Terry „Juice“ Lawson zählt sicher nicht zu den charmantesten Taxifahrern in Edinburgh. Die anhaltenden Straßenbahnarbeiten nimmt er gern als Ausrede, um mit seinen ahnungslosen Kunden unerhört weite Umwege zu fahren, seine männlichen Kunden schwallt er erbarmungslos in der Hoffnung auf ein sattes Trinkgeld zu, während sich weibliche Kundschaft oft genug mit dem Fahrer zusammen auf dem Rücksitz wiederfindet. Als gelegentlicher Pornodarsteller ist es Terry schließlich gewohnt, sich jedes ihm bietende Loch zu stopfen.
Etwas Abwechslung in seinen Alltag bringt der amerikanische Fernsehstar und einflussreiche Baumagnat Ronald Checker, der Geschäftliches in Schottland zu erledigen hat und Terry gern als Stammfahrer engagieren möchte. Allerdings muss er auch für den Puffbesitzer Victor „die Schwuchtel“ Syme ein Auge auf dessen Schuppen werfen, in dem Kelvin nicht gerade pfleglich mit den Mädchen umgeht.
Unter ihnen zählt vor allem Jinty, die Freundin von Terrys nicht ganz so hellen, aber umso besser bestückten Stiefbruders Jonty, zur besseren Ware. Doch nach einer Hurrikanwarnung für Schottlands Ostküste und einem Zwischenfall im Pub With No Name verschwindet Jinty spurlos. Und Terry muss auf die Schnelle Golf spielen lernen, weil Terry mit einem dänischen Investor um eine seltene Whisky-Flasche ein Doppel angesetzt hat, und sich um seine zwei unehelichen Söhne kümmern. Daneben muss aber eben auch immer Zeit für einen ordentlichen Fick sein.
„Nix gegen einen Fick auf der Rückbank vom Taxi, doch ne schöne Luxussuite is natürlich unschlagbar. Eins habe ich über die Jahre gelernt: Wenn das Schicksal dich wien Pferd bestückt hat, dann musste das verdammt noch mal auch ausnutzen. Und wenns dich außerdem mit ner Zunge so lang wien Schal von Doctor Who beschenkt hat, dann sollteste auch die einsetzen.“ (S. 111)Als Autor des erfolgreich von Danny Boyle verfilmten Romans „Trainspotting“ ist der in Schottland geborene und mittlerweile in Chicago lebende Irvine Welsh weltberühmt geworden und hat sich seitdem mit Romanen wie „Drecksau“ und „Porno“ als lautstarke Stimme der Undergroundliteratur etabliert.
Mit „Ein ordentlicher Ritt“ beweist Welsh einmal mehr, dass er ein unnachahmliches Gespür für ausgefallene, um nicht zu sagen eigentlich unsympathische Figuren besitzt, die er jeweils überwiegend als Ich-Erzähler auftreten lässt und dabei auch ihren zunächst gewöhnungsbedürftigen Sprachduktus übernimmt. Besonders interessant gestaltet sich die ungewöhnliche Kombination des ständig herumvögelnden Taxifahrers, Pornodarstellers und Kleinkriminellen Terry Juice und dem selbstgefälligen Ami-Promi, die zu besseren Freunden werden, als man zunächst annehmen dürfte. Die Story entwickelt sich dabei so rasend schnell wie ein wilder Ritt mit Terrys Taxi durch Edinburgh und bringt eine ganze Handvoll interessanter Charaktere zutage, so den ebenfalls als Ich-Erzähler auftretenden Jonty, der als Maler sein Geld verdient und naiverweise davon ausgeht, dass seine hübsche Freundin Jinty als Putzfrau ihren Teil zum gemeinsamen Lebensunterhalt beisteuert.
Wie der Autor den ungewöhnlichen Hurrikan, Terrys Umgang mit seinen familiären Verhältnissen und den unzähligen Frauen in seinem Leben, die Tücken der Jagd nach der begehrten Whisky-Flasche und die Ermittlungen im Fall der verschwundenen Jinty miteinander verknüpft, ist schon virtuos und extrem unterhaltsam, aber eben nichts für zartbesaitete Gemüter.
Wer sich nicht an den ausufernden Sex-Episoden und dem rohen Sprachstil stört, wird mit einem mehr als nur ordentlichen Ritt belohnt.
Leseprobe Irvine Welsh - "Ein ordentlicher Ritt"
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