gruselige Traumsequenzen ein, um den Horror-Aspekt des Romans zu füttern, was „Lori“ allerdings nicht zu einer besseren Geschichte macht. Der Krimi-Plot ist allerdings grundsolide und hätte auch ohne den Grusel-Touch bestens funktioniert. So leidet das Spätwerk aus Blochs Schaffen an unnötig aufgeblasenen Nebeneffekten, die aber zumindest den Horrorfans unter Blochs Anhängerschaft zusagen dürften.
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