(HarperCollins, 688 S., Tb.)
Mit Filmen wie „Manhunter – Roter Drache“, „Der letzte Mohikaner“, „Ali“, „Insider“ und „Collateral“ avancierte Michael Mann zu einem der Top-Regisseure in Hollywood, der mit Stars wie Willl Smith, Daniel Day-Lewis, Tom Cruise, Russell Crowe, Al Pacino und Robert De Niro zusammenarbeiten durfte. Vor allem das 1995 entstandene Heist Movie „Heat“, das die erste Zusammenarbeit der beiden Hollywood-Schwergewichte Pacino und De Niro markierte, ist längst in die Film-Geschichte eingegangen. Mehr als 25 Jahre später präsentiert Mann allerdings kein filmisches Sequel, sondern einen Roman, der unter Mitwirkung von Thriller-Autorin Meg Gardiner („Gottesdienst“, „Schmerzlos“, „Todesmut“) entstanden ist und einen weiten Bogen von den Anfängen der Bande um Neil McCauley bis ins Jahr 2000 spannt, also die Ereignisse vor und nach der in „Heat“ erzählten Geschichte schildert.
Nach dem Banküberfall auf die Far East National Bank in Los Angeles am 7. September 1995 haben Vincent Hanna und seine Detectives vom Raub- und Morddezernat des LAPD nicht nur mit Neil McCauley den Kopf der Bande getötet, sondern auch die meisten seiner Mitstreiter. Einzig Chris Shiherlis konnte fliehen und mit Unterstützung des befreundeten Hehlers Nate von seinem Unterschlupf in Koreatown nach Paraguay fliehen, wo er sich als Chris Bergman eine neue Identität im Sicherheitsgewerbe aufbauen konnte. Obwohl er verspricht, zu seiner Frau Charlene und ihrem gemeinsamen Sohn Dominick zurückzukehren, weiß er, dass Hanna keine Ruhe geben wird, bis er auch ihn dingfest gemacht hat.
Chris hatte Charlene sieben Jahre zuvor in Las Vegas kennengelernt, wo er seiner Leidenschaft fürs Spielen nachging und sie als Edelprostituierte arbeitete. Doch seine Spielsucht sorgte immer wieder für Ärger in der nachfolgenden Ehe. In Chicago organisierte Neil derweil einen großen Coup, wobei er sich die nötigen Fahrzeuge und Materialien von dem Autowerkstattbetreiber Aaron Grimes besorgen ließ, dabei aber die Aufmerksamkeit des brutalen Gangsters Otis Wardell erregte. Als McCauleys Bande die Schließfächer einer Privatbank knackte, erbeuteten sie nicht nur eine Menge Bargeld, sondern auch brisante Informationen, die der Gang einen gewaltigen Coup jenseits der mexikanischen Grenze bescherte, der Neil zwar mit Elisa zusammenbrachte, aber in einem Fiasko endete, bei dem Elisa in Neils Armen verblutete.
Im Jahr 2000 führen Geschäfte Chris wieder nach Los Angeles zurück, wo er mit Nate Kontakt aufnimmt und sich seine Wege wieder mit denen von Vincent Hanna kreuzen…
„Er weiß, dass er von außen betrachtet, zu den zurückgezogen lebenden Heimatlosen gehört, die sich hier auf den Straßen herumtreiben und vor was auch immer sie auf der Flucht sein mögen verstecken. Aber jetzt, wo er hier steht, spürt er nichts vom Nachlassen des Adrenalins. Er ist ganz da, zentriert und kristallklar. Ein professioneller, krimineller Clark Kent, der den Berg noch nicht gefunden hat, den er nicht erklimmen könnte, oder die Schwierigkeiten, mit denen er nicht fertigwerden würde. Er weiß, was er weiß, und er weiß auch, dass er alles lernen kann, was er nicht weiß.“ (S. 292)
Michael Mann ist nicht der erste Autoren-Filme, der nicht nur die Drehbücher zu den meisten seiner Filme schreibt, sondern auch sein Talent für das Schreiben von Romanen entdeckt. Da steht er in der Tradition von Elia Kazan und Roger Vadim. Mit der Fortsetzung seines Erfolgsfilms „Heat“ in Romanform hat sich Mann ein echtes Mammutprojekt vorgenommen, das das Finale des Films in einem kurzen Dialog zusammenfasst, um dann mit Chris‘ Genesung und Flucht nach Südamerika fortgesetzt wird, wo er sich nicht nur in eine Affäre mit Ana stürzt, sondern auch in der Hierarchie eines taiwanesischen Kartells aufsteigt.
Mann und seine Co-Autorin wechseln nicht ständig zwischen den Jahren 1988, 1996 und 2000 hin und her, sondern bleiben immer wieder länger bei ihren wichtigsten Figuren, bei Vincent Hanna auf der Seite des Gesetzes, der vor allem damit beschäftigt ist, den durchgeknallten Einbrecher, Vergewaltiger und Mörder Otis Wardell zu schnappen, und bei dem Gangster Chris Shiherlis, der als Einziger das Massaker von 1995 überlebt hat und sich in Südamerika eine neue Existenz aufgebaut hat.
Vor allem die Vorbereitung und Durchführung der Coups werden ausführlich beschrieben, fangen aber nicht die Atmosphäre ein, die Mann in „Heat“ durch die herausragenden Darsteller, die blau unterkühlten Bilder und den hervorragenden Soundtrack kreiert hat.
Die Ereignisse in „Heat 2“ werden nämlich recht prosaisch geschildert, die knappen Sätze erinnern eher an Lee Child und James Patterson als an großartige Romanciers. In dem Epos, das zwölf Jahre und den gesamten amerikanischen Kontinent von Nord bis Süd abdeckt, wird vor allem der in „Heat“ eher stiefmütterlich behandelte Chris zur eigentlichen Hauptfigur, doch wirkt sein Werdegang nicht immer überzeugend dargestellt, die Rückkehr nach Los Angeles am wenigsten.
Was „Heat 2“ an Action und knackigen Dialogen bietet, lässt es auf der anderen Seite an psychologischer Tiefe und Glaubwürdigkeit vermissen. Als Kombination von Prequel und Sequel ist „Heat 2“ trotz einiger Längen ein lesenswerter Thriller, doch möchte man sich wünschen, dass sich Michael Mann wieder auf das Filmen konzentriert. Das kann er definitiv besser.
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